Hase: Kooperation mit Landwirtschaft zur Auenrevitalisierung
Die niedersächsische Gewässerlandschaft der Hase und ihrer Zuläufe wird ökologisch aufgewertet. Es werden Deichrückverlegungen, Auenrevitalisierungen und Gewässerumbauten vorgenommen. Das geht nur in enger Kooperation mit allen Beteiligten, vor allem aber mit der Landwirtschaft, die Flächen zur Verfügung stellt und Nutzungen extensiviert.
Film: Auenrevitalisierung in Kooperation mit der Landwirtschaft an der Hase
Quelle: Umweltbundesamt
Auenrevitalisierung in Kooperation mit der Landwirtschaft an der Hase
Problem: Entkopplung von Fluss und Aue an der Hase
Die 170 km lange Hase ist das bedeutendste Nebengewässer der Ems. Über Jahrhunderte wurden der Fluss und viele seiner Zuläufe kanalisiert und eingedeicht: Beispielsweise der Schierenbach, der im Rahmen des Baus der Autobahn A1 begradigt und eingetieft wurde, um als Entwässerungsgraben für die Autobahn zu dienen. Parallel weitete sich die landwirtschaftliche Nutzung bis in Ufernähe aus. Die Folge waren monotone Gewässer, fehlende Auenstrukturen und eine verstärkte Nährstoffbelastung.
Den Renaturierungsmaßnahmen an der Hase und ihren Zuläufen liegt die Idee zugrunde, eine komplette Gewässerlandschaft in ökologischer Hinsicht aufzuwerten. Übergeordnetes Ziel ist die Schaffung eines weit verzweigten Biotopverbundsystems im Hasetal. Dabei liegt der Fokus an der Hase selbst auf der Schaffung neuer Überschwemmungsräume sowie der Anlage extensiver Grünflächen, Auwälder und Feuchtbiotope. An den kleinen Zuläufen wie z. B. dem Schierenbach steht die strukturelle Verbesserung des Gewässerbettes im Vordergrund.
Maßnahmenträger im Einzugsgebiet der Hase sind in der Regel die Unterhaltungsverbände als Mitglieder des Dachverbandes. Zu den Finanzierungsquellen der Einzelmaßnahmen zählen:
Land Niedersachsen (Fließgewässerentwicklung im Rahmen des ELER-Programms Niedersachsen und Bremen)
Das Teilprojekt Ökologische Umgestaltung des Schierenbaches führte der Unterhaltungsverband 98 Hase-Wasseracht in den Jahren 2015-2017 durch. Das Projekt hatte ein Volumen von ca. 850.000 Euro (ohne Grunderwerb). Es wurde als Kompensationsmaßnahme für den 6-spurigen Ausbau der Autobahn A1 und eine Baugebietserweiterung der Stadt Vechta umgesetzt. Dem Unterhaltungsverband kam es entgegen, dass die Flächen und Maßnahmen am Schierenbach vollständig über Kompensation (sogenanntes Osnabrücker Modell) realisiert werden konnten, und keine aufwändigeren Anträge auf Landesförderung gestellt werden mussten.
Revitalisierung der Haseaue bei Haselünne und Gehrde-Rüsfort
Entlang der Hase bei Haselünne wurde im Jahr 2007 der vorhandene Sommerdeich auf einer Länge von 1,7 km zurückgebaut und ein Altarm wieder an die Hase angeschlossen. Insgesamt wurden 32 ha ehemals intensiv genutzter, landwirtschaftlicher Flächen als Auen zurückgewonnen. Sie werden heute als extensives Grünland bewirtschaftet und mit schottischen Hochlandrindern beweidet. Fünf Feuchtbiotope, die im Rahmen der Deichverlegung angelegt wurden, bieten zusätzlichen Lebensraum für eine Vielzahl heimischer Tier- und Pflanzenarten. Neben den positiven Auswirkungen auf den Naturschutz hat das Projekt auch Einfluss auf den Hochwasserschutz der Region. Durch die Versetzung der Hochwasserdeiche wurden neue Überschwemmungsflächen mit einer Größe von ca. 28 ha und einem Retentionsvolumen von ca. 400.000 m³ geschaffen.
Bereits 1999 wurde der westliche Hasedamm im Bereich Gehrde-Rüsfort auf einer Länge von 1,4 km zurückversetzt. Etwa zehn Jahre später wurde am Ostufer auf einer Länge von 0,8 km der Hasedamm verlegt. Ziel war es, in diesem Bereich der stark kanalisierten Hase durch großräumige Deichrückverlegungen und Oberbodenabtrag wieder eine naturnahe Flussaue herzustellen. Das angefallene Bodenmaterial wurde für Baunahmen im näheren Umkreis verwendet. Die Extensivierung von ca. 46 ha ackerbaulich genutzten Flächen und die zusätzliche Absenkung des Geländeniveaus haben zur Entwicklung von Feuchtwiesen und Röhrichtzonen beigetragen. Zudem wurden so auetypische, periodische Überspülungen ermöglicht. Mit der Ansiedlung einer standortgerechten Flora entsteht eine naturnahe Auenlandschaft für Vögel, Reptilien, Amphibien, Heuschrecken und Libellen. So brüten u. a. Graugänse im Gebiet. Rohrweihen und Reiherenten können hier ebenso beobachten werden wie Weißstörche auf Nahrungssuche.
Fließgewässerökologische Umgestaltung des Schierenbaches
Neben der Hase selbst werden auch ihre Zuläufe renaturiert. So entsteht ein weit verzweigtes Gewässersystem aus naturnahen Flüssen und Bächen. Ein Beispiel ist der ca. 10 km lange Schierenbach, der als Entwässerungsgraben für die Autobahn A1 diente.
Insgesamt wurde der Schierenbach auf einer Gesamtfläche von ca. 8,5 ha nach fließgewässerökologischen Gesichtspunkten umgestaltet. Die Revitalisierung erstreckt sich in Form eines durchgängigen "grünen Bandes" auf eine Gesamtlänge von 2,5 km. Hydromorphologische Einzelmaßnahmen waren:
Rückverlegung des geradlinigen Verlaufs in ein mäandrierendes Altgerinne,
Ufer- und Sohlenstrukturierung (z. B. Uferabflachung, Profilaufweitung, Anlage von Sekundärauen), und
Anlage von Amphibiengewässern.
Eine besondere Herausforderung stellte das anstehende Niedermoor und die hohen Grundwasserverhältnisse dar. Aufgrund des schluffigen Bodens war eine ingenieurbiologische Ufersicherung mit Wurzelstöcken und Faschinenwalzen mit einer Kies-/Lehmhinterfüllung notwendig. Dieser naturnahe Uferverbau verrottet mit der Zeit und lässt nach und nach eine eigendynamische Entwicklung zu. Außerdem stellt das sich zersetzende Holz Nahrungsgrundlage und Rückzugsraum für zahlreiche Insektenlarven dar. Ohne diese Sicherung in den ersten Jahren wäre das neu gestaltete Gewässerprofil bei Hochwasser weggespült worden.
Die Neugestaltung des Schierenbaches hat dazu geführt, dass das Gewässer seine ökologische Funktion wieder aufnehmen kann. Gleichzeitig wurden die ehemaligen Auenbereiche des Gewässers durch die Anlage von Sekundärauen wieder in das Gewässersystem zurückgeführt.
Unbürokratische Kooperation zur Renaturierung der Hase
Die Maßnahmen an der Hase und ihren Zuläufen wie dem Schierenbach werden von vielen Akteuren und Interessensgruppen begleitet: Landkreise, Städte und Gemeinden, Naturschutz, Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Wassersport, Jagd und Tourismus. Ein zentraler Punkt ist daher die Öffentlichkeitsarbeit und der offene Dialog mit allen Beteiligten. Diese Aufgaben übernimmt der Dachverband Hase unterstützt vom Verein zur Revitalisierung der Haseauen e. V.. Auch die Maßnahmenträger der Einzelmaßnahmen sind Mitglieder im Dachverband und Verein.
Der Dachverband Hase ist der Zusammenschluss der vier im Haseeinzugsgebiet zuständigen Unterhaltungsverbände. Der Verband vertritt die Interessen seiner Mitglieder bei der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Gleichzeitig ist er Kooperationspartner in der Gewässerallianz Niedersachsen. Der Verband sorgt für die Finanzierung von Projekten über Ökopunkte und Fördermittel. Er initiiert, plant und setzt Maßnahmen in und an den Fließgewässern um. Gleichzeitig wird eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit geleistet.
Der Verein zur Revitalisierung der Haseauen e. V. befasst sich mit der naturnahen Entwicklung der Fließgewässer und ihrer Auen im ca. 3.000 km² großen Einzugsgebiet der Hase. Er verbindet die Interessen seiner Mitglieder unabhängig von wechselnden politischen Mehrheiten und losgelöst von Zwängen, denen die Fachverwaltungen unterliegen. Eine zentrale Aufgabe des Vereins ist die Vernetzung der Akteure sowie die Förderung des fachlichen Austauschs. Hierbei werden Projektideen entwickelt und begleitet sowie Maßnahmen selbst oder durch Mitglieder umgesetzt. Der Verein beschafft Fördergelder, leistet Öffentlichkeitsarbeit und bietet Projekte zur Umweltbildung an.
Frühe Einbindung der Landwirtschaft verhindert Missverständnisse an der Hase
Am Schierenbach wurde die betroffene Landwirtschaft von Beginn an in das Renaturierungsprojekt eingebunden. In zahlreichen Vor-Ort-Terminen diskutierten Vertreter und Vertreterinnen des Maßnahmenträgers (Unterhaltungsverband 98 Hase-Wasseracht) und der Landwirtschaft über die Ziele des Projekts. So konnten anfängliche Bedenken bezüglich Vernässung und Verlust hochwertiger Ackerflächen sowie einer "unordentlichen" Landschaft durch Gespräche und Besichtigungen ausgeräumt werden.
In den Haseauen konnten Kompromisse mit der Landwirtschaft in Form von Flächenkauf und anschließender Verpachtung zu günstigem Preis mit der Auflage einer extensiven Bewirtschaftung gefunden werden. Dadurch wurde der notwendige Entwicklungskorridor für die Hase vervollständigt.
Erholungssuchende und Fischfans profitieren von der Revitalisierung der Haseauen
Die Renaturierungsmaßnahmen im Hasetal haben eine positive Wirkung auf Erholung und Tourismus. Sanfter Tourismus hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt. In unmittelbarer Nähe zum Hasetalradweg vermitteln Gewässererlebnispfade einen komplexen Eindruck von der Hase und ihrer Aue. So können Besucherinnen und Besucher beispielsweise mittels einer Pumpe an einem Modell verschiedene Hochwassersituationen an der Hase simulieren.
Anglerinnen und Angler freuen sich über ein neu angelegtes Stillgewässer mit Anbindung an die Hase bei Gehrde-Rüsfort. Gleichzeitig liefern sie den Behörden wichtige Informationen zum Fischbestand.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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