Schulgebäude erhält 100% erneuerbare Energieversorgung: Wärmepumpe, Photovoltaik und Strompeicher

Ein EU-gefördertes Projekt ermöglichte die Umrüstung eines Passivhauses, um CO2-Emissionen zu senken. Eine Wärmepumpe ersetzt die Gasheizung, mit minimalen Umbauten und Rücksicht auf den Schulbetrieb.

  • Die Gesamtansicht eines modernen Schulgebäudes mit Schulhof.
    Grundschule Viatisstraße, Quelle: Stadt Nürnberg - Hochbauamt
  • Eine große Wärmepumpe ist an der Fassade eines Schulgebäudes unter einer Treppe platziert.
    Wärmepumpe, Quelle: Stadt Nürnberg - Hochbauamt
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Angaben zum Projekt

Im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts sollte ein Gebäude technisch ertüchtigt werden, so dass dessen energiebedingte CO2-Emissionen wenn möglich auf null gesenkt würden. Die Aufgabenstellung war insbesondere eine Vereinfachung des Beschaffungs- und Umsetzungsprozesses, in dessen Rahmen es auch Kommunen mit geringen personellen und finanziellen Ressourcen möglich sein soll, Klimaneutralität zu erreichen. Darüber hinaus sollten die Gebäudenutzenden frühzeitig in das Projekt eingebunden werden, um die Akzeptanz der neuen Technik zu erhöhen.

Die Wahl fiel auf ein Schulgebäude in Nürnberg, das im Jahr 2015 im Passivhausstandard errichtet worden war. Es besteht aus einem eingeschossigen Hort- sowie einem zweigeschossigen Grundschulbereich und wurde bisher mit einer Gastherme zentral beheizt und ist mit zwei zentralen Lüftungsanlagen ausgerüstet. Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral über Boiler und Durchlauferhitzer.

Der vollständige Ersatz der Erdgasheizung durch eine Wärmepumpe sollte mit möglichst wenigen zusätzlichen Umbauarbeiten und ohne Beeinträchtigung des Schulbetriebs erfolgen. Somit war z.B. der Einbau von Flächenheizungen oder von großen Pufferspeichern nicht möglich. Außerdem musste ein Aufstellort gefunden werden, der sowohl dem Gewicht als auch der Lautstärke des Geräts Rechnung trägt. Schließlich wurde die Wärmepumpe ebenerdig vor dem Gebäude aufgestellt. Um die Geräuschemissionen abzumildern, wurde im Sommer 2024 um die Wärmepumpe herum ein Schalldämmzaun errichtet.

Die Einbindung des Wärmepumpensystems erfolgte parallel zur bestehenden Erdgastherme, die jedoch lediglich noch als Ausfall-Backup oder bei extremen Temperaturen betrieben werden soll. Der hydraulische Anschluss des neuen Systems musste entgegen der ursprünglichen Planung noch um zwei Absperrventile ergänzt werden, um die Gastherme komplett vom Heizungssystem zu trennen, wenn diese nicht in Betrieb ist.

Projekteinreichende*r Hochbauamt der Stadt Nürnberg https://www.nuernberg.de/internet/hochbauamt/
Kooperationspartner AH Häusler, Elektro Ludwig, EU-Projekt "procuRE", Konsortium "SEBR"

Eckdaten Gebäude

PLZ Gebäudestandort 90480
Ort Gebäudestandort Nürnberg Zerzabelshof
Gebäudeart Nichtwohngebäude
Baujahr 2008 bis heute
Sanierungsstand Neubau
Beheizte Fäche 3.073 m²

Wärmeversorgung vor Einbau Wärmepumpe

Heizungsart alt Gasheizung
Art Brauchwassererwärmung Dezentral, elektrisch
Art der Raumwärmeübergabe Heizkörper
Energieverbrauch 70.000 kWh pro Jahr
Vorlauftemperatur (vorher) 56-60 °C
Leistung Wärmeerzeuger 90 kW
Spezifischer Heizenergieverbrauch 23 kWh/m²a

Herausforderungen

Das Schulgebäude ist jung aber wurde dennoch mit einem kleinen Gaskessel beheizt. Es galt, die CO2-Emissionen möglichst komplett zu eliminieren, sowohl für den Heizungs-, als auch für den Strombedarf.
Im Zuge der Installation der Wärmepumpe (WP) traten mehrere Schwierigkeiten auf. Zunächst war unklar, wie die Schallbelastung durch die WP auf die Nachbarschaft wirken würde. Ein geplanter Aufstellort auf dem Dach des Gebäudes musste aufgrund nicht ausreichender Statik verworfen werden. Stattdessen wurde die WP ebenerdig in der Nähe des Eingangs aufgestellt, was die Lärmbelästigung potenziell verstärkt, da das gewählte WP-Gerät relativ laut ist.

Ein weiteres Problem ergab sich durch eine hydraulische Weiche, mit der die bestehende Gastherme an die Heizungsverteilung angeschlossen ist. Dies führte dazu, dass die Heizungspumpe im Betrieb das Heizwasser nicht wie vorgesehen aus dem Wärmepumpenpufferspeicher zieht, sondern es lediglich durch die hydraulische Weiche umwälzt.

Lösungsansatz

Die technische Planung wurde im Rahmen eines EU-Förderprojekts vom beauftragten Unternehmenskonsortium durchgeführt. Ziel war, die Gastherme möglichst vollständig durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. Um die Umrüstungsarbeiten möglichst gering zu halten, wurde lediglich zwischen die Wärmepumpe und die Heizungsverteilung ein kleiner Wärmepuffer eingeplant, der sich noch im Gebäude unterbringen ließ. Die Hydraulik wurde ansonsten nicht verändert, ebenso wurden die Heizkörper im Gebäude belassen.
Um die Lärmbelastung durch die Wärmepumpe zu minimieren, wurde um das Gerät von einer Spezialfirma nachträglich ein Schallschutzzaun errichtet, der außerdem den Zutrittsschutz zum Gerät gewährleistet. Zusätzlich soll die Gastherme, wenn sie nicht in Betrieb ist, durch (elektrische) Kugelhähne mechanisch vom Heizungssystem getrennt werden. Dies wird verhindern, dass im Betrieb der Wärmepumpe der erwähnte Umwälzbetrieb entsteht.

Erfahrungen und Ausblick

Der Umbau selbst war technisch relativ einfach umsetzbar, mit den erwähnten Herausforderungen. Zur Akzeptanz der Umbauarbeiten trug auch die frühe Einbindung und stetige Information der Gebäudenutzenden bei. Es wurden mehrere Wärmemengen- und Stromzähler ergänzt, so dass künftig sehr genau der Betrieb und die Effizienz der Wärmepumpe überwacht werden können. Im ersten Betriebsjahr wird außerdem ein Augenmerk auf die (gefühlte) Lärmbelastung der Gebäudenachbarschaft gelegt und es soll ein Regelkonzept erarbeitet werden, das die Betriebszeiten der Wärmepumpe möglichst an die Verfügbarkeit von PV-Strom aus der gebäudeeigenen Anlage anpasst und dennoch während des Gebäudebetriebs vollen Komfort zur Verfügung stellt.

Außerdem muss noch der Einbau der erwähnten Kugelhähne erfolgen. Schließlich sollen auch künftig die Gebäudenutzenden laufend über die Performance des Gebäudes informiert werden, z.B. über einen Infobildschirm.

Tipps für Dritte

Große Wärmepumpen sind schwer. Achten Sie bei der Beschaffung von Wärmepumpen auf deren Größe, Gewicht und Geräuschemissionen und planen Sie den Aufstellort optimal. Gegebenenfalls ist eine Kaskade kleinerer, leiserer Wärmepumpen vorteilhafter als eine große Anlage.

Binden Sie bei vorhandener Gebäudeautomation im Bestand die ursprüngliche ausführende Firma ein, um eine nahtlose Integration der neuen Komponenten zu ermöglichen.

Für die Auslegung und Umsetzung einer Wärmepumpe im Bestand wird von den planenden und ausführenden Unternehmen Expertise benötigt, die – Stand 2024 – noch nicht alle Unternehmen bieten können. Ein 1-zu-1 Austausch ist i.d.R. nicht möglich, es muss immer auch die Hydraulik betrachtet werden.

Bei Bestandsgebäuden mit Gebäudeautomation könnte die Integration zahlreicher neuer Komponenten (Wärmepumpe, Batterie, Zähler usw.) Schwierigkeiten beim Netzwerkmanagement machen (IP-Adressen!). Sorgen Sie frühzeitig für die Einbindung der eigenen Netzwerkspezialisten.

Steckbrief Wärmepumpe

Datum Inbetriebnahme der Wärmepumpe
Dauer der Umsetzung Beginn des EU-Projekts war Dezember 2020. Die EU-weite Ausschreibung erfolgte im Herbst 2021 mit Zuschlagserteilung im April 2022. Die Entwurfsplanung lief von Mai bis Juli 2022, die zweite, detailliertere Planungsphase lief bis Juli 2023, die Umsetzung vor Ort erfolgte von Okt 2023 bis Jan 2024.
Wärmequelle
  • Außenluft
Thermische Leistung 102 kW
Elektrische Leistung 46 kW
Saisonale Leistungszahl SCOP 3,16
Maßnahmen Heizsystem
  • Pufferspeicher
  • Sonstiges (siehe Erläuterungen)
Erläuterungen zum Heizsystem mechanische Trennung Gastherme bei Nichtbetrieb / zusätzliche Wärmemengenzähler eingebaut

Betriebsdaten Wärmepumpe

Vorlauftemperatur (neu) 60 °C
Erläuterungen Die JAZ wurde berechnet und beinhaltet die Stromaufnahme der Wärmepumpe.

Kosten

Kosten Wärmepumpe (inkl. Einbau):
138.000 €
Gesamtkosten (inkl. begleitender Maßnahmen):
193.000 €
Fördermittel:
154.000 €

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