Bewertung und Regulation von Umwelthormonen

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Leitfaden Nachhaltige Chemikalien
Quelle: Umweltbundesamt

- Teilvorhaben 5:
Entwicklung struktur- und risikobasierter Methoden zur Identifizierung von Chemikalien mit Verdacht auf endokrine Wirkung zur Priorisierung für das Zulassungsverfahren unter REACH (FKZ: 206 67 448/05)

Unter der EU-Chemikalienverordnung ⁠REACH⁠ ist es Aufgabe der nationalen Behörden und der Europäischen Chemikalienagentur ECHA, Stoffe, die als besonders besorgniserregend gelten, zu identifizieren und möglicherweise notwendige Regulierungsmaßnahmen vorzuschlagen. Dies kann etwa bei Stoffen mit ⁠PBT⁠- (persistent, bioakkumulierend, toxisch) oder vPvB- (sehr persistent, sehr toxisch) Eigenschaften oder auch bei Stoffen mit endokrinen (hormonell wirkenden) Eigenschaften der Fall sein. Die Aufgabe der Hersteller und Verwender von Chemikalien ist es, die Sicherheit ihrer Produkte für Mensch und Umwelt zu gewährleisten, zu diesem Zweck übermitteln die Firmen ihre Daten in Form von Registrierungsdossiers an die ECHA. Die von den Firmen eingereichten Daten zu den Effekten in der Umwelt ermöglichen keine Einschätzung ob ein ⁠Stoff⁠ möglicherweise in der Umwelt endokrin wirkt, da nicht alle Gruppen von Lebewesen umfasst werden und nicht alle dafür notwendigen Experimente enthalten sind.

Um solche Stoffe zu entdecken, müssen andere verfügbare Informationen über mögliche Stoffeigenschaften genutzt werden. So existieren Methoden, um das endokrine Potential eines Stoffes mit Hilfe von sogenannten Strukturalarmen aus der chemischen Struktur vorherzusagen. Gleichzeitig müssen Firmen, bei Stoffen mit über 10 Tonnen Umsatz pro Jahr, Daten aus längerfristigen Säugertoxizitätsstudien einreichen, diese können Hinweise auf eine endokrine Wirkweise geben.
Ziel des Vorhabens war es daher, bereits verfügbare Informationen zu sogenannten Strukturalarmen und quantitativen Struktur-Wirkungsanalysen zusammenzustellen und auszuwerten welche Informationen aus Säugertoxizitätsstudien aussagekräftige Hinweise über eine mögliche endokrine Wirkweise ermöglichen.
Ausgehend von beiden Informationsquellen sollte ein systematisches Konzept zum Auffinden von Stoffen (Screening) mit möglicherweise endokrinen Eigenschaften entwickelt werden.

Dabei erlauben beide Werkzeuge keine eindeutige Identifizierung als den Hormonhaushalt störende Chemikalie (endokriner Disruptor) sondern liefern lediglich Hinweise darauf, welche Chemikalien möglicherweise hormonell wirken und ermöglichen so die Eingrenzung auf
bestimmte Stoffe zur weiteren Untersuchung.
Das Vorhaben konzentriert sich vor allem auf das System der Hormonrezeptoren der Geschlechtshormone von Säugetieren (Androgenrezeptoren und Östrogenrezeptoren), da dieses bisher am besten untersucht ist.

Um mit Hilfe dieser Untersuchungen ein Screening-Tool zum Auffinden von potentiell gefährlichen Substanzen entwickeln zu können, wurden die gewonnen Erkenntnisse mit bereits bestehenden Datenbanken überprüft und abgeglichen.

Im Zuge der Untersuchung ergab sich, dass unter den bisher verwendeten Softwaremodellen für Strukturanalysen ((Q)SAR-Modelle) die meisten nur auf einer geringen Anzahl von Datensätzen beruhen und lediglich die In-Vitro Bindung oder Aktivierung der Hormonrezeptoren vorhersagen können. Das entwickelte Software-Werkzeug ist in der Lage Stoffe mit dem Potential einer Rezeptorbindung einigermaßen zuverlässig einzugrenzen. Über die Bindung und Aktivierung von Hormonrezeptoren lässt sich jedoch nur die erste Interaktion von Chemikalien und Zellen beurteilen, eine ⁠Vorhersage⁠ der endokrinen Wirkungen von Chemikalien in Lebewesen ist damit nicht möglich.
 Außerdem wurde eine Datenbank erstellt, die umfangreiche in vitro Daten zum untersuchten Wirkmechanismus enthält.

Anhand der bisher durchgeführten Säugetierstudien konnten toxikologische Endpunkte identifiziert werden, die einen Hinweis auf eine endokrine Wirkweise geben.
Beim Vergleich der Hinweise mit verschiedenen Datenbanken ergab sich, dass eine einzelne Untersuchungsmethode alleine, (Q)SAR/in vitro oder Säugertoxizitäts-Studie viele Stoffe fälschlicherweise als hormonell wirksam identifiziert.

Zusammen liefern diese Untersuchungen jedoch aussagekräftige Ergebnisse für einen begründeten Verdacht.

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Schlagworte:
 REACH  Bewertung  Umwelthormone