IRL2024 - A32

Disclaimer: Dieser Artikel ist ein Beitrag im Rahmen der Konferenz "Innenraumluft 2024" und spiegelt nicht die Meinung des Umweltbundesamtes wider. Für die Inhalte sind die genannten Autoren und Autorinnen verantwortlich.

Autor
Dr. Martin Kraft

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Empfohlene Zitierweise: Kraft, M. (2024). Gesundheitliche Bewertung von Polychlorierten Biphenylen (⁠PCB⁠) in der Innenraumluft. Beitrag A32 zur Fachtagung „Innenraumluft 2024 - Messen, Bewerten und Gesundes Wohnen“, 6.-8. Mai 2024, Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/irl2024-a32

Gesundheitliche Bewertung von Polychlorierten Biphenylen (PCB) in der Innenraumluft

Polychlorierte Biphenyle (⁠PCB⁠) kamen in Deutschland bis zu ihrem Verbot in den 1970er bzw. 1980er Jahren in Gebäuden in zahlreichen Anwendungen wie z.B. Anstrichen, Spachtelmassen, Klebstoffen, dauerelastischen Dichtungsmassen oder elektronischen Bauteilen zum Einsatz. In den deutschen Bundesländern wurden in den 1990er Jahren Richtlinien zur Messung, Bewertung und Sanierung von PCB in Gebäuden erlassen, die sog. PCB-Richtlinien. In diesen Richtlinien wurden zur gesundheitlichen Beurteilung von PCB in der Innenraumluft zwei Wertekategorien abgeleitet: der gefahrenbezogene Interventionswert sowie der Vorsorge- bzw. Sanierungszielwert.

Seit in Krafttreten der PCB-Richtlinien wurden in Deutschland eine Vielzahl an PCB-belasteten Gebäuden saniert, zum Teil auch abgerissen. Nach wie vor finden sich aber auch heute noch PCB-kontaminierte Gebäude, deren Belastung entweder erstmalig ermittelt wurde oder die trotz eingeleiteter baulicher Maßnahmen den Sanierungszielwert der PCB-Richtlinien dauerhaft nicht einhalten.

Der gefahrenbezogene Interventionswert von 3.000 ng PCB/m3 sowie der Vorsorge- bzw. Sanierungszielwert von 300 ng PCB/m3 der PCB-Richtlinien beruhen auf einer gesundheitlich tolerierbaren Aufnahme (⁠TDI⁠) in Höhe von 1 µg PCB pro kg Körpergewicht und Tag. Dieser TDI wurde in den 1980er Jahren vom damaligen Bundesgesundheitsamt auf der Basis von tierexperimentellen Daten abgeleitet.

Der wissenschaftliche Kenntnisstand zu den Wirkungen von PCB auf die menschliche Gesundheit hat sich seit dem Erscheinen der PCB-Richtlinien in den 1990er Jahren erheblich erweitert. In zahlreichen humanepidemiologischen und tierexperimentellen Studien konnte gezeigt werden, dass PCB gesundheitsschädliche Effekte unter anderem auf frühkindliche Entwicklung, Reproduktion, Schilddrüse, Haut, Leber oder Herz-Kreislaufsystem hervorrufen können. Darüber hinaus haben PCB ein kanzerogenes Potential. Als sensibelste Wirkungen beim Menschen gelten jedoch Effekte auf das sich entwickelnde frühkindliche Nervensystem und Immunsystem. Insbesondere diese beiden Endpunkte sind von dem TDI aus den 1980er Jahren nicht mit abgedeckt. Insofern bedarf es einer kritischen Bewertung der auf diesem TDI basierenden Werte der PCB-Richtlinien.

Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) am Umweltbundesamt führt aktuell eine Neubewertung der gesundheitlichen Wirkungen von Polychlorierten Biphenylen (PCB) in der Innenraumluft durch.

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Schlagworte:
 Innenraumluft  Ausschuss für Innenraumrichtwerte  Polychlorbiphenyl (PCB)