Die weiten Täler der sandig-lehmigen Tieflandflüsse sind vom Menschen bevorzugte Flächen für Landwirtschaft und Siedlungen. Zur Entwässerung wurden die Flüsse begradigt, vertieft und aufgestaut. Aller, Ems und Spree sind zu Schifffahrtsstraßen umgestaltet worden. Fast alle Strecken sind zudem eingedeicht. Überflutungsflächen und die Verbindung von Fluss und Aue gingen so verloren. Der ursprüngliche Uferwald ist vielfach nicht mehr vorhanden oder auf einen schmalen Gehölzsaum reduziert. Von den Äckern können Nährstoffe und Pestizide ungehindert in die Flüsse gespült werden. Dies führt dazu, dass sich auf fast allen Strecken sandig-lehmiger Tieflandflüsse das Ziel der EG-Wasserrahmenrichtlinie – der gute ökologische Zustand – gegenwärtig nicht erreichen lässt. 21 Prozent dieser Strecken werden derzeit als „mäßig“ bewertet, 55 Prozent als „unbefriedigend“ und 22 Prozent als „schlecht“.
Thomas Holzmann, Vizepräsident des Umweltbundesamtes (UBA): „Viele Tieflandflüsse brauchen wieder mehr Fläche. Dann können sich dort naturnahe Lebensräume ausbilden. Wehre, Schleusen und Wasserkraftanlagen sind mittels Fischtreppen, Fischschutz und Fischabstiegshilfen ökologisch durchgängig zu machen. Das hilft Wanderfischen, wie Lachs, Aal und Barbe.“ Insbesondere bei den sandig-lehmigen Tieflandflüssen muss der Eintrag von Nährstoffen und Pestiziden aus der Landwirtschaft verringert werden. Vor allem aber müssen diejenigen Gewässerabschnitte, die noch in Ordnung sind, erhalten werden.
Rund 5.130 Kilometer (km) der insgesamt 127.000 km Fließgewässerstrecke in Deutschland sind sandig-lehmige Tieflandflüsse. Gewässer dieses Typs sind charakteristisch für die eiszeitlich geprägte norddeutsche Tiefebene. In sandigen Gebieten fließt er in flachen Mulden- oder breiten Sohlentälern und es bilden sich Prall- und Gleithänge aus. Fließt er durch Gebiete mit höheren Anteilen von Auelehm, sind seine Täler dagegen tief und kastenförmig. Sie wären ideal für Eisvogel, Steinbeißer, Wasserstern, die gebänderte Prachtlibelle und die Flussmuschel, falls die Flüsse noch naturnah wären.
Dessau-Roßlau, 22.03.2012