1. Halbjahr 2023: Weniger erneuerbarer Strom, aber Anteil steigt

Mann in Arbeitskleidung kontrolliert Klimaanlagenaggregate auf einem Hausdach mit Photovoltaikanlagezum Vergrößern anklicken
Erneuerbare Energien decken einen immer größeren Teil unseres Energiebedarfs
Quelle: NewSaetiew / Adobe Stock

Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energien entwickelten sich in den Sektoren im 1. Halbjahr 2023 unterschiedlich: In der Energiewirtschaft wurde trotz Anlagenzuwachs weniger erneuerbarer Strom erzeugt als im Vorjahr. Im Wärmesektor dagegen gab es ein deutliches Wachstum. Im Verkehr wurden in etwa so viele Biokraftstoffe wie im Vorjahr getankt, aber deutlich mehr erneuerbarer Strom eingesetzt.

Strom: Im ersten Halbjahr 2023 wurde trotz des verstärkten Zubaus neuer Photovoltaik- und Windenergieanlagen mit knapp 136 Terawattstunden (TWh) etwa ein Prozent weniger Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres (knapp 138 TWh). Etwas ungünstigere ⁠Witterung⁠ als im Vorjahreszeitraum sorgte sowohl bei der Photovoltaik (PV) als auch bei der Windstromproduktion für leichte Rückgänge, welche auch durch die neu hinzugebauten Anlagen nicht vollständig kompensiert werden konnten. Gleichzeitig wurde im aktuellen Jahr insgesamt deutlich weniger Strom nachgefragt – allein deshalb stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am ⁠Bruttostromverbrauch⁠ an. Nach ersten Schätzungen der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) lag der Anteil in den ersten sechs Monaten bei 52 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 betrug der Anteil noch 49 Prozent – im Gesamtjahr 2022 lag der entsprechende Wert bei 46 Prozent.

Es ist ein Erfolg, dass heute mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs in Deutschland durch Sonne, Wind und Co. gedeckt werden kann. Die Zahlen machen aber auch deutlich, dass insbesondere vor dem Hintergrund der erforderlichen Elektrifizierung der Wärmeversorgung und des Verkehrs der Ausbau der erneuerbaren Energien noch mehr Fahrt aufnehmen muss. Der derzeitige Anlagenzuwachs ist nicht ausreichend, auch wenn der starke Zubau an neuen PV-Anlagen in den letzten Wochen zunehmend zum Tragen kam: In den Monaten Mai und Juni 2023 wurden jeweils deutliche Spitzenwerte bei der PV-Stromproduktion registriert. Mit knapp 10 TWh Strom aus Photovoltaikanlagen wurde im Juni bilanziell etwa ein Viertel des gesamten Stromverbrauchs gedeckt. Über das gesamte erste Halbjahr 2023 trug allerdings weiterhin die Windstromerzeugung mit 51 Prozent den weitaus größten Anteil zur erneuerbaren Stromerzeugung bei. Die Photovoltaik folgt mit 23 Prozent, die Biomasseverstromung trug etwa 18 Prozent bei und die Stromerzeugung aus Wasserkraftanlagen sorgte für 8 Prozent des erneuerbaren Stroms.

Wärme: Im Bereich der erneuerbaren Wärme geht die Arbeitsgruppe für das aktuelle Jahr von einer positiven Entwicklung aus. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 stieg die aus erneuerbaren Quellen bereitgestellte Wärme um deutliche fünf Prozent. Da gleichzeitig Bevölkerung und Industrie weiter fossile Energieträger zur Wärmeerzeugung einsparen, kann von einem weiter steigenden Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmebereitstellung ausgegangen werden. Nach ersten Analysen stieg insbesondere der Einsatz fester ⁠Biomasse⁠ (Holz) in Haushalten und die durch Wärmepumpen nutzbar gemachte Umweltwärme. Trotz des starken Wachstums tragen Wärmepumpen bisher jedoch nur etwa 12 Prozent zur gesamten erneuerbaren Wärme bei, zwei Drittel werden noch immer durch die Nutzung von Holz bereitgestellt. Erneuerbare Wärme wird darüber hinaus aus flüssiger und gasförmiger Biomasse bereitgestellt (10 Prozent) sowie aus biogenem Abfall (6 Prozent) und Solarthermieanlagen (4 Prozent).

Verkehr: Die aktuell nur bis zum Ende des ersten Quartals 2023 vorliegenden Daten der amtlichen Mineralölstatistik sowie eigene Abschätzungen lassen erwarten, dass die Nutzung von erneuerbaren Energien im Verkehrssektor im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreshalbjahr leicht zugelegt hat.

Im ersten Halbjahr wurden gut 20 TWh aus erneuerbaren Quellen im Verkehr eingesetzt, dies ist ein Anstieg von etwa 3 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022. Von der im Verkehr eingesetzten erneuerbaren Energiemenge stammen etwa 83 Prozent aus Biokraftstoffen (16,8 TWh) und 17 Prozent aus erneuerbarem Strom (3,6 TWh). Während die Menge der eingesetzten Biokraftstoffe im ersten Halbjahr 2023 etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraum verblieb, stieg die Menge des eingesetzten erneuerbaren Stroms um 15 Prozent an. Die im Verkehr eingesetzte erneuerbare Strommenge von etwa 3,6 TWh entspricht dabei knapp drei Prozent des in Deutschland genutzten grünen Stroms und wird bisher vornehmlich (zu etwa 76 Prozent) im Schienenverkehr verwendet. Im ersten Halbjahr wuchs die Fahrzeugflotte rein batteriegetriebener PKW allerdings um etwa 284.000 (auf nunmehr insgesamt etwa 1,3 Million) Fahrzeuge an. 

Weitere Informationen: Die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) bilanziert im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und ⁠Klimaschutz⁠ (⁠BMWK⁠) die Nutzung der erneuerbaren Energien und erstellt kontinuierlich auf der Grundlage aktuell verfügbarer Daten Berichte zur Entwicklung der erneuerbaren Energien. Neben jährlich erscheinenden Publikationen veröffentlicht die AGEE-Stat auch regelmäßig Monats- und Quartalsberichte. Im aktuellen Quartalsbericht finden Sie weitere Grafiken zur aktuellen Entwicklung der erneuerbaren Energien im Jahr 2023.

Die Geschäftsstelle der AGEE-Stat befindet sich am Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau.

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