Nanopartikel

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Nanopartikel
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Beschreibung

Nanopartikel bezeichnen einen Verbund von wenigen bis einigen tausend Atomen oder Molekülen mit einer Größe, die typischerweise im Bereich 1 bis 100 Nanometern (entspricht 10−9 = 0,000 000 001 Meter) liegt. Die Vorsilbe „nano“ leitet sich aus dem Griechischen „nanos“ für „Zwerg“ oder „zwergenhaft“ ab. Nanopartikel können auf natürlichem Wege (etwa Vulkanausbruch oder Waldbrand) entstehen, aber auch aus anthropogenen (vom Menschen verursachten) Quellen, wie Kfz- und Industrieabgase, in die Umwelt gelangen oder auch gezielt synthetisch hergestellt werden.

Hintergrundinformationen

Nanopartikel besitzen spezielle chemische und physikalische Eigenschaften, die deutlich von denen von Festkörpern oder größeren Partikeln abweichen. Dies sind unter anderem:

  • höhere chemische Reaktivität
  • stärkere katalytische Wirksamkeit
  • Änderung von thermodynamischen Parametern (z.B. Schmelzpunkt)
  • Änderung der metallischen Eigenschaften und Halbleitereigenschaften
  • Änderung der optischen und magnetischen Eigenschaften


Dabei können synthetische Nanopartikel aus unterschiedlichsten chemischen Stoffen wie z.B. Metalle, Oxide, Polymere oder Kohlenstoff erzeugt werden. Als bekannte Vertreter können hier Nano-Silber, Nano-Titandioxid oder Kohlenstoffnanoröhrchen genannt werden.

Nanotechnik gewinnt bei der Entwicklung neuer Produkte und Anwendungen zunehmend an Bedeutung und erreicht mittlerweile viele Bereiche der Industrie.  So könnten Nanopartikel in der Elektrotechnik dazu beitragen, leistungsfähigere und kleinere Computer zu ermöglichen. In der Medizin könnte man mit Hilfe von Nanopartikeln einen zielgerichteten Transport von Medikamenten im Körper und damit eine schonendere Form der Krebstherapie erzielen. Nanotechnische Produkte könnten sich ebenso positiv auf die Umwelt auswirken, in dem sie als umweltfreundlichere Alternative für herkömmliche Anwendungen eingesetzt werden und dazu beitragen, Ressourcen und Energie einzusparen. Viele Fragen gesundheitlicher und ökologischer Konsequenzen des vermehrten Einsatzes von Nanopartikeln sind aber noch nicht geklärt.

Nanopartikuläre Biozide

Für biozide nanotechnische Anwendungen wird vor allem Nanosilber in verschiedenen Bereichen eingesetzt. So findet es laut Hersteller Einsatz in Deodorants, Funktionskleidung, oder Haushaltsanwendungen (z.B. Wischtücher, Schneidebretter). In der Schifffahrt hat man Bootsanstriche mit verschiedensten Nanopartikeln entwickelt, die verhindern sollen, dass sich Kleinstlebewesen unerwünscht an die Außenhaut der Boote anwachsen und somit die ⁠Fahrleistung⁠ der Boote beeinträchtigen. Weitere Anwendungen sind biozide Holz- und Farbanstriche mit Nanosilber oder Titandioxid-Nanopartikeln, die Schimmel und Algenbefall verhindern sollen.

Der zunehmende Einsatz der Nanotechnik führt bereits heute zu einem vermehrten Eintrag von Nanopartikeln in die Umwelt. Die Wirkungen dieser neuen Materialien auf die Umwelt und das Risiko für den Menschen sind bisher nur unzureichend erforscht. Daher ist eine umfassende Betrachtung zur Abschätzung von Wirksamkeit, Wirkdauer und Risiken für Mensch und Umwelt notwendig.

Deshalb müssen nanoskaliene Biozid-Wirkstoffe bzw. Biozidprodukte mit solchen Wirkstoffen ein gesondertes Prüfverfahren im Rahmen der Zulassung durchlaufen, um die besonderen Risiken abschätzen zu können. Gemäß der Biozid-Verordnung handelt es sich um ein Nanomaterial, wenn über 50% der Teilchen eine Größe zwischen 1 und 100 Nanometern umfassen.

Bei biozidbehandelten Waren (z.B. Schneidbrettchen oder Textilien mit antibakterieller Ausrüstung) müssen die Namen aller in dem verwendeten Biozidprodukt enthaltenen Nanomaterialien mit der anschließenden Angabe „Nano“ in Klammern auf dem Etikett angegeben werden.

Außerdem müssen alle EU Mitgliedsstaaten alle 5 Jahre Berichte zur Umsetzung der Biozid-Verordnung an die EU-Kommission schicken, die u.a. Informationen über die Verwendung von Nanomaterialien in Biozidprodukten und deren potenzielle Risiken enthalten.

Risiken für die Umwelt: Der bisherige Wissensstand und dringender Forschungsbedarf

Da wegen ihrer geringen Größe neue Funktionalitäten der Nanomaterialien im Vergleich zu ihrer makroskopischen Form festzustellen sind, besteht auch das Risiko eines veränderten Verhaltens und einer unerwünschten Wirkung auf die verschiedenen Ökosysteme. Eine potentielle Gefährdung ist dabei am ehesten bei gezielt in die Umwelt eingebrachten nanoskaligen Produkten anzunehmen.
Es könnten jedoch auch durch Abnutzungs- oder Auswaschungsprozesse in einer Matrix gebundene Nanomaterialien aus Produkten in die Umwelt gelangen. Anhaltspunkte hierzu geben zum Beispiel Schweizer Untersuchungen, die zeigen, dass Titandioxid-Partikel in Fassadenanstrichen, die dort zur Selbstreinigung der Oberflächen führen sollen, von Hausfassaden ausgewaschen werden und so in den Boden oder in Gewässer gelangen können. Auch in Verbraucherprodukten enthaltene Nanomaterialien könnten die Umwelt belasten. Studien aus den USA und Schweden ermittelten, dass wegen ihrer bakteriziden Wirkung in Socken und Sportbekleidung eingesetzte Silber-Nanopartikel sich beim Waschen aus den Textilien lösen und ins Abwasser gelangen. Im Zusammenhang mit der steigenden Zahl von Produkten, die Silber-Nanopartikel enthalten, ist eine Erhöhung des Silbergehalts im Klärschlamm zu erwarten. Derzeit wird untersucht, in welchem Ausmaß dies erfolgt und ob dadurch die bakterielle Gemeinschaft in Kläranlagen gestört werden könnte. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt derzeit darüber hinaus in der Untersuchung der möglichen schädlichen Wirkung von Nano-Silber auf Organismen in Oberflächengewässern, Sedimenten und Böden.
Die Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen zur Erfassung der Wirkungen von Nanomaterialien auf die Umwelt steigt seit einigen Jahren stark. Die meisten Studien befassen sich mit den ökotoxikologischen Effekten auf Organismen in Wasser-Ökosystemen. Vor allem Mikroorganismen, Wirbellose und verschiedene Fischarten wurden untersucht. Unabhängige Studien zeigten, dass mit nanoskaligem Silber belastete Wasserflöhe erhöhte Sterblichkeitsraten aufweisen. Die Aufnahme vieler Nanomaterialien über Kiemen und andere Epithelien durch aquatische Organismen ist bekannt. Eine Studie mit dem japanischen Reiskärpfling zeigt, dass fluoreszierende Nanomaterialien in verschiedenen Organen akkumulieren und auch in diesen Organismen die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Während der Embryonalentwicklung des Zebrabärblings erhöhten Nano-Silberpartikel bereits bei geringen Konzentrationen die Rate an Fehlbildungen. Bei höheren Konzentrationen stieg auch die Sterblichkeitsrate unter den Embryonen.
Studien zur Ökotoxikologie von Nanomaterialien in Boden-Ökosystemen geraten erst seit wenigen Jahren in den Fokus der Forschung. Bei Säugetieren lassen sich die Ergebnisse aus Laborstudien für die Modellierung der Wirkung auf die menschliche Gesundheit in begrenztem Umfang auch auf Wildtiere übertragen. Besonderer Bedarf besteht jedoch in der Erforschung der Wirkungen von Nanopartikeln auf andere Wirbeltiere, Wirbellose und auch Pflanzen. Versuche mit Aluminiumoxid- Nanopartikeln zeigten ein reduziertes Wurzelwachstum bei verschiedenen Nutzpflanzen (zum Beispiel Mais, Gurke, Soja, Karotte). Bei größeren Aluminium-Partikeln trat dieser Effekt nicht auf. Ein weiteres Beispiel ist eine Veröffentlichung über Kupfer-Nanopartikel, die sich in Zellen von Pflanzenkeimlingen der Mungobohne und des Weizen anreichern und zu einem reduzierten Wurzelwachstum führen. Die Forschung zur Anreicherung von Nanomaterialien in Organismen oder ihrer Anreicherung über die Nahrungskette steht ebenso eher am Anfang. Ebenfalls wurden bisher kaum Interaktionen von Nanomaterialien mit anderen Umweltchemikalien untersucht. So stehen einige Nanomaterialien im Verdacht, als Vektoren für den Transport toxischer Chemikalien zu fungieren.

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