WGK-Einstufung

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Online Datenbank Rigoletto für die Suche nach Stoffeinstufungen in WGK.
Quelle: Umweltbundesamt

Alle bisher in eine Wassergefährdungsklasse, bzw. als „nicht wassergefährdend“ oder „allgemein wassergefährdend“ eingestuften Stoffe können in der online-Datenbank Rigoletto des Umweltbundesamtes recherchiert werden.

Die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) verpflichtet die Betreiber von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, die von ihnen verwendeten Stoffe und Gemische in eine Wassergefährdungsklasse (WGK) einzustufen.

Die Kriterien, nach denen die wassergefährdenden Stoffe und Gemische entsprechend ihrer Gefährlichkeit in die WGK 1, 2 oder 3 bzw. als nicht wassergefährdend (nwg) eingestuft werden (sofern sie nicht als allgemein wassergefährdend (awg) gelten), finden sich in der Anlage 1 der AwSV.

Grundlage für die Einstufung sind wissenschaftliche Prüfungen an dem jeweiligen ⁠Stoff⁠. Lediglich für den log Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (log Kow) kann auch ein berechneter Wert zugrunde gelegt werden. Wie die Erhebung der Daten zu erfolgen hat, ist in der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zur Festlegung von Prüfmethoden (mit entsprechenden Verordnungen zu deren Änderung) festgelegt. Wurden aus diesen wissenschaftlichen Prüfungen für den jeweiligen Stoff Gefahrenhinweise gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (⁠CLP⁠-Verordnung) abgeleitet, werden diesen Gefahrenhinweisen entsprechende Bewertungspunkte zugeordnet. Je giftiger ein Stoff ist, desto mehr Punkte werden zugeordnet.

Der Basisdatensatz besteht dabei aus den vier Gefährlichkeitsmerkmalen:

i. Akute orale oder dermale Säugetiertoxizität
ii. Akute aquatische Toxizität
iii. Biologische Abbaubarkeit
iv. Bioakkumulationspotential

Für die Bewertung als „nicht wassergefährdend“ sind weitere Daten erforderlich (Anlage 2 AwSV).

Grundsätzlich gibt es zwei Wege die Daten des Basisdatensatzes nachzuweisen: i) der Stoff ist mit einem entsprechenden Gefahrenhinweis eingestuft (Legaleinstufung nach den Anhängen I, II und VI der CLP-Verordnung) oder ii) entsprechende Untersuchungen wurden durchgeführt und sind dem Einstufer bekannt. Ist einem Stoff nach der CLP-Verordnung ein bestimmter Gefahrenhinweis bezüglich des Basisdatensatzes nicht zugeordnet, bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass der Stoff dieses Gefährlichkeitsmerkmal nicht aufweist. Es kann auch sein, dass keine entsprechende Untersuchung durchgeführt wurde. Um dem im Wasserhaushaltsgesetz verankerten Besorgnisgrundsatz zu genügen, wird deshalb bei der WGK-Einstufung folgendermaßen vorgegangen:  Liegen keine Gefahrenhinweise und keine Prüfergebnisse zur Gewässergefährdung oder Säugetiertoxizität eines Stoffes vor, wird vorsorglich die höchste Toxizität (bzw. vorhandenes Bioakkumulationspotential sowie fehlende leichte biologische Abbaubarkeit) unterstellt und die entsprechenden Punkte werden als Vorsorgepunkte vergeben. In diesem Zusammenhang gelten Stoffe ohne veröffentlichte WGK-Einstufung als stark wassergefährdend (WGK 3).

Weitere gefährdungsbestimmende Merkmale, die über den Basisdatensatz hinaus zur Vergabe von Bewertungspunkten führen, sind in der Anlage 1 der AwSV näher erläutert.

Aufgaben des Anlagenbetreibers

Der Anlagenbetreiber ist verpflichtet, alle Stoffe und Gemische, mit denen in seinen Anlagen umgegangen wird, zu bewerten sowie selbständig in eine der drei Wassergefährdungsklassen oder als nicht wassergefährdend einzustufen und zu dokumentieren. Der Anlagenbetreiber ist von dieser Pflicht entbunden, wenn er die Stoffe und Gemische unabhängig von ihren Eigenschaften als stark wassergefährdend betrachtet.

Die Einstufungen der Stoffe müssen mit dem ausgefüllten und unterschriebenen Dokumentationsformblatt 1 beim Umweltbundesamt eingereicht werden, um die Veröffentlichung im Bundesanzeiger zu beantragen. Hingegen sind die Einstufungen von Gemischen nicht dem Umweltbundesamt, sondern der zuständigen Vollzugsbehörde der Bundesländer vorzulegen.

Stoffe, Stoffgruppen und Gemische, die bereits im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, gelten als rechtsverbindlich eingestuft. Ungeachtet dessen ist jeder Betreiber verpflichtet, wenn ihm wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die zu einer Änderung der veröffentlichten Einstufung führen, diese gegenüber dem Umweltbundesamt unverzüglich schriftlich zu dokumentieren.

Aufgaben des Umweltbundesamtes

Das Umweltbundesamt überprüft und bescheidet die eingereichten Einstufungsdokumentationen. Hierfür werden die eingereichten Einstufungsdokumentationen vom Umweltbundesamt hinsichtlich Vollständigkeit und Plausibilität überprüft. Dazu werden auch frei verfügbare Stoffinformationen herangezogen. Darüber hinaus kann das Umweltbundesamt aus den Dokumentationen Stichproben ziehen, für die der Antragsteller die vorhandenen Einstufungsgrundlagen und Prüfberichte vorlegen muss.

Im Einzelfall kann durch das Umweltbundesamt die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe (KBwS) zur Beratung hinzugezogen werden.

Die endgültige Einstufungsentscheidung trifft das Umweltbundesamt, bescheidet sie dem Antragsteller und veröffentlicht die rechtsverbindliche Einstufung unter Wahrung der Widerspruchsfristen im Bundesanzeiger und im Internet.

Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe (KBwS)

Die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe ist ein unabhängiges Fachgremium, für welches das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (⁠BMUB⁠) kompetente Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Anlagenbetreibern und Behörden beruft.

Die Kommission berät das BMUB und das Umweltbundesamt in Fragen der WGK-Stoffeinstufung.

Stoffidentität

Für die Dokumentation von Stoffen ist eine eindeutige chemische Stoffbezeichnung sowie Identitätsnummer erforderlich. Eine Einstufung ohne EG- oder CAS-Nr. ist nach AwSV nicht möglich. Ausnahmen hiervon gibt es nur für Polymere. Auch ist eine Einstufung von Stoffen und Gemischen allein anhand des Handelsnamens nicht möglich.

Polymere

Auch für die Dokumentation von Polymeren und Oligomeren muss eine eindeutige Identifikation gewährleistet sein. Dafür sind die folgenden Mindestangaben erforderlich:

  • mittlere Molmasse und Molekularbereich, für den die Einstufung gültig sein soll,
  • Restmonomerengehalt, wenn dieser oberhalb eines Massenanteils von 0,2 % liegt,
  • Gehalt und Identität von Additiven und Verunreinigungen, wenn ihr Gehalt oberhalb eines Massenanteils von 0,2 % liegt, und
  • Gehalt und Identität von krebserzeugenden Stoffen, wenn ihr Gehalt oberhalb eines Massenanteils von 0,1 % liegt.

Stoffgruppen

Stoffe können vom Umweltbundesamt aufgrund ihrer gemeinsamen Funktions-, Wirk- oder Strukturmerkmale in Stoffgruppen zusammengefasst und als solche eingestuft werden. Sofern in unserer Datenbank Rigoletto unter einer Gruppeneinstufung zusätzlich Stoffe, d.h. Mitglieder dieser Gruppe, aufgeführt sind, ist dies eine beispielhafte Aufzählung, die in aller Regel nicht vollständig ist. Eine Veröffentlichung der Stoffe von Gruppeneinstufungen im Bundesanzeiger erfolgt nicht, da diese durch die Veröffentlichung der Gruppeneinstufung selbst bereits als eingestuft gelten. Daher können Anlagenbetreiber, die mit nicht namentlich genannten Stoffen einer Gruppe umgehen, diese eigenverantwortlich unter der Gruppeneinstufung subsumieren. Unter der Voraussetzung, dass für diese Stoffe keine Eigenschaften bekannt sind, die zu einer abweichenden WGK führen, muss keine Selbsteinstufungsdokumentation beim Umweltbundesamt erfolgen.
Bei der Einstufung neuer Gruppen ist die verfügbare Datenbasis für alle Stoffe der Gruppe anzugeben.

Analogien

Eine WGK-Einstufung auf der Grundlage von analogen Stoffbewertungen ist in der AwSV nicht vorgesehen. Aus Tierschutzgründen ist es aber geboten, experimentelle Untersuchungen an Versuchstieren auf ein notwendiges Minimum zu beschränken.

Daher ist in begründeten Einzelfällen eine Analogieeinstufung zu strukturell ähnlichen Stoffen möglich, wenn für den Stoff keine ausreichenden Prüfdaten hinsichtlich der Gewässergefährdung oder Säugetiertoxizität vorliegen. Diese Möglichkeit stellt jedoch einen eng begrenzten Ausnahme- und nicht den Regelfall dar.

Voraussetzung für eine solche Analogieeinstufung ist die Einreichung einer Analogiebegründung, welche u. a. die strukturelle Ähnlichkeit des Stoffes zum Analogon aufzeigt und die Übertragbarkeit der Daten plausibel begründet. Diese strukturelle Ähnlichkeit ist beispielsweise gegeben durch eine Ionen-Ionen-Analogie, für hydratisierte Salze (auf Basis der wasserfreien Salze), für Homologe (C-Kettenlängenanalogie), für Polymere (auf Basis der Monomere) oder bei ausreichender Gesamtdatenlage für Isomere. Bedingung ist, dass bei den zur Analogie herangezogenen Stoffen keine unterschiedlichen funktionellen Gruppen vorliegen. Allein ähnliche physikalisch-chemische Daten reichen für eine Analogienbetrachtung jedoch nicht aus.

Einen Schwerpunkt für die Bewertung der Analogieeinstufungen bildet die Qualität der vom Anmelder gelieferten Erklärung. Auf Basis dieser Erklärung wird eine Entscheidung über die wissenschaftliche Angemessenheit der Analogieeinstufung gefällt. Analogieeinstufungen sind jedoch Einzelfallentscheidungen, die in Abhängigkeit von der Gesamtdatenlage, dem Wirkspektrum bzw. Wirkmechanismus des Stoffes getroffen werden.

Gemische

Zunächst ist zu prüfen, ob das vorliegende ⁠Gemisch⁠ in eine WGK eingestuft werden muss oder ob für das Gemisch eine Einstufung gemäß § 3 Absatz 2 und 3 AwSV gilt oder eine Einstufung gemäß § 66 oder § 11 AwSV im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde.

Darüber hinaus sind Anlagenbetreiber gemäß § 8 der AwSV grundsätzlich verpflichtet, die von ihnen gehandhabten flüssigen und gasförmigen Gemische einzustufen. Ausnahmen hiervon sind in § 8 Absatz 2 AwSV aufgezählt. So besteht auch die Möglichkeit, die gehandhabten Gemische unabhängig von ihren Eigenschaften als stark wassergefährdend (WGK 3) zu betrachten.

Soll eine Einstufung in eine WGK vorgenommen werden, gibt es gemäß Anlage 1 Nr. 5 der AwSV zwei Möglichkeiten, die Wassergefährdungsklasse für das Gemisch abzuleiten:

  • Ermittlung über eine Rechenregel anhand der WGK der beinhalteten Komponenten
  • Ermittlung anhand von am Gemisch selbst erhobenen Prüfungsergebnissen

Die Ergebnisse der zweiten Möglichkeit sind vorrangig zu berücksichtigen. Diese Möglichkeit kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Gemisch-Zusammensetzung nicht variiert und die Rechenregel kein angemessenes Ergebnis liefert. Prüfungen zur biologischen Abbaubarkeit oder zum Verteilungsverhalten an den Gemischen selbst stellen allerdings keine aussagekräftigen Ergebnisse dar, weil der prozentuale Abbau nur ein Summenparameter ist und gerade die toxischen Inhaltsstoffe möglicherweise übrig bleiben. Nur wenn für ausnahmslos alle Inhaltsstoffe eines Gemisches jeweils die leichte biologische Abbaubarkeit nachgewiesen und ein Bioakkumulationspotenzial ausgeschlossen worden ist, darf dies mit dem Abzug von 2 Punkten für die Umweltgefährlichkeit berücksichtigt werden. Andernfalls müssen also immer mindestens 2 Punkte vergeben werden.

Zur Anwendung der Rechenregel steht als Unterstützung unter der Rubrik „Dokumente“ ein Fließschema zur Verfügung, in dem die Vorgaben der AwSV abgebildet werden. Rechtsverbindlich ist jedoch der Text der AwSV.
Bei den Komponenten, aus denen ein Gemisch zusammengesetzt ist, kann es sich entweder um i) Stoffe oder ii) wiederum um Gemische handeln.

i. Stoffe gehen mit ihrer vom Umweltbundesamt veröffentlichten WGK in die Berechnung ein. Stoffe ohne veröffentlichte Einstufung im Bundesanzeiger oder nicht identifizierte Stoffkomponenten gehen als WGK 3 in die Berechnung ein. Relevant für die Berechnung sind die spezifischen Massenanteile der Komponenten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Multiplikations-Faktors für besonders aquatisch toxische Stoffe. Beim Vorliegen mehrerer Multiplikations-Faktoren zu einem Stoff plädiert das Umweltbundesamt im Sinne des Besorgnisgrundsatzes dafür den jeweils höchsten M-Faktor zu verwenden.
Aufschwimmende flüssige Stoffe, die vom Umweltbundesamt als allgemein wassergefährdend (awg) veröffentlicht wurden, werden mit ihrem Massenanteil berücksichtigt. Die Ableitung der WGK des Gemisches ist dann jedoch abhängig von den Massenanteilen der WGK 1-, WGK 2-, WGK 3- und nwg-Komponenten. Im Sinne der AwSV gilt ein Gemisch dann als in Gewässern aufschwimmend, wenn es aufschwimmende flüssige Stoffe enthält. Dieses Kriterium ist nur für potentiell nicht wassergefährdende Gemische relevant.

ii. Dem Gemisch zugesetzte Gemische gehen mit ihrer nach Anlage 1 Nummer 5 AwSV bestimmten WGK wie Stoffe in die Berechnung ein. Dem Gemisch zugesetzte feste Gemische, die als awg gelten, müssen mit der WGK 3 in der Rechenregel berücksichtigt werden.

Die Einstufung des Gemisches muss nach den Maßgaben der Anlage 2 Nummer 2 der AwSV dokumentiert werden. Die Dokumentationen von Gemisch-Einstufungen werden nicht dem Umweltbundesamt vorgelegt, sondern sind für die zuständige wasserrechtliche Genehmigungsbehörde vorzuhalten, um im Rahmen der Anlagenzulassung sowie auf Verlangen der Behörde im Rahmen der Anlagenüberwachung vorgelegt werden zu können.

Legierungen

Die Definitionen von Stoffen und Gemischen gemäß § 2 Absatz 3 bzw. 4 AwSV sind mit der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP VO) und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (⁠REACH⁠ VO) harmonisiert, ohne allerdings auf diese dynamisch zu verweisen. Daher werden Legierungen im Kontext der AwSV wie im CLP VO Kontext als Gemische betrachtet.
Für die gemäß § 2 Absatz 7 AwSV als fest geltenden Legierungen würde danach gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 AwSV die Einstufung „allgemein wassergefährdend“ (awg) verbindlich, es sei denn, eine abweichende Einstufung gemäß § 10 AwSV würde durch einen Anlagenbetreiber vorgenommen. Gemäß § 10 Absatz 3 AwSV müsste ein Anlagenbetreiber die Selbsteinstufung seines festen Gemisches dann mit den Dokumentationsformblättern 2 (WGK 1 bis 3) oder 3 (nwg) dokumentieren und gegenüber der zuständigen Landesbehörde (nicht gegenüber dem Umweltbundesamt) im Rahmen der Zulassung der Anlage sowie auf Verlangen der Behörde im Rahmen der Überwachung der Anlage vorlegen.

Weitere Einstufungshinweise

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung eines Stoffes hinsichtlich seiner Gewässergefährdung und Säugetiertoxizität unabhängig von seiner Löslichkeit, seiner pH-Effekte, seiner Molekülgröße, etc. zu erfolgen hat.

Dies bedeutet beispielsweise, dass für einen Stoff nicht angenommen werden kann, dass er allein aufgrund seiner geringen Wasserlöslichkeit nicht bioverfügbar und damit nicht gewässergefährdend oder säugetiertoxisch wäre. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass ein Stoff allein aufgrund seiner erheblichen Molekülgröße nicht bioverfügbar und damit nicht gewässergefährdend oder säugetiertoxisch wäre.

Nähere Hinweise zu Grundsätzen und Besonderheiten bei der Einstufung von Stoffen in Wassergefährdungsklassen finden Sie in den Unterkapiteln „Gewässergefährdung“ und „Säugetiertoxizität“.

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