Seit 2017 gilt in Deutschland und der EU eine Berichtspflicht für bestimmte große Unternehmen. Die zugrundeliegende „CSR-Richtlinie“ (2014/95/EU) wird aktuell auf EU-Ebene umfassend überarbeitet. Nach dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission von April 2021 könnten in Deutschland künftig rund 15.000 und europaweit knapp 50.000 Unternehmen mehr Transparenz über nachhaltigkeitsbezogene Auswirkungen, Risiken und Chancen herstellen müssen. Damit die Unternehmen diese Informationen auch möglichst glaubwürdig und vergleichbar berichten, sind einheitliche Standards vorgesehen. Die EU-Kommission hat die „European Financial Reporting Advisory Group” (EFRAG) beauftragt, die Standards vorzubereiten. Eine Task Force erstellt aktuell - unter Beteiligung des Umweltbundesamts (UBA) - die ersten Entwürfe.
Vorschläge zu Standards für eine aussagekräftige Berichterstattung über Umweltthemen
Das UBA hat in der Studie „Empfehlungen für die Gestaltung von Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ Empfehlungen erarbeiten lassen, wie die Standards eine aussagekräftige Berichterstattung über Umweltthemen befördern können. Die Autor*innen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Arqum und des Fair Finance Institutes (FaFin) sehen drei wichtige Stellschrauben, die von EFRAG bei der Entwicklung der Standards berücksichtigt werden sollten:
- Umweltbezogene Ziele, Maßnahmen und Leistungsindikatoren in Zusammenhang bringen
Die Autor*innen schlagen konkrete Anforderungen an die Berichterstattung dieser Elemente vor und betonen, dass insbesondere deren Zusammenhang entscheidend für einen guten Bericht ist. Folglich müsse ersichtlich werden, wie Maßnahmen zur Zielerreichung beitragen und wie der Fortschritt im Zeitverlauf über Leistungsindikatoren gemessen wird. Dies sei in verpflichteten Nachhaltigkeitsberichten bislang noch ein Defizit. - Greenwashing bei der Berichterstattung über die Treibhausgasneutralität eines Unternehmens vermeiden
In der aktuellen Berichtspraxis über die Treibhausgasneutralität von Unternehmen wird häufig nur unzureichend Transparenz hergestellt. Unklar ist oft, auf welche Emissionen sich das Ziel bezieht und welche Rolle die freiwillige Kompensation von CO2-Emissionen bei der Zielerreichung spielt. Die Autor*innen empfehlen eine Orientierung der Berichtsstandards am „Corporate Net Zero Standard“ der Science-based target initiative (SBTi). Der Fokus des SBTi-Standards liegt auf der zügigen und weitgehend vollständigen Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Eine Anrechnung von Zertifikaten aus freiwilliger CO2-Kompensation ist nicht vorgesehen. - Kompatibilität mit den Nachhaltigkeitsberichtsanforderungen der Finanzbranche herstellen
Gemäß der europäischen Offenlegungsverordnung (EU) Nr. 2019/2088 müssen Finanzmarkteilnehmende über Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen berichten. Ein technischer Regulierungsstandard konkretisiert unter anderem die zu berichtenden Indikatoren über Umweltauswirkungen. Um sicherzustellen, dass Finanzmarktteilnehmenden die nötigen Informationen für ihre eigenen Berichtspflichten zur Verfügung stehen, empfehlen die Autor*innen die Indikatoren aus der Offenlegungsverordnung als Startpunkt für die Berichtsstandards und davon keine Ausnahmen („comply or explain“) zuzulassen.
Die Empfehlungen beruhen auf einer breit angelegten empirischen Untersuchung zur Klima- und Umweltberichterstattung deutscher Unternehmen, in der die CSR-Berichtspflicht für die Jahre 2018 und 2019 evaluiert wurde. Zusätzlich wurden weitere einschlägige Studien betrachtet und Interviews mit ausgewählten Expert*innen durchgeführt.
Auch auf internationaler Ebene gibt es Bestrebungen zu einheitlichen Nachhaltigkeitsberichtsstandards für Unternehmen. Die International Financial Reporting Standards (IFRS)-Stiftung hat am 3. November 2021 die Einrichtung eines International Sustainability Standards Board (ISSB) verkündet und Prototypen für einen Klimaberichtsstandard und generellen Nachhaltigkeitsberichtsstandard veröffentlicht. Die Standards des künftigen ISSB werden auf die Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen fokussieren, die aus finanzieller Sicht wesentlich sind. Die Berichtsstandards im Rahmen der europäischen CSR-Richtlinie sollen hingegen das Prinzip der „doppelten Wesentlichkeit“ verfolgen. Sie werden zusätzlich auch Transparenz über die wesentlichen Auswirkungen eines Unternehmens auf Mensch und Umwelt einfordern.