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Die wichtigsten Fakten
- Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Maß für die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft. Es spiegelt jedoch nicht die gesellschaftliche Wohlfahrt wider.
- Der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) berücksichtigt insgesamt 21 wohlfahrtsstiftende und wohlfahrtsmindernde Aktivitäten.
- Der NWI zeigt einen anderen Verlauf als das BIP. Er schwankt phasenweise, aber es ist kein langfristiger Trend erkennbar.
Welche Bedeutung hat der Indikator?
Das BIP bildet die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft ab und ist als international vergleichbare statistische Kenngröße anerkannt. Jedoch ist das BIP alleine als Maß für die gesellschaftliche Wohlfahrt nicht geeignet. Wichtige Kritikpunkte sind: Das BIP berücksichtigt nicht die Verteilung des Einkommens sowie ehrenamtliche Tätigkeiten und Hausarbeit. Das BIP erfasst keine Folgekosten durch Umweltschäden. Eine Verringerung des Naturkapitals wird daher nicht abgebildet. Sogenannte Defensivausgaben zur Bekämpfung von Kriminalität, Drogenkonsum oder die Folgekosten von Verkehrsunfällen oder Naturkatastrophen wirken sich tendenziell sogar positiv auf das BIP aus.
Mit dem NWI wurde ein Indikator entwickelt, der diese Kritikpunkte berücksichtigt. Ausgehend von den Konsumausgaben enthält der NWI Zu- und Abschläge, je nachdem ob es sich um wohlfahrtssteigernde oder wohlfahrtsmindernde Kategorien handelt. Zunehmende Ungleichverteilung verringert den Wert des Index. Umweltkosten und Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen sind Beispiele für negative Kategorien, Ehrenamt und Hausarbeit für positive Kategorien. Der NWI kommt auch in den Bundesländern zunehmend zum Einsatz.
Wie ist die Entwicklung zu bewerten?
Die Entwicklung des NWI seit 1991 zeigt unterschiedliche Phasen. Bis 1999 ist parallel zum BIP eine kontinuierliche Steigerung zu beobachten. Danach zeigt sich eine Schere: Während das BIP weiter steigt, sinkt der NWI. Ursache war vor allem die zunehmende Einkommensungleichheit. Von 2005 bis 2013 zeigten sich kaum Schwankungen beim Wohlfahrtsindex. Ab 2014 entwickelte sich der NWI positiv. Die Konsumausgaben stiegen, die Ungleichheit stagnierte und die Umweltkosten nahmen leicht ab. Im Pandemiejahr sind jedoch sowohl das BIP als auch der NWI abrupt gefallen. Während sich das BIP 2021 erholte, sorgte insbesondere die Flutkatastrophe an Ahr und Erft für ein weiteres Absinken des NWI. 2022 kam es zu einem starken Anstieg, durch die ansteigenden Konsumausgaben (auch wegen der Entlastungspakete), durch Energieeinsparungen und geringere Schäden durch Naturkatastrophen im Vergleich zum Vorjahr. Die Inflation und gestiegenen Flugemissionen dämpften den Anstieg aber merklich.
Die zunehmende Ungleichverteilung der Einkommen in den 2000er Jahren ist die Hauptursache für das Sinken des NWI. Erste Abschätzungen für 2023 zeigen einen leichten Rückgang der Umweltbelastungen, insbesondere verursacht durch zurückgehende Energieverbräuche und die damit verbundenen geringeren Emissionen. Andererseits gibt es tendenziell negative Entwicklungen beim Konsum und möglicherweise zunehmende Einkommensungleichheit. Mehr Informationen beschreibt eine detaillierte aktuelle Auswertung des NWI.
Wie wird der Indikator berechnet?
Der NWI stellt die Summe von 21 monetär bewerteten Komponenten dar. Der größte Posten ist der mit der Einkommensverteilung (Gini-Index) gewichtete private Konsum. Darüber hinaus fließen weitere wohlfahrtssteigernde Komponenten wie Hausarbeit, ehrenamtliche Tätigkeiten und Ausgaben für Bildung und Gesundheit positiv in den NWI ein. Wohlfahrtsmindernd wirken sich z. B. die Kosten für verschiedene Umweltschäden oder auch Kriminalität aus. Eine ausführliche Beschreibung der Berechnungsweise findet sich in NWI 3.0 Methodenbericht Nationaler Wohlfahrtsindex 3.0. Die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft stellt umfangreiche Veröffentlichungen zum NWI bereit.