Das war die EUROPÄISCHE MOBILITÄTSWOCHE 2020 – Eine Rückschau

Fahrradfahren in Chemnitz im Edgarzum Vergrößern anklicken
EMW 2020 in Chemnitz
Quelle: Georg Ulrich Dostmann / Stadt Chemnitz

Die diesjährige EMW zeigte, wie sehr den Kommunen in Europa und weltweit das Thema nachhaltige Mobilität auch unter erschwerten Bedingungen am Herzen liegt. Ein Blick zurück lohnt sich und offenbart, wie flexibel und kreativ die Städte auf die Corona-Pandemie reagiert haben. Die nachfolgenden Beispiele geben einen Einblick in diese ganz besondere EMW mit vielen gelungenen Aktionen für alle.

In einem Jahr, in dem so vieles anders ist, blieb zum Glück auch manches gleich: Die EUROPÄISCHE MOBILITÄTSWOCHE (EMW) startete auch 2020 pünktlich am 16. September. Bis zum 22. September beteiligen sich trotz der besonderen Umstände mehr als 2.900 Städte und Gemeinden weltweit und somit kaum weniger als in den Vorjahren. In Deutschland waren es mit 97 Kommunen sogar so viele wie noch nie zuvor!

Das diesjährige EMW-Motto „Klimafreundliche Mobilität für alle“ bot dabei die Gelegenheit, sich Themen wie Barrierefreiheit, Teilhabe oder Straßenraumumgestaltung zu widmen und zu diskutieren, wie eine umweltverträgliche Mobilität vor Ort aussehen könnte, die für alle gleichermaßen zugänglich ist. Die Voraussetzungen für eine gelingende EUROPÄISCHE MOBILITÄTSWOCHE waren in diesem Herbst denkbar ungünstig. Die sonst üblichen Straßenfeste und Diskussionsveranstaltungen konnten nicht wie gewohnt durchgeführt werden. Umso beeindruckender war es, dass so viele deutsche Städte und Gemeinden die besondere Herausforderung annahmen und in dieser schwierigen Zeit bewiesen, wie wichtig ihnen nachhaltige Mobilität vor Ort ist. Mit viel Kreativität, Gestaltungswillen und Innovationsgeist haben sie interaktive und abwechslungsreiche Veranstaltungsprogramme entwickelt, die trotz aller Beschränkungen und ggf. unter Einhaltung der geltenden Hygiene- und Abstandsregeln viele Menschen vor Ort erreichten.

Die hohe Teilnehmerzahl deutscher Kommunen in diesem Jahr führte dazu, dass die Aktionskarte des Umweltbundesamtes schon etwas unübersichtlich wurde. Dennoch lohnt sich ein Blick und ein Klick auf die eine oder andere Markierung, um zu sehen, was in den einzelnen Kommunen los war. Mit der folgenden Auswahl soll ein kleiner Einblick in die Vielfalt der EMW in Deutschland gegeben werden:

  • Aachen machte seinen Theaterplatz zur großen EMW-Bühne und nutzte diese nicht nur für zahlreiche Aktionen, die der Information und dem Austausch zu mobilitätsrelevanten Themen in der Stadt dienten (Ausstellungen, Live-Digital-Talk, Lastenrad-Probefahrten und -Kurse u.v.m.), sondern vor allem auch für ein künstlerisches Unterhaltungsprogramm mit einem täglich wechselnden Pop-up-Konzert und partizipativen Lichtinstallationen.
  • In und um die Stadt Achim verbanden Stadtführungen, Spazier- und Rundgänge sowie Radtouren den EMW-Gedanken mit Stadtgeschichte und Naturkunde.
  • In Bamberg boten Ehrenamtliche kostenlose Rikscha-Fahrten für Seniorinnen und Senioren sowie Personen, die nicht mehr selbst Radfahren können, an.
  • Bergisch Gladbach widmete – wie viele andere Kommunen – dem Rollator wieder einen eigenen Aktionstag.
  • Erstmalig beteiligte sich die deutsche Hauptstadt Berlin an der EMW und zeigte mit 25 temporären Spielstraßen, wie wichtig diese für Anwohner*innen und Kinder als Aufenthalts- und Spielorte sein können.
  • Braunschweig bereicherte seine EMW u.a. mit dem mehrtägigen Mobility Slam, interessante Fachbeiträge zum Thema Mobilität wurden per Video und ein Mobilitätstalk im Livestream übertragen.
  • In Bremen kam u.a. das interessierte Kino- und Theaterpublikum ganz auf seine Kosten, ob bei den Filmabenden mit einem Kurzfilmprogramm zu 200 Jahre Fahrrad, bei der cineastischen Radtour „Film Night Ride“ mit Lastenrad, Beamer, Generator, Lautsprecher und Leinwand oder bei interaktiven Theateraktionen. 
  • Mit dem Slogan „In The Air Tonight“ bot Celle nicht nur zu später Stunde an zwei Stationen kostenlos elektrisch betriebene Luftpumpen für schlappe Fahrradreifen an.
  • Chemnitz zeigte sich zur EMW verwandelbar: Die Schülerfirma PAMOJA verwandelte Fahrradschläuche in Radlenkervasen, eine ausrangierte Straßenbahn wurde zur Begegnungsstätte, ein Vorplatz zum Kinder-Kreide-Kunstwerk und 5 km Asphalt zur Fahrradmodellroute mit Aktionsständen und Lastenrad-Parade.
  • „Lappenlos“ hieß eine Aktion in Dortmund. Hier berichteten Menschen im Rahmen der UmsteiGERN-Kampagne über ihre Erfahrungen vom Umstieg auf klimafreundlichere Verkehrsmittel wie das Fahrrad oder den ÖPNV. Beim Blitz-Fotoshooting entstanden Portraits der UmsteiGERN-Vorbilder für das Online-UmsteiGERN-Sammelalbum.
  • In Ettlingen konnte man Bikesharing testen: Die 44 Stadträder und 3 Lastenfahrräder des Ettlinger Fahrradvermietsystems waren an einem Tag zur Gratis-Nutzung verfügbar. 
  • Fürstenfeldbruck feierte: die Eröffnung der ersten Fahrradstraße mit dem Bürgermeister und die Einweihung der städtischen Lastenräder mit kostenloser Probefahrt. Dazu passte auch die Fahrrad-Waschanlage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e. V. (ADFC).
  • In Fürth war für alle Altersgruppen etwas dabei: Vom Laufbus für Grundschulkinder bis zum E-Bike-Test für Senior*innen und einem Spaziergang mit dem Blindenhund Lincoln.
  • In Hannover hat sich das „Orchester im Treppenhaus“ künstlerisch mit dem Thema Verkehr auseinandergesetzt und in „VerkehrT-Videos“ lustige, musikalische Lösungen entwickelt.
  • Kassel befestigte im Rahmen der Abstand-Kampagne auf städtischen Fahrzeugen und Bussen Aufkleber mit dem Hinweis auf den Überholabstand zu Fahrrädern. Eine Gehweg-Kampagne markierte – begleitet von der örtlichen Presse – problematische Gehwegbereiche mit gelben Füßen.
  • Die Knirpse in Kierspe (NRW) hatten viel Spaß beim Malwettbewerb und der Straßenmalaktion.
  • Krefeld bot an mehreren Tagen eine Ideenwerkstatt an, bei der sich Interessierte mit Planerinnen und Planern zu verschiedenen Mobilitätsthemen vor Ort austauschen und diskutieren konnten. Für Radaktive und Genussmenschen wurde die „kulinarische Route mit Hofladen-Hopping“ – auch zum Nachradeln – markiert.
  • Lahr im Schwarzwald bedankte sich – wie einige andere Kommunen auch – bei den vielen Menschen, die mit dem Fahrrad oder ÖPNV zur Arbeit unterwegs waren, mit einer kleinen Frühstücksüberraschung. 
  • Leipzig wies mit seiner Gehzeug-Parade "Stadt für Menschen – statt für Autos" auf den Flächenverbrauch durch den Autoverkehr hin und demonstrierte, wie viel Raum ein einzelner Mensch benötigt, wenn er in einem Auto sitzt.
  • Als bewährte Aktion in Marl gab es auch diesmal wieder das Bordsteintraining für Vorschulkinder.
  • München motivierte seine Bürger*innen, auch bei nassem und kaltem ⁠Wetter⁠ weiter zu radeln und verteilte Satteldecken. Unter der Devise "Der Herbst kann kommen, wir radeln weiter“ begleiteten Instagram und Facebook die Aktion.
  • Auch in Neumünster war das Fahrrad ein Schwerpunkt, ob bei der Bike-Night, für die die Räder mit farbigen Bändern, Lichterketten o. ä. geschmückt wurden, beim Lastenradparcours oder bei der Umfrage auf dem Wochenmarkt, wo der Klimaschutzmanager Standortvorschläge für neue Fahrradbügel sammelte.
  • Neunkirchen (NRW) hatte einen Catwalk im Programm und rollte den „Roten Teppich“ für kleine Prinzessinnen und Piraten aus, die mit ihren Eltern zu Fuß in den Kindergarten gekommen waren. Auch das Buspendeln erfuhr Anerkennung bei der Aktion an der Haltestelle „Rathaus“, die in eine Naturoase verwandelt und mit unterhaltsamen Einlagen bespielt wurde.
  • Beim Fahrradaktionstag in Neustadt am Rübenberge drehte sich mit Übungsparcours, Fahrradcodierung, Lastenrad-Testfahrt u.v.m. alles um das Thema Radmobilität. Auch das Stadtexperiment Fahrradstraße sorgte für Aufmerksamkeit.
  • In Saarbrücken waren die EMW-Maskottchen Edda und Edgar mit dem Hund Gizmo an mehreren Tagen unterwegs im Straßenraum und fragten Schülerinnen und Schüler vor Schulbeginn nach ihrem liebsten Fortbewegungsmittel und erweiterten die Aktion im Laufe des Tages zu einer beiläufigen Bürgerbefragung „Klimafreundlicher Mobilität für alle, was geht mich das an?“
  • In der Gemeinde Steinbergkirche in Schleswig-Holstein fand u.a. eine Prüfung der Barrierefreiheit durch Betroffene mit Rollator-Ralley, Senioren-e-Scooter und e-Rollstuhl statt.
  • Stralsund nutzte die EMW, wie natürlich viele andere Kommunen auch, um mit einer Fahrraddemo die Belange und Forderungen des Fuß- und Radverkehrs vor Ort zu unterstreichen.
  • Die Bibliothek in Werther (Westfalen) war Teil der EMW und machte mit einem Büchertisch Lust auf das Thema nachhaltige Mobilität.
  • Würzburg stellte anlässlich der EMW den Podcast „Unterwegs durch Würzburg“ ins Netz – ein komplett digitales Format und doch sehr lebendig. Der siebenteilige Podcast steht weiterhin zum Nachhören zur Verfügung.

Auch in diesem Jahr integrierten zahlreiche Städte und Gemeinden die thematisch verwandten Kampagnen STADTRADELN, KIDICAL MASS sowie den PARK(ing) Day in ihre lokale EMW und profitierten von den Synergien.

Das STADTRADELN war 2020 wieder in vielen deutschen Kommunen fester Bestandteil der EMW. Im brandenburgischen Hennigsdorf beteiligte sich sogar die örtliche Feuerwehr, Michendorf nutzte als EMW-Neuling das STADTRADELN als ersten Einstieg.

Die KIDICAL MASS setzt sich für kinderfreundliche und lebenswertere Städte ein. Kinder sollen sich sicher und selbständig mit dem Fahrrad in der Stadt bewegen können. Unter dem Motto "Platz da für die nächste Generation!" erobert die Initiative mit bunten Fahrraddemos die Straßen in ganz Deutschland (und darüber hinaus). So waren an dem diesjährigen Aktionswochenende 19. / 20.September viele EMW-Städte dabei wie z.B. Detmold, Dresden, Schweinfurt, Erfurt, Hamburg und Wiesbaden.

Der PARK(ing) Day ist schon lange nicht mehr aus der EMW wegzudenken, auch weil er in der Regel am dritten Freitag im September stattfindet und als Aktionstag zur Re-Urbanisierung von Innenstädten mit dem Anliegen der EMW harmoniert. Zahlreiche Kommunen wie Essen, Magdeburg, Puchheim, Sehnde u.v.a. haben auch in diesem Jahr den PARK(ing) Day genutzt, um Parkplätze im öffentlichen Straßenraum modellhaft und temporär umzuwidmen. Besonders zelebriert hat Mönchengladbach den diesjährigen PARK(ing) Day und diesen sogar zu einer PARK(ing) Week ausgeweitet: Das „Raumwunder“, eine von einem Lastenrad transportierte Plattform mit Sitzgelegenheiten, Bücherschrank, einer solarbetriebenen Handy-Ladestation und ein bisschen Grün, fuhr jeden Tag einen anderen Ort an und zeigte mit täglich wechselnden kleinen Aktionen, dass auf zwölf Quadratmetern Parkfläche viel mehr passieren kann als nur ein Auto zu beherbergen. Darüber hinaus haben zahlreiche Initiativen eigene Konzepte für die PARK(ing) Week umgesetzt.

Die Unterstützungsangebote des ⁠UBA für die Gestaltung der EMW vor Ort waren auch in diesem Jahr sehr gefragt, insbesondere die praktischen Aktionsideen aus der neuen EMW-BOX 2020, wie die Brötchentüten, die Malvorlagen, die Plus 1-Zählstation, das 12 m2-Parkplatzmemospiel, das Legelastenrad oder die RennenRennen-Aktion. Einzelne Aktionen zum Leihen kamen dabei so gut an, dass bei weitem nicht alle Wünsche erfüllt werden konnten.

Schon allein diese Auswahl zeigt, dass es während der Mobilitätswoche auch in diesem Jahr in großen wie in kleinen Kommunen viel zu entdecken gab – draußen auf der Straße wie auch im (digitalen) Raum.

Noch viel mehr EMW gibt es auf der internationalen Seite der EUROPÄISCHE MOBILITÄTSWOCHE !

<>
Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Europäische Mobilitätswoche