Abwasserverordnung (AbwV)
Was regelt die Abwasserverordnung?
In der Abwasserverordnung (AbwV) sind Anforderungen für das Einleiten von Abwasser in Gewässer für derzeit insgesamt 53 Herkunftsbereiche (Kommunalabwasser sowie 52 Industrie- und Gewerbebranchen) festgelegt. Einleitungen in Gewässer sind nur dann erlaubt, wenn sie dem in der AbwV beschriebenen Stand der Technik entsprechen. Die Emissionswerte, also die maximal zulässigen Konzentrationen bestimmter Schadstoffe im Abwasser, sind als Mindestanforderungen zu verstehen, das heißt, aus Gründen der Gewässerqualität können darüberhinausgehende Anforderungen in Erlaubnissen vorgeschrieben werden. Für Einleitungen aus Anlagen, die der Industrieemissions-Richtlinie unterliegen, sind die in den Anhängen der Abwasserverordnung entsprechend gekennzeichneten Emissionsgrenzwerte direkt vom Einleiter einzuhalten. In allen anderen Fällen sind die Emissionswerte der Abwasserverordnung bei der Erteilung einer wasserrechtlichen Zulassung für das Einleiten von Abwasser festzusetzen.
Wie ist die Abwasserverordnung aufgebaut?
Die AbwV gliedert sich in folgende Abschnitte:
- Verordnungstext: Dieser enthält allgemeine Bestimmungen, die bei allen unter die AbwV fallenden Einleitungen zu beachten sind (Begriffsbestimmungen, allgemeine Anforderungen, Analysen- und Messverfahren, Bezugspunkte der Anforderungen, Einhaltung der Anforderungen)
- Anlage 1 zu § 4 Absatz 1 Satz 1 und 2: Analyse- und Messverfahren
- Anlage 2 zu § 3: Inhalt betrieblicher Dokumentationen (Vorgaben zum Aufbau und Inhalt eines Betrieblichen Abwasserkatasters, eines Betriebstagebuches oder eines Jahresberichtes)
- Anhänge mit branchenspezifischen Anforderungen, jeweils gegliedert in die Teile:
- A Anwendungsbereich
- B Allgemeine Anforderungen
- C Anforderungen an das Abwasser für die Einleitungsstelle (Direkteinleitung)
- D Anforderungen an das Abwasser vor Vermischung (Indirekteinleitung)
- E Anforderungen an das Abwasser für den Ort des Anfalls (Teilstrombehandlung)
- F Anforderungen für vorhandene Einleitungen
- G Abfallrechtliche Anforderungen
- H Betreiberpflichten
Anhang 1 zur AbwV gilt für häusliches und kommunales Abwasser, die anderen Anhänge betreffen einzelne Branchen des Gewerbes und der Industrie.
Hinweise und Erläuterungen zu den Anhängen mit branchenspezifischen Vorgaben
Für den Großteil der Anhänge bestehen Hinweise und Erläuterungen (sog. Hintergrundpapiere), herausgegeben vom Bundesumweltministerium und der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, in denen der technische Hintergrund der jeweiligen Anhänge der AbwV dargestellt und die Anforderungen an Abwassereinleitungen nach dem Stand der Technik erläutert werden. Diese Papiere werden von Bund-Länder-Arbeitsgruppen zu den jeweiligen Anhängen der Abwasserverordnung unter fachlicher Begleitung des Umweltbundesamtes erarbeitet. Diese Papiere werden hier als Informationsquelle für Behörden, Betreiber und die interessierte Öffentlichkeit bereitgestellt.
Die Anhänge der AbwV, die sich an Abwasserarten bzw. Branchen orientieren, enthalten konkrete Vermeidungs- und Behandlungsmaßnahmen als Mindestanforderungen für das Einleiten von Abwasser in Gewässer. Seit der Änderung der Abwasserverordnung vom 2. September 2014 (und zuletzt durch die 10. Novelle der AbwV vom 10. Juni 2020), enthalten die jeweils aktualisierten Anhänge der AbwV auch alle Vorgaben zu den (ab-)wasserbezogenen besten verfügbaren Techniken (BVT), die von der EU-Kommission veröffentlicht werden. Einleitungserlaubnisse werden nur erteilt, wenn der Abwassereinleiter die in dem einschlägigen Anhang der AbwV beschriebenen Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Abwasseremissionen nach dem Stand der Technik durchführt. Während der Prüfung eines Antrags für eine Einleitungserlaubnis wird der abwassereinleitende Betrieb von der zuständigen Behörde ganzheitlich analysiert und bewertet. Branchenspezifische Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können identifiziert und angeordnet werden. Insbesondere für gefährliche Stoffe (z.B. Cadmium, Quecksilber) können Anforderungen auch vor der Vermischung mit anderem Abwasser im Teilstrom oder an der Übergabestelle in das öffentliche Kanalnetz (Indirekteinleiter) festgelegt werden. Durch den Branchenbezug (z.B. Metall-, Textilindustrie, Lebensmittel-, Papierherstellung) und durch eine Auswahl der zu begrenzenden Parameter kann der Mess- und Überwachungsaufwand in Grenzen gehalten werden. Bei der Auswahl der Parameter stützt sich der Verordnungsgeber vor allem auf Leit- bzw. Summenparameter, zum Beispiel:
- Organisch gebundener Kohlenstoff, gesamt (TOC),
- Gesamter gebundener Stickstoff (TNb),
- Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5),
- Abfiltrierbare Stoffe, (AfS) und
- Adsorbierbare organisch gebundene Halogene (AOX)
sowie auf Wirkparameter (also Biotest z.B. mittels Fischeiern, Daphnien, Wasserlinsen, Leuchtbakterien), Dem Branchen- oder Abwasserarten-Gedanken folgend werden für Einleiter in der Regel also nicht Anforderungen an bestimmte Einzelstoffe festgelegt, sondern Abwasserherkunftsbereiche oder Branchen bestimmt, für deren Einleitung in Gewässer der Stand der Technik (was materiell den europäischen BVT entspricht) angewendet werden muss.
Die europäischen Anforderungen an Abwassereinleitungen nach den BVT sind in den BVT-Schlussfolgerungen (BVT-S) und – nach der Aktualisierung – in den korrespondierenden Anhängen der AbwV festgelegt. Das heißt, jede Veröffentlichung einer neuen BVT-Schlussfolgerung im EU-Amtsblatt löst eine Änderung der AbwV aus („kleine“ Novelle der AbwV).