Häufig wird laut darüber nachgedacht, die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auslaufen zu lassen. Damit wären bestimmte Förderauflagen zum Umwelt- und Naturschutz nicht mehr relevant. Auch entfalten die Förderauflagen nur dann Wirkung, wenn landwirtschaftliche Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen sich entscheiden, eine Förderung zu beantragen. Unabhängig von eventuell geltenden Förderauflagen ist in jedem Fall das Ordnungsrecht einzuhalten. Doch wie ambitioniert ist das Ordnungsrecht im Vergleich zum Förderrecht in Hinblick auf Umweltbelange? Das haben Thünen-Institut und Umweltbundesamt aktuell in einem gemeinsamen Projekt untersucht.
Hintergrund des gemeinsamen Projektes von Thünen-Institut und UBA waren die häufig formulierten Überlegungen, die Direktzahlungen an die Landwirtschaft „auslaufen“ zu lassen. Damit wären bestimmte Förderauflagen zum Umwelt- und Naturschutz nicht mehr relevant. Auch entfalten die Förderauflagen nur dann eine Wirkung, wenn landwirtschaftliche Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen sich entscheiden, eine Förderung zu beantragen. Unabhängig von eventuell geltenden Förderauflagen ist auf jeden Fall das Ordnungsrecht einzuhalten. Doch wie ambitioniert ist das Ordnungsrecht im Vergleich zum Förderrecht in Hinblick auf Umweltbelange?
Dafür wurden die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ) – 1 (Erhaltung von Grünland), 2 (Mindestschutz von Feuchtgebieten und Mooren), 4 (Schaffung von Pufferstreifen an Wasserläufen) und 5 (Bodenbearbeitung zur Begrenzung Erosion) – näher betrachtet. Für diese liegen ordnungsrechtliche Regelungen auf Bundes- und Länderebene vor. In dieser Untersuchung nicht betrachtet wurden die GLÖZ-Standards 3 (Abbrennen von Stoppelfeldern), 6 (Bodenbedeckung in sensiblen Zeiten) und 7 (Fruchtwechsel). Der GLÖZ-Standard 3 ist in Deutschland für die landwirtschaftliche Praxis nicht relevant, da Stoppelfelder ohnehin nicht abgebrannt werden. Für die GLÖZ-Standards 6 und 7 liegen keine ordnungsrechtlichen Regelungen bzw. nur Regeln auf Bundesebene vor. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden bisher diejenigen GLÖZ-Standards, die vorwiegend den Schutz der biologischen Vielfalt und Landschaft adressieren (GLÖZ-Standards 8 und 9). Für diese steht ein solcher Vergleich noch aus.
Ambitionsniveau von Förder- und Ordnungsrecht ist je nach Gegenstand sehr unterschiedlich
Vergleicht man die GLÖZ-Standards mit dem einschlägigen Ordnungsrecht, so sind die Anforderungen, die zum Schutz der Umwelt in den GLÖZ-Standards 2 (Mindestschutz von Feuchtgebieten und Mooren) und 5 (Bodenbearbeitung zur Begrenzung von Erosion) formuliert wurden, deutlich höher als im Ordnungsrecht. Es entstehen also Regelungslücken, sollten die GLÖZ-Standards nicht mehr eingehalten werden (müssen). In Bezug auf den GLÖZ-Standard 1 (Schutz von Dauergrünland) ergibt sich ein differenziertes Bild: Die Umwandlung einer Dauergrünlandfläche in eine andere Nutzung ist im Ordnungsrecht als Eingriff definiert und entsprechend reglementiert.
Die Erneuerung oder Verbesserung einer Grasnarbe (Narbenerneuerungen) fallen in der Normallandschaft, also außerhalb von erosionsgefährdeten Hängen, Überschwemmungsgebieten, Standorten mit hohem Grundwasserstand und Moorstandorten, unter das Landwirtschaftsprivileg und sind ordnungsrechtlich meist erlaubt. Das Landwirtschaftsprivileg nimmt die landwirtschaftliche Bodennutzung von der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes aus, sofern die Grundsätze der guten fachlichen Praxis (gfP) angewendet werden.
Die Regelungen des Ordnungsrechtes zu Gewässerrandstreifen formulieren im Vergleich zum GLÖZ-Standard 4 (Schaffung von Pufferstreifen an Wasserläufen) in der Regel ein sogenanntes ambitioniertes Umweltschutzniveau. Daher ist nicht davon auszugehen, dass das Schutzniveau sinken würde, wenn die förderrechtlichen Bestimmungen zu Pufferstreifen wegfielen.
Inkongruenzen und mangelnde Abstimmung zwischen Förder- und Ordnungsrecht
Zwischen Förder- und Ordnungsrecht sowie zwischen verschiedenen ordnungsrechtlichen Regelungsbereichen bestehen eine Reihe von Inkongruenzen. Zudem ist die Abstimmung der Regelungen teilweise mangelhaft. Auch unterscheiden sich die Regelungen der Länder teils stark. Die Inkonsistenzen, die mangelhafte Abstimmung und die deutlichen Unterschiede zwischen den Ländern reduzieren die Übersichtlichkeit und somit die Anwendung in der Praxis. Ferner machen sie eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Länderregelungen fast unmöglich und stellen eine Herausforderung dar, wenn bundesweite Förderprogramme auf das entsprechende Ordnungsrecht abgestimmt werden müssen. Die unterschiedlichen Regelungen (Inhalte, Kontrollen, Sanktionen und bürokratische Anforderungen) führen somit zu einer „Wettbewerbsverzerrung“ zwischen den Bundesländern.
Vor diesem Hintergrund geben die Autorinnen und Autoren Empfehlungen, wie das Ordnungsrecht angepasst werden könnte. So schlagen sie vor, dass im Ordnungsrecht die Fünf-Jahresregelung zur Definition von Dauergrünland in eine Stichtagsregelung überführt wird, wie dies im Förderrecht bereits weitestgehend erfolgt ist. In Bezug auf den Schutz von Feuchtgebieten und Mooren vor Entwässerungen sollte im Rahmen des Ordnungsrechtes die Genehmigungspraxis von Eingriffen eingeschränkt werden. Hinsichtlich des Erosionsschutzes sollte das Ordnungsrecht um die mögliche Umsetzung vorbeugender Maßnahmen erweitert werden.
Die Studie „Vergleich der Regelungen der GLÖZ-Standards und des Ordnungsrechtes in Deutschland – Mögliche Regelungslücken bei einer nicht mehr flächendeckenden Anwendung bzw. Wegfall der GLÖZ-Standards?“ ist über die Website des Thünen-Instituts abrufbar.
Hintergrund zur Methodik
Für die Studie wurden Gesetze, Verordnungen sowie gerichtliche Auslegungen bezüglich der in den GLÖZ-Standards 1, 2, 4 und 5 thematisierten Aspekte sowohl des Förder- als auch des Ordnungsrechtes zusammengestellt und ausgewertet. Berücksichtigt wurde der Stand der Regelungen bis Ende 2023. Dabei wurde sowohl die Bundes- als auch Landesebene berücksichtigt. Die Ergebnisse sind in zwei Veröffentlichungen, die unabhängig voneinander gelesen werden können, dargestellt. Der erste Text stellt die förder- und ordnungsrechtlichen Bestimmungen sehr detailliert aus juristischer Perspektive dar und geht dabei auch auf länderspezifische Regelungen ein („Vergleich der aus den GLÖZ 1, GLÖZ 2, GLÖZ 4 und GLÖZ 5 resultierenden Umweltschutzanforderungen mit dem geltenden Ordnungsrecht“).
Der zweite Text basiert auf dem ersten, fasst diesen teils zusammen und betrachtet die Aspekte verstärkt aus einer agrar- und umweltschutzfachlichen Perspektive. Des Weiteren werden eine Reihe von Handlungsempfehlungen formuliert („Vergleich der Regelungen der GLÖZ-Standards und des Ordnungsrechtes in Deutschland – Mögliche Regelungslücken bei einer nicht mehr flächendeckenden Anwendung bzw. Wegfall der GLÖZ-Standards?“).