Biotechnik
Was ist industrielle Biotechnik? Worin unterschiedet sie sich zur blauen, grünen, roten und braunen Biotechnik? Welche Vorteile hat sie?
Was ist industrielle Biotechnik? Worin unterschiedet sie sich zur blauen, grünen, roten und braunen Biotechnik? Welche Vorteile hat sie?
Die industrielle Biotechnik, auch weiße Biotechnik genannt, grenzt sich gegen die Meeresbiotechnik (blaue), die landwirtschaftliche Biotechnik (grüne), die medizinische Biotechnik (rote) sowie die Umweltbiotechnik (braune) ab. In der industriellen Biotechnik werden unter Einsatz von Biokatalysatoren – meist Mikroorganismen oder isolierte Enzyme – (Fein-)Chemikalien, Wirkstoffe, neue Materialien und Energieträger aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Derzeit sind in Deutschland in der chemischen Industrie 37.000 bis 56.000 Beschäftigte in der Biotechnik tätig. 58 Unternehmen (10% der Biotechnikunternehmen) sind in Deutschland in der industriellen Biotechnik aktiv. Sie stellen die Entwicklung von technischen Enzymen, neuen Biomaterialien oder biotechnischen Produktionsprozessen als ihr Hauptbetätigungsfeld dar. Der Umsatz der industriellen Biotechnik liegt in Deutschland bei über 2,6 Milliarden Euro (2011). Weltweit beträgt derzeit der Anteil von biotechnischen Produkten und Verfahren in der chemischen Industrie etwa fünf Prozent. Bis zum Jahr 2025 wird ein Anstieg auf zehn bis 20 Prozent erwartet.
Aus der Sicht des Umweltschutzes hat die industrielle Biotechnik gegenüber herkömmlichen chemischen Verfahren eine Reihe möglicher Vorteile. Der Einsatz von Mikroorganismen, auch gentechnisch veränderten, und Enzymen in geschlossenen Anlagen kann chemische Industrieverfahren energie- und emissionsärmer gestalten. Fossile lassen sich durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen. Allerdings stehen in biotechnischen Verfahren diesen Chancen auch potenzielle Risiken für Mensch und Umwelt gegenüber. Chancen und Risiken müssen daher identifiziert und abgewogen werden.
Das UBA bewertet innovative Produktionsverfahren wie die industrielle Biotechnik hinsichtlich ihrer Umweltfreundlichkeit und bringt sie in den „Sevilla-Prozess ” zur Feststellung des Standes der Technik in der chemischen Industrie ein. Die chemische Industrie sucht zusammen mit dem UBA nach Wegen, die Nachhaltigkeit in der chemischen Produktion auch mit Hilfe biotechnischer Verfahren zu verbessern.
Bislang ist der Einsatz der weißen Biotechnik in der Industrie noch auf wenige Verfahren (zum Beispiel Acrylamid, Vitamin B2, Aminosäuren, Milchsäure, Zitronensäure) beschränkt. Es gilt, Hemmnisse für die Nutzung biotechnischer Produktionsverfahren abzubauen und spezifische Maßnahmen zur Förderung biotechnischer Verfahren zu ergreifen. Nur so können die Potenziale der Biotechnik genutzt werden. Ein zentraler Punkt ist hier die Kommunikation mit der Industrie: Sie muss über die Möglichkeiten der Biotechnik informiert werden.