Die Folgen von Hitze für die menschliche Gesundheit – ein brandheißes Thema
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) sagt für die kommenden Monate bereits den nächsten Hitzesommer auf der Nordhalbkugel voraus. Nach den überdurchschnittlich warmen Sommern 2018 und 2019 wäre es der dritte Hitzesommer in Folge für Deutschland. „Heiße Tage“ werden mit einer Temperatur von mehr als 30 Grad Celsius definiert. Vor 70 Jahren gab es davon in Deutschland im Schnitt drei jährlich, inzwischen liegt die Zahl bei durchschnittlich 20. Nach dem aktuellen Monitoringbericht der Bundesregierung, koordiniert vom Umweltbundesamt, bezeichnet Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Erhöhung der Durchschnittstemperatur von 0,3 Grad binnen fünf Jahren als „alarmierend“ – ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich. Hitzeperioden werden weiterhin ebenso zunehmen wie Dürren, Stürme und Starkregen mit Überflutungen als Folge. Die Folgen des Klimawandels sind auch hier längst spürbar.
Im Jahr 2003, mit dem bisher ausgeprägtesten Hitzesommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, starben 7.500 Menschen mehr, als es ohne Hitzeperiode zu erwarten gewesen wäre. Der Sommer 2018 war der zweitheißeste, für ihn liegen noch keine bundesweiten Mortalitätszahlen vor. Die Bundesländer Berlin und Hessen gaben rund 500 sowie ca. 740 Personen an, die hitzebedingt verstorben sind.
So sehr wir die Sonne im Urlaub am Meer auch genießen – Hitze ist eine thermophysiologische Belastung für den Organismus, im Alltag und über einen längeren Zeitraum umso mehr. Der Körper ist kontinuierlich gefordert, seine Temperatur zu regulieren, was ihn bei Hitze doppelt anstrengt. Die Merkmale von Mattigkeit und Erschöpfung können zu lebensbedrohlichen Symptomen ansteigen, wenn ein Mensch der Hitze schutzlos ausgeliefert ist. Bei älteren oder vorerkrankten Menschen, aber auch bei Kindern ist das Risiko dafür nochmal höher.
„Städte sind verbaut, ihr hoher Anteil an Beton und Asphalt führt zum sogenannten Wärmeinsel-Effekt: Gebäude und Straßen speichern die Hitze des Tages und geben sie nachts nur vermindert ab. Darum können die Temperaturen bei Perioden extremer Hitze, sogenannten Hitzewellen, in Städten nachts um 10, 12 Grad höher liegen als im Umland“, erklärt Dr. Hans-Guido Mücke, der sich im Umweltbundesamt dem Bereich „Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung“ widmet. Das Problem: Wohnungen können dann selbst durch Lüften in den Abend- oder Morgenstunden kaum mehr heruntergekühlt werden und heizen sich dadurch zunehmend auf. Die Belastung des Organismus durch Hitze steigt, weil in der Folge auch der Schlaf weniger erholsam als notwendig ist.
Vor allem auf kommunaler Ebene sind in den vergangenen Jahren daher verschiedenste Projekte entstanden, die dem besseren Umgang mit den Folgen des Klimawandels und dem Wohl der Bevölkerung dienen: das Spektrum reicht vom Anlegen von Wiesen und Baumpflanzungen über Gründächer bis in Bereiche der Stadtplanung und Gesundheitsvorsorge.
Stadt Köln als Vorreiter beim gesundheitlichen Hitzeschutz
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat 2017 „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ erarbeitet. Dieser Rahmenplan für Bundesländer und Kommunen auf Basis von Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) soll dazu animieren, vorsorgliche Maßnahmen hinsichtlich zu erwartender Hitzeperioden zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung anzugehen.
Die Stadt Köln ist die erste, die einen Hitzeaktionsplan als Pilotprojekt im Jahr 2019 gestartet hat. Unter dem Titel „Hitzeaktionsplan für Menschen im Alter für die Stadt Köln“ läuft unter Leitung des Umweltdezernats der Stadt in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn aktuell eine Studie über drei Bezirke, an deren Ende im nächsten Jahr ein Hitzeaktionsplan stehen soll. Dieser soll später auch als eine Richtlinie für die Allgemeinbevölkerung erweitert werden. Die ersten internen Ergebnisse beruhen auf Befragungen von Menschen, die der Risikogruppe ab 65 Jahren angehören – sowohl Alleinlebende als auch Bewohnerinnen und Bewohner in Senioren- oder Pflegeheimen. Sie sind nicht nur verstärkt von Herz-Kreislauf-Problemen bei Hitze betroffen: Mit dem demographischen Wandel wächst auch die Zahl alter Menschen, die von Vereinsamung bedroht sind.
„Ein hoher Anteil der Alleinlebenden ist aufgrund von eingeschränkter Mobilität beispielsweise nicht mehr durchweg in der Lage, sich allein zu versorgen. Da gehen die Maßnahmen dann verstärkt in Richtung Nachbarschaftshilfe. Zu unseren Handlungsempfehlungen gehört prinzipiell, das soziale Miteinander zu stärken“, erläutert Mücke, der Köln bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Bundes berät. Einkäufe von frischen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse oder auch ein Auge darauf haben, dass die Betroffenen ausreichend trinken, sind kleine Hilfen, die wertvolle Unterstützung bieten. Ansätze, die in Bezug auf die Versorgung auch zurzeit in der Corona-Krise als Hilfe für Risikogruppen empfohlen werden. Dabei muss natürlich der empfohlene räumliche Abstand gehalten werden.
Tipps zum Verschatten der Wohnung und entsprechendes Lüftungsverhalten werden am Ende ebenso zu den Maßnahmen des Kölner Hitzeaktionsplans zählen wie ein wirksames Informationssystem, das diese Hinweise zur Bevölkerung bringt. Auch die Registrierung beim kostenlosen Hitzewarndienst des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist zu empfehlen: Über das Hitzewarnsystem erhalten Bürgerinnen und Bürger frühestmöglich eine Ankündigung zu kommenden Hitzeperioden. Darüber hinaus sind in der neuen, kostenpflichtigen GesundheitsWetter-App des DWD weitere Vorhersagen und Warnungen zu erwartbaren wetterbedingten Einflüssen auf die Gesundheit enthalten, wie Pollenflug, UV-Strahlung oder Wetterfühligkeit.
Neben Köln arbeiten auch andere Städte, wie Düsseldorf, Mannheim oder Erfurt an einem Hitzeaktionsplan. In den Länderparlamenten, die laut der Handlungsempfehlungen des Bundes eine wichtige koordinierende Rolle einnehmen sollten, haben Hitzeaktionspläne bisher noch keine hohe Priorität eingenommen. Eine kürzlich von der Hochschule Fulda erstellte Studie zeigt, dass Hitzeaktionspläne in den vergangenen Jahren lediglich in drei Bundesländern in den Parlamenten thematisiert wurden. Zwölf weitere Bundesländer haben sich vereinzelt mit Hitze und ihren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit beschäftigt.
HeatResilientCity: Forschung zur hitzegerechten Stadtentwicklung in Erfurt und Dresden
Wie man auch in einem Corona-geprägten Sommer der drohenden Hitzeperiode in den eigenen vier Wänden standhält und welche Verhaltensmaßnahmen und baulichen Änderungen vor Hitzebelastung schützen, zeigt das Projekt HeatResilientCity (deutsch: hitzeangepasste Stadt) unter der Leitung des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Beispielsweise weisen die Forschenden auf Synergien durch eine gute Durchlüftung der Räume hin, was sowohl das Risiko senkt, sich mit dem Coronavirus anzustecken, als auch die Raumtemperatur.
Im Rahmen des Projektes HeatResilientCity erforschen die Mitarbeitenden, wie Wohngebäude und Freiflächen in Städten gestaltet sein sollten, um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger bei Hitzeperioden zu erhalten oder zu verbessern. „In unserem Beispielquartier in der Erfurter Oststadt ist für den kommenden Herbst die Pflanzung von Bäumen und großen Sträuchern geplant, um so die Aufenthaltsqualität in besonders von Überhitzung betroffenen Bereichen durch mehr Grün zu verbessern“, erklärt Dr. Janneke Westermann, wissenschaftliche Projektkoordinatorin von HeatResilientCity. Im Sommer 2021 soll außerdem der Leipziger Platz in Erfurt hitzetauglicher angelegt werden – mit dem temporären Einsatz von Sprühnebel, Pergolen und Stadtgrün sowie einer alternativen Wegführung.
Bei der Sanierung von drei Gebäuden in Dresden-Gorbitz wurden im Rahmen des Projekts weitere Maßnahmen zum Hitzeschutz umgesetzt, eine davon war die Erweiterung der Lüftungsanlage. „Wie wirksam diese Maßnahmen sind, wird der kommende Sommer zeigen, wenn wir nochmals systematische Messungen in den Häusern vornehmen und sie mit den Werten von 2018 vor der Sanierung vergleichen“, ergänzt Dr. Janneke Westermann. Damit solche Maßnahmen breiter bekannt und umgesetzt werden, gibt das Projekt auch Immobilienbesitzern Hinweise zu baulichen Anpassungsmöglichkeiten und Fördermöglichkeiten.
Die Beispiele zeigen, dass zum Schutz vor Hitzebelastung in verdichteten Quartieren ein übergreifender Ansatz wichtig ist, der möglichst viele Akteure vom Gesundheitsamt bis zum Stadtplanungs- und Grünflächenamt miteinbezieht. Insbesondere in diesem Sommer ist auch die nachbarschaftliche Unterstützung und Aufmerksamkeit wichtig, um Menschen gesund durch den Sommer zu begleiten. Die Empfehlungen der WHO zu Hitze während des COVID-19 Ausbruchs und einhergehenden Kontaktbeschränkungen lautet daher: Lieber unter Einhaltung der Hygienevorschriften helfen, als es zu unterlassen.
Autorin: Sandra Lindenberger, dpa
Weiterführende Informationen des Umweltbundesamtes:
Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter Klimafolgen und Anpassung Nr. 67 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.