Finanzierung und Förderung von Gewässerrenaturierungen
Renaturierungen von Fließgewässern kosten Geld, z. B. für Planung, Flächenankauf und Baumaßnahmen. Gerade für Kommunen als Maßnahmenträger sind diese Kosten häufig nur schwer zu stemmen. Hilfe bieten Programme zur Finanzierung und Förderung vom Bund, den Ländern und anderen Organisationen.
Zu Beginn jeder Renaturierung stellt sich die Frage, welche Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten für die Deckung der Projektkosten genutzt werden können. Die Kosten für Renaturierungen können sehr unterschiedlich ausfallen. Mit kleineren Maßnahmen lassen sich bereits für ca. 10 € pro Gewässermeter deutliche Verbesserungen erzielen. Dem gegenüber stehen umfangreiche, technische Umbaumaßnahmen, die 600 € pro Gewässermeter und mehr kosten (Baur 2017).
Eingriffe mit negativen Folgen für Natur und Landschaft sind gemäß Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes zu vermeiden oder zumindest auszugleichen bzw. zu kompensieren. Renaturierungsmaßnahmen können derartige Eingriffe ausgleichen. In diesem Fall trägt derjenige, der den Eingriff verursacht hat, die Kosten der Renaturierung. Renaturierungen lassen sich daher als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe finanzieren.
Finanzielle Synergien können insbesondere durch die Verknüpfung der Bauleitplanung und der Eingriffsregelung entstehen. Mit der Bauleitplanung haben die Gemeinden die Planungshoheit für die Flächennutzung und die Bebauungsplanung. Kompensationsmaßnahmen können zur Finanzierung des Eigenanteils von förderfähigen Gewässerentwicklungsprojekten eingesetzt werden. Mehr dazu: Instrumente für Flächenbereitstellung und -management
Wasserabgaben
Wer ein Gewässer nutzt und dabei belastet, soll auch für die Behebung dieser Belastungen aufkommen. Gebühren für Trinkwasserbereitstellung und Abwasserbeseitigung sind ein Beispiel für die Anwendung dieses Verursacherprinzips. Bei manchen Belastungen ist es jedoch schwierig, den Verursachenden zu bestimmen. Zum Beispiel rühren die Eintiefung eines Gewässers oder fehlende Strukturvielfalt aus einer Vielzahl unterschiedlicher Nutzungen.
Die Bundesländer können Wasserentnahmeentgelte und Abwassergebühren erheben, deren Höhe und Verwendung sie selbst bestimmen. In Schleswig-Holstein werden beispielsweise Mittel aus Wasserabgaben dazu verwendet, Flächen anzukaufen und Gewässer naturnah zu gestalten (Grüne Liga 2018).
Am Inn werden Renaturierungsmaßnahmen zu 100 % vom lokalen Wasserkraftunternehmen finanziert. Rechtlich geregelt ist diese Finanzierung als Gegenleistung des Wasserkraftunternehmens für den Heimfall bzw. Notheimfall der Wasserkraftwerke. Mehr dazu: Inn: Mit gemeinsamen Zielen renaturieren
Kleine Renaturierungsmaßnahmen können im Rahmen der Gewässerunterhaltung durchgeführt werden. Beispiele hierfür sind schonendes Krauten/Mähen oder das Belassen von Kies- und Steinsubstraten sowie Totholz in der Gewässersohle. Aber auch umfangreichere Baumaßnahmen lassen sich im Rahmen der Gewässerunterhaltung durchführen. Dabei ist jedoch finanzierungstechnisch zwischen Gewässerunterhaltung und -umbau zu unterscheiden.
Für die Kosten der Gewässerunterhaltung kommen grundsätzlich die Unterhaltungspflichtigen auf. Sie können ihre Ausgaben z. B. durch Beiträge von Gewässeranliegern für die Grundstücksicherung decken. Die Beitragshöhe wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich berechnet. Oft spielen die Flächengröße, die Nutzungsart der Fläche oder die Menge des eingeleiteten Abwassers eine Rolle.
Für Renaturierungsmaßnahmen, die im Rahmen der Gewässerunterhaltung stattfinden, ist eine zusätzliche Förderung mit öffentlichen Mitteln in der Regel nicht möglich (DVL 2010). Bei Renaturierungsmaßnahmen, die einen Gewässerumbau beinhalten und daher über eine reine Gewässerunterhaltung hinausgehen, ist die Situation anders. Hier beteiligen sich die Bundesländer durch die Gewährung von Zuschüssen aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln (DVL 2010).
Synergie aus Wasserwirtschaft und Naturschutz finanziell nutzen
Auf nationaler bzw. europäischer Ebene existieren verschiedene Konzepte zum Schutz der Natur und Umwelt, z. B. Natura-2000, bestehend aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie, oder die EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) zur Erreichung des guten ökologischen und chemischen Zustands von u. a. Fließgewässern. Häufig können die Ziele unterschiedlicher Konzepte auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden, beispielsweise durch die Integration von Erhaltungszielen innerhalb eines Natura-2000-Gebietes in die Maßnahmenpläne der EG-WRRL. Für die Maßnahmenträger bedeutet dies eine Entlastung, z. B. durch anteilige Finanzierungen. Mehr dazu: Renaturierung der Murg durch Hochwasserschutz und Naturschutz gemeinsam gefördert
Beim sogenannten "Landshuter Modell" wurden – in enger Zusammenarbeit von Wasserwirtschaftsamt und Höherer Naturschutzbehörde in Niederbayern – "ökologische Entwicklungskonzeptionen" von beiden Behörden anteilig finanziert. Diese Konzeptionen vereinen die Gewässer- mit der Auenentwicklung. Ein Beispiel für die Anwendung des "Landshuter Modells" ist das Labertalprojekt.
Für die Finanzierung einer Renaturierung ist es wichtig geeignete "Fördertöpfe" zu erkennen und zu erschließen (DVL 2010). Über Förderungen durch die EU, den Bund, die einzelnen Bundesländer, als auch regionale Stiftungen, Patenschaften und Sponsoren eröffnen sich viele Möglichkeiten Renaturierungsmaßnahmen zu finanzieren.
Länderspezifische Förderprogramme
Wasserwirtschaft und Naturschutz sind in Deutschland weitestgehend Sache der Bundesländer. Daher sind sie primär für die Förderung von Renaturierungen verantwortlich. Jedes Bundesland hat dafür eigene Förderprogramme, die genutzt werden können (UBA 2015).
Beispiele für länderspezifische Förderprogramme (Stand 2019):
Bayern unterstützt wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse, die ohne Zuwendungen nicht oder nur teilweise umgesetzt werden könnten. Die Förderung kann bis zu 90 % betragen.
Berlin unterstützt im Rahmen des Programms BENE Projekte zur nachhaltigen Entwicklung (inkl. Renaturierungen von Gewässern und Uferbereichen) durch Fördermittel des EU-Programms EFRE.
In Brandenburg ist die Förderrichtlinie für naturnahe Entwicklung von Gewässern und zur Förderung von Maßnahmen zur Stärkung der Regulationsfähigkeit des Landschaftswasserhaushaltes relevant. Finanziert werden Maßnahmen im Wesentlichen über das EU-Programm ELER (teilweise bis zu 100 %).
Die Hansestadt Bremen fördert Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL aus Abwasserabgaben und zusätzlich über das EU-Programm EFRE. Zuständig ist der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr.
Die Hansestadt Hamburg fördert hauptsächlich durch den Landeshaushalt. Zusätzlich ist eine Kofinanzierung durch Fördermittel der EU (ELER) und durch naturschutzfachliche Ausgleichs- bzw. Kompensationsmaßnahmen möglich. Zuständig ist die Behörde für Umwelt und Energie – Wasserwirtschaft.
Hessen: Über die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen lassen sich Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zum Hochwasserschutz fördern. Das Förderprogramm "Naturnahe Gewässer" unterstützt ebenso Renaturierungsmaßnahmen. Weitere Möglichkeiten bieten sich durch Ökopunkte, Kompensationsmaßnahmen, Fischereiabgaben und Gewässernachbarschaften. Diese und weitere Fördermöglichkeiten sind in einer Förderfibel beschrieben. Mit dem Programm "100 Wilde Bäche für Hessen" unterstützt das Land Hessen Kommunen beim Flächenmanagement, der Projektsteuerung und -planung sowie der organisatorischen Abwicklung von Renaturierungsmaßnahmen – vom Förderantrag bis zur Bauabnahme.
In Rheinland-Pfalz können alle Maßnahmen, die zur Regenerierung der Fließgewässer beitragen, über die Aktion Blau Plus mit bis zu 90 % der Projektkosten gefördert werden. Für den elektronischen Antrags- und Bewilligungsprozess zur Förderung der Wasserwirtschaft in Rheinland-Pfalz steht das Fachverfahren MIP-Förderung (Mittelfristiges Investitionsprogramm der Wasserwirtschaft) zur Verfügung.
Sachsen-Anhalt unterstützt Projekte hauptsächlich durch Fördermittel der EU (ELER), kofinanziert durch Landesmittel. Des Weiteren sind Förderungen über den Europäischen Fischereifond (EMFF) möglich. Informationen unter https://wrrl.sachsen-anhalt.de/finanzierung/.
Wegen der hohen Kosten beteiligt sich die EU an der Förderung von Gewässerrenaturierungen. Die Förderung erfolgt nicht aus einem eigens eingerichteten Topf, sondern aus den bestehenden Fonds der EU (DVL 2010).
Die Nutzung dieser Fonds setzt immer eine Kofinanzierung durch den Bund oder die Länder voraus. Die Verwaltung von Mitteln aus den EU-Fonds erfolgt durch die Bundesländer und oft in Form spezieller Landesprogramme. Dabei können die Länder selbst über die Programmschwerpunkte entscheiden. Die wichtigsten drei EU-Fonds und Instrumente für die Förderung von Gewässerrenaturierungen sind (Stand 2018):
EFRE: Der Europäische Fond für regionale Entwicklung hat zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der Regionen, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern. Er trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens und dem Umweltschutz bei. Projekte zur Umweltsanierung – unter die auch Fließgewässerrenaturierungen fallen können – sind darüber direkt förderfähig (EK 2018a).
ELER: Der Europäische Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums hat u. a. als Ziel, den Schutz von Umwelt und ländlichem Raum durch eine Unterstützung der Landbewirtschaftung zu erreichen. Renaturierungsprojekte im Zusammenhang mit umweltverträglichem Tourismus sind im Rahmen von ELER indirekt förderfähig (EK 2018b).
EMFF: Der Europäische Meeres- und Fischereifond fördert Renaturierungsmaßnahmen sowie den Rück- und Umbau von Querbauwerken, um eine Gewässerdurchgängigkeit für Fische zu erreichen (EK 2018c).
Förderprogramm LIFE+: Dieses eigenständige Finanzierungsinstrument der EU dient dem Natur- und Umweltschutz (BMU 2018). Darunter fallen auch Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Dabei werden z. B. Projekte zur Entwicklung von Natura-2000-Gebieten gefördert. Das Hauptziel ist es, Flächen für den Naturschutz zu sichern, auf diesen Flächen Renaturierungsmaßnahmen durchzuführen und hierdurch gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu fördern. Im Regelfall übernimmt die EU 50–75 % der Kosten. Über LIFE+ werden Modellprojekte gefördert, die nicht aus anderen EU-Fonds finanziert werden können. Die restlichen Aufwendungen werden von Seiten der Bundesländer und der Akteure im Projekt erbracht. Mehr dazu: Murg: Gewässerökologie in Rastatt – gefördert von EU, Land und Stadt
Die Europäische Investitionsbank (EIB) gewährt dem öffentlichen und privaten Sektor Darlehen zur Finanzierung von Maßnahmen, die im europäischen Interesse liegen. Darunter fallen auch Umweltschutzmaßnahmen. So erhält beispielsweise der milliardenschwere Emscher-Umbau finanzielle Unterstützung durch die EIB (WAZ 2017).
Förderung durch Stiftungen
Die Stiftungslandschaft ist vielfältig und reicht von einigen großen, bundesweiten Stiftungen über Landesstiftungen bis hin zu einer Vielzahl regional tätiger Stiftungen. Bei den Stiftungen wird zwischen fördernden und operativ tätigen Stiftungen unterschieden. Bei fördernden Stiftungen können Förderanträge für eigene Projekte gestellt werden. Operativ tätige Stiftungen setzen eigene Projekte um und zahlen in der Regel kein Geld an andere Projektträger aus. Bisweilen greifen sie jedoch Projektideen auf und setzen diese eigenständig um.
Das Ziel von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und Ein-Euro-Jobs ist es, Langzeitarbeitslose und schwer zu vermittelnde Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben einzugliedern. Dabei ist das öffentliche Interesse an den Maßnahmen für die Förderung dieser Arbeitsplätze entscheidend. Gewässerentwicklungsmaßnahmen stehen im öffentlichen Interesse. Sie gehören daher zu einer Möglichkeit für den Einsatz von Arbeitskräften des sogenannten "zweiten Arbeitsmarktes". Die Förderung erfolgt dabei in der Regel auf Antrag bei den Arbeitsagenturen. Sie regeln die Dauer der Maßnahme, die wöchentliche Arbeitszeit sowie die Höhe des Eigenanteils an den Lohnkosten, die der Maßnahmenträger zu leisten hat.
Eine weitere Möglichkeit für die Unterstützung von Renaturierungen ist die Vergabe von Patenschaften. Schulklassen, Vereine oder Nachbarschaften können z. B. für einen Bachabschnitt eine Patenschaft übernehmen. Die Bachpatinnen und-paten setzen sich für den Schutz ihres "Patenkindes" durch ihre Arbeitskraft oder finanzielle Mittel ein. Ihre Aktionen wie z. B. Gewässeruntersuchungen, Bepflanzungen oder Ufergestaltungen helfen, kleinere Maßnahmen umzusetzen. Die bachpatenschaftlich Aktiven wiederum haben Spaß an der gemeinschaftlichen Arbeit und können die sichtbaren Ergebnisse ihres Schaffens an "ihrem" Gewässer genießen (DVL 2010).
Als finanzielle oder materielle Sponsoren für Renaturierungsprojekte eignen sich besonders regional verankerte Unternehmen. Bei einer guten Öffentlichkeitsarbeit kann dabei das positive Image einer Renaturierungsmaßnahme auf das Unternehmen transferiert werden. Das Sponsoring kann dabei z. B. einen einmaligen Geldbetrag, eine mehrjährige Patenschaft, Material oder Maschinen für einen Arbeitseinsatz oder Bürodienstleistungen umfassen (DVL 2010).
Die Einnahmen aus Lotterien wie Bingo!, Glücksspirale und Umweltlotterie GENAU werden von den Bundesländern zur Förderung von Projekten im Natur- und Umweltschutz genutzt. Dabei werden die jährlichen Überschüsse aus dem Glücksspielmonopol in der Regel über Landesstiftungen – z. B. die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt – ausgeschüttet, oder Zusatzgewinne für Umwelt- und Naturschutzprojekte vorgesehen.
Gelegenheiten ergreifen und Chancen nutzen
Oftmals bieten sich Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Aktivitäten an (z. B. Renaturierung im Nachgang von Kiesabbau), die die Kosten auf mehrere Schultern verteilen. Daher empfiehlt es sich, die Flussrenaturierung in Projekte zur Hochwasserrisikominderung, Wasserkraft, Schiffbarkeit, Stadterneuerung, Immobilienentwicklung usw. zu integrieren. Mehr dazu: Fulda: Kommunen teilen sich Kosten naturnahen Hochwasserschutzes
Literaturangaben
Baur, W. H. (2017): Renaturierung kleiner Fließgewässer mit ökologischen Methoden - Anleitung zum konkreten Handeln, 2. Auflage, LFVBW GmbH.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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