IRL2024 - A05

Inhaltsverzeichnis

Disclaimer: Dieser Artikel ist ein Beitrag im Rahmen der Konferenz "Innenraumluft 2024" und spiegelt nicht die Meinung des Umweltbundesamtes wider. Für die Inhalte sind die genannten Autoren und Autorinnen verantwortlich.

Autor*innen
Neuweger, Britta1, Siemers, Ulrike1, Weis, Norbert1, Siol, Antje2 und Köhler, Michael1

1Bremer Umweltinstitut GmbH, Fahrenheitstr. 1, 28359 Bremen
2Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT), FB2, Leobener Straße 6, 28359 Bremen

Empfohlene Zitierweise: Neuweger, B., Siemers, U., Weis, N., Siol, A., Köhler, M. (2024). Probenahme von Liege-Hausstaub zur Analyse auf Innenraumschadstoffe. Beitrag A05 zur Fachtagung „Innenraumluft 2024 - Messen, Bewerten und Gesundes Wohnen“, 6.-8. Mai 2024, Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/irl2024-a05

 

Neuweger, B., Siemers, U., Weis, N., Siol, A., Köhler, M. (2024). Probenahme von Liege-Hausstaub zur Analyse auf Innenraumschadstoffe. Beitrag A05 zur Fachtagung „InnenrProbenahme von Liege-Hausstaub zur Analyse auf Innenraumschadstoffeaumluft 2024 - Mess

Die Bremer Umweltinstitut GmbH untersucht die Performance und Leistungsfähigkeit verschiedener Beprobungssysteme für Liege-Hausstaub in einem standardisierten Testaufbau im Labor. Durch wiederholte Probenahmen in einer realen, mit Holzschutzmitteln belasteten Innenraumsituation über den Verlauf eines Jahres werden die Rahmenbedingungen für reproduzierbare Hausstaub-Untersuchungen evaluiert.

 

Einleitung

Hausstaub gilt als Senke für viele Chemikalien in Innenräumen, da sich mittel- und schwerflüchtige Schadstoffe an die Staubpartikel anlagern. Dies macht das Vorkommen von Schadstoffen im Staub zu einem ⁠Indikator⁠ für Innenraumbelastungen. Andererseits besitzt auch der Staub selbst eine toxikologische Relevanz, da er besonders bei kleinen, auf dem Boden spielenden Kindern (durch Aufnahme über die Haut oder durch Ingestion) als auch bei älteren Personen (durch Aufwirbelung des Liegestaubs und Inhalation) zur ⁠Exposition⁠ von Schadstoffen beiträgt.

Die sachgerechte Erfassung von Schadstoffbelastungen im Hausstaub ist daher entscheidend für die Bewertung von schwerer flüchtigen, lipophilen Substanzen, die gut an Hausstäuben haften. Die Verfahrensweisen (Probenahmestrategie, Probenahme und Analytik) sind derzeit allerdings unzureichend etabliert und die Reproduzierbarkeit und damit Aussagekraft von Hausstaubuntersuchungen sind umstritten. So kommen Hurraß et al. [1] zum Schluss, dass Hausstaubuntersuchungen mit einer Vielzahl von experimentellen Unwägbarkeiten behaftet sind und daher ein Vergleich unterschiedlicher Untersuchungen nicht möglich ist. So wurde auch die Richtlinie VDI 4300 Blatt 8: 2001-06 „Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Probenahme von Hausstaub“ [2] im Jahr 2012 mit dem Verweis auf unsachgemäße Verwendung und divergierende Interpretation der Ergebnisse zurückgezogen. Andererseits wird die Meinung vertreten, dass Staubuntersuchungen realistischer langfristige Belastungen abbilden als kurzfristige Luftmessungen [3] und sich zudem als Erst- oder Screeninguntersuchungen für z.B. viele schwer flüchtige organische Substanzen eignen [4]. Seitens des AGÖF wurde durch Etablierung eines Leitfadens Hausstaub ein Vorschlag zur besseren Standardisierung beschrieben. Hierbei wurde auch exemplarisch gezeigt, dass bei sachgemäßer Probenahme Standardabweichungen des Gehaltes bestimmter Schadstoffe im Staub von unter 30% erzielt werden können [5].

Es ist offensichtlich nötig, die Performance und die Reproduzierbarkeit von Probenahmetechniken von Hausstaub genauer zu untersuchen und zu charakterisieren. Hieraus lässt sich letztlich schließen, welchen Nutzen die Daten, die aus der Untersuchung von Hausstaub auf Innenraumschadstoffe gewonnen werden, in Forschung, Expositionsbewertung und Regulierung haben können.

Die Bremer Umweltinstitut GmbH führt derzeit in Kooperation mit dem Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT) der Universität Bremen, FB 2, ein Forschungsprojekt „Umweltpersistente Schadstoffe in Innenräumen“ (UpSI) durch, das sich unter anderem mit diesen Fragestellungen beschäftigt.

 

Aktuell verfügbare Beprobungssysteme von Liegestaub

Die derzeit am häufigsten zum Einsatz kommenden Probenahmesysteme zur Beprobung von Liegestaub sind kommerzielle Staubsauger mit Staubsaugerbeutel und Staubsauger mit vorgesetztem Probenahmekopf mit Planfilter [5].

Die Probenahme durch Saugen mit Staubsaugerbeutel eignet sich insbesondere für große zu beprobende Flächen, für die Probenahme auf Teppichen und die Beprobung von Altstaub, der länger als eine Woche alt ist.

Als Staubsaugerbeutel für die Staubprobenahme eignen sich Beutel aus Papier. Problematisch ist, dass diese immer mehr durch Staubsaugerbeutel aus Vlies verdrängt werden. Es ist unbekannt, welche Kontaminationen der Probe durch das Vlies verursacht werden können. Hinzu kommt, dass gerade die relevante Staubfraktion <63 µm teilweise im Vlies versinkt und so nicht für die Analytik zur Verfügung steht.

Problematisch ist ebenfalls, dass durch statische Aufladungseffekte der Staub teilweise in der Düse, dem Staubsaugerschlauch und dem Ansaugstutzen hängenbleibt, was nicht nur zu einer schlechteren Sammeleffizienz führt, sondern auch zur Notwendigkeit einer aufwändigen Reinigung zwischen einzelnen Probenahmen, um Kontaminationen von einer Probe zur nächsten zu vermeiden.

Für die Probenahme mittels vorgesetztem Filterhalter mit eingelegtem Filter stehen verschiedene Systeme zur Verfügung. Beispielhaft genannt werden hier die Staubsammelköpfe von ALK Albello, Dänemark, die z.B. von Fu et al. [6] und auch in der hier besprochenen Arbeit verwendet werden und die handelsüblichen Filterhalter aus Edelstahl, die in der zurückgezogenen VDI 4300 [2] beschrieben werden und beispielsweise bei Fa. Satorius, Göttingen, bezogen werden können.

Das ASTM Standardverfahren D7144 “Standard Practice for Collection of Surface Dust by Micro-Vacuum Sampling for Subsequent Metals Determination.” [7] beschreibt eine Methode für die Probenahme von Liegestaub unter Einsatz eines miniaturisiertem Vakuum-Samplers. Hier wird eine Kassette mit einem Durchmesser von 37 mm verwendet, in die ein Filter eingesetzt wird. Sie ist mit einem Einsatz mit flexiblem Schlauch modifiziert, der eine im 45° Winkel abgeschnittene Öffnung besitzt. Es wird eine tragbare Pumpe mit einem Luftdurchsatz von 2,5 L/min eingesetzt um den Luftstrom zu generieren. Diese Methode kann allerdings nur für kleine Flächen eingesetzt werden und sammelt nur relativ geringe Staubmengen. Die Sammeleffizienz variiert in einer Untersuchung von Ashley et al. [8] je nach Untergrund zwischen 21,6% auf Teppich bis 59,2% auf Glasoberflächen. Auch bei dieser Methode findet sich ein Verlust von Staub durch Aufladungseffekte in der Düse [8], [9].

Der ASTM Standard D5438-17 „Standard Practice for Collection of Floor Dust for Chemical Analysis“ [10] beschreibt eine Probenahme von Liegestaub unter Einsatz eines „High Volume Surface Samplers“. Dieser besteht aus einem kommerziellen Staubsauger, vor den ein Zyklon gesetzt wird. Der Einsatz von einem Ventil zum Einstellen des Luftstroms und zweier Druck-Messgeräte führt zu einer kontrollierbaren Performance des Probenahmesystems. So zeigt diese Methode eine relativ gute Genauigkeit und hohe Sammeleffizienzen [11]. Colt et al. [12] verglichen die Ergebnisse aus Probenahmen mit dem High Volume Surface Sampler und mit handelsüblichen Staubsaugern. Es stellte sich heraus, dass die beiden Methoden in Bezug auf die detektierten Schadstoffkonzentrationen im Hausstaub aus Teppichen vergleichbare Ergebnisse liefern.

Die Probenahme durch Wischen kann auf relativ kleinen, glatten Flächen, aber nicht auf Teppichen eingesetzt werden. Farfel et al. [13] stellten fest, dass die Sammeleffizienz von Wischen auf glatten Flächen sogar höher ist als die einer Probenahme mittels Staubsauger, die beiden Methoden aber korrelieren.

Nach [5] liefert eine Probenahme durch Kehren keine reproduzierbaren Ergebnisse.

 

Exkurs: Leistungsmerkmale von Staubsaugern zur Definition des Beprobungssystems für Liegestaub

Da viele Beprobungssysteme mit Hilfe eines handelsüblichen Staubsaugers funktionieren, wurde eine umfassende Recherche zu Leistungsparametern von Staubsaugern, insbesondere von derzeit auf dem Markt erhältlichen, durchgeführt.

Seit September 2014 dürfen nach der Ökodesign-Richtlinie (Verordnung (EU) Nr. 666/2013) [14] nur noch Staubsauger mit weniger als 1.600 Watt und ab September 2017 mit weniger als 900 Watt neu auf den Markt gebracht werden. Dieses soll die Hersteller zwingen, die Saugeffizienz ihrer Geräte zu verbessern, um mit geringerem Stromverbrauch das gleiche Saug-Ergebnis zu erzielen. Dadurch haben die neu auf den Markt kommenden Staubsauger größtenteils eine sehr ähnliche Leistungsaufnahme. Gleichzeitig müssen die Hersteller andere Werte als die Leistungsaufnahme zur Vergleichbarkeit und auch zur Bewerbung ihrer Geräte bereit stellen. Leider gibt es hier kein einheitliches System, das regelt, welche Werte angegeben werden müssen, als auch wie diese bestimmt werden. Eine Möglichkeit zur Vereinheitlichung der Werte bietet die DIN EN 60312 „Staubsauger für den Hausgebrauch – Prüfverfahren zur Bestimmung der Gebrauchseigenschaften“ [15]. Doch nur wenige Hersteller geben an, nach welchen Normen oder Messvorschriften sie die Kenngrößen ihrer Geräte bestimmen.

Die verschiedenen Kenngrößen, die von den Herstellern angegeben werden, sind der Unterdruck, der vom Staubsauger erzeugt wird, die Luftmenge, die in einer bestimmten Zeiteinheit vom Staubsauger bewegt wird und die Saugleistung, die ein Produkt aus Unterdruck und Luftdurchfluss bei einem bestimmten Blendendurchmesser, darstellt.

Die Berechnung der Saugleistung kann nach Gleichung P2 = qL · pU in [W] erfolgen (nach VDI 4709 [16]).

Dabei ist P2 die Saugleistung in [W], qL der Luftvolumenstrom in [l/s] und pU der Unterdruck in [kPa].

Dabei ist P2 die Saugleistung in [W], qL der Luftvolumenstrom in [l/s] und pU der UnteWährend eine Leistung üblicherweise in Watt [W] angegeben wird, verwenden einige Hersteller die Einheit Airwatt [AW] für die Angabe Saugleistung ihrer Staubsauger. Der AirWatt-Wert ist das Produkt aus dem Unterdruck, dem dazugehörigen Luftvolumenstrom und einem Faktor K = 0,1173, einem experimentell in Abhängigkeit vom Blendendurchmesser und den Radien der Öffnung ermittelten Wert. Einige Hersteller verwenden einen leicht abweichenden Faktor von K = 1/8,5 [24].rdruck in [kPa].

Bei allen Geräten, die sich derzeit auf dem Markt befinden, wird weiterhin auch die Leistungsaufnahme als Kenngröße angegeben. Doch diese hat nur einen begrenzten Einfluss auf die tatsächliche Saugleistung des Gerätes. Vielmehr spielen ebenso Bauweise, Luftführung, Düsenform, Wirkungsgrad des Motors und Gehäusedichtheit eine Rolle. Besonders beim Vergleich von älteren Geräten (aus vor 2014) mit aktuellen Geräten ist oft die Leistungsaufnahme der einzige verfügbare Parameter.

Durch den Vergleich von Staubsaugern mit verschiedenen Leistungsparametern, besonders auch mit sehr unterschiedlicher Leistungsaufnahme (da unterschiedlichen Baujahrs), soll untersucht werden, ob eine Korrelation zwischen der Staubaufnahmemenge bzw. der Sammeleffizienz und der Leistungsparameter der Staubsauger festgestellt werden kann.

 

Experimentelles: Testaufbau im Labor zur Bestimmung der durch Beprobungssysteme gewonnene Liegestaubmengen

Um die Leistungsfähigkeit verschiedener Probenahmesysteme und die Reproduzierbarkeit der Staubprobenahmen bewerten zu können, wurde an der Bremer Umweltinstitut GmbH ein Testaufbau zur Staubaufnahme von glattem Boden und von Teppich in Anlehnung an die Staubaufnahmeprüfung der DIN EN 60312 „Staubsauger für den Hausgebrauch – Prüfverfahren zur Bestimmung der Gebrauchseigenschaften“ realisiert.

 

Testung der Staubaufnahme von glatten, harten Böden

Testung der Staubaufnahme von glatten, harten BödenDie Staubaufnahme wurde von einem definierten Bereich eines Kautschuk-Bodens getestet. Die Länge und die Breite der Prüffläche betrugen 1,0 m x 0,7 m (entspricht 0,7 m2).

5 g Normstaub (DMT Nr.1) wurden so gleichmäßig wie möglich mit einem Staubstreuer über die definierte und begrenzte Prüffläche verteilt. Der Staubstreuer wurde nach dem Beladen mit Staub und nach dem Ausbringen des Staubs gewogen, um die exakte Menge des ausgebrachten Staubs zu bestimmen. Die Staubprobennahme erfolgte mittels parallelen, aneinander angrenzenden Saugstrichen über die gesamte Fläche. Die Absaugung wurde jeweils zweimal durchgeführt.

 

Testung der Staubaufnahme von Teppichen

Testung der Staubaufnahme von Teppichen Für die Bestimmung der Staubaufnahme von Teppichen wurde ein Kräuselvelours „Rhea“, Meterware, eingesetzt und auf die benötigte Größe zugeschnitten. Der Teppich wurde mit Aluminiumschienen auf allen vier Seiten auf einer Prüfplatte fixiert, um ein Verrutschen oder ein Zusammenschieben des Teppichs während des Saugvorgangs zu vermeiden. Die Länge und die Breite der Prüffläche betrugen 1,0 m x 0,7 m (entspricht 0,7 m2).

12 g Normstaub (DMT Nr.1) wurden so gleichmäßig wie möglich mit einem Staubstreuer über die Prüffläche verteilt. Wiederum wurde der Staubstreuer nach dem Beladen mit Staub und nach dem Ausbringen des Staubs gewogen. Der Staub wurde in den Teppich eingebettet, indem mit einer Walze (Edelstahl, glatt, 3,8 kg, Durchmesser 50 mm, Länge 380 mm, Eigenbau der Bremer Umweltinstitut GmbH) über den Teppich 10 Doppelstriche entlang der gleichen Spur der Saugrichtung ausgeführt wurden. Die Geschwindigkeit der Walze betrug 0,5 m/s. Die Prüffläche wurde vollständig und gleichmäßig überrollt. Der Teppich wurde anschließend 10 Minuten liegen gelassen, um sich vom Einwalzen zu erholen.

Die Staubprobenahme erfolgte mittels parallelen, aneinander angrenzenden Saugstrichen über die gesamte Fläche. Die Absaugung wurde jeweils zweimal durchgeführt, wobei der zweite Saugvorgang in entgegengesetzter Richtung zum ersten stattfand, um einen Effekt durch ein Niederlegen der Teppichfasern zu vermeiden.

Aufgrund des signifikanten Einflusses von Feuchtigkeit auf die Staubaufnahme von Teppichen wurden bei allen Messungen die Klimaparameter (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) dokumentiert.

Nach jedem Probenahmevorgang wurde der Teppich gereinigt. Hierfür wurde der Teppich mit der Oberfläche nach unten auf ein festes Drahtnetz gelegt und mit einem Teppichklopfer ausgeklopft. Hiernach wurden 4 bis 6 Säuberungszyklen mit einem Staubsauger mit gutem Staubaufnahmevermögen durchgeführt, um den restlichen Staub zu entfernen. Der verwendete Staubbeutel wurde nach jedem Säuberungszyklus gewogen. Der Teppich wurde dann für die nächste Probenahme freigegeben, wenn die Staubaufnahme je Säuberungszyklus < 0,2 g betrug. Dieser Wert wurde in Anlehnung an die DIN EN 60312 gewählt. War die Menge des abgesaugten Staubs größer als 0,2 g, wurde die Reinigung so lange wiederholt, bis die Anforderung erreicht war.

 

Auswahl des künstlichen Staubs für oben genannten Testaufbau

Als künstlicher Staub für die Charakterisierung der Beprobungssystemvarianten am Testaufbau für glatten Boden wurde entsprechend der DIN EN 60312 [15] ein Mineralstaub aus Dolomit Sand gewählt (DMT Normstaub Nr. 1). Dieser Staub enthält Staubpartikel im Korngrößenbereich von 0,020 mm bis 1 mm. Somit wird der für die Analytik relevante Bereich von < 63 µm abgedeckt und es können durch Siebung des Staubes nach der Probenahme Aussagen darüber getroffen werden, ob das Probenahmesystem einen bestimmten Korngrößenbereich bevorzugt oder diskriminiert. Dieser Staub wurde ebenso bei der Charakterisierung der Beprobungssystemvarianten auf Teppich verwendet, um eine Vergleichbarkeit der Staubsammelkapazitäten auf glattem Boden und auf Teppich zu erreichen und eine Information über die Fraktionierungsdiskriminisation auch auf Teppich zu erhalten. Der in der DIN EN 60312 für die Staubaufnahmeprüfung aus Teppichen vorgegebene Prüfstaub ist in diesem Zusammenhang nicht nutzbar, da er nur Staubpartikel mit einer Größe > 90 µm enthält.

 

Testung verschiedener Beprobungssystemvarianten im oben genannten Testaufbau

Im Rahmen des Projekts wurden 4 verschiedene Beprobungssysteme getestet, die alle auf der Verwendung kommerzieller Staubsauger basieren. Es wird hier unterschieden zwischen

  • Probenahme durch Saugen mit Staubbeutel
  • Probenahme durch Saugen mit einem vorgeschalteten Planfilter
  • Probenahme unter Einsatz eines Zyklons, kommerzielles System
  • Probenahme unter Einsatz eines Zyklons, Eigenbau

In den ersten Testungen von Probenahmesystemen auf dem standardisiertem Testaufbau für glatten Boden erwies sich die Probenahme mittels vorgesetztem Probenahmekopf (von ALK Albello) mit Filter als gut reproduzierbar (Standardabweichung der Wiederfindung der Staubmenge < 11% für den Gesamtstaub und < 8% für die relevante Fraktion < 63 µm) und hier konnten auch vergleichsweise hohe Wiederfindungen in der relevanten Staubfraktion < 63 µm gefunden werden (Wiederfindung von bis zu 50 % des eingesetzten Staubes in dieser Größenfraktion). Daher wurde dieses Beprobungssystem im Einsatz mit unterschiedlichen Staubsaugern getestet, um herauszufinden ob und welchen Einfluss die Leistung des jeweilig verwendeten Staubsaugers auf das gravimetrische Probenahmeergebnis hat. Es bestand allerdings weiterhin das oben besprochene Problem, dass die Staubsaugerhersteller uneinheitliche Angaben zur Saugleistung der Staubsauger machen. So konnte zum Vergleich nur die angegebene Leistungsaufnahme herangezogen werden. Bei den Staubsaugern, die im Netzbetrieb betrieben wurden, wurde die Leistungsaufnahme zusätzlich mittels eines Stromzählers überprüft. Es wurden die folgenden Staubsauger verwendet:

Staubsauger, die in verschiedenen Beprobungssystemvarianten eingesetzt werden
Tabelle 1: Staubsauger, die in verschiedenen Beprobungssystemvarianten eingesetzt werden
Quelle: Bremer Umweltinstitut GmbH Tabelle 1 als Excel-Datei
 

Für die Staubprobenahmen mit dem Miele Swing H1 Ecoline wurden zweilagige Staubbeutel aus Papier (Staubsaugerbeutel aus Papier, passend für Miele Swing H1) eingesetzt. Für die Staubprobenahmen mit der Makita DCL 182 wurden einlagige Staubbeutel aus Papier (Makita Staubfilter 194566-1) verwendet. Alle Staubprobennahmen auf Planfilter wurden mittels vorgesetztem Probenahmekopf (ALK Abello) realisiert. In diese werden konditionierte, vorgewogene Papierfilter (Macherey-Nagel, MN 640 w, Durchmesser 70 mm) eingesetzt. Der Probenahmekopf kann auf Staubsaugerrohre unterschiedlichen Durchmessers aufgesetzt werden.

Probenahmekopf (ALK Albello) zum Einsatz eines Planfilters, zum Aufsatz auf einen Staubsauger
Abb.2: Probenahmekopf (ALK Albello) zum Einsatz eines Planfilters, zum Aufsatz auf einen Staubsauger
Quelle: Bremer Umweltinstitut GmbH
 

Entwicklung eines zyklonbasierten Probenahmesystems

Die zyklonbasierten Staubsaugersysteme zeigen eine den anderen Probenahmesystemen überlegene Wiederfindung des Teststaubs auf den standardisierten Testaufbauten für glatten Boden und Teppich. Dieses trifft besonders auf Teppich zu. Gleichzeitig sind die Zyklonkammern der käuflichen Systeme, in denen die Staubprobe gesammelt wird, nur unzureichend zu reinigen. Dies ist dem komplexen Aufbau der Zyklonsysteme und der Ausführung aus Plastik, die zu Aufladungseffekten und folgend statischer Bindung feiner Staubpartikel an den Wandungen führt, geschuldet. Deshalb kann eine Kontamination von aufeinanderfolgenden Proben nicht ausgeschlossen werden. Die Bremer Umweltinstitut GmbH entwickelte daher ein zyklonbasiertes Probenahmesysten, das aus Metall ausgeführt und leicht zu reinigen sein sollte. Weiterhin sollte es mit unterschiedlichen Staubsaugern einsetzbar sein. Abb. zeigt den Prototyp dieses Systems. Er besteht aus folgenden Komponenten:

  • Zyklon Staubabscheider, Aluminiumlegierung
  • Luftdichter Kanister Lebensmittel aus Edelstahl, 12 L
  • Dust Commander Staubsaugerschlauch, Oberflächenwiderstand nach DIN 53482 ≤ 1010 Ohm
  • Staubsaugeradapter aus PVC
  • Staubsaugerdüse, Polsterdüse, Miele
Staubsauger mit Staubprobenahmesystem aus selbstgebauter Zykloneinheit
Abb.2 Zyklonbasiertes Probenahmesystem m. selbstgebauter Zykloneinheit + handelsüblichem Staubsauger
Quelle: Bremer Umweltinstitut GmbH
 

In den Deckel des Edelstahl-Kanisters wurde mittels eines Plasmaschneiders ein kreisförmiges Loch geschnitten und der Zyklon passgenau in dieses eingefügt, so dass die Verbindung dicht ist.

Das Zyklonsystem kann mittels Schlauchadapter an beliebige Staubsauger angeschlossen werden. Die Beprobung erfolgt derzeit mittels eines antistatischen Staubsaugerschlauch mit einer Staubsaugerdüse aus Plastik.

Problematisch ist jedoch noch die Verschmutzung des Probenahmeschlauchs, der trotz der Wahl eines antistatischen Materials und Anwendung der Stoßtechnik nicht vollständig gereinigt werden kann. Auch die Größe und damit Unhandlichkeit der Zyklonkammer stellt ein Problem für die Nutzung in realen Probenahmesituationen dar. Die Bremer Umweltinstitut GmbH versucht derzeit, diese beiden Punkte durch Einsatz eines anderen Schlauchmaterials und einer kleineren Zyklonkammer zu optimieren.

 

Durchführung der Wiederfindungsversuche

Es wurde in je 5 Parallelmessung die Staubwiederfindung von glattem Boden und von Teppich für den jeweiligen Staubsauger und das jeweilige Beprobungssystem bestimmt. Der Dyson V10 Absolute konnte auf Teppich nur einmal getestet werden, da die Leistung des Akkus nur für eine einzige Besaugung im Boost-Modus, der für die Reinigung des Teppichs notwendig war, reichte.

Für jede Probennahme wurde ein neuer Staubbeutel bzw. Planfilter eingesetzt. Der Staubbeutel bzw. der Planfilter wurde jeweils vor der Staubprobenahme gewogen. Nach der Staubprobenahme wurden der Staubbeutel bzw. der Planfilter entnommen, gewogen und entleert. Der Staub, der aus dem Staubbeutel bzw. vom Planfilter entnommen werden konnte, wurde wiederum gewogen und in einen Siebturm mit Analysensieben mit 2 mm und 63 µm Maschenweite überführt. Bei Einsatz eines Zyklons wurde nur der Staub gewogen, der aus dem Zyklon entnommen werden konnte. Nach dem Sieben wurde die Menge des Staubs in den Fraktionen zwischen 2 mm und 63 µm und < 63 µm durch Wiegen bestimmt. Die Menge des Staubs im 2 mm-Sieb war, gegeben durch die Größenverteilung des eingesetzten Normstaubs, normalerweise Null.

Die Staubsauger wurden jeweils nach der Probenahme gereinigt. Hierfür wurden die Düsen und Probenahmeköpfe mit klarem Wasser abgespült und getrocknet. Der Ansaugstutzen wurde mittels der Stoßtechnik gereinigt. Hierfür wird der Ansaugstutzen für ein bis zwei Sekunden mit der flachen Hand verschlossen, so dass ein Unterdruck im Ansaugrohr entsteht, und danach die Hand schnell wieder abgezogen. Durch die entstehende Stoßwelle sollen im Ansaugraum anhaftende Partikel gelöst und abtransportiert werden. Dieser Vorgang wird dreimal wiederholt.

Die Zyklonkammer des Dyson V10 absolute wird ausgesaugt. Es verbleibt allerdings eine große Verunreinigung. Bei dem Rowenta Swift Power Cyclonic kann die Zyklonkammer mit wässriger Lösung gespült werden und ist nach dem Trocknen weitgehend sauber. Der Zyklon selber kann nicht bzw. nur durch Absaugen mit einem weiteren Staubsauger gereinigt werden. Er bleibt daher relativ verschmutzt. Die Zyklonkammer des Zyklon-Eigenbaus der Bremer Umweltinstitut GmbH ist bereits nach der Entnahme der Probe weitgehend sauber. Er wird, wie auch der Zyklon selber mit Swiffer-Staubmagnet-Tüchern gereinigt. Problematisch bleibt die Reinigung des Schlauches, der von der Düse zur Zykloneinheit führt. Dieser wird bisher mittels der Stoßtechnik gereinigt.

 

Ergebnisse glatter Boden

die Wiederfindung im Staubsaugerbeutel oder auf dem Planfilter, die aus der Differenz des Gewichts des Staubsaugerbeutels oder Planfilters nach der Probenahme und vor der Probenahme berechnet wird (hellblauer Balken). Die Staubsauger sind jeweils nach aufsteigender Leistungsaufnahme angeordnet. Die Wiederfindungseffizienz im Staubsaugerbeutel bzw. auf dem Planfilter ist allerdings eine andere, als die Wiederfindungseffizienz des Staubes, der wirklich der Analytik zugänglich gemacht werden kann, da immer ein Anteil des Staubes im Material des Staubsaugerbeutels hängen bleibt. Dieses trifft besonders für den zweilagigen Staubsaugerbeutel des Miele H1 Staubsaugers zu. Daher wird als zweiter Wert die Wiederfindung des Staubs, der aus dem Staubsaugerbeutel oder vom Filter entnommen werden kann, dargestellt (dunkelblauer Balken). Bei dem Dyson V 10 Absolute, dem Rowenta Swift Power Cyclonic und dem Zyklon-Eigenbau der Bremer Umweltinstitut GmbH gibt es aus praktischen Gründen den ersten Wert nicht.

Da nur die Staubfraktion <63 µm für die Analytik verwendet wird, wird in der Abbildung 4 die Fraktionierung des Staubs nach der Siebung dargestellt (jeweils in % der Menge des eingesetzten Staubs in der jeweiligen Größenfraktion; in hell-orange: Fraktion < 2 mm und > 63 µm, in dunkel-orange: Fraktion <63 µm). Der relevanteste Wert ist die Wiederfindung des Staubs in der Größenfraktion <63 µm. Hier interessiert zum einem, wieviel Staub jeweils durch das Beprobungssystem aufgenommen wird, da bei einer höheren Aufnahmemenge Belastungen besser nachgewiesen werden können und die Nachweisgrenzen sinken, als auch, wie reproduzierbar diese Aufnahmemenge ist. Das heißt, eine möglichst geringe Standardabweichung zwischen den einzelnen Testungen mit dem jeweiligen Beprobungssystem ist wünschenswert.

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Es zeigt sich, dass die Wiederfindung des ausgebrachten Staubs mit steigender Staubsaugerleistung (hier ist die Leistungsaufnahme gemeint) zunimmt. Die zyklonbasierten Systeme zeigen die höchste Wiederfindungsrate, gefolgt von den Systemen mit Filterköpfen mit Glasfaserfilter. Dies gilt insbesondere für die relevante Staubfraktion < 63 µm. Die Staubsaugerbeutel basierten Systeme zeigen dort die schlechteste Wiederfindungsrate, was vermutlich daran liegt, dass ein Großteil der feinen Staubfraktion im Staubsaugerbeutel zurückbleibt und nicht für die Analytik zugänglich gemacht werden kann. Die Einzelmessungen mit den Planfiltersystemen zeigen Standardabweichung unter 10 % mit dem jeweiligen Staubsauger, was eine gute Reproduzierbarkeit darstellt. Die Standardabweichungen der Messungen mit den Zyklonsysstemen sind ca. 9 % für den Dyson V10 absolut und den Rowenta Swift Power Cyclonic. Bei dem Einsatz des Zyklon-Eigenbaus der Bremer Umweltinstitut GmbH ergibt sich eine Standardabweichung von 15,7 % der Einzelmessungen untereinander.

 

Ergebnisse Teppich

Die Abbildungen 5 und 6 zeigen die analogen Ergebnisse der Staubwiederfindung von Teppichboden. Abb. 5 zeigt die Wiederfindung des Staubs im Staubsaugerbeutel und auf dem Planfilter (hellblaue Balken) und die Wiederfindung, wenn nur der entnehmbare Staub betrachtet wird (dunkelblaue Balken). Die Staubsauger sind jeweils nach aufsteigender Leistungsaufnahme angeordnet. Abb. 6 zeigt die Wiederfindung in den zwei Größenfraktionen < 2 mm, > 63 µm (hell-oranger Balken) und < 63 µm (dunkel-oranger Balken).

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Auf Teppich ist die Wiederfindung des ausgebrachten Teststaubs erwartungsgemäß niedriger als auf glattem Fußbodenbelag. Der Zusammenhang zwischen Staubsaugerleistung und Wiederfindung ist hier nicht so deutlich wie auf glattem Fußboden. Wiederum zeigt sich aber, dass die Wiederfindungsraten der zyklonbasierten Systeme am höchsten sind, gefolgt von denen der Systeme mit Probenahmekopf und Glasfaserfilter. Am besten schneidet der Zykloneigenbau der Bremer Umweltinstitut GmbH ab. Mit diesem lassen sich nahezu 50 % des ausgebrachten Staubs in der Fraktion < 63 µm wiederaufnehmen. Die Einzelmessungen zeigen eine Standardabweichung von 8,2 %. Die Einzelmessungen der Systeme mit Probenahmekopf und Glasfaserfilter zeigen Standardabweichungen von max. 8,1 %.

 

Liegestaubprobenahme auf Referenzflächen

Um die Reproduzierbarkeit von Probenahmen von Liegestaub und dessen Analyse auf Innenraumschadstoffe in realen Situationen bewerten und demonstrieren zu können, unternimmt die Bremer Umweltinstitut GmbH über den Verlauf eines Jahres wöchentliche Probenahmen auf zwei Referenzflächen. Hierfür wurden Referenzflächen ausgewählt, die eine bekannte Belastung mit Innenraumschadstoffen aus dem Standard-Analyten-Portfolio der Bremer Umweltinstitut GmbH aufweisen. Es wurden Referenzflächen ausgewählt, die voraussichtlich im kommenden Jahr keiner größeren Veränderungen (wie z.B. einer Sanierung) ausgesetzt sein würden.

Als Referenzflächen wurden hierfür zwei Räumlichkeiten des Focke-Museums in Bremen ausgewählt. Das Magazin Nr. 9 des Hauptgebäudes weist in einer ersten orientierenden Messung mit 24 mg/kg Pentachlorphenol (⁠PCP⁠) im Staub eine hohe Belastung mit PCP nach dem Bewertungsschema der Bremer Umweltinstitut GmbH [23] im Hausstaub auf. In der Ebene 6 des Außenlagers des Focke-Museums konnten in ersten orientierenden Messungen in zwei Staubproben 8,4 und 5,4 mg/kg PCP und 2,5 bzw. 2 mg/kg ⁠Lindan⁠ im Staub nachgewiesen werden. Die bedeutet eine höhere Belastung mit PCP und eine deutliche Belastung mit Lindan nach dem Bewertungsschema der Bremer Umweltinstitut GmbH.

Als Durchschnittswerte für PCP-Belastungen im Hausstaub werden 1 bis 1,5 mg/kg angegeben. Hausstaubkonzentrationen von Räumen ohne Belastungsquellen liegen in der Regel unterhalb von 1 mg/kg. Die Bremer Umweltinstitut GmbH kommt daher zu folgendem Bewertungsschema [23]:

bis 1 mg/kg = Hintergrundbelastung
1 bis 2 mg/kg = geringe Belastung
2 bis 5 mg/kg = deutliche Belastung
5 bis 30 mg/kg = hohe Belastung
über 30 mg/kg = sehr hohe Belastung

In jüngerer Zeit geht die Bremer Umweltinstitut GmbH bereits ab eine Konzentration von über 0,5 mg/kg PCP im Staub von einer auffälligen Belastung aus.

Im Hausstaub von Haushalten ohne eindeutige Belastungsquelle ist aufgrund der ubiquitären Verteilung von Lindan mit einer Hintergrundbelastung von bis zu ca. 0,3 mg/kg zu rechnen. Die Bremer Umweltinstitut GmbH kommt daher zu folgendem Bewertungsschema für die Belastung mit Lindan [23]:

bis 0,5 mg/kg = Hintergrundbelastung
0,5 bis 1 mg/kg = geringe Belastung
1 bis 3 mg/kg = deutliche Belastung
3 bis 15 mg/kg = hohe Belastung
über 15 mg/kg = sehr hohe Belastung

Es ist hinsichtlich der Fragestellung, welche Parameter erfüllt sein müssen, um reproduzierbare Ergebnisse einer Liegestaubprobenahme und -Analytik zu erreichen, besonders interessant, dass das Magazin M9 klimatisiert ist (die Temperatur liegt normalerweise höher als 18°C und die Luftfeuchtigkeit soll unter 60 % betragen) und somit ein Einfluss von Temperatur und Luftfeuchte sowohl auf die PCP-Gehalte im Staub als auch auf die zur Beprobung zur Verfügung stehende Staubmenge reduziert werden kann.

Aufgrund der oben dargestellten Ergebnisse wurde das Beprobungssystem mit Planfilter und vorgesetztem ALK-Probenahmekopf für die Beprobung von Referenzflächen ausgewählt, die über den Verlauf eines Jahres jeweils wöchentlich durchgeführt werden soll. Die Probenahme mittels der Probenahmeköpfe hat neben den relativ hohen und reproduzierbaren Wiederfindungen den großen Vorteil, dass es unabhängig von Verschmutzungen im luftführenden System des Staubsaugers ist und so keine Kontamination von einer Probe zur nächsten stattfinden kann. Nach Optimierung des Zykloneigenbaus der Bremer Umweltinstitut GmbH wird auch dieser auf den Referenzflächen eingesetzt werden.

Seit dem 29.08.23 findet wöchentlich eine Probenahme in den genannten Örtlichkeiten statt. Der Abstand der Probenahmen ist im Normalfall genau 7 Tage, kann allerdings durch Feiertage oder Krankheit der Probenehmerin/ des Probenehmers in Einzelfällen auch bis zu 9 Tage betragen. Um die Probenahme verschiedener Probenehmer*innen anzugleichen, wurde eine Standardarbeitsanweisung und ein Muster-Probenahmeprotokoll für die Probenahme auf glatten Oberflächen erstellt. Die Standardarbeitsanweisung und das Muster-Probenahmeprotokoll wurden in Anlehnung an den AGÖF-Leitfaden für Hausstaubuntersuchungen auf chemische Parameter [5] entwickelt, weichen in einigen Punkten aber auch von ihm ab. Die Standardarbeitsanweisung beschreibt die Auswahl geeigneter Probenahmeflächen und die Vorreinigung der Fläche 7 Tage vor der Probenahme. Weiterhin umfasst sie die Aufnahme von Klimaparametern und das genaue Vorgehen bei der Probenahme.

Im Magazin 9 werden zwei Flächen beprobt, die eine Gesamtfläche von 8,16 m2 besitzen. Auf der Ebene 6 des Außenlagers werden zwei Flächen mit einer Gesamtfläche von 12,5 m2 beprobt. Bisher wird die Probenahme auf den beiden Flächen mit nur einem Filter pro Räumlichkeit durchgeführt, die Belastung also gemittelt. Es ist für die Zukunft aber geplant, stichprobenartig die einzelnen Flächen auch einzeln zu beproben, um Erfahrungen über mögliche Inhomogenitäten des Staubes innerhalb einer Räumlichkeit zu sammeln.

Vom Glasfaserfilter werden bei der Bremer Umweltinstitut GmbH im Labor größere Partikel und Haare entfernt, die Filter zurückgewogen und der Staub auf die Zielparameter PCP und Lindan mittels GC-ECD (Gaschromatographie mit Elektroneneinfangdetektor) hin analysiert. Hierbei werden die Glasfaserfilter mit extrahiert, da ein Großteil der feinen Staubfraktion in den Filtern festhängt. In Tabelle 2 finden sich die Daten Staubmenge, Temperatur und Luftfeuchtigkeit der Probenahmen ab dem 29.08.2023 im Magazin 9 des Hauptgebäudes. Es liegen bisher die Ergebnisse der Analytik des Zielparameters PCP für die Termine bis zum 28.11.23 vor. In der ersten Zeile der Tabelle 2 ist der Wert der orientierenden Messungen dargestellt.

Es wird für alle Messungen im Magazin 9 des Focke-Museums eine hohe PCP-Belastung des Staubes nach der Bewertungsskala der Bremer Umweltinstitut GmbH [23] gefunden. Die relative Standardabweichung der PCP-Werte im Hausstaub im Magazin 9 beträgt 38,7 %, wobei der Wert der orientierenden Messung nicht berücksichtigt wird. Auch im AGÖF-Leitfaden für Hausstaubuntersuchung [5] wird dargestellt, dass bei sachgemäßer Probenahme relative Standardabweichungen von unter 30 % erreicht werden können. Daher ist der Wert von 38,7 % für die ersten Messergebnisse durchaus zufriedenstellend, besonders wenn auch die erweiterte ⁠Unsicherheit⁠ der Analysemethoden, die bei der Bremer Umweltinstitut GmbH für die Analytik PCP in Staubproben bei 33,29 % liegt, berücksichtigt wird. Hingegen finden sich in den Messungen auf der Ebene 6 des Außenlagers sehr hohe Varianzen des Gehaltes von Lindan und PCP (nicht dargestellt). Hier ist durch weitere Messungen zu klären, durch welche Rahmenbedingungen die hohen Varianzen erzeugt werden. Wir gehen derzeit davon aus, dass vereinzelte, besonders hohe Werte der Belastungen mit PCP und Lindan Ausreißer durch die stark schwankenden Temperaturen im Außenlager sind. So wurden die hohen Gehalte eine Woche nach einer punktuellen Messung von einer Temperatur von 27°C am 12.09.2023 im Außenlager, Ebene 6, gefunden. Es ist möglich, dass bei höheren Temperaturen mehr Schadstoffe freigesetzt werden. Um diesen Zusammenhang näher zu untersuchen und gegebenenfalls zu verifizieren, werden ab dem 12.12.23 Thermologger auf der Ebene 6 des Außenlagers eingesetzt, die die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit kontinuierlich und zeitaufgelöst aufzeichnen, im Gegensatz zu den nur punktuellen Messungen, die jeweils im wöchentlichen Rhythmus zu den Probenahmen durchgeführt wurden.

Staubmengen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Magazin 9, PCP- Gehalt im beprobten Liege-Hausstaub
Tabelle 2

Staubmengen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Magazin 9, PCP- Gehalt im beprobten Liege-Hausstaub

Quelle: Bremer Umweltinstitut GmbH Tabelle 2 als Excel-Datei
 

Fazit

In der vorliegenden Arbeit untersucht die Bremer Umweltinstitut GmbH vier verschiedene Probenahmesysteme für Liege-Hausstaub (mit Staubsaugerbeutel, mit vorgeschaltetem Probenahmekopf mit Planfilter, kommerziell erhältliche Zyklonsysteme, ein selbst gebautes Zyklonsystem) hinsichtlich ihrer Aufnahmeeffizienz von Staub und der Reproduzierbarkeit ihrer Staubaufnahme. Höchste Staubaufnahmen zeigten die zyklonbasierten Systeme, aber kommerzielle Systeme sind problematisch bzgl. der Reinigbarkeit. Daher entwickelte die Bremer Umweltinstitut GmbH ein selbstgebautes Zyklon-Probenahmesystem, das den Anforderungen für ein real einsetzbares Probenahmesystem gerecht wird. Erste Messergebnisse auf einem standardisierten Testaufbau sind sehr vielversprechend. Das System wird zukünftig auch in realen Probenahmesituationen eingesetzt werden, um seine Performance dort zu evaluieren.

Bereits jetzt zeigt das Probenahmesystem mit vorgesetztem Probennahmekopf und Planfilter gute Ergebnisse im standardisierten Testaufbau bezüglich der Staubaufnahmeeffizienz und sehr gute Ergebnisse bezüglich der Reproduzierbarkeit der Staubaufnahme.

In realen Probennahmesituationen in mit Holzschutzmitteln belasteten Innenräumen wurde daher dieses System eingesetzt. Über bisher ein halbes Jahr wurde wöchentlich eine Probenahme durchgeführt und der gewonnene Liegestaub auf den Gehalt an ⁠PCP⁠ hin analysiert. Es zeigte sich, dass die Ergebnisse gut reproduzierbar waren, solange einige Rahmenbedingungen eingehalten wurden (relative Konstanz von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, standardisiertes Vorgehen des Probenehmers/ der Probenehmerin, Beprobung einer relativ großen Fußbodenfläche.) Die Ergebnisse sind vielversprechend bezüglich der Entwicklung einer verlässlichen Probenahmetechnik und -strategie von Liege-Hausstaub. So kann auch der Nutzen der Analyse von Liege-Hausstaub auf Innenraumschadstoffe bezüglich Bewertung und Regulierung gesteigert werden.

 

Danksagung

Wir danken der WFB (Wirtschaftsförderung Bremen GmbH) vertreten durch Frau Dr. Alla Kress für die finanzielle Unterstützung im Rahmen des EFRE Förderprogramms (Förderkennzeichen VE0128) und das stete Interesse am Fortgang der Arbeit.

Wir bedanken uns besonders auch beim Focke-Museum für die Möglichkeit der Nutzung seiner Lager als Referenzflächen und bei den Mitarbeitenden des Museums für Ihre Unterstützung.

 

Literatur

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  • [19] Amazon.de: Makita, Anzeigeleuchten, DCL182Z Akku-Staubsauger 18 V (ohne Akku, ohne Ladegerät), Schwarz, Blau
    abgerufen am 14.12.23
  • [20] https://www.euronics.de/haus-und-haushalt/staubsaugen-und-reinigen/staubsauger/complete-c3-parquet-ecoline-sgsp4-bodenstaubsauger-marineblau-4058405498522?ecf=V3hAaOdeCjmH1RhXdpI%2BiCPH%2BCH%2FezOUwINBazj5h%2FRsZFEQGkh0HJi17Jugnl11tIXDM2wkD46qcF%2Fg38eToThMqQFInEZ0enKfTF78tE8%3D&gclid=EAIaIQobChMI_ZTg3oW5_wIVj4poCR1Iiw42EAQYAyABEgIWTfD_BwE abgerufen am 10.06.2023
  • [21] https://www.rowenta.ch/de/Staubsauger/Staubsauger-ohne-Beutel/SWIFT-POWER-CYCLONIC-RO2933CH/p/9100040241, abgerufen am 10.06.2023
  • [22] Dyson V10 Absolute (2023) ab 399,00 € (Dezember 2023 Preise) | Preisvergleich bei idealo abgerufen am 15.12.23
  • [23] Köhler, M., Krooß, J., Pott, F., Stolz, P. (1995)Gift im Holz. Extrateil Formaldehyd 7. überarbeitete und erweiterte Fassung. Eigenverlag Bremer Umweltinstitut e.V. ISBN 3-9803930-0
  • [24] https://www.grainger.com/tps/motors_ametek_tech_cross_ref.pdf
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