SAICM EPI Fachgespräch 2017 zu Pharmaka in der Umwelt

Bild mit verschieden großen und farbigen Tabletten
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Pharmaka in der Umwelt – was deutsche Unternehmen und Verbände gegen die globalen Risiken tun können

Inhaltsverzeichnis

 

Hintergrund: SAICM und Emerging Policy Issue-Fachgespräche

Der Strategische Ansatz zum internationalen Chemikalienmanagement (SAICM) ist ein völkerrechtlich nicht bindendes, übergreifendes politisches Rahmenwerk zur Einbindung aller betroffenen Sektoren und Akteure. Es dient der Umsetzung der Ziele der Agenda 2020 zum Chemikalienmanagement,  die von der Staatengemeinschaft auf dem ⁠UN⁠-Gipfel für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002 in Johannesburg beschlossen wurden. Danach strebt die Staatengemeinschaft an, bis zum Jahr 2020 Chemikalien so zu nutzen und zu produzieren, dass erhebliche negative Effekte für die menschliche Gesundheit und die Umwelt minimiert werden. 

SAICM ist keine nur von nationalen Regierungen bestimmte Initiative, sondern ein „Multi ⁠Stakeholder⁠ Approach“, bei dem u.a. die chemische Industrie, Umweltverbände und Gewerkschaften mitwirken. Es geht dabei nicht um die Verabschiedung zusätzlicher verbindlicher Regelwerke, sondern um einen global verantwortungsvolleren Umgang mit Chemikalien auf freiwilliger Basis.

Das Umweltbundesamt (⁠UBA⁠) ist der sog. National Focal Point, die Anlaufstelle für SAICM in Deutschland (in Person Hans-Christian Stolzenberg, Leiter des Fachgebiets IV 1.1 „Internationales Chemikalienmanagement“ im UBA). Aufgabe der National Focal Points ist es, die Umsetzung von SAICM auf nationaler Ebene zu unterstützen und voranzubringen.

Deutschland kommt zudem eine besondere Rolle zu, da Frau Gertrud Sahler (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, ⁠BMUB⁠) die Präsidentschaft der 5th International Conference on Chemicals Management (ICCM) im Jahr 2020 innehat. Nähere Informationen zur Präsidentschaft und zu den ICCM’s finden sich unter www.saicm.org.

 

SAICM Emerging Policy Issue-Fachgespräche

Die Fachgespräche sind Teil der Aufgabenwahrnehmung des ⁠UBA⁠ als SAICM National Focal Point. Sie dienen unter anderem der Vernetzung relevanter Akteure und der Dokumentation von Fortschritten in der Umsetzung von SAICM auf nationaler Ebene. Die Fachgespräche sollen aus Sicht des UBA aber vor allem auch dazu dienen, die Sichtweisen und Ideen der deutschen ⁠Stakeholder⁠ zu ausgewählten Themen zusammen zu tragen. Idealerweise werden dabei Handlungsempfehlungen entwickelt und konkrete Projekte zur Erreichung der SAICM-Ziele angestoßen. Beides nicht nur mit Blick auf Deutschland, sondern darüber hinausgehend, der Idee von SAICM und der Tatsache folgend, dass sich die meisten dort in den Blick genommenen Herausforderungen nur global bewältigen lassen. Das UBA veranstaltet Fachgespräche zu zwei Emerging Policy Issues, nämlich zu Pharmaka in der Umwelt (16.11.2017) sowie zu Chemikalien in Bauprodukten (April 2018)

 

Emerging Policy Issue „Environmentally Persistent Pharmaceutical Pollutants“

Zu den Aufgaben der ICCM’s gehört es, zu geeigneten Maßnahmen zur Lösung besonders drängender Aufgaben (sog. Emerging Policy Issues, EPI) aufzurufen. Eine dieser von der ICCM benannten drängenden Aufgaben ist der Umgang mit umwelt-persistenten pharmazeutischen Schadstoffen (EPI „Environmentally Persistent Pharmaceutical Pollutants“, EPPP). In seiner Resolution zum rief ICCM4 alle Akteure auf, bestehende Wissensdefizite zu beseitigen, Informationen auszutauschen und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. 

 

Arzneimittel in der Umwelt

Arzneimittel sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens – sie helfen heilen, sie verlängern unser Leben. Für einige vor wenigen Jahrzehnten noch als unheilbar geltende Krankheiten sind heute Wirkstoffe verfügbar. Die Kehrseite der Medaille: Mehr und mehr Wirkstoffe, Abbauprodukte oder Formulierungsstoffe aus Arzneimitteln finden sich in der Umwelt wieder; außerdem hat der Verbrauch an Arzneimitteln, teilweise ohne medizinische Indikation, weltweit enorm zugenommen. Die Folgen:

  • Bei Antibiotika Resistenzbildung mit gravierenden Folgen für die weitere Anwendbarkeit dieser Wirkstoffe bei Infektionskrankheiten
  • Bei ökotoxisch wirkenden Pharmaka Schädigung von Lebewesen in Gewässern
  • Bei Wirkstoffen mit hohen Anwendungsmengen (z.B. Schmerzmittel, Medikamente für Epileptiker) und gleichzeitiger ⁠Persistenz⁠ Gefährdung der Trinkwasserversorgung

Eine wichtige Ursache für diese Probleme ist die Belastung von Abwässern aus Produktion, Formulierung und Anwendung von Arzneimitteln. Abwässer sind das Transfermedium für Wirkstoffe bzw. aktive ⁠Metabolite⁠ oder Abbauprodukte, die Flüsse, Grundwasser und schließlich Beregnungswasser, ggf. auch das Trinkwasser erreichen können. Bei den Wirkstoffen stehen Antibiotika wegen der ⁠Resistenz⁠-Bildung im Vordergrund, ferner Medikamente mit hohen Anwendungsmengen, die über Abwässer von Kliniken bzw. Haushalten entsorgt werden, und weitere Medikamente, deren Stabilität in der Umwelt so groß ist, dass sie sich dort in unbelebten Kompartimenten oder Lebewesen anreichern und ggf. entsprechende Wirkungen entfalten. Das Umweltbundesamt hat sich in den vergangenen Jahren bereits intensiv mit dieser Problematik beschäftigt, u.a. mit den weltweiten Risiken durch die Freisetzung pharmakologisch wirksamer Stoffe sowie möglicher Gegenmaßnahmen im Rahmen von SAICM wie auch mit der umweltverträglichen Entsorgung von nicht mehr benötigten oder überlagerten Medikamenten.

Ferner spielen Umweltwirkungen von Pharmaka auch eine Rolle bei der Spurenstoffstrategie der Bundesregierung, die seitens des ⁠UBA⁠ fachlich unterstützt wird, z.B. mit Untersuchungen zu Möglichkeiten der Reduzierung des Eintrags von Spurenstoffen in Gewässer. 

In einem Positionspapier formulierte das UBA dringende Anliegen u.a. an die deutsche und die europäische Rechtssetzung, um die Umweltwirkungen von Pharmaka zu minimieren.

 

Erkenntnisse aus dem Fachgespräch „Pharmaka in der Umwelt“

Am 16. November 2017 führte das Fachgespräch zum Thema „Pharmaka in der Umwelt – was deutsche Unternehmen und Verbände gegen die globalen Risiken tun können“ deutsche Unternehmen und Verbände, Wissenschaft und Behörden zusammen. Die in diesem Bereich tätigen Akteursgruppen finden sich in der folgenden Graphik:

Organigramm einzelner Behörden und Akteure
Akteure im Gesundheitswesen/Institutionen der Wasser- und Abwasserwirtschaft
Quelle: Umweltbundesamt

Diese Akteure beeinflussen durch ihr Handeln

  • Produktion, Vermarktung und Beschaffung von Wirkstoffen und Arzneimitteln
  • Verschreibung, Anwendung und den weiteren Verbleib (eingenommener wie nicht gebrauchter) Arzneimittel
  • Beseitigung oder Abbau von Arzneimittel-Resten in Abwässern

In Folge des Imports zahlreicher, vor allem nicht mehr durch Patente geschützter Wirkstoffe (Generika) wie auch der Bedeutung von Rabattverträgen zwischen Krankenkassen und Herstellern im Gesundheitswesen nehmen deutsche Akteure bis hin zum Arzt oder Apotheker Einfluss auf die weltweite Produktion von Wirkstoffen und den Handel mit Pharmaka. Konsequenzen nicht ausreichender Schutzmaßnahmen für die Umwelt bei Produzenten im Ausland treffen nicht nur die unmittelbare Umgebung, sondern verbreiten sich – gerade bei Antibiotika-Resistenzen – weltweit. Zudem können solche Unternehmen auch Handelspartner europäischer und deutscher Akteure sein.

 

Erhebliche Gefahren für Menschen und die Gewässer…

Das Fachgespräch wurde (siehe Programm) durch Vorträge renommierter deutscher Fachleute eingeleitet. In seiner Präsentation „Umweltwirkungen von Arzneimitteln“ betonte Herr Prof. Dr. Thomas Backhaus, dass

  • Arzneimittel in der aquatischen Umwelt spezifische als auch unspezifische   Wirkungen auf exponierte Organismen zeigen und bereits ein Risiko von Arzneimitteln auf aquatische Organismen in gemessenen Umweltkonzentrationen nachgewiesen wurde. 
  • dass die Größe des Risikos aber je nach Organismus und Wirkstoff extrem unterschiedlich sei,
  • und daher Untersuchungen der Auswirkungen umweltrelevanter Konzentrationen auf ökologisch relevante Endpunkte notwendig seien,
  • bessere und systematisch erfasste Daten zu Umweltwirkungen von Arzneimitteln vor allem in marinen Systemen dringend erforderlich seien, wobei man sich auf bisher nicht erforschte Substanzen konzentrieren solle.
  • bereits laufende freiwillige Maßnahmen koordiniert und vernetzt werden sollten, um die genannten Wissenslücken möglichst rasch zu schließen.

Weiterhin forderte Herr Backhaus eine erhöhte Datentransparenz (z.B. über Funde und ökotoxikologische Daten von Stoffen in der Umwelt) bereits vorhandener Daten, auch der während der Entwicklung von der Industrie generierter Daten.

Herr Dr. Issa Nafo berichtete über vorliegende Erfahrungen mit der Elimination von Pharmaka aus Abwässern vor allem aus Kläranlagen. Eine komplette Rückhaltung aller Pharmaka sei nicht möglich, aber sehr gute Ergebnisse würden mit Kombinationsmaßnahmen (Ozonung und Filtration über A-Kohle) erzielt. Wichtig sei es, an konzentrierten Abwässern anzusetzen, also dezentrale Vorbehandlungsanlagen möglichst vor Einleitung in die Kanalisation zu errichten. Außerdem verwies Herr Nafo auf laufende und durchaus vielversprechende Projekte wie z.B. „Essen macht`s klar“ (www.machts-klar.de, bei denen Patienten u.a. mit kurzfristig hohen Medikamentengaben ihren Urin auffangen.

Herr Prof. Dr. Christoph Lübbert stellte die Entwicklung und alarmierende Zunahme von Antibiotika-Resistenzen in den Mittelpunkt seines Vortrags. Die Einleitung nicht ausreichend gereinigter Produktions-Abwässer in einigen Schwellenländern, der z.T. sehr leichte Zugang zu Antibiotika durch freie Verkäuflichkeit in vielen Ländern bzw. deren überflüssige Anwendung wie auch unsachgemäße Entsorgung von Altmedikamenten zählen zu den Ursachen der beobachteten Resistenzen. Studien würden belegen, dass zur Verbreitung der Resistenzen in starkem Maße der steigende Tourismus beiträgt. So tragen z.B. 70% der Touristen aus Indien multiresistente Keime in die Kliniken ein.  Hinzu komme noch die massive Verwendung von Antibiotika in der Landwirtschaft. 

Mit Maßnahmen zur Verbesserung der Situation beschäftigte sich Herr Dr. Tim aus der Beek. Nach seinem Resümee sollten Messprogramme gezielt zur Entdeckung von Hotspots und Trends eingesetzt werden. Zur Detektion der Trends sei die Kenntnis der Verkaufsmengen von Wirkstoffen wichtig. Daher forderte auch Hr. aus der Beek die freie Verfügbarkeit von Daten wie z.B. der verbrauchten jährlichen Mengen der einzelnen Wirkstoffe, um effektive Maßnahmen zur Minimierung durchführen zu können.  Er empfahl eine gesamtheitliche Bewertung von Arzneimitteln einschließlich ökotoxikologischer Fragen. Ein Multibarrieren-Konzept sei zur Eintragsminderung nötig, also viele parallel verfolgte Ansätze, wobei viele unterschiedliche Akteure wegen der Komplexität des Problems mitwirken müssten. Er wies zusätzlich auf die wichtige Vernetzung von best-practise Beispielen (z.B. aus Schweden) hin und stellte in diesem Zusammenhang das Projekt Merk`Mal Ruhr vor (www.merkmal-ruhr.de), das sich mit der Minimierung des Eintrags von Röntgenkontrastmitteln in Gewässer beschäftigt.

…und notwendige Gegenmaßnahmen

Vorträge und Diskussion geben Anlass zu diesen Schlussfolgerungen:

  • Eine Reduzierung der Umweltbelastung durch Pharmaka ist zwar auch mit Einzelmaßnahmen an der richtigen Stelle, vor allem aber durch die Kombination mehrerer Lösungswege möglich.
  • Es gilt, dort anzusetzen, wo wir mit geringem Aufwand einen hohen Effekt erzielen, z.B. an Abwassereinleitungen mit höheren Konzentrationen an Pharmaka oder bei heute völlig unzureichend behandeltem Abwasser von Produktionsanlagen in Schwellenländern.
  • Um effektive Maßnahmen durchzuführen, sind Transparenz und Verfügbarkeit von vorhandenen Messdaten wie auch ökotoxikologischen Befunden von Bedeutung.
  • Eine 100%ige Sicherheit vor Umweltauswirkungen von Pharmaka dürfte nicht zu erzielen sein, u.a. wegen unbekannter Kombinationswirkungen, die oft erheblich kritischer sind als bei anderen Chemikalien
  • Antibiotika-Resistenzen werden vor allem durch Überdosierung oder Missbrauch verursacht, aber durch Globalisierung schneller verbreitet als früher. Die Sicherung von korrektem Verhalten in der Lieferkette ist von entscheidender Bedeutung, um die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen zu verlangsamen. 

Maßnahmen, die schon greifen…

Einige wichtige ⁠Stakeholder⁠-Gruppen sind bereits dabei, Lösungen für die aufgezeigten Probleme auf freiwilliger Basis anzugehen. Dies zeigten die Beiträge von Herrn Dr. Onusseit (Bundesministerium für Gesundheit), Frau Anja Leetz (Healthcare Without Harm Europe), Frau Dorothee Christiani (BKK VBU) und Herrn Dr. Reinhard Länge (BAYER AG). 

  • Herr Onusseit sprach sich dafür aus, Packungsgrößen therapiegerecht gestalten sowie Aufklärung zur Vermeidung von Missbrauch, falscher Entsorgung etc. zu betreiben. In Europa brauche man einen gemeinsamen best practice-Standard. Ein wichtiger Baustein sei eine einheitliche Regelung zur Entsorgung von Altmedikamenten.
  • Frau Leetz (HCWH) nannte als langfristiges Ziel eine „green pharmacy“ mit umweltverträglichen Wirkstoffen. Im Rahmen der Zulassung sollte dazu der gesamte Lebensweg eines Medikaments abgebildet und berücksichtigt werden. Jetzt müse zunächst im Rahmen der „social responsibility“ eine Lieferantenprüfung beim Einkauf von Wirkstoffen und Arzneimitteln die Lieferantenkontrolle durchgeführt werden. Sie stellte die Kampagne „Safer Pharma“ vor, die sich an Akteure wie Ärzte und Krankenhäuser (Verschreibung, Abgabe), aber auch Verbraucher richtet, die nach wie vor Altmedikamente falsch – z.B. auf dem Abwasserpfad - entsorgen.
  • Wenn auch die Krankenkassen richtigerweise den Menschen/Patienten im Mittelpunkt ihrer Arbeit sehen, müssten dennoch Umweltkriterien Einkauf bzw. Abschluss von Rahmenverträgen für Medikamente ernst genommen werden, sagte Frau Christiani. Hierfür regte sie eine gesetzlich geregelte Transparenz über den Herstellungsort von Arzneimitteln an. Hersteller, Kassen, Ärzte und Apotheker müssten sich der Bedeutung der Lieferketten bewusst werden. Ein wichtiges Problem für die Krankenkassen sei die hohe Menge von verschriebenen, von den Patienten erworbenen und anschließend nicht eingenommenen Medikamenten, etwa 25 bis 50%! Daran sollten alle beteiligten Akteure arbeiten. Auch sie forderte ein einheitliches Rücknahmesystem für Altmedikamente.
  • Die europäischen Arzneimittelhersteller kämpfen für gute Produktionsbedingungen bei ihren Lieferanten, wie Herr Länge erläuterte. Die von der Pharmaindustrie getragene Initiative Ecopharmacostewardship sammelt Informationen zur Abwasserreinigung, um optimale und einheitliche Standards bei den Herstellern auch außerhalb Europas zu erzielen. Die Umwelt-Auditierung von Lieferanten durch Experten der in der Initiative vertretenen Hersteller befinde sich im Aufbau. Außerdem würden Umweltrisiken von Pharmaka kontinuierlich aufgenommen und dokumentiert. In einem weiteren Projekt bemühe man sich um die ⁠Vorhersage⁠ der Umweltwirkungen von Wirkstoffen; so sollen prioritäre Stoffe identifiziert werden.

… und noch mehr erforderliche Schritte!

In einer sehr offenen und zielorientierten Diskussion zwischen den vertretenen Stakeholder-Gruppen gelang es, wichtige gemeinsame Positionen zu erarbeiten.

  1. Verbesserung der Produktions- und Umweltbedingungen entlang der Lieferkette: Die Umweltbedingungen bei der Produktion sollten bei der Beschaffung von Wirkstoffen bis hin zu Verträgen für Medikamente berücksichtigt werden. Dazu ist mehr Transparenz über die Lieferkette (Produktionsstätten und Produktionsmengen) erforderlich. Es wäre gut, wenn sich weitere Unternehmen und bisher nicht aktive Stakeholder-Gruppen an den Bemühungen von einigen wichtigen Pharma-Herstellern im Rahmen der Pharmaceutical Supply Chain Initiative beteiligen und dieses Instrument verbessern würden. 
  2. Abwasserreinigung in Deutschland: Technisch können Pharma-Wirkstoffe weitgehend durch Kombination von Aktivkohle und Ozonung entfernt werden. Da diese Verfahren kostenintensiv sind, ist es erforderlich, Kriterien für die Auswahl von Abwasserreinigungsoptionen zu erarbeiten. Hohe Priorität hätte etwa die Behandlung hoch belasteter Teilströme von Krankenhausabwässern und die Urinseparation bei Praxen und Patienten im Bereich Radiopharmazeutika und deren sichere Entsorgung.
  3. Ökotoxikologische Eigenschaften von Wirkstoffen: Ökotoxikologische Daten und Befunde, die im Rahmen der Zulassung vorgelegt, als auch später von den Herstellern erhoben werden, sollten frei zugänglich sein; außerdem ist ein ⁠Monitoring⁠ von Wirkstoffen in der Umwelt erforderlich.
  4. Entsorgung von Altmedikamenten: Es bedarf einer einheitlichen Vorgehensweise in Deutschland. Generell ist die Entsorgung von Altmedikamenten über den Restabfall („graue Tonne“ zur Müllverbrennung) möglich und sollte beworben werden; eine Rückgabe bei den Apotheken sollte weiterhin flächendeckend möglich sein. Die wenigen Gemeinden, die Restabfall nach Rotte direkt deponieren, sollten gezielt für ihre Region eine Entsorgung über die Apotheken anbieten. Gegenteilige Hinweise auf Beipackzetteln sollten schnellstens entfernt werden. Übereinstimmend wurde die Notwendigkeit für verstärkte Aufklärung der Bevölkerung über die Entsorgung von Altmedikamenten gesehen. Zielgruppen sollten insbesondere Schulen und Apotheken sein. 
  5. Überflüssige bzw. nicht verwendete Arzneimittel: Wegen des zunehmenden Alters in der Bevölkerung und damit einher gehendem steigenden Konsums von Medikamenten ist mit höheren Umweltbelastungen durch Pharmaka zu rechnen. Schon deshalb sollten nicht mehr Arzneimittel verschrieben, verkauft und gekauft werden, als für eine Therapie notwendig ist. Ärzte und Apotheker sollten darauf hinwirken, dass  verordnete Medikamente auch eingenommen werden; warum dies oft nicht der Fall ist, sollte unter Einbeziehung aller in Frage kommender Akteure dringend geklärt werden. Auch die zunehmende Rezeptfreiheit vieler Medikamente könnte dazu führen, dass Arzneimittel „gehortet“ und dann u.U. unsachgemäß entsorgt werden.

Und noch ein wichtiger Schritt: Die bestehenden, zum Teil sehr guten Informationsquellen und Netzwerke zum Wissenstransfer einzelner Stakeholder sollten zwischen allen Akteursgruppen geteilt, vernetzt und für eine optimale Nutzung organisiert werden. 

Das Umweltbundesamt und das mit der Organisation des Fachgesprächs betraute Team danken den Teilnehmern für ihre engagierten Beiträge und die allseits geäußerte Bereitschaft für mehr Zusammenarbeit.

 

Ansprechpartner:

Für inhaltliche Fragen:
Dr. Henning Friege
Friege [at] N-hoch-drei [dot] de
N3 Nachhaltigkeitsberatung Dr. Friege & Partner
Scholtenbusch 11 
D-46562 Voerde

Für organisatorische Fragen:
David Obladen
do [at] kommunalwirtschaft [dot] de
Tauentzienstraße 7a
D-10789 Berlin

Für inhaltliche und organisatorische Fragen:
Dr. Rafael Zubrzycki
Umweltbundesamt Hauptsitz
Wörlitzer Platz 1
D-06844 Dessau-Roßlau

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