In den letzten Jahren hat sich der Eichenprozessionsspinner – eine in Deutschland heimische Schmetterlingsart – teilweise massenhaft vermehrt, besonders im Nordosten und Südwesten Deutschlands sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens. Seine Brennhaare können die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen. Wenn Menschen mit den Brennhaaren in Kontakt kommen, kann dies einen starken Juckreiz auslösen, der mehrere Tage andauern kann. Auf der Haut können Flecken oder Quaddeln auftreten, die Insektenstichen ähneln, die sogenannte Raupendermatitis. Die Brennhaare reizen bei manchen Menschen auch die Schleimhäute der Atemwege und können Husten, Bronchitis oder Asthma auslösen. Außerdem kann es zu Reizungen der Augen kommen, in Form von Rötungen, Juckreiz und einer Bindehautentzündung. In äußerst seltenen Fällen können die Brennhaare eine Kreislaufreaktion verursachen.
Befallen die Eichenprozessionsspinner Bäume in der Nähe von Siedlungen oder an öffentlichen, starkfrequentierten Orten, lässt sich der Kontakt zwischen Menschen und dem Schmetterling kaum vermeiden. An diesen Orten kann ein Eingreifen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Eichenprozessionsspinner notwendig sein. Eine chemische oder biologische Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners in Eichenwäldern darf hingegen nur dann vorgenommen werden, wenn durch den Kahlfraß der Raupen ein Absterben ganzer Waldbestände droht. Ob dies wirklich eintritt, ist umstritten, denn Eichen können nach Kahlfraß erneut austreiben.
Das Umweltbundesamt empfiehlt, vor dem Einsatz von chemischen oder biologischen Bekämpfungsmitteln abzuwägen, inwieweit der Eichenprozessionsspinner durch andere Maßnahmen zurückgedrängt werden kann. Fällt der Befall schwach aus und/oder die betroffenen Gebiete werden von Menschen kaum aufgesucht, können auch andere Maßnahmen helfen. Befallene Waldgebiete können beispielsweise vorübergehend abgesperrt oder mit Warnschildern versehen werden, um betroffene Spaziergänger oder Waldarbeiter zu schützen. In gut zugänglichen Bereichen, insbesondere bei befallenen Einzelbäumen, zum Beispiel an Kindertagesstätten, Schwimmbädern und Friedhöfen, sollten Raupen oder Nester durch professionelle Schädlingsbekämpfer abgesaugt werden. Erst wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen oder sich nicht durchführen lassen, lässt sich der Einsatz chemischer und biologischer Bekämpfungsmittel rechtfertigen. Generell gilt: Eine Bekämpfungsmaßnahme zum Schutz von Baumbeständen fällt unter das Pflanzenschutzrecht, womit die festgelegten Anwendungsbestimmungen des verwendeten Pflanzenschutzmittels gelten. Eine Bekämpfungsmaßnahme zum Schutz der menschlichen Gesundheit fällt unter das Biozidrecht und die hierfür festgelegten Anwendungsbestimmungen.
Aus Umweltschutzsicht sollte bei einer chemischen oder biologischen Bekämpfung prinzipiell auf Mittel zurückgegriffen werden, die möglichst spezifisch auf die zu bekämpfende Art einwirken. Vorzuziehen ist eine biologische Bekämpfung auf Basis von Bacillus thuringiensis, da sie beschränkt auf Schmetterlingsarten wirkt. Ein negativer Einfluss auf andere Insektenarten kann damit so gering wie möglich gehalten werden. Um Belastungen der Umwelt zu mindern, sollten die Bekämpfungsmaßnahmen während windstiller und niederschlagsfreier Wetterlagen durchgeführt werden. Dadurch können sich die verwendeten Mittel nur in geringem Maße auf angrenzende Flächen ausbreiten. Außerdem sind bei der Anwendung der jeweiligen Produkte räumliche und zeitliche Einschränkungen zum weiteren Schutz anderer Insekten erforderlich. Stets sollte gelten, dass Bekämpfungen nur situativ und lokal erfolgen. Chemische oder biologische Bekämpfungsmaßnahmen in Wald- und Naturschutzgebieten, fernab von Siedlungen, zum Zwecke des Gesundheitsschutzes sind nach Ansicht des Umweltbundesamtes nicht vertretbar.
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Für Bekämpfungsmaßnahmen in Waldgebieten gilt das Pflanzenschutzrecht. Dementsprechend hat hier die Verwendung gemäß der Zulassung als Pflanzenschutzmittel und den damit verbundenen Auflagen hinsichtlich der Frequenz der Anwendung sowie der zu treffenden Risikominderungsmaßnahmen zu erfolgen. Unter anderem ist hierbei zu beachten, dass Abstände zu Waldrändern einzuhalten, mögliche Vorkommen EU-rechtlich besonders geschützter Falterarten zu berücksichtigen und ein Refugialraumanteil von mindestens 50 Prozent einer zusammenhängenden Fläche einzuhalten sind. Die Anwendung darf nur in mindestens zweijährigem Abstand erfolgen und die Anwendung in Naturschutzgebieten ist zum Schutz gefährdeter und geschützter Insekten-Arten verboten.
Eichenholz wird in Deutschland forstwirtschaftlich genutzt, häufig auch in Schutzgebieten. Vor der Genehmigung einer chemischen oder biologischen Bekämpfung sollte die zuständige Behörde (i.d.R. der Pflanzenschutzdienst) deshalb stattdessen einen zeitweiligen Verzicht auf den Einschlag von Eichenholz erwägen. Denn ein Einschlagstopp kann die durch Fraß hervorgerufenen Schäden am Baumbestand zumindest teilweise kompensieren. Das gilt vor allem für die Anwendung in FFH-Gebieten, in denen der Schutz der Umwelt Vorrang vor forstwirtschaftlichen Zielen haben sollte. Zuständig für die Genehmigung der chemischen Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners sind die Pflanzenschutzmittelstellen der Bundesländer.
Für die Bekämpfung an stark befallenen Stellen in Siedlungsnähe, zum Beispiel Waldrändern, einzelnen Bäumen, oder von Menschen häufig frequentierten Bereichen (Parks, Schulen, Kindergärten etc.) gilt das Biozidrecht. Hier soll die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners möglichst zielgerichtet erfolgen. Bei Bioziden soll analog der für Pflanzenschutzmittel geltenden Abstände je nach Mittel ein Abstand von mindestens 25 bis 100 Metern zu Oberflächengewässern eingehalten werden. Zudem sollten nur Gerätschaften verwendet werden, die eine zielgenaue Aufbringung der Bekämpfungsmittel ermöglichen. Zuständig für die Genehmigung der biologischen Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners sind die Verwaltungen der Landkreise.