Dialog Klimaanpassung: Berlin - Budapest

Hintergrund und Ziele

Im Jahr 2013 erarbeitete das ungarische National ⁠Adaptation⁠ Center (NAC) die zweite "Nationale Strategie Klimaveränderung" (NÉS-2) für das Ministerium für Nationale Entwicklung. Im Mai nahm das Parlament diesen Entwurf an. Hierauf basierend entwickelte die Stadt Budapest eine eigene Klimastrategie. Diese enthält u.a. Zielsetzungen, um die Fähigkeit zur Klimaanpassung zu verbessern.

Praxisorientierte städtische Klimaanpassungskonzepte existierten in Ungarn bis zum Beginn des Projekts jedoch nicht. Insbesondere in Budapest mit mehr als 1,75 Mio. Einwohnern bestand hierfür wegen der hohen Betroffenheit ein erheblicher Bedarf.
Ziel des Projekts war es, die Verwaltung des IX. Budapester Stadtbezirks bei der Erstellung eines umsetzungsorientierten Klimaanpassungskonzepts methodisch zu unterstützen. In drei Workshops (zwei in Budapest und einer in Berlin) konkretisierten die kommunalen, zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Partner die Bedarfe. In enger Abstimmung mit der Verwaltung des IX. Stadtbezirks wurde anschließend das Klimaanpassungskonzept entwickelt. Die Projektbeteiligten erstellten unter anderem klimatologische Modellierungen und räumliche Analysen für die drei beispielhaften Plätze Bakáts, Boráros und Valéria tér im IX. Stadtbezirk. Methode und Inhalt des Klimaanpassungskonzepts sollen beispielgebend für weitere Bezirke der Stadt Budapest sowie für andere Städte in Ungarn und darüber hinaus sein. Aus diesem Grund wurde ein Handlungsleitfaden entwickelt, der für die Erarbeitung von Klimaanpassungskonzepten praxisorientiert Hilfestellungen bietet. Er ist auf Ungarisch und Englisch verfügbar. Das Projekt endete mit einer Online-Veranstaltung. Die Projektergebnisse wurden über Online- und Printmedien verbreitet.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Ungarn
Bundesland
  • Berlin
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Budapest, IX. Stadtbezirk

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Im Projekt wurden verschiedene Szenarien und Klimaprojektionen, die vom Nationalen Meteorologischen Dienst in Ungarn für Budapest veröffentlicht wurden und Szenarien in der Nationalen Klimawandelstrategie sowie der Klimawandelstrategie von Budapest genutzt. Außerdem wurden eigene Simulationen für die Pilotgebiete modelliert.
Zur Simulation des Mikroklimas ausgewählter Gebiete des IX. Bezirks von Budapest wurde die Modellierungssoftware Envi-met genutzt. Die Ergebnisse der Modellierungen müssen im Anschluss interpretiert werden. Ergebnisse und Interpretationen der Pilotgebiete wurden der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt, damit die Auswirkungen des Klimawandels bei städtischen Entwicklungen so weit wie möglich berücksichtigt werden können.
In dem Projekt wurden drei städtische Gebiete mit verschieden Bevölkerungsdichten und Funktionen – Verkehrsknotenpunkt, historischer und touristischer Ort sowie grünes Wohngebiet – zur Modellierung ausgewählt. Obwohl alle drei Orte stark bevölkert sind, haben sie unterschiedliche Merkmale, welche die urbane Umgebung nicht nur des Bezirks, sondern von ganz Budapest repräsentieren.
Aufgrund der kontinuierlichen Diskussion mit lokalen Stadtplaner*innen und Gemeindevertreter*innen war es möglich, verschiedene Maßnahmenbeispiele und Klimaparameter in die Simulationen verschiedener Szenarien für die Orte einzubeziehen. Damit konnten sowohl die Auswirkungen des Klimawandels als auch der Einfluss verschiedener Neugestaltungsoptionen auf das Mikroklima demonstriert werden. Diese Auswirkungen wurden mit Hilfe von Parametern wie PMV (Predicted Mean Vote), Strahlung, relative Luftfeuchtigkeit, Oberflächentemperatur und Windgeschwindigkeit aufgezeigt.

Parameter (Klimasignale)
  • Hitzewellen
  • Höhere mittlere Temperaturen
Zeithorizont
  • kurzfristig = die nächsten Jahre/Jahrzehnte
  • mittelfristig = bis 2050

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Die Ergebnisse der mikroklimatischen Modellierungen lieferten hochauflösende Daten. Diese wurden zur Feststellung der Auswirkungen der Klimawandelfolgen auf den Bezirk genutzt, um die nötigen Interventionen bzw. Maßnahmen zur Reduzierung der Betroffenheiten ableiten zu können.
Unter Verwendung der Modellierungsergebnisse, sowie Berücksichtigung der Ziele und Entwicklungspläne der Gemeinde wählte das Projektteam drei Arten von Maßnahmen aus, um einen detaillierten Aktionsplan für die Umsetzung auf Bezirksebene zu erstellen. Im Aktionsplan wurden drei Maßnahmen weiter ausgearbeitet: Eine zur Vorbereitung auf ⁠Hitzestress⁠ und Hitzewellen, eine weitere zur Einführung von kommunalen Planungsprozessen zur Klimaanpassung und eine zur Nutzung von Regenwasser im städtischen Umfeld.

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Ansatz und Risiken / Chancen 

Der kritischste Aspekt im Rahmen der ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠ war die Verfügbarkeit von adäquaten Daten. Der begrenzte Zugang zu Daten in Ungarn war mit die größte Herausforderung im Projekt.
Das Team strukturierte verschiedene nationale und internationale Methoden und folgte direkt dem "Vulnerability Sourcebook", das vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung veröffentlicht wurde. Sowohl der Top-down- als auch der Bottom-up-Ansatz wurden verwendet, um verschiedene Daten für die Analyse der ⁠Verwundbarkeit⁠ zu kombinieren.
Ein wichtiges Ergebnis dieses Prozesses war die Sondierung möglicher Datenquellen und deren Darstellung in dem für die Gemeinde des IX. Bezirks erstellten Anpassungskonzepts sowie dem für ungarische Gemeinden im Allgemeinen erstellten praktischen Handlungsleitfaden.
Parallel zur Modellierung und teilweise auf der Grundlage von Modellierungsergebnissen sowie vom Projektteam gesammelten lokalen Daten und Informationen wurde auch die Identifizierung von Vulnerabilitäten im Bezirk durchgeführt. Im Ergebnis konnten hohe Betroffenheiten von ⁠Hitzestress⁠, Gewitter und extremen Stürmen festgestellt werden. Die Bewertung der Vulnerabilitäten bildete die Grundlage für die Entwicklung eines Katalogs mit möglichen Anpassungsmaßnahmen.

Dringlichkeit und Priorisierung von Anpassungsbedarf 

Die Gemeinde hat bereits während der Projektlaufzeit erkannt, dass Klimaanpassung eine dringende Angelegenheit ist. Das Projekt konnte die Ziele der Gemeinde nach der Ausrufung des Klimanotstands mit einem konkreten Aktionsplan unterstützen. Durch eine ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠ und die Ergebnisse der mikroklimatischen Modellierungen konnten die Auswirkungen des Klimawandels vor Ort quantifiziert werden. So ist die Gemeinde nun in der Lage, die für eine effektive Anpassung notwendigen Aufgaben und Maßnahmen zu benennen.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Im Rahmen der Erstellung des Klimaanpassungskonzepts wurde ebenfalls ein fokussierter Aktionsplan für den IX. Bezirk in Budapest erstellt. In diesem werden Maßnahmenvorschläge zum Umgang mit den Themen Hitze und ⁠Starkregen⁠ in den städtischen Bereichen der Gesundheits- und Stadtplanung sowie dem Wassermanagement gemacht. Zusätzlich wurde im Projekt ein Handlungsleitfaden erstellt, welcher ungarische Stadtverwaltungen durch den Erstellungsprozess von Klimaanpassungskonzepten führt.

Zeithorizont
  • Gegenwart
  • 2021–2050 (nahe Zukunft)

Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Eines der Hauptziele des Projekts war die Erstellung eines Anpassungskonzeptes einschließlich Aktionsplans zur effektiven Anpassung an den Klimawandel im Pilotgebiet des Projekts, dem IX. Bezirk von Budapest. Die Bezirksverwaltung war sehr unterstützend und kooperativ in diesem Prozess. Sie hat die Projektergebnisse außerdem in die kurzfristigen Ziele der Gemeinde integriert. Das Projekt fügte sich gut in andere kommunale Aktivitäten ein, wie z.B. die Erstellung einer Klimastrategie und die Bekanntgabe des Klimanotstands.
Ein Katalog mit Klimaanpassungsmaßnahmen wurde vom Projektteam entwickelt. Dieser wurde mit den Vertretern der Gemeinde und einem Expertenteam diskutiert. Drei der Maßnahmen wurden detailliert im Rahmen des Aktionsplans ausgearbeitet.
Im Projektverlauf hat das Team für die ausgewählten Maßnahmen einen detaillierten Aktionsplan entwickelt, der die Inhalte und Schritte zur Umsetzung weiter ausarbeitet. Diese können von der Gemeinde direkt für die Umsetzung in den nächsten 1-3 Jahren nach Projektende verwendet werden.
Die Gemeinde ist entschlossen, diese Maßnahmen umzusetzen. Es ist daher auch ein offizieller Beschluss der Gemeindevertretung zum Anpassungskonzept und zum Aktionsplan im Zusammenhang mit der fertiggestellten Klimastrategie in der ersten Hälfte des Jahres 2021 geplant.

Kosten 

Der Aktionsplan liefert Informationen über notwendige Kompetenzen und erforderliche Budgets für die effektive Umsetzung für die drei ausgewählten Maßnahmen – Hitzeaktionsplan, Anpassung von Planungsinstrumenten und städtisches Regenwasser-Management. Enthalten sind indikative Informationen für die Gemeinde, um ein Gesamtbild über die Arten von Kompetenzen, Ressourcen und die Größenordnung der Kosten zu erhalten, die für die Planung erforderlich sind. Auch involvierte Akteure und die Zielgruppen der Maßnahmen werden benannt.

Rechtliche Aspekte 

Rechtliche Aspekte (zum Beispiel die Einhaltung von Vorgaben zur Anpassung von Planungsinstrumenten) wurden für jede der Maßnahmen im Aktionsplan berücksichtigt. Alle drei o.g. Maßnahmen erfordern auch die Anpassung der Gesetzgebung. Die nötigen rechtlichen Schritte im Prozess ihrer Umsetzung wurden analysiert und in den Beschreibungen der Maßnahmen hervorgehoben.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Beratungshilfeprogramm (BHP)für den Umweltschutz in den Staaten Mittel- und Osteuropas, des Kaukasus und Zentralasiens sowie weiteren an die EU angrenzenden Staaten – ein Programm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Projektleitung 

EPC PROJEKTGESELLSCHAFT FÜR KLIMA. NACHHALTIGKEIT. KOMMUNIKATION. mbH
(gemeinnützig)

Beteiligte/Partner 

 

  • TU Berlin
  • Organic Communications
  • Szent István University

 

Ansprechpartner

EPC gGmbH
Dr. Ulrich Eimer
info [at] e-p-c [dot] de

Energiaklub
Zsófia Pej
pej [at] energiaklub [dot] hu

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Handlungsfelder:
 Bevölkerungs- und Katastrophenschutz  Menschliche Gesundheit und Pflege  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft