Dokumentation

Zusammenfassung der Veranstaltung

In seiner Begrüßung gab Martin Schmied, Leiter der Abteilung „Verkehr, Lärm und räumliche Entwicklung“ im Umweltbundesamt, einen Überblick über das Veranstaltungsprogramm, skizzierte Probleme von Vollzugsbehörden im Umgang mit „Krachmachern“ und appellierte an die Fahrerinnen und Fahrer lauter Kraftfahrzeuge, angesichts der gesundheitlichen Folgen für Betroffene mehr Rücksicht zu nehmen.    

Das Vortragsprogramm eröffnete Bärbel Lehmann, Sprecherin der Interessengemeinschaft Müglitztal. Sie schilderte eindrücklich, wie sie und andere Anwohnerinnen und Anwohner im sächsischen Müglitztal an sonnigen Tagen regelmäßig die Flucht aus den eigenen vier Wänden ergreifen, da wegen des Motorradlärms ein Aufenthalt im Garten unerträglich und ein ruhiger Mittagsschlaf unmöglich geworden sind. Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Motorradfahrer BVDM e.V., setzte anschließend ein klares Statement aus Sicht eines Motorradfahrers: „Fahrspaß geht auch ohne Lärm!“ Er forderte u.a. vermehrte Polizeikontrollen sowie die Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten der Vollzugsbehörden. Einig waren sich Bärbel Lehman und Michael Lenzen darin, dass es Kollektivbestrafungen für alle Motorradfahrer zu vermeiden gilt. 

Holger Siegel, Sprecher des Arbeitskreises Motorradlärm im BUND, analysierte in seiner Videobotschaft die aktuelle gesellschaftliche und rechtliche Situation in Bezug auf Motorradlärm und zeigte Lösungsansätze auf. Die zentrale Forderung Siegels war, dass kein Fahrzeug bei der Typzulassung – über alle Betriebszustände hinweg – lauter als 80 dB(A) sein darf. Zum Abschluss des ersten Themenblocks stellte Jördis Wothge, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Umweltbundesamt, vor, welche gesundheitlichen Auswirkungen Straßenverkehrslärm für Betroffene haben kann, untermauert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen, u.a. vom Umweltbundesamt und der Weltgesundheitsorganisation (⁠WHO⁠).

Jan-Hendrik Schneider, Leiter des Grundsatzreferats der Abteilung Typgenehmigung im Kraftfahrtbundesamt, eröffnete den zweiten Themenblock der Veranstaltung mit einem Überblick über die aktuell geltenden Geräuschanforderungen bei der Typgenehmigung sowohl für PKW, als auch für Motorräder. Darauf aufbauend stellte Geske Eberlei (Möhler+Partner Ingenieure AG) Ergebnisse aktueller Messungen im Auftrag des Umweltbundesamtes vor. Dabei wurden drei PKW und drei Motorräder, die besonders für ihren „Sound“ bekannt sind, sowohl gemäß Typzulassungsverfahren, als auch unter typzulassungsfernen Bedingungen untersucht. Die Ergebnisse belegten anschaulich, dass das aktuelle Typzulassungsverfahren provokative, bzw. aggressive Fahrstile nicht abbilden kann. Zum Abschluss dieses Themenblocks stellte Dieter Schäfer, Polizeidirektor des Polizeipräsidiums Mannheim, seine Erfahrungen als Leiter der Mannheimer „SoKo Poser“ vor. Dabei ging er sowohl auf die Ursachen des Posens als auch auf wirksame Mittel ein, um dieser Problematik Herr zu werden. Laut Schäfer sind vermehrte Kontrollen und Sanktionen die kurzfristig effektivste Lösung, eine Überarbeitung der Typzulassungsverfahren hingegen eine langfristige und nachhaltige Lösung.

Im letzten Themenblock kamen Automobilhersteller, Politik und Umweltverbände zu Wort. Hans-Martin Gerhard, Fachgebietsleiter Akustik bei der Porsche AG, brachte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Perspektive der Industrie näher. Hersteller wie Porsche sähen sich in einem Zwiespalt zwischen Lärmschutz und dem Kundenwunsch nach Charakter, bzw. Emotionalität im Klangbild eines Sportwagens. Hans-Martin Gerhard betonte, dass die Fahrweise einen entscheidenden Einfluss auf das Fahrgeräusch hat, Porsche aber keinen Einfluss darauf habe, wer ihre Fahrzeuge kauft und wie zurückhaltend oder aggressiv diese später gefahren werden. 

Eine landespolitische Perspektive auf die Problematik lauter Fahrzeuge präsentierte Thomas Marwein, Lärmschutzbeauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg und MdL. Er forderte u.a. mehr Lärmschutz an Bestandsstrecken, mehr Kontrollen durch Polizei und Kraftfahrtbundesamt, ein Umdenken hin zu E-Fahrzeugen sowie eine Anpassung des Bußgeldkatalogs und der Straßenverkehrszulassungsordnung. Außerdem ermunterte Thomas Marwein besonders lärmgeplagte Kommunen sich zusammenzuschließen, um den Druck „von unten“ zu vergrößern.

Als Abschluss des fachlichen Programms stellte Michael Jäcker-Cüppers, Vorsitzender des Arbeitsrings Lärm der DEGA (ALD), die Sicht der Umweltverbände vor. Er beklagte, dass die aktuell geltenden Typprüfbedingungen für Kraftfahrzeuge trotz der Einführung der zusätzlichen Geräuschtypprüfbestimmungen ASEP weiterhin unzureichend seien. So seien zahlreiche nach diesen Bestimmungen zugelassene Fahrzeuge im realen Verkehr viel zu laut. Außerdem seien die Verwarngelder für provokative Fahrweisen zu gering. Forderungen des ALD sind u.a. die Senkung der Geräuschgrenzwerte für Motorräder, die Einführung eines in allen Betriebszuständen einzuhaltenden Grenzwerts, vermehrte polizeiliche Kontrollen sowie manipulationssichere Auspuffanlagen und das Verbot von Auspuff-Klappensteuerungen und Soundgeneratoren.

Zum Abschluss der Veranstaltung skizzierte Dr. René Weinandy, Leiter des Fachgebietes „Lärmminderung im Verkehr“ im Umweltbundesamt, in seinem Schlusswort verschiedene Lösungsansätze. So wäre es denkbar, laute Fahrzeuge durch die Einführung eines generellen Grenzwerts für alle Betriebszustände bereits bei der Typzulassung abzuweisen. Ein anderer Ansatz könnte der Tatsache Rechnung tragen, dass das Fahrverhalten großen Einfluss auf die Geräuschemissionen eines Fahrzeugs hat: Hierbei müsste der aktuell erzeugte Geräuschpegel – genau wie die Geschwindigkeit – im Cockpit des Fahrzeugs angezeigt werden, um die Verantwortung für die Lärmemissionen auf den Fahrer oder die Fahrerin zu übertragen. Zulässige Maximalemissionen könnten per Verkehrszeichen ausgeschildert werden und Überschreitungen müssten entsprechend kontrolliert und sanktioniert werden. Als weiteren Ansatz schlug René Weinandy Öffentlichkeitsarbeit vor, um Poser über die Auswirkungen der Lärmemissionen auf Belästigte aufzuklären. Denkbar wäre auch die Anwendung ökonomischer Instrumente wie z.B. die steuerliche Begünstigung leiser Fahrzeuge, um ein gesellschaftliches Umdenken zu erwirken.

Videobotschaft und Vorträge zum Download

Hier finden Sie die auf der Fachtagung abgespielte Videobotschaft zum Ansehen und die bereits von den Referentinnen und Referenten freigegebenen Vorträge zum Download.

Videobotschaft Holger Siegel (BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland – BUND) zur Fachtagung des Umweltbundesamtes  “Krach oder Klang? – Laute Fahrzeuge im Straßenverkehr“ am 12.06.2019 in Berlin
Quelle: Holger Siegel / BUND

Videobotschaft Holger Siegel (BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland – BUND) zur Fachtagung des Umweltbundesamtes “Krach oder Klang? – Laute Fahrzeuge im Straßenverkehr“ am 12.06.2019 in Berlin

Vortrag "Laute Fahrzeuge – ein flächendeckendes lokales Problem"

Download (PDF-Dateien)

Präsentationen und Vorträge

  • Motorradlärm im Müglitztal

    Präsentation Bärbel Lehmann (Interessengemeinschaft Müglitztal)

    Präsentation

  • Geht Fahrspaß auch ohne Krach?

    Vortrag Michael Lenzen (Bundesverband der Motorradfahrer BVDM e.V.)

    Vortrag

  • Gesundheitliche Auswirkungen von Straßenverkehrslärm

    Präsentation Jördis Wothge (Umweltbundesamt)

    Präsentation

  • Ergebnisse aktueller Messungen im Auftrag des Umweltbundesamts

    Präsentation Geske Eberlei (Möhler+Partner Ingenieure AG)

    Präsentation

  • Einblicke in den Alltag der Mannheimer „SoKo Autoposer“

    Dieter Schäfer (Polizeipräsidium Mannheim - SoKo Poser)

    Präsentation Erfahrungs- und Ergebnisbericht

  • Lösungsansätze der Politik: Schutz vor Lärm aus Sicht der Landesregierung Baden-Württemberg

    Thomas Marwein (MdL, Der Beauftragte der Landesregierung für den Lärmschutz)

    Präsentation

  • Sicht der Umweltverbände

    Präsentation Michael Jäcker-Cüppers (Arbeitsring Lärm der DEGA - ALD)

    Präsentation

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