Umstellung einer Nachtspeicherheizung auf Luft-Wasser-Wärmepumpe in 3-Familienhaus nahe Pforzheim

Bei einer Nachtspeicherheizung fehlt die Heizinfrastruktur. Es wurde eine Lösung gesucht, wie im bewohnten Gebäude eine Heizungsumstellung ohne große Baumaßnahmen im Gebäude realisiert werden kann.

Angaben zum Projekt

Die immer teurer werdende Nachtspeicherheizung sollte auf eine preiswertere Heizung umgestellt werden. Vorhanden ist in dem Dreifamilien-Gebäude von 1976 ein ungenutzter Heizungskeller. Mit einer Vollkostenbetrachtung über 20 Jahre wurde untersucht, welche möglichst klimaneutrale Heizungstechnik sich am besten und ökonomischsten realisieren lässt. Bei Einbindung einer PV-Anlage war dies eine Wärmepumpenheizung.

Für die Umsetzung wurde auch eine Außenwandaktivierung (Wandheizung) betrachtet, da dafür im Gebäude keine Heizungsinfrastruktur zu erstellen ist. Aufgrund der bereits vorhandenen 5 cm Styropordämmung wurde diese Idee verworfen. Daraus übernommen wurde die Verlegung der Heizungsrohre an der Außenwand, innerhalb einer neuen, ökologischen Außenwanddämmung. Durch die zusätzliche Dämmung reduzierte sich der spezifische Wärmebedarf von 138 auf 75 kWh/(m²a), womit sich eine Wärmepumpe effizient (JAZ > 3, Endenergie: 25 kWh/m²a) mit NT-Heizkörpern in den alten Heizkörpernischen betreiben lässt. Diese Heizkörper konnten ohne große Baumaßnahmen im Gebäude an das außen liegende Heizverteilungssystem angeschlossen werden, wodurch die Belästigung von chronisch erkrankten Mietern minimiert wurde. Aufgrund der Lage in einem Wasserschutzgebiet kam nur eine Luft-Wasser-Wärmepumpe infrage. Da wir kein Split-Außengerät wollten, fiel die Wahl auf eine effiziente Monoblock-Wärmepumpe im Heizungskeller mit zwei großen Luftkanälen durch zwei Außenwände. Um das mit der Energieberaterin besprochene Effizienzhaus 85 zu erreichen, musste die komplexe Terrassenstruktur in einen Wintergarten umgestaltet werden. Dabei konnte die in 2005 sanierte Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung beibehalten werden. Zur Reduktion der Heizkosten wurde eine zweite 4,4 kWp PV-Anlage mit Eigenstromnutzung auf den Garagen geplant. Die Sanierung begann im Mai 2019 und die Heizung konnte im September 2019 in Betrieb genommen werden. Die EH85-Sanierung wurde im April 2020 erfolgreich abgeschlossen.

Projekteinreichende*r Dr. Bernd Gewiese
Kooperationspartner Birgit Groh (Energieberaterin)
Fa. Günthner Heizungstechnik
Fleger GmbH Fassadenbau

Eckdaten Gebäude

PLZ Gebäudestandort 75334
Ort Gebäudestandort Straubenhardt
Gebäudeart Mehrfamilienhaus
Baujahr 1946-1976
Sanierungsstand Altbau teilsaniert
Beheizte Fäche 320 m²

Wärmeversorgung vor Einbau Wärmepumpe

Heizungsart alt Nachtspeicheröfen
Art Brauchwassererwärmung Dezentral, elektrisch
Art der Raumwärmeübergabe Heizkörper
Energieverbrauch 44.800 kWh pro Jahr
Spezifischer Heizenergieverbrauch 140 kWh/m²a

Herausforderungen

Die von mir durchgeführte Vollkostenanalyse für den Ersatz der Nachtspeicherheizung durch eine neue Heizung ergab, dass eine Luft-Wärmepumpe eine sinnvolle Lösung darstellt. Die schwierigste Aufgabe war die Umsetzung der neuen Heizungsinfrastruktur im bewohnten Gebäude.

Die Empfehlungen von Handwerkern beruhten auf Standardlösungen, die uns nicht so recht gefielen. Ein VDI-Vortrag zur Außenwandaktivierung in Verbindung mit einer Wärmepumpe inspirierte mich dazu, das vorgestellte Gebäude bei Frankfurt zu besichtigen, wobei die Vor- und Nachteile einer Außenwandaktivierung erläutert wurden. Dabei wurde mir bewusst, dass in meinem Haus dafür die vorhandene Styropor-Dämmung entfernt werden müsste. Da dies aufwendig und Ressourcen verschwendend ist, wurde nur die Idee der Verlegung der neuen Heizleitungen an der Außenwand übernommen.

Nachdem dieses Konzept auch von der Energieberaterin positiv bewertet wurde, galt es Angebote einzuholen für die Wärmepumpe sowie die ökologische Fassadendämmung mit einer Vorwandfassade und Holzfasereinblasdämmung.

Eine weitere Herausforderung bestand in der Sicherstellung eines zwischen allen Beteiligten gut abgestimmten Sanierungsablaufs. Nach der Förderantragsstellung bei der BAFA war ein erster protokollierter Jour Fix mit den beauftragten Handwerkern der wichtigste Startpunkt, um eine zügige und abgestimmte Sanierung zu erreichen. Diese Aufgabe wurde von mir selbst durchgeführt. So hatte ich alle Gewerke und Ziele immer im Blick, wodurch ein reibungsloser Sanierungsablauf sichergestellt werden konnte.

Wichtig dafür waren auch die nahezu täglichen Gespräche mit den Handwerkern bei Kaffee und Kuchen, um eine gute Stimmung auf der Baustelle sicherzustellen. Rückblickend lässt sich festhalten, dass die umfassende Analyse, Planung der Gesamtsanierung und die Baubegleitung trotz der unvorhersehbaren Sonderaufgaben (Sanierung der Garagendächer) die wichtigste Voraussetzung für eine fast reibungslose Sanierung waren.

Lösungsansatz

Für Entscheidungen und unvorhersehbare Probleme auf der Baustelle war es wichtig, dass ich immer morgens oder abends als Ansprechpartner zur Verfügung stand. Hilfreich war auch die Bekanntschaft der lokalen Handwerker untereinander, die so in Eigenverantwortung protokollierte Jour-Fix-Aufgaben abarbeiten konnten. Größere, unvorhergesehene Aufgaben, wie die Garagendachsanierung, mussten durch Zusatzangebote gelöst werden.

Die täglich durchgeführten Arbeiten wurden von mir mit Fotos protokolliert. So konnten sehr einfach und ohne Verzögerung Arbeiten korrigiert werden, wenn dies notwendig war. Nur durch eine solche engmaschige, eigenverantwortliche Baubegleitung lassen sich die Sanierungskosten minimieren.

Erfahrungen und Ausblick

Rückblickend erfolgte die Sanierung im Großen und Ganzen wie geplant. Die mit den Angeboten geplanten Kosten von 677 €/m² Wohnfläche stiegen bis zum Abschluss auf 822 €/m². Nach Abzug der Förderung entstanden Kosten von 672 €/m², was der Planung entspricht (für Preise von 2019/20).

Das Ziel, dass durch die seit 2005 vorhandene 6 kWp PVA und die neue 4,4 kWp PVA über das Jahr mehr PV-Strom erzeugt, als Strom für die Wärmepumpe benötigt wird, wurde erreicht. Durch die Eigenstromnutzung und Verrechnung mit der EEG-Vergütung für den eingespeisten PV-Strom konnten die Heizkosten von vor der Sanierung von 33,12 €/m² um 83% auf 5,74 €/m² (in 2020) nach Sanierung reduziert werden. Dadurch konnte die Warmmiete, trotz der Umlage der Sanierungskosten auf die Grundmiete, um durchschnittlich 10% gesenkt werden. Mit den 2023 stark gestiegen Energiekosten hat sich dieser Preisvorteil noch verstärkt.

Seit Inbetriebnahme erfolgt für die Wärmepumpe ein monatliches Monitoring für Stromverbrauch, Wärmeerzeugung, Verdichter-Starts und -Betriebsstunden. Damit lässt sich eine monatliche Arbeitszahl ermitteln. Weicht diese von den mehrjährigen Mittelwerten entscheidend ab, kann ein Fehler in der WP vorliegen. Durch eine Optimierung der WP-Einstellung für die Reglerdynamik konnte die System-Arbeitszahl nochmals um rund 10% auf 3,5 gesteigert werden.

Tipps für Dritte

Bei der Umstellung der Heizung auf eine Wärmepumpe ist eine möglichst niedrige Heiz-Vorlauftemperatur am wichtigsten, um eine hohe Effizienz zu erreichen. Unabhängig davon, ob eine Flächenheizung oder Heizkörper vorliegen, sollte eine Wärmepumpe mit der Effizienzklasse A+++ gekauft werden. Um Wärmepumpen zu finden, die diese Anforderungen erfüllen, empfiehlt sich ein Besuch der Wärmepumpen-Datenbank www.produktdatenbank-get.at.

Heutige Wärmepumpen sollten möglichst mit klimaschonenden Kühlmitteln wie R290 (Propan) ausgerüstet sein, damit eine um 5% höhere Förderung (Stand April 2024) beantragt werden kann.

Wird die Warmwassererzeugung im Sommer mit Solarthermie oder PV-Überstrom realisiert, kann die WP vollständig ausgeschaltet werden, wodurch die Jahresarbeitszahl nochmals gesteigert werden kann.

Bei modernen Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Heizkörpern sollte eine Systemarbeitszahl (Messung über Wärmemengenzähler und Stromzähler) von größer 3,5 und eine Verdichter-Jahresarbeitszahl von größer 4,0 erreicht werden.

Um eine Sanierung möglichst reibungsfrei umsetzen, ist eine genaue Planung der einzelnen Arbeitsschritte zwingend notwendig.

Steckbrief Wärmepumpe

Datum Inbetriebnahme der Wärmepumpe
Dauer der Umsetzung 6 Monate Gebäudeanalyse und Konzeptplanung. 3 Monate für Energieberatung, Förderungsantrag, Planung mit Handwerkern. 5 Monate Einbau der WP bis Inbetriebnahme. 6 Monate Gebäudehüllendämmung und Putzarbeiten. 6 Monate Wintergarten, PVA Installation und Garten Rekultivierung.
Wärmequelle
  • Außenluft
Thermische Leistung 10 kW
Elektrische Leistung 3 kW
JAZ laut Planung 3,4
Saisonale Leistungszahl SCOP 3,86
Maßnahmen Heizsystem
  • Hydraulischer Abgleich
  • Heizkörpertausch
  • Pufferspeicher
  • Frischwasserstation
  • Sonstiges (siehe Erläuterungen)
Erläuterungen zum Heizsystem Erstellung Heizungsinfrastruktur
Bauliche Maßnahmen
  • Dämmung oberste Geschoßdecke / Kellerdecke
  • Dämmung Außenwände
  • Sonstiges (siehe Erläuterungen)
Erläuterungen bauliche Maßnahmen Wintergarten und 4,4 kWp PV-Anlage. Durch diese PV mit Eigenstromnutzung ohne Batterie konnten die Heizkosten für 2023 von 9,15 €/(m²a) um ca. 20 % auf 7,31 €/(m²a) reduziert werden.

Betriebsdaten Wärmepumpe

Vorlauftemperatur (neu) 50°C bei Außentemperatur -20 °C
Stromverbrauch Wärmepumpe 5.962 kWh pro Jahr
JAZ Wärmepumpe 3,15
Erläuterungen Die Heiz- und Warmwasserwärme wird über Wärmemengenzähler gemessen, der Stromverbrauch über einen Zwischenzähler für alle Komponenten der Wärmepumpe. Die JAZ wurde berechnet und beinhaltet die Stromaufnahme von: Wärmepumpe, Wärmequelle, Heizstab, Heizkreis- und Trinkwarmwasserpumpe. Zudem werden die Speicherverluste berücksichtigt.

Kosten

Kosten Wärmepumpe (inkl. Einbau):
21.800 €
Gesamtkosten (inkl. begleitender Maßnahmen):
239.700 €
Fördermittel:
47.700 €

Weiterführende Links

Kontaktdaten

Dr. Bernd Gewiese
Deutschland
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