Inhaltsverzeichnis
Die wichtigsten Fakten
- Seit Beginn der Untersuchungen werden in 88 % bis 97 % der Mägen von tot gefundenen Eissturmvögeln Kunststoffmüll gefunden.
- In rund 49 % der Mägen toter Eissturmvögel an Küsten der Nordsee finden sich mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe.
- Ein von OSPAR festgelegtes Ziel ist es, dass dieser Anteil an der Zahl der Vögel maximal 10 % betragen sollte. Es wird noch lange dauern, bis dieses Ziel erreicht ist.
- Nach wie vor gelangen große Mengen Müll in die Meere, wo Kunststoffe nur sehr langsam abgebaut werden.
Welche Bedeutung hat der Indikator?
Landeten 2016 noch 9–14 Millionen Tonnen Kunststoffmüll in den Meeren, geht man bis 2040 von einer Verdreifachung der Einträge auf 23–27 Millionen Tonnen aus. Müllteile werden von Tieren für Nahrung gehalten und können nach dem Verzehr deren Verdauungsorgane verletzen und verstopfen, was bis zum Tod der Tiere führen kann. Für rund 820 Arten von Meereslebewesen ist wissenschaftlich dokumentiert, dass sie von negativen Interaktionen mit Meeresmüll betroffen sind. Die prominentesten Auswirkungen sind die Aufnahme von und die Verstrickung in Müllteilen. Während das Strangulieren in Meeresmüll zu sichtbaren Verletzungen bis hin zum Tod führt, bleiben die Wirkungen des Verschluckens von Kunststoffmüll oftmals unsichtbar. Für das Monitoring in der Nordsee kommt unter anderem der Eissturmvogel in Frage: Er ist weit verbreitet und nimmt seine Nahrung ausschließlich an der Meeresoberfläche auf der offenen See auf. Dabei verwechselt er treibende Müllteile mit Nahrungspartikeln und sammelt diese über mehrere Wochen in seinem Magen an. Für die Ostsee konnte bislang noch keine Tierart identifiziert werden, mit der ähnliche Untersuchungen möglich sind. Deshalb sind für die Ostsee bis auf weiteres keine vergleichbaren Aussagen möglich.
Wie ist die Entwicklung zu bewerten?
Der Großteil der Eissturmvögel, die tot an Stränden der deutschen Nordseeküste gefunden werden, hat Kunststoffmüll im Magen. Sowohl die durchschnittlich verschluckte Kunststoffmenge wie auch der Anteil der Tiere mit mehr als 0,1 g Kunststoffen im Magen sind in den letzten Jahren leicht rückläufig. Im aktuellen 5-Jahres-Zeitraum (2017–2021) hatten 88 % der 103 untersuchten Eissturmvögel in Deutschland Plastik im Magen, dabei überschritten 49 % der Eissturmvögel den kritischen Wert von 0,1 Gramm. Deutschland hat die Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-East Atlantic (OSPAR) unterzeichnet. Im Jahr 2008 entschieden die OSPAR-Vertragsstaaten, dass bei maximal 10 % aller tot gefundenen Eissturmvögel mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe im Magen gefunden werden darf. Dieser Wert wurde von Eissturmvögeln in der relativ unbelasteten kanadischen Arktis abgeleitet. Noch immer werden große Mengen Kunststoffmüll in die Meere eingetragen. Kunststoffe werden nur sehr langsam abgebaut. Das OSPAR-Ziel wird deshalb erst auf lange Sicht zu erreichen sein. Ein wichtiges Instrument, um weitere Einträge und vorhandene Mengen von Meeresmüll im Nordost-Atlantik zu reduzieren, ist der 2022 verabschiedete 2. OSPAR Regional Action Plan on Marine Litter (OSPAR Commission 2022). Er adressiert eine Reihe von Maßnahmen hinsichtlich der relevanten see- und landbasierten Eintragsquellen sowie Möglichkeiten zur Entfernung von Abfällen aus der Meeresumwelt und Bewusstseinsbildung.
Wie wird der Indikator berechnet?
Basis des Indikators sind Untersuchungen von toten Eissturmvögeln, die an der deutschen Nordseeküste gefunden werden. Im Labor der Uni Kiel werden dann verschiedene Parameter zum Gesundheitszustand und zur möglichen Todesursache ermittelt. Anschließend wird der Mageninhalt untersucht. Dann wird der prozentuale Anteil der Eissturmvögel berechnet, der mehr als 0,1 g Kunststoffe im Magen hat. Da die Werte zwischen den Jahren teilweise stark schwanken, werden für den Indikator immer die Durchschnittwerte der letzten fünf Jahre betrachtet (Guse et al. 2012). Auch in den übrigen Nordsee Anrainer-Staaten wird die Kunststoff-Belastung von Eissturmvögeln nach derselben standardisierten Methode ermittelt, um die Entwicklung zwischen den Regionen vergleichen zu können.
Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie im Themen-Artikel „Müll im Meer“ sowie auf der Internetseite des nationalen Runden Tisches Meeresmüll.