Corona-Pandemie und Klimaschutz – Anregungen zur Diskussion

Bereits heute ist absehbar: Covid-19 wird die Welt verändern. Die Konsequenzen einer ungezähmten Ausbreitung des Virus sind so dramatisch, dass viele Gesellschaften zunächst einmal bislang nicht für möglich gehaltene Veränderungen und Einschränkungen ihres alltäglichen Lebens hinnehmen. Dabei ist in den letzten Wochen deutlich geworden, dass von der Krise die ärmsten Länder und vor allem ...

Corona-Pandemie und Klimaschutz – einige Anregungen zur Diskussion

Blogartikel von Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Dr. Oliver Foltin und Dr. Volker Teichert 

Bereits heute ist absehbar: Covid-19 wird die Welt verändern. Die Konsequenzen einer ungezähmten Ausbreitung des Virus sind so dramatisch, dass viele Gesellschaften zunächst einmal bislang nicht für möglich gehaltene Veränderungen und Einschränkungen ihres alltäglichen Lebens hinnehmen. Dabei ist in den letzten Wochen deutlich geworden, dass von der Krise die ärmsten Länder und vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten am stärksten betroffen sind. Das hat die Coronakrise mit der Klimakrise gemeinsam. Generell sind zwei verschiedene Wege denkbar, um zur „Normalität“ in einer Welt nach Corona zurückzukehren:

  • eine nahezu bedingungslose Wachstumsorientierung zum Ausgleich der mit Sicherheit nun eintretenden Rezession oder

  • ein vorsichtiges Wiederaufnehmen wirtschaftlicher Aktivitäten: Neuer Vorrang für Gesundheitswesen und ⁠Klimaschutz⁠, Rückbau der Globalisierung durch bewussten Erhalt und Wiederaufbau nationaler und regionaler Produktionskapazitäten.

Es hat sich in der Coronakrise gezeigt, dass die bisherige globale Wirtschaftsstruktur äußerst verletzbar ist. Ein Prüfstein für die milliardenschweren Rettungspakete könnte deren Beitrag zu einem zukunftsfähigen Umbau der Wirtschaft sein und sollte zwingend folgende Kriterien berücksichtigen:

  • eine stärkere Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Folgekosten wie Gefährdungen vulnerabler Personengruppen durch Überhitzung, Waldbrände, Unwetter und Wassermangel sowie eine Begrenzung der Globalisierung und eine deutliche Regionalisierung der Produktionsstrukturen;

  • eine Beibehaltung der Maßnahmen aus dem Klimapaket vom Dezember 2019;

  • die Ausrichtung weiterer Förderprogramme für die Wirtschaft an den Notwendigkeiten von ⁠Klima⁠- und Umweltschutz, verbunden mit einem zukunftsfähigen Wirtschafts- und Konsumstil durch neue Arbeitszeitmodelle, Förderung informeller Strukturen und Erprobung eines Grundeinkommens;

  • eine Stärkung und Ausweitung der kommunalen und kirchlichen Klimaschutzaktivitäten im Gebäude-, Mobilitäts- und Energiebereich;

  • eine Intensivierung der Bemühungen zur Einsparung und zur effizienten Verwendung von Rohstoffen durch vermehrte Nutzung von Sekundärrohstoffen und durch Rückführung von Produkten in den Produktlebenszyklus.

Die Normalität, zu der wir zu wirtschaftlichem Wachstum zurückkehren, sollte eine andere sein als vor der Coronakrise. Wir sollten uns ermutigen, die Frage aufzuwerfen, wie das Wachstum der Zukunft genau aussehen soll, indem wir die Ausbeutung der noch vorhandenen Ressourcen vermeiden und stattdessen die Kriterien für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft berücksichtigen. Auch sollten wir über ein anderes Maß zur Messung unseres Wohlstandes nachdenken. Hier würde sich etwa der Nationale Wohlfahrtsindex anbieten.

Denn, genauso wie das Corona-Virus, ist auch der ⁠Klimawandel⁠ für uns unsichtbar. Doch wir müssen den Klimaschutz genauso ernst nehmen wie das Virus, auch wenn uns die ⁠Klimafolgen⁠ erst zeitversetzt mit voller Härte treffen werden. Ein zu spätes Handeln würde auch hier zu unumkehrbaren negativen Folgen führen.
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Autoren:

  • Prof. Dr. Hand Diefenbacher, Außerplanmäßiger Professor für Volkswirtschaftslehre am Alfred-Weber-Institut der Universität Heidelberg und wissenschaftlicher Mitarbeiter (Emeritus) an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST)

  • Dr. Oliver Foltin, Dipl.-Volkswirt, ist stellvertretender Leiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg (FEST). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Bereiche nachhaltige Geldanlagen, Umweltmanagementsysteme, Klimaschutzkonzepte und Bildung für nachhaltige Entwicklung

  • Dr. Volker Teichert, Dipl.-Volkswirt und Diplom-Pädagoge, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg (FEST). Projektmanagement und Koordination von Projekten im Bereich Umwelt-, Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement, Nachhaltigkeitsberichtserstattung, Produktpolitik und Indikatorenforschung. 

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 Corona  Wachstum