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Überblick
In Morgenurin und Blutproben bestimmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des UBA, in welchem Ausmaß bestimmte Umweltschadstoffe von den Kindern und Jugendlichen aufgenommen wurden. Die Schadstoffe können dabei aus unterschiedlichen Quellen stammen und über verschiedene Pfade in den Körper gelangt sein. Wichtig für diese Untersuchungen – das Human-Biomonitoring - ist, dass es ein empfindliches und spezifisches analytisches Nachweisverfahren für die Schadstoffe oder ihre Stoffwechselprodukte im jeweiligen Medium Urin oder Blut gibt.
In GerES V wurden im Urin oder im Blut unter anderem Weichmacher, als Konservierungsstoffe eingesetzte Parabene, das Nikotin-Abbauprodukt Cotinin, bei Verbrennungsprozessen entstehende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), verschiedene Metalle, ebenfalls in vielen Produkten eingesetzte per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFAS) sowie langlebige polychlorierten Biphenyle (PCB) bestimmt.
Einige der untersuchten Substanzen wirken hormonähnlich, andere stehen im Verdacht, Krebs zu begünstigen, das Nervensystem zu schädigen oder an der Entstehung von Allergien beteiligt zu sein.
2-MBT im Urin (Murawski et al. 2020) CIT/MIT im Urin (Murawski et al. 2020) Lysmeral im Urin (Murawski et al. 2020) Benzol und Acrylamid im Urin (Schwedler et al. 2021) TOTM, BHT und 4-MBC im Urin (Murawski et al. 2020) Bisphenol A und weitere Phenole im Urin (Tschersich et al. 2021) Chlorphenole im Urin (Schmied-Tobies et al. 2021) Glyphosat im Urin (Lemke et al. 2021) Bestimmungsmethode für Spurenelemente im Urin (Schmied et al. 2021)
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Weichmacher im Urin
Weichmacher sind Stoffe, die spröden Materialien zugesetzt werden, um sie weich, biegsam und dehnbar zu machen. Eine weit verbreitete Gruppe von Weichmachern sind die Phthalate. Weichmacher werden in Weich-PVC verwendet, etwa in Kinderspielzeug, Lebensmittelfolien, Bodenbelägen, Schläuchen, Dichtungen oder Teppichböden. Einige Phthalate haben hormonähnliche Eigenschaften und sind als fortpflanzungsschädigend eingestuft.
Aufgrund ihrer gesundheitlichen Bedenklichkeit ist die Verwendung von einigen Phthalaten seit Anfang 2015 stark eingeschränkt. Sie dürfen nun nur noch mit einer besonderen Genehmigung verwendet werden. Eine Vielzahl von Phthalaten und Phthalat-Ersatzstoffe kann jedoch nach wie vor verwendet werden.
Im Körper werden Phthalate relativ schnell abgebaut. Ihre Stoffwechselprodukte, sogenannte Phthalatmetabolite, sind im Urin zu finden. Das UBA bestimmte in GerES V die Konzentrationen der Metabolite von mehr als zehn verschiedenen Phthalaten (unter anderem DEP, BBzP, DnBP, DiBP,DEHP) im Urin der Kinder und Jugendlichen. Ebenfalls bestimmt wurden verschiedene Phthalat-Ersatzstoffe wie DINCH und DPHP, da diese in zunehmendem Maße Verwendung finden.
Phthalate im Urin (Schwedler et al. 2020) DINCH und DPHP im Urin (Schwedler et al. 2020) DEHTP im Urin (Schwedler et al. 2020) Weichmacher – Überblick über HBM in Deutschland (Lemke et al. 2021)
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Parabene im Urin
Parabene werden vor allem als Konservierungsmittel in Nahrungsmitteln, Medikamenten und kosmetischen Produkten verwendet. Parabene aus kosmetischen Produkten werden hauptsächlich über die Haut, Parabene aus Nahrungsmitteln und Medikamenten über den Mund aufgenommen. In Tierversuchen und in Versuchen mit Zellkulturen zeigen einige Parabene eine hormonähnliche Wirkung.
Es wurden unterschiedlich lange und verzweigte Parabene im Urin der Kinder und Jugendlichen bestimmt.
Parabene im Urin (Murawski et al. 2020)
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Cotinin im Urin
Nach wie vor ist Rauchen in Deutschland verbreitet. Dadurch kann eine Passivrauchbelastung entstehen, d.h. Tabakrauch, der mehr als 70 Schadstoffe enthält, wird unfreiwillig auch von Nichtrauchern eingeatmet. Passivrauchen ist im Kindesalter mit zahlreichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden und begünstigt verschiedene Erkrankungen wie zum Beispiel Bronchitis und Asthma.
Weil Nikotin im Urin schon nach wenigen Stunden nicht mehr nachgewiesen werden kann, wird die Belastung durch Rauchen oder Passivrauchen über das Nikotinabbauprodukt Cotinin bestimmt. Cotinin findet man noch ein bis zwei Tage nach dem Kontakt mit Nikotin im Urin, bei Nichtrauchern und Kindern sogar noch etwas länger.
Cotinin im Urin (Hahn et al. 2023)
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Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe im Urin
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen, wenn organisches Material, wie Holz, Kohle oder Öl unvollständig verbrennen. PAK kommen auch in Teer, gebrauchten Motorölen oder Ruß vor. Viele PAK sind krebserregend, können das Erbgut schädigen oder die Fortpflanzungsfähigkeit gefährden. Es gibt Hinweise, dass Kinder empfindlicher auf PAK reagieren als Erwachsene.
PAK im Urin (Murawski et al. 2020)
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Pyrrolidone im Urin
Die Pyrrolidone werden als Lösungsmittel für viele technische Anwendungen verwendet. Eine Belastung von Kindern und Jugendlichen kann sich aus der Verwendung als Inhaltsstoff in Farb- und Gaffiti-Entfernern ergeben, in Innenräumen auch aus dem Einsatz in Farben sowie in Auslegeware.
Das Pyrrolidon NMP wurde beim Menschen als entwicklungs- oder reproduktionstoxisch eingestuft. Es wird deshalb zunehmend durch das Pyrrolidon, NEP ersetzt, das derzeit noch nicht als reproduktionstoxisch eingestuft ist, das aber toxikologisch sehr ähnliche Eigenschaften besitzt wie NMP.
Verschiedene Stoffwechselprodukte von NMP und NEP können im Urin bestimmt werden und somit eine Belastung anzeigen.
NMP und NEP im Urin (Schmied-Tobies et al. 2021)
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Metalle im Urin und Blut
Manche Metalle, wie Eisen, Zink oder Kupfer sind für den menschlichen Körper lebenswichtig. Andere können schon in kleinen Dosen schaden, so etwa Cadmium oder Quecksilber. Metalle gelangen beispielsweise über die Nahrung, das Trinkwasser, Tabakrauch, über Boden- und Staubpartikeln in den Organismus. Die Veröffentlichung der Studienergebnisse zu Metalle im Urin und Blut ist geplant.
Quecksilber im Urin
Quecksilber kommt natürlich in der Umwelt vor, wird aber auch bei Industrieprozessen freigesetzt. Früher wurden Thermometer mit Quecksilber hergestellt, heute ist es unter anderem in Energiesparlampen enthalten. Wenn sie zerbrechen kann Quecksilberdampf austreten. Aber auch Fischkonsum oder Zahnfüllungen aus Amalgam können eine Belastung mit Quecksilber bewirken.
Eine chronische Quecksilberbelastung kann zu Schäden des Zentralnervensystems, der Nieren und des Magens führen.
In GerES V wurde die Quecksilberkonzentration der Kinder und Jugendlichen im Urin bestimmt, was vor allem die Aufnahme von anorganischem Quecksilber widerspiegelt.
Cadmium im Urin und Blut
Ebenso wie Quecksilber kommt Cadmium natürlich in der Umwelt vor. Hohe Cadmiumwerte können in Böden und Gewässern gefunden werden, wenn in der Umgebung industriell Metalle gewonnen, oder Batterien und Lacke produziert wurden.
Die Hauptbelastungsquelle für Cadmium stellt jedoch das Rauchen und die Passivrauchbelastung dar. Cadmiumhaltige Nahrungsmittel können ebenfalls zur Belastung beitragen.
Cadmium kann bei einer chronischen Exposition zu Nierenschäden führen und gilt als wahrscheinlich krebserzeugend.
In GerES V wurde Cadmium sowohl in Urin als auch in Blut bestimmt. Während Cadmium im Blut eine kurzfristige Belastung anzeigt, spiegelt Cadmium im Urin die akkumulierte, lebenslange Belastung wieder.
Metalle im Urin und Blut (Vogel et al. 2021) Blei im Blut (Hahn et al. 2022)
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Per und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe im Blut
In GerES V wurden zwölf per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFAS) in Blut bestimmt. PFAS sind langlebige synthetische Substanzen, die sich in der Umwelt, in der Nahrungskette und im Menschen anreichern. Die bekanntesten Vertreter sind Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA). PFOS wird in öl-, wasser- und schmutzabweisenden Beschichtungen beispielsweise bei Textilien, Lebensmittelverpackungen, Küchengeschirr verwendet. PFOA wird ebenfalls in der Textilindustrie angewendet, jedoch auch in auch in der Elektro- und Halbleiterindustrie sowie in der Luft- und Raumfahrt.
In Langzeit-Tierversuchen fördern PFOA und PFOS die Entstehung von Tumoren. Des Weiteren besteht der Verdacht, dass einige PFAS die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen können.
PFAS im Blut (Duffek et al. 2020)
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Polychlorierte Biphenyle im Blut
Obwohl polychlorierte Biphenyle (PCB) bereits seit Jahrzehnten nicht mehr in Deutschland produziert und verwendet werden dürfen, können diese Substanzen durch ihre Langlebigkeit und ihre Anreicherung in der Umwelt auch heute noch vor allem durch belastete Lebensmitteln aufgenommen werden. PCB wirken neuro- und immunotoxisch, in höheren Konzentrationen können sie auch krebsfördernd sein. In GerES V wurden sieben verschiedene PCB-Verbindungen im Blut bestimmt.
PCB und OCP im Blut (Bandow et al. 2020)
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