KLARA - Klimawandel - Auswirkungen, Risiken und Anpassung

Ziel der Studie

Vermeidbare Risiken der Klimaveränderung für Baden-Württemberg zu erkennen und mögliche Chancen der Landesentwicklung auch im Zeichen des Klimawandels zu nutzen. Übergeordnetes Ziel der integrierenden Analyse ist eine vergleichende Bewertung der verschiedenen in den einzelnen Sektoren ermittelten Verwundbarkeiten zur Identifikation von Sektoralen und gebietsbezogenen Schwerpunkten von Risiken und Chancen, Prioritäten der Risikovorsorge, Unsicherheiten und Wissensdefiziten, Handlungsoptionen und Strategien.

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Baden-Württemberg
Räumliche Auflösung 

z. T. Pixel/Raster, z. T. Kreisgrenzen, z. T. Klimastationen

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien A1
Klimamodelle ECHAM4-OPYC3, MPI Hamburg
Ensembles nein
Anzahl der Modellläufe nicht dokumentiert
Regionales Klimamodell 

(1) REMO - hydrostatisches dynamisches regionales Klimamodell des MPI für Meteorologie Hamburg,
(2) GROWEL - Statistisches Regionalmodell der Firma Meteo-Research,
(3) STAR - statistisches Regionalmodell des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)

Weitere Parameter 

Gesundheit: Gefühlte Temperatur, Thermische Belastungsklassen

Zeitraum 

2001-2055

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Biologische Vielfalt
    • Arten und Populationen
    • Biotope, Habitate, Ökosysteme

"Die Klimaveränderungen im Verlauf der letzten 30 Jahre hatten deutliche Auswirkungen auf Zug- und Brutverhalten sowie auf Artenzusammensetzung und Verbreitungsgebiete von Vögeln in Südwestdeutschland. Die Erstankunftszeit vieler Zugvogelarten im Frühjahr verfrühte sich um durchschnittlich 3-5 Tage pro zehn Jahre, vermutlich wegen der Verschiebung der Überwinterungsgebiete vieler Arten nach Norden. Das steht in Einklang mit der allgemeinen Tendenz, dass Langstreckenzieher (südlich der Sahara) zu Kurzstreckenziehern (Mittelmeerraum) und Kurzstreckenzieher zu Standvögeln werden. Der Wegflug im Spätsommer verzögerte sich bei über der Hälfte der untersuchten Arten, nur bei wenigen Arten wurde eine frühere Ankunft festgestellt. Bei einigen der untersuchten Arten wurde in Bezug auf das Brutverhalten ein früherer Legebeginn (ca. 3 Tage in zehn Jahren) festgestellt, teilweise wurde gleichzeitig auch eine höhere Gelegegröße und ein höherer Schlüpferfolg beobachtet. Hinsichtlich der Artenzusammensetzung und -verbreitung in der Bodensee-Region zeigte sich, dass südlich verbreitete Arten zunahmen, während nördlich verbreitete allerdings nicht so stark abgenommen haben wie ursprünglich vermutet. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich Vogelgemeinschaften aufgrund der Klimaerwärmung stark verändern werden und deshalb ein 'konservierender' Naturschutz in Zukunft kaum noch möglich sein wird." (S. 3.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Energiewirtschaft
    • Energieumwandlung

"Für den Neckar wurde die statistische Verteilung der täglichen Abflüsse in Basisszenarium (1951-2000) und Zukunftsszenarium (2001-2055) miteinander verglichen, um Aussagen über eine mögliche Veränderung der zu erwartenden Bedingungen für Schifffahrt und Wasserkraftnutzung zu gewinnen. Generell zeigt sich bei diesem Vergleich eine Tendenz zu höheren mittleren täglichen Abflüssen in den Wintermonaten bis hinein ins Frühjahr, während sich in den Sommermonaten wenig verändert. Dieser Anstieg der mittleren jährlichen Abflussverhältnisse führt zu tendenziell günstigeren Bedingungen für die Wasserkraftnutzung am Neckar, da diese nur durch Niedrigwasser limitiert ist." (S. 3 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Integrierte/zusammenfassende Aussage

"Die klimatischen Belastungen für Baden-Württemberg ergeben sich aus dem Vergleich des bisherigen Klimas, dargestellt als Basisszenarium im Zeitraum 1951-2000, und einer zu erwartenden zukünftigen Klimaveränderung im Zeitraum 2001-2055, dem Zukunftsszenarium. Im Basisszenarium nimmt die Temperatur zwischen 0.6 und 1.5 °C je nach Region zu. Gleichzeitig wird bis auf wenige Ausnahmen eine Niederschlagszunahme um im Mittel 90 mm im Jahr beobachtet, was einer relativen mittleren Zunahme um 9% entspricht. Hinsichtlich der Veränderung von Schwellenwertereignissen sind eine Zunahme der Sommertage (maximale Temperatur > 25 °C), eine Abnahme der Frosttage (minimale Temperatur < 0 °C) und eine Zunahme der Starkniederschlagstage (Niederschlag > 10 mm) hervorzuheben. Für das Zukunftsszenarium (2001-2055) wurde ein moderater mittlerer Temperaturanstieg von 1.2 °C vorgegeben. Unter Verwendung eines statistischen Regionalmodells ergibt sich daraus im Gebietsmittel eine geringfügige Abnahme des Niederschlags im Vergleich zum Basisszenarium. Allerdings weisen große Teile im Westen und Norden von Baden-Württemberg eine deutliche Zunahme des Niederschlags auf, während im Lee des Schwarzwaldes bis hin zur östlichen Landesgrenze ein Rückgang zu verzeichnen ist. Zudem kommt es zu einer saisonalen Verschiebung, wobei die Niederschläge im Sommer abnehmen und im Winter zunehmen. Im Hinblick auf Extreme wurden Schwellenwertereignisse analysiert. So ergibt sich wie im Basisszenarium eine Zunahme der Sommertage und eine Abnahme der Frosttage, jedoch ein uneinheitlicher Trend bei den Starkniederschlagstagen (Zunahme im Westen und Norden, Abnahme im restlichen Gebiet).” (S.1)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Landwirtschaft
    • Agrophänologie
    • Ertrag und Qualität der Ernteprodukte
    • Pflanzengesundheit

"Im Zukunftsszenarium (2001-2055) kommt es im Norden und Westen Baden-Württembergs voraussichtlich zu günstigeren klimatischen Bedingungen (Temperaturanstieg, CO2-Düngung) für den Maisanbau, während beim Weizen mit leichten klimabedingten Ertragseinbußen (Trockenstress) gerechnet werden muss. Diese Einbußen könnten aber durchaus durch bessere Qualitäten in Folge einer verkürzten Kornfüllungsphase ausgeglichen werden. In der Bodensee-Region führt ein wärmeres und feuchteres Klima im Zukunftsszenarium zu einem höheren Schaderregerdruck im Apfelanbau, wie exemplarisch für den Apfelwickler (Schädling) und den Apfelschorf (Pilzerkrankung) gezeigt werden konnte. Die höheren Temperaturen begünstigen die Vollendung der zweiten Generation des Apfelwicklers und führen damit zu höheren Populationsdichten im Sommer und im nächsten Frühjahr. Die leicht zunehmenden Niederschläge in der Region erhöhen das Risiko von Apfelschorfinfektionen." (S. 2)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Menschliche Gesundheit
    • Hitze- und kälteabhängige Erkrankungen oder Mortalitäten

"Die Auswirkungen des Klimawandels auf die witterungsbedingte Mortalität in den einzelnen Kreisen Baden-Württembergs wird durch einen Vergleich der geschätzten witterungsbedingten Todesfälle im Basisszenarium (1951-2000) mit den prognostizierten für das Zukunftsszenarium (2001-2055) untersucht. Der Vergleich zeigt, dass ein deutlicher Anstieg der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung und ein Rückgang der Anzahl der Tage mit Kältestress zu erwarten ist. Dabei fällt der Anstieg der Zahl der Tage mit Wärmebelastung relativ gesehen stärker aus als der Rückgang des Kältestresses. Neben der Auftretenshäufigkeit thermischer Belastungen wurde die Sensitivität der Bevölkerung für diese Art von Stress bestimmt. Dabei zeigt sich, dass die Bevölkerungsgruppe über 75 Jahre besonders sensitiv auf thermische Belastung reagiert. Die Vulnerabilität der Bevölkerung gegenüber thermischer Belastung ergibt sich schließlich als Produkt der Auftretenshäufigkeit einer thermischen Belastung mit der Sensitivität. Die Vulnerabilität gegenüber Wärmebelastung erhöht sich im Zukunftsszenarium im Vergleich zum Basisszenarium über alle Kreise gemittelt um ca. 20%. Daher ist landesweit mit jährlich 180 bis 400 zusätzlichen hitzebedingten Todesfällen zu rechnen. Der Rückgang der Vulnerabilität gegenüber Kältestress kann diesen Anstieg nicht kompensieren." (S. 2)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Tourismuswirtschaft
    • Touristische Nachfrage

"Die möglichen Auswirkungen zukünftiger Klimaveränderungen auf den Sommertourismus in Baden-Württemberg wurden exemplarisch für die Bereiche 'Badetourismus am Bodensee' und 'Wandertourismus im Schwarzwald' untersucht. Für die Bodensee-Region ergibt sich für das Zukunftsszenarium (2001-2055) eine günstige Entwicklung der baderelevanten Klimaparameter Maximaltemperatur, Bewölkungsgrad und tägliche Sonnenscheindauer. Es ist somit mit einer Zunahme der Anzahl der 'potentiellen Badetage' und zusätzlich mit einer Verlängerung der Badesaison zu rechnen. Als wanderrelevante Klimaparameter stellten sich Maximaltemperatur, relative Feuchte und vor allem die tägliche Sonnenscheindauer heraus. Im südlichen Schwarzwald treten im Zukunftsszenarium ebenfalls öfter Tage mit für den Wandertourismus günstigen Wetterverhältnissen auf. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für den Sommertourismus – im Gegensatz zum Wintertourismus – für Baden-Württemberg eine positive klimatische Entwicklung prognostiziert wird." (S. 3)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Verkehr
    • Verkehrsablauf

"Für den Neckar wurde die statistische Verteilung der täglichen Abflüsse in Basisszenarium (1951-2000) und Zukunftsszenarium (2001-2055) miteinander verglichen, um Aussagen über eine mögliche Veränderung der zu erwartenden Bedingungen für Schifffahrt und Wasserkraftnutzung zu gewinnen. Generell zeigt sich bei diesem Vergleich eine Tendenz zu höheren mittleren täglichen Abflüssen in den Wintermonaten bis hinein ins Frühjahr, während sich in den Sommermonaten wenig verändert. [...] Hinsichtlich der Einschränkungen der Schiffbarkeit des Neckars durch Hochwasser liefern die verwendeten regionalen Klimaszenarien-Modelle keine eindeutigen Aussagen, wobei sich jedoch die Anzahl der Tage mit eingeschränkter Schiffbarkeit im ungünstigen Fall von 6 auf 15 Tage pro Jahr erhöhen kann." (S. 3 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wald- und Forstwirtschaft
    • Vitalität / Mortalitätseffekte
    • Güter und Dienstleistungen des Waldes

"Die entscheidenden klimatischen Parameter für den Forstsektor sind Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte und Strahlung. Durch Klimawandel können sich somit Auswirkungen auf Produktivität, Trockenstress und Waldbrandgefahr ergeben. Ein Vergleich zwischen Basisszenarium (1951-2000) und Zukunftsszenarium (2001-2055) für Baden-Württemberg zeigt, dass der angenommene zukünftige Klimawandel nur geringe Auswirkungen auf die Produktivität der Waldbestände hat. Im Mittel über die verschiedenen Regionen und Baumarten zeichnet sich allenfalls ein leicht positiver Trend der erwarteten Produktivität ab. Das Risiko für Trockenstress nimmt für die drei Baumarten Fichte, Kiefer und Buche leicht ab. Die klimatische Waldbrandgefahr erhöht sich leicht in den Regionen Baden-Württembergs, die von einem Rückgang des Niederschlags betroffen sind (v.a. im Lee des Schwarzwalds und im Südosten), während sie im Westen und Norden leicht zurückgeht." (S. 3)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

Aussagen zu Klimaänderungen;
Aussagen zu Klimafolgen in verschiedenen Sektoren, keine Gesamtaggregation

Analysekonzeptansatz früherer IPCC-Ansatz (2004, 2007)
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Sensitivität, Klimawirkung, Vulnerabilität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren, Qualitative Informationen (z.B. Experteninterviews)

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg; Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Kontakt 

AUFTRAGNEHMER:
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Dr. Manfred Stock

Bibliographische Angaben 

Stock, M. (Hrsg.); Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 2005: KLARA: Klimawandel - Auswirkungen, Risiken, Anpassung. In: PIK Report, No. 99

 

Teilen:
Artikel:
Drucken
Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt  Energieinfrastruktur  Landwirtschaft  Menschliche Gesundheit und Pflege  Tourismuswirtschaft  Verkehr und Verkehrsinfrastruktur  Wald- und Forstwirtschaft  Sonstige