Das Grundwasser in Deutschland ist teilweise zu hoch mit Nitrat belastet. Wie die Situation in Deutschland aussieht, wo die Belastung herkommt und was das für unser Trinkwasser bedeutet, erklären wir in unseren FAQs.
Was ist der Unterschied zwischen Trinkwasser, Rohwasser und Grundwasser?
Trinkwasser ist Wasser für den menschlichen Gebrauch. Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel, es kann nicht ersetzt werden. Laut den Definitionen der EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184 und der deutschen Trinkwasserverordnung ist darunter alles Wasser zu verstehen, das zum Trinken, zum Kochen, zur Zubereitung von Speisen und Getränken oder insbesondere zu den folgenden anderen häuslichen Zwecken bestimmt ist:
Körperpflege und -reinigung,
Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen,
Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen,
sowie alles Wasser, das in einem Lebensmittelbetrieb verwendet wird für die Herstellung, Behandlung, Konservierung oder zum Inverkehrbringen von Erzeugnissen oder Substanzen, die für den menschlichen Gebrauch bestimmt sind.
Als Rohwasser wird das Wasser bezeichnet, das einem Gewässer (Grundwasser, Oberflächengewässer) zur Nutzung als Trinkwasser entnommen wird. In den Fällen, in denen das gewonnene Wasser (Rohwasser) nicht die erforderliche Güte besitzt, muss es zu Trinkwasser aufbereitet werden.
Grundwasser ist Teil des Wasserkreislaufs. Es stammt ganz überwiegend aus Regenwasser, das durch den Boden und den Untergrund bis in die Grundwasserleiter sickert. Oberflächennahe Grundwasservorkommen versorgen Pflanzen mit Wasser und bilden wertvolle Feuchtbiotope. Das Grundwasser tritt in Quellen zu Tage und speist Bäche und Flüsse. Gerade in den regenarmen Zeiten des Jahres stammt ein großer Teil des Wassers in unseren Flüssen aus dem Grundwasser. Qualität und Menge des Grundwassers beeinflussen damit auch die Oberflächengewässer. Die Trinkwasserversorgung wird in Deutschland zu fast 70% aus Grund- und Quellwasser gedeckt. Etwa 30% des Trinkwassers werden aus Oberflächengewässern, d.h. aus Seen und Talsperren, entnommen oder über Grundwasseranreicherung und Uferfiltration gewonnen (siehe Abbildung 1).
Zur künstlichen Grundwasseranreicherung wird gereinigtes Oberflächenwasser großflächig versickert und das mengenmäßig angereicherte Grundwasser zur Trinkwassergewinnung gefördert. Bei der Uferfiltration wird Grundwasser im nahen Uferbereich eines Flusses zur Trinkwassergewinnung gefördert, so dass verstärkt auch Wasser aus dem Flussbett in die Brunnen dringt. Bei beiden Verfahren wird die natürliche Filterwirkung des Bodens, die Verunreinigungen weitestgehend vom Grundwasser fern hält, genutzt.
Was ist Nitrat?
Nitrate sind Salze der Salpetersäure (HNO3) und sehr gut in Wasser löslich. Als Mineraldünger werden sie in der Landwirtschaft in Form von Kalium-, Kalzium-, Natrium- oder Ammoniumnitrat verwendet. In Böden und Gewässern können auch organische Stickstoffverbindungen durch biologische Prozesse (Destruenten) in Ammonium (NH4+) umgewandelt werden, das dann durch Bodenbakterien unter Anwesenheit von Sauerstoff (aerob) in einem mehrstufigen Prozess zu Nitrat oxidiert (Nitrifikation) wird. Organische Stickstoffverbindungen sind u. a. in Wirtschaftsdünger (Gülle) enthalten. Nitrat wird von den Pflanzen über die Wurzeln aufgenommen.
Nitrat kann in einem umgekehrten Prozess im Boden bakteriell bis zum elementaren Stickstoff (N2) reduziert werden (Denitrifikation). Dies geschieht am besten unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob).
Welche Grenzwerte gibt es für Nitrat?
Folgende Werte sind gesetzlich festgelegt:
Die in der EU-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG (GWRL) für Grundwasser europaweit einheitlich festgelegte Qualitätsnorm von 50 mg Nitrat je Liter wurde in der deutschen Grundwasserverordnung (GrwV) als Schwellenwert in derselben Höhe (50 mg Nitrat je Liter) verankert. Die Rechtsfolgen sind trotz der unterschiedlichen Begrifflichkeiten identisch: Wenn der Wert im Grundwasser überschritten wird, sind Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge einzuleiten. Außerdem legen sowohl die GWRL als auch die GrwV fest, dass bei festgestellten steigenden Schadstofftrends bereits bei Erreichen von drei Vierteln des Schwellenwertes (also bei 37,5 mg Nitrat pro Liter) Gegenmaßnahmen (also eine Trendumkehr) einzuleiten sind.
Die EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184 sieht einen Qualitätsstandard (Parameterwert) von ebenfalls 50 mg Nitrat je Liter vor. Diesen Wert hat die deutsche Trinkwasserverordnung als Grenzwert in die Liste der chemischen Parameter übernommen. Das Gesundheitsamt darf nach Trinkwasserverordnung bei chemischen Qualitätsparametern Abweichungen vom Grenzwert vorübergehend zulassen, sofern sie gesundheitlich unbedenklich sind, ein einwandfreies Wasser anderweitig nicht verfügbar ist und der Wasserversorger einen Sanierungsplan vorlegt. Falls die zugelassene Abweichung für bestimmte Bevölkerungsgruppen doch eine besondere Gesundheitsgefahr bedeuten könnte, stellt das Gesundheitsamt sicher, dass diese informiert und gegebenenfalls auf zusätzliche Schutzmaßnahmen hingewiesen werden.
Warum ist der Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm Nitrat je Liter im Trinkwasser aus gesundheitlichen Gründen wichtig?
Im Gegensatz zu anderen Stoffen ist der Grenzwert von Nitrat in Höhe von 50 mg Nitrat je Liter nicht für eine lebenslange Exposition berechnet, sondern für eine akute Exposition von in diesem Fall besonders empfindlichen Säuglingen. Säuglinge, die jünger als drei bis sechs Monate sind, haben ein weniger saures Magenmilieu als ältere Kinder. Dadurch kommt es zu einer Besiedlung mit anderen Bakterien als bei Erwachsenen, was wiederum zu einer Reduktion des Nitrates zu Nitrit führen kann. Gelangt das Nitrit ins Blut wird der Blutfarbstoff Hämoglobin zu Methämoglobin oxidiert. Methämoglobin kann keinen Sauerstoff binden, es kommt folglich zu einer reduzierten Sauerstoffaufnahme. Dieser Effekt ist als Säuglingszyanose oder „blueinfantsyndrome“ bekannt. Junge Säuglinge sind besonders empfindlich, weil ihr Hämoglobin eine geringfügig andere Struktur als das von älteren Kindern und Erwachsenen aufweist. Dadurch ist das zum Teil noch vorhandene fetale Hämoglobin (HbF) empfindlicher gegenüber Nitrit und anderen Methämoglobinbildnern. Nach dem 15. Lebenstag nimmt der Anteil an HbF ab und erreicht im Alter von 1-2 Monaten ca. 50% und im Alter von 6 Monaten nahezu die Werte des Erwachsenen. Hinzu kommt, dass das bei Erwachsenen gut ausgebildete Enzym Methämoglobinreduktase bis zu einem Alter von ca. sechs Monaten deutlich weniger wirksam ist. Deshalb wird die Reduktion von Methämoglobin zu Hämoglobin schlechter katalysiert, es kann also zu einer Anreicherung von Methämoglobin im Blut kommen. Diese Gefährdungen treten jedoch erst dann auf, wenn der Grenzwert für Nitrat überschritten ist. Es gibt zudem überzeugende Daten, dass eine Methämoglobinämie mit einer bakteriellen Infektion einhergeht und gesunde Kinder auch bei erhöhtem Nitratgehalt nicht gefährdet sind. Eine Erhöhung des Nitratgrenzwertes würde jedoch einem großangelegten Feldversuch mit Säuglingen gleichkommen, was aus ethischen Gründen abzulehnen ist.
Wie ist die Situation in Deutschland?
Trinkwasser ist das bestüberwachte Lebensmittel. Seine Qualität ist durchweg sehr gut bis gut. Das gilt auch für die praktisch flächendeckende Einhaltung des Grenzwertes für Nitrat.
Anders sieht es beim Grundwasser aus:
In Deutschland weisen ca. 16 Prozent der Messstellen des repräsentativen EUA-Grundwassermessnetzes (Messnetz für die Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur) Nitratkonzentrationen über dem Schwellenwert von 50 mg je Liter auf (s. Abbildung 2).
An Messstellen, in deren Zustromgebiet überwiegend landwirtschaftliche Nutzungen vorkommen (Ackerflächen, Grünland und Sonderkulturen wie z.B. Gemüseanbau), überschreiten ca. 26 Prozent der Messstellen den Schwellenwert (EU-Nitratmessnetz, siehe. Abbildungen 3 und 4). Seit 2012 hat sich dieser Anteil leicht – um 2,7 Prozentpunkte verringert. Diese überwiegend durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung beeinflussten Messstellen werden auch für den alle vier Jahre erscheinenden Nitratbericht der Bundesministerien für Umwelt und für Landwirtschaft zugrunde gelegt.
Auch bei der Bewertung des Grundwasserzustands nach EU-/Grundwasserrichtlinie sind 22,2 % der 1291 deutschen Grundwasserkörper wegen der Überschreitung des Schwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter in einem schlechten chemischen Zustand (siehe Abbildung 5).
Was ist der Unterschied zwischen einem nitratbelasteten Gebiet und einem ‚roten‘ Grundwasserkörper, der sich wegen Nitrat im schlechten chemischen Zustand befindet?
Trägt ein Grundwasserkörper das Bewertungsergebnis „wegen Nitrat im schlechten chemischen Zustand“, so zeigt diese Bewertung an, dass relevante Grundwasserbereiche innerhalb dieses Grundwasserkörpers mit Nitrat belastet sind und der Grenzwert von 50 mg/l Nitrat gemäß EU-Grundwasserrichtlinie überschritten wurde. Es sind dann entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung durchzuführen.
Demgegenüber weisen nitratbelastete Gebiete solche oberirdischen Flächen aus, auf denen der Nitrateintrag reduziert werden muss, weil die Nitratkonzentration in dem mit dieser oberirdischen Fläche assoziierten Grundwasser den Grenzwert von 50 mg/l überschreitet. Ausgangspunkt für die Abgrenzung von nitratbelasteten Gebieten bilden immer die Grundwasserkörper, die wegen Nitrat im schlechten chemischen Zustand sind oder Grundwassermessstellen, die Nitratkonzentrationen größer als 50 mg/l aufweisen. Liegen landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen in nitratbelasteten Gebieten, müssen auf diesen Flächen die Düngermengen reduziert und weitere Maßnahmen zur Verminderung von Nährstoffverlusten umgesetzt werden. Grundlage für die Ausweisung von nitratbelasteten Gebieten bildet der §13a der Düngeverordnung. Auf Grund dieser Unterschiede sind die beiden oben genannten Gebietskulissen nicht deckungsgleich. Sie weisen jedoch häufig größere Überschneidungen auf.
Welche Messstellennetze werden zur Überwachung der Nitratkonzentration des Grundwassers in Deutschland herangezogen und wie unterscheiden sie sich?
In Deutschland betreiben Bundesländer, Wasserversorgungsunternehmen und andere Institutionen umfangreiche Messnetze, um den Zustand des Grundwassers für verschiedene Zwecke zu erfassen. Ein Messnetz besteht aus einer definierten Anzahl von Messstellen, die von den Bundesländern für bestimmte Zwecke ausgewählt werden. Die Größe eines Messnetzes und die Anforderungen an die Messstellen richten sich nach nationalen und europäischen Vorgaben. Oft wird dieselbe Messstelle für verschiedene Messnetze verwendet.
In Deutschland existieren vier bundesweit einschlägige Grundwassermessnetze, die für die Überwachung des chemischen Grundwasserzustands verwendet werden.
Messnetz zur Berichterstattung an die europäische Umweltagentur (EUA-Messnetz)
Das Messnetz dient der überblicksweisen und repräsentativen Beschreibung der Grundwasserbeschaffenheit in Deutschland und umfasst derzeit 1219 Messstellen (Stand Juli 2024). Die Daten der betroffenen Messstellen sind Basis für die jährlichen Zustandsberichte Deutschlands im Rahmen europäischer und internationaler Berichtspflichten und werden dem Umweltbundesamt jährlich in elektronischer Form von den Bundesländern übermittelt. Die Messstellen des EUA-Messnetzes erfüllen die folgend genannten Kriterien, mit dem Ziel, die regionale Verteilung der stofflichen Belastungen des Grundwassers repräsentativ wiederzugeben:
Die Messstellen sollen möglichst im oberflächennahen Grundwasserleiter (oberstes Grundwasserstockwerk, freies Grundwasser ohne Sperrschicht) ausgebaut sein, damit sich die Nitratausträge der Landnutzungen in dem mit den Messstellen erfassten Grundwasser abbilden können.
Die ausgewählten Messstellen sollen die Verteilung der Landnutzungen (Siedlung, Wald, Grünland, Acker und Sonderkulturen) in den Bundesländern und somit auch in Deutschland repräsentativ abbilden.
Die Anzahl der Messstellen in den einzelnen Bundesländern ergibt sich aus ihrer Flächengröße.
Die regionale Verteilung der Nitratbelastung im Grundwasser soll repräsentativ wiedergegeben werden.
EU-Nitratmessnetz:
Das Messnetz dient der Überwachung der Nitratkonzentration im Grundwasser und wird für die Berichterstattung über die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie an die EU-Kommission genutzt. Um die Auswirkungen und die Änderungen der landwirtschaftlichen Flächennutzung auf die Nitratbelastung im Grundwasser besser abbilden zu können, werden für die Berichterstattung unter der Nitratrichtlinie nur Messdaten von Grundwassermessstellen des EUA-Messnetzes berücksichtigt, in deren Einzugsgebiet die Nutzungseinflüsse von Acker, Grünland oder Sonderkulturen auf das Grundwasser überwiegen. Diese Anforderung ergibt sich aus dem in Artikel 1 der Richtlinie festgelegten Ziel, die Gewässerverunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen zu reduzieren. Die Messstellen des EU-Nitratmessnetzes stellen demnach eine Teilmenge des EUA-Messnetzes dar. Es umfasst aktuell 679 Messstellen (Stand März 2024) und soll den Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung auf die Beschaffenheit des oberflächennahen Grundwassers in Deutschland beschreiben. Die Anzahl der Messstellen ergibt sich daraus, dass ca. 50% der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt wird.
WRRL- Messnetz (chemischer Zustand)
Das WRRL-Messnetz dient der Bewertung des chemischen Zustands von 1291 Grundwasserkörpern in Deutschland gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Es umfasst derzeit (Stand: März 2024) 7869 Messstellen, die in Überblicks- und operative Messstellen unterteilt sind. Eine Messstelle kann jedoch auch beide Funktionen innehaben. Überblicksmessstellen befinden sich vornehmlich in unbelasteten Grundwasserkörpern. Operative Messstellen befinden sich in Grundwasserkörpern, die im schlechten Zustand sind, und werden jährlich beprobt. Die Messstellen sind repräsentativ für die jeweils maßgebliche Hydrogeologie und Landbedeckung. Die Dichte des Messnetzes und die räumliche Verteilung der Messstellen sind insbesondere abhängig von den hydrogeologischen Verhältnissen des Grundwasserkörpers und der Flächennutzungsstruktur (und daher Gefährdungssituation).
Messnetz zur Ausweisung nitratbelasteter Gebiete (AVV-Ausweisungsmessnetz)
Das Messnetz dient zur Abgrenzung von nitratbelasteten Gebieten nach § 13a Düngeverordnung. Es besteht gemäß § 4 Absatz 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA) aus mindestens allen landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen des Wasserrahmenrichtlinienmessnetzes, des EUA-Messnetzes, des EU-Nitratmessnetzes sowie ausgewählter Messstellen Dritter (z. B. Wasserversorger). Alle Ausweisungsmessstellen müssen dabei die in Anlage 1 Nummer 1-4 AVV GeA genannten Anforderungen erfüllen. Insgesamt wurden bundesweit ca. 13.500 Messstellen (Stand März 2024) für die aktuell gültige Gebietsausweisung verwendet.
Im aktuellen Nitratbericht aus dem Jahr 2024 beträgt der Anteil der Messstellen mit Nitratkonzentrationen von mehr als 50 mg je Liter ca. 26 %. In den beiden vorhergehenden Berichten aus den Jahren 2020 und 2016 betrug dieser Anteil noch 27 bzw. 28 %. Im Nitratbericht aus dem Jahr 2012 betrug der Anteil der hoch belasteten Messstellen sogar noch fast 50 %. Belegen diese Zahlen nicht eindeutig, dass die Grundwasserbelastung rückläufig ist? Der aktuelle Nitratbericht aus dem Jahr 2024 bestätigt den schon in den vergangenen beiden Berichten aus den Jahren 2020 und 2016 beobachteten leichten Rückgang der Nitratkonzentration an überwiegend landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen in Deutschland (EU-Nitratmessnetz). Der Anteil der nicht oder nur geringfügig belasteten Messstellen mit Nitratkonzentrationen von 25 mg/l oder darunter ist gleichzeitig leicht gestiegen, und zwar von 48,0 % in 2016, über 49,0 % in 2020 auf nunmehr 51,2 % in 2024. Die Nitratbelastung des Grundwassers an den überwiegend landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen ist jedoch weiterhin zu hoch und der beobachtete Rückgang ist nicht ausreichend. Die Ergebnisse der drei letzten Berichte können nicht direkt mit den Ergebnissen des Berichtes 2012 verglichen werden, da sich die Auswertungen aus dem Jahr 2012 nämlich nur auf Messstellen bezogen, die bereits sehr stark mit Nitrat belastet waren. Das Nitratmessnetz umfasste 2012 nur 162 Messstellen und wurde mit dem Bericht 2016 auf ca. 700 Messstellen erweitert. Allein diese Änderung der Messnetzgestaltung ist dafür verantwortlich, dass sich der Anteil der Messstellen mit Nitratkonzentrationen von mehr als 50 mg je Liter von 2012 zu 2016 so abrupt geändert hatte.
Sind die Grundwasserdaten, die für die Berichterstattung zur Nitratrichtlinie von Deutschland an die EU-Kommission berichtet werden, öffentlich zugänglich?
Die Daten sind über das Datenportal der Europäischen Umweltagentur frei zugänglich. Allerdings ist das Berichtsformat für Außenstehende schwer lesbar. Deshalb sind die Daten in aufbereiteter Form in der UBA-Nitrat App veröffentlicht.
Wie haben sich die Stickstoffüberschüsse entwickelt und woher stammen diese?
Für den Großteil der Nitrateinträge in das Grundwasser ist die Landwirtschaft verantwortlich (Bach et al. 2020). Seit der Anfang des 20. Jahrhunderts kann synthetischer Stickstoffdünger industriell produziert werden. Dies machte den Pflanzenbau zusehends unabhängig von der Tierhaltung. Durch steigende Erträge und Importe standen gleichzeitig mehr Futtermittel zur Verfügung. Die Tiermast konnte dadurch in einigen Regionen massiv ausgebaut werden. Gerade dort kommt es zu erheblichen Nährstoffüberschüssen. Jauche, Gülle, Mist oder Gärreste aus Biogasanlagen werden meist vor Ort ausgebracht, die enthaltenden Nährstoffe können aber nicht vollständig von den angebauten Pflanzen aufgenommen werden. Der überschüssige Stickstoff verbleibt nur zum Teil im Boden und wird zum größeren Teil als Nitrat mit dem Niederschlagswasser in das Grundwasser transportiert oder entweicht als Ammoniak, Lachgas oder elementarer Stickstoff in die Atmosphäre.
Eine zentrale Kenngröße für die Höhe der potentiellen Stickstoffeinträge in die Umwelt ist die Stickstoff-Gesamtbilanz. Von 1992 bis 2019 ist der Stickstoffüberschuss der nationalen Gesamtbilanz im gleitenden 5-Jahresmittel von 117 kg N/ha und Jahr (kg N/ha*a) auf 82 kg N/ha*a gesunken. Das entspricht einem Rückgang des Überschusses seit 1992 um etwa 30%. Der errechnete Überschuss ist ein Mittelwert für Deutschland. Regional und betriebsspezifisch ergeben sich sehr starke Unterschiede, welche vornehmlich auf unterschiedliche Viehbesatzdichten aber auch auf die Konzentration von Sonderkulturen wie den Gemüseanbau zurückzuführen sind. Ziel der Bundesregierung ist es, den Stickstoffüberschuss bis 2030 auf 70 kg N/ha im 5-Jahresmittel zu reduzieren (siehe. Abbildung 6).
Um die Gewässerschutzziele (z.B. das Einhalten des Grundwasserschwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter), aber auch die Ziele zur Luftreinhaltung zu erreichen, werden von der Kommission Landwirtschaft am Umweltbundesamt (KLU) sogar noch geringere Gesamtbilanzüberschüsse von max. 50 kg N/ha*a gefordert.
Warum werden auch in Gebieten ohne oder nur mit geringem Viehbesatz zum Teil die Schwellenwerte für Nitrat im Grundwasser überschritten?
Die Nitratbelastung des Grundwassers wird neben den durch hohen Tierbesatz hervorgerufenen Nitrateinträgen auch durch die Art der angebauten Kulturen beeinflusst. Bestimmte Sonderkulturen (z.B. Gemüse wie Brokkoli, Kohlrabi oder Salat) müssen hohe Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels in Bezug auf ihre Größe und die Makellosigkeit ihrer (teilweise nicht zum Verzehr gedachten) Blätter erfüllen. Um zu garantieren, dass alle geernteten Produkte diese Anforderungen erfüllen, wird häufig ein Düngesicherheitsaufschlag gegeben, der nicht komplett von den Kulturen aufgenommen werden kann und dann mit einem erhöhten Auswaschungsrisiko einhergeht. Zusätzlich besteht das Problem, dass Produkte, welche die Anforderungen des Handels nicht erfüllen, nicht abgenommen werden und auf dem Feld liegen bleiben bzw. untergearbeitet werden. Auch hier ist dann das Auswaschungsrisiko von Nitrat erhöht. Dies gilt auch für den Anbau von Qualitätsweizen, bei dem häufig noch nach Abschluss des vegetativen Wachstums eine Stickstoffspätgabe zur Steigerung des Proteingehaltes gegeben wird. Die Pflanzenverfügbarkeit dieser Stickstoffgabe ist jedoch stark von der Witterung abhängig und hat somit ein hohes Verlustpotential. Auch der Ausbau der Anbaubiomasse (Energiepflanzenanbau wie Mais und Raps) hat zu einer stickstoffintensiven Nutzung von zuvor teils brachliegenden Flächen und genau wie Grünlandumbruch zu erhöhten Nitrateinträgen geführt.
Weiterhin spielen auch standörtliche Gegebenheiten eine Rolle. So sind folgende Faktoren ungünstig für den Nitrateintrag: geringe Grundwasserneubildungsrate, sehr geringe Grundwasserfließgeschwindigkeit verbunden mit sehr geringer Grundwasseraustauschrate, ungünstige Schutzfunktion der Deckschichten, geringe Grundwasserflurabstände, geringes Nitratrückhaltevermögen des Bodens und ein hohes Stickstoffmineralisationspotential.
Wenn im Frühjahr und Sommer gedüngt wird, dann müssten die Nitrateinträge im Herbst und Winter durch das Pflanzenwachstum doch aufgebraucht sein. Im Herbst und Winter versickert dann nur nitratarmes Grundwasser. Warum haben wir trotzdem ein Nitratproblem?
Leider ist es nicht so, dass im Winter nur nitratarmes Wasser versickern würde. Die Messstellen zeigen, dass wir unter einem nennenswerten Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen hohe Nitratgehalte im Grundwasser finden. Denn die Pflanzen nehmen die ausgebrachten Stickstoffmengen – als organischer oder mineralischer Dünger – nicht vollständig in der Vegetationsperiode auf. Zudem verbleiben je nach angebauter Kultur nach der Ernte unterschiedlich hohe Mengen an Rest-Stickstoff im Boden und es kommt zu unterschiedlich hohen Nach-Ernteverlusten, die zum Nitrataustrag im Herbst und Winter beitragen können. Als Indikator für die Menge an Rest-Stickstoff im Boden kann der Stickstoff-Flächenbilanzüberschuss fungieren. Das ist der Anteil von der Stickstoff-Gesamtbilanz, der potenziell auswaschungsgefährdet ist und damit in das Grund- und die Oberflächengewässer eingetragen werden kann. Im Jahr 2021 waren das 46 kg N/ha.
Fragen zur Studie zur „Quantifizierung der landwirtschaftlich verursachten Kosten zur Sicherung der Trinkwasserbereitstellung“
Es ist nicht das Ziel der Studie, dass landwirtschaftlich verursachte Kosten den Trinkwasserkunden angelastet werden sollten. Im Gegenteil: Durch Offenlegung der möglichen Reparaturkosten sollen vermehrte Anstrengungen zum Grundwasserschutz angeregt werden.
Die Qualität des Trinkwassers ist über die Trinkwasserverordnung geregelt. Zweck der Verordnung ist es, die menschliche Gesundheit vor den nachteiligen Einflüssen, die sich aus der Verunreinigung von Wasser ergeben, das für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist, zu schützen. Wasserversorger müssen die Vorschriften der Trinkwasserverordnung einhalten, egal welches Rohwasser ihnen zur Verfügung steht. Schon heute ergreifen Wasserversorger deshalb Maßnahmen, um den Trinkwassergrenzwert einhalten zu können. Sie schließen beispielsweise Kooperationsverträge mit Landwirten, um Einträge von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen zu vermeiden oder zu reduzieren. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, mischen sie belastetes mit weniger belastetem Rohwasser, vertiefen oder verlagern Brunnen. Die Kosten für diese Maßnahmen spiegeln sich bereits heute in den Rechnungen der Verbraucher:innen. Das aktuelle Gutachten zeigt lediglich, was eine zusätzliche Aufbereitung des Wassers die Kundinnen und Kunden kosten würde.
Der Nitratbericht zeigt, dass gegenwärtig an 26 % aller Messstellen, in deren Einzugsgebiet eine landwirtschaftliche Nutzung überwiegt, der Schwellenwert der Grundwasserverordnung von 50 mg Nitrat je Liter überschritten wird. Gleichzeitig zeigt die Abbildung 54 (S. 194) in der oben genannten Studie, dass fast überall in Deutschland eine Nitratminderung erforderlich ist. Wie passt das zusammen?
Die Ausgangspunkte beider Berichte unterscheiden sich deutlich. Der Nitratbericht zeigt auf, wie die aktuelle Belastung des Grundwassers durch Nitrat ist und zeigt dabei, dass gegenwärtig an 26 % aller Messstellen, in deren Einzugsgebiet eine landwirtschaftliche Nutzung überwiegt, der Schwellenwert der Grundwasserverordnung von 50 mg Nitrat je Liter überschritten wird.
Ursache der Nitratbelastungen ist in der Regel der Stickstoffüberschuss, der üblicherweise in Kilogramm Stickstoff je Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche angegeben wird. Aus dem Stickstoffüberschuss lässt sich – unter Berücksichtigung der jeweiligen Sickerwassermenge und ohne Berücksichtigung von standörtlichen Eigenschaften wie N-Festlegung im Boden und N-Denitrifikation – berechnen, wie hoch die Nitratkonzentration im Sickerwasser ist. Bei üblichen Sickerwassermengen von 200 mm pro Jahr und einem Stickstoffüberschuss von 50 kg/ha ergibt sich beispielsweise eine theoretische Nitratkonzentration von 110 mg Nitrat je Liter im Sickerwasser. Um also den Schwellenwert von 50 mg Nitrat je Liter im Grundwasser sicher einhalten zu können, dürfte der Stickstoffüberschuss lediglich bei ca. 23 kg N/ha liegen. Hieraus ergibt sich ein hypothetischer Stickstoffreduktionsbedarf von 27 kg/ha. Genau diese Ergebnisse – allerdings bezogen auf eine angestrebte Konzentration von 37,5 mg Nitrat je Liter - sind in der Abbildung 54 der Studie regional aufgeschlüsselt zusammengestellt.
Warum wurden in der oben genannten Studie Kosten für Zielwerte berechnet, die unter dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) von 50 mg Nitrat je Liter liegen?
Als Nitrat-Zielwerte für das aufbereitete Trinkwasser wurden in der Studie 37,5, 25 und 10 mg Nitrat je Liter festgelegt. Dies entspricht 75%, 50% bzw. 20% des Nitratgrenzwertes der TrinkwV von 50 mg/l. Ein Zielwert von genau 50 mg Nitrat je Liter kam nicht in Betracht, weil aus technischen Gründen bei der Aufbereitung ein gewisser „Sicherheitsabstand“ erforderlich ist, damit der Grenzwert auch wirklich jederzeit eingehalten werden kann.
Der Zielwert von 37,5 mg Nitrat je Liter resultiert aus den Vorgaben der Grundwasserverordnung (Trendumkehrgebot bei 75% des Schwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter). Die Zielwerte von 10 und 25 mg Nitrat je Liter wurden u.a. aufgrund des “Minimierungsgebotes“ nach § 6 TrinkwV berücksichtigt. Die Studie dokumentiert die Kosten für die jeweiligen Zielwerte getrennt und ermittelt deshalb auch Kostenspannen und keine absoluten Werte.
Wird in der oben genannten Studie pauschal jeder einzelne Landwirt als Verursacher für die zu hohe Nitratbelastung verantwortlich gemacht?
Das Ziel der Studie war und ist nicht, die Landwirte pauschal an den Pranger zu stellen. Es ist aber gesetzliche Aufgabe des Umweltbundesamts, die Öffentlichkeit über Umweltbelastungen, deren Verursacher und die Konsequenzen für die Verbraucher hinzuweisen. Wir wissen durchaus, dass es viele umweltgerecht wirtschaftende Landwirte gibt. Dennoch zeigen die Messergebnisse, dass die Stickstoffüberschüsse in Deutschland insgesamt zu hoch sind und in bestimmten Gebieten mit hohem Viehbesatz und Anbau von Sonderkulturen zu Überschreitungen des Grundwasserschwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter führen. Hier ist klar, dass die Belastung aus der Landwirtschaft stammt und wir eine deutliche Reduzierung der Stickstoffeinträge brauchen. Unsere Studie zeigt auf, welche Konsequenzen es für die Trinkwasserkundinnen und -kunden hätte, wenn hier kein Umsteuern erfolgt. Die von unseren Gutachtern berechneten Mehrkosten betreffen nur die für die Nitrataufbereitung im Wasserwerk erforderlichen zusätzlichen Kosten, die anfallen werden, um den Grenzwert der Trinkwasserverordnung einzuhalten, wenn keine Ausweichmöglichkeiten auf andere, wenig belastete Wasservorkommen mehr bestehen. Und sie bestätigt, dass Vorsorgemaßnahmen insgesamt gesehen deutlich günstiger sind als Reparaturmaßnahmen. Deshalb sollten die Probleme in den Belastungsgebieten schnell und konsequent angegangen werden.
Warum wurde in der Studie das Denitrifikationspotential der Böden nicht mit einbezogen?
Das UBA weist in dieser und vielen anderen Publikationen selbstverständlich auf Prozesse der Denitrifikation in der Bodenpassage hin. Diese Prozesse sind jedoch nur begrenzt wirksam. Denitrifikationsprozesse sind bakterielle Vorgänge. Allerdings laufen diese Vorgänge nur dann ab, wenn die Bakterien keinen Sauerstoff vorfinden. In diesen Fällen benötigen sie organisch gebundene Kohlenstoff- bzw. Schwefelverbindungen. Beim Abbau von Nitrat zu Stickstoff wird organischer Kohlenstoff und/oder Sulfide abgebaut. Organischer Kohlenstoff wird in Form von Hydrogenkarbonat freigesetzt. Beim Abbau von Sulfiden steigt entsprechend die Sulfatkonzentration des Grundwassers. Je weiter der Kohlenstoff- bzw. der Sulfidvorrat im Grundwasserleiter abgebaut ist, desto geringer ist die Nitratabbauleistung. Im schlimmsten Fall wird kein Nitrat mehr abgebaut und die Nitratkonzentrationen im Grundwasser entsprechen dann den Nitratkonzentrationen im Sickerwasser, das die Bodenzone (durchwurzelter Bereich) verlässt. Nach unserer Kenntnis hat es solche „Nitratdurchbrüche“ bereits gegeben. Das Denitrifikationspotential bleibt in der Studie unberücksichtigt, da das natürliche Nitratabbaupotential aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten nicht aufgezehrt werden sollte. Darüber hinaus stellt sich dieses Regulativ regional sehr verschieden dar und es liegen für Gesamtdeutschland keine Erkenntnisse über das tatsächliche Potential vor.
Was steht im Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Nitratrichtlinie gegen die Bundesrepublik Deutschland vom 21.06.2018?
Das Urteil in der Rechtssache C-543/16 erging am 21.06.2018.
Streitgegenstand war die Nicht-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG durch Deutschland, nicht jedoch die novellierte Düngeverordnung von 2017 (DüV, 2017), die erst nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist (11. September 2014) in Kraft trat und deshalb nicht mehr berücksichtigt werden konnte (siehe Randnummer (Rn.) 70 des Urteils).
In dem Urteil folgte der EuGH in allen Punkten der Auffassung der Europäischen Kommission. Demnach hat Deutschland gegen die Nitratrichtlinie verstoßen, weil keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um das unzureichende deutsche Aktionsprogramm (in Form der Düngeverordnung) zu überarbeiten. Am 1. Juni 2023 informierte die EU-Kommission darüber, dass das eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt wurde.
Warum wurde die Deutsche Düngegesetzgebung 2020 abermals novelliert, obwohl die letzte Novellierung nur zweieinhalb Jahre zurück lag?
Die erheblichen Mängel des alten Aktionsprogramms wurden mit der in 2017 überarbeiteten Düngegesetzgebung zum Teil behoben. Die Forderungen der Kommission wurden aber nicht komplett umgesetzt. Eine genaue Analyse der Düngegesetzgebung von 2017 und der Begründung des EuGH–Urteils ist hier zu finden..
Folglich sah die Europäische Kommission (KOM) auch weiterhin erheblichen Anpassungsbedarf an der deutschen Düngegesetzgebung und leitete 2019 mit einem Mahnschreiben das Zweitverfahren ein. Es drohten empfindliche Strafzahlungen auf Deutschland zuzukommen. Daher verhandelte Deutschland mit der Europäischen Kommission über den weiteren Anpassungsbedarf. Die 2020 novellierte Düngegesetzgebung stellt das Ergebnis dieser Verhandlungen dar.
Was sind wichtige Punkte der Novellierung der Düngegesetzgebung von 2017 und 2020?
Seit Juni 2017 muss nun auch Wirtschaftsdünger pflanzlichen Ursprungs (u. a. Gärreste aus Biogasanlagen) in die Ausbringungsobergrenze für organische Düngemittel mit einbezogen werden. Zudem gilt nun eine verpflichtende Düngeplanung mit konkreten Vorgaben. Daneben gibt die Düngeverordnung erstmals verpflichtende Maßnahmen vor, um atmosphärische Stickstoffverluste zu reduzieren. Das bedeutet zum Beispiel, das der Einsatz von emissionsminderen Ausbringungstechniken wie Schleppschlauch, Schleppschuh oder Schlitztechnik verbindlich vorgeschrieben ist. Um besser auf regionale Unterschiede reagieren zu können, verpflichtet die Düngeverordnung seit 2017 die Länder auch dazu, in Gebieten mit einer hohen Nitratbelastung des Grundwassers oder mit Eutrophierung von Oberflächengewässern durch Phosphat, regional angepasste, weitergehende Maßnahmen vorzuschreiben.
Parallel zur Novellierung der Düngeverordnung in 2017 wurde auch das Düngegesetz überarbeitet. Das Gesetz etabliert die Grundlage für eine neue Rechtsverordnung und regelt die Einführung einer betrieblichen Stoffstrombilanz (= Hoftorbilanz). Ziel ist es alle Stoffflüsse in und aus dem Betrieb transparent zu machen und die maximal zulässigen Nährstoffüberschüsse besser zu kontrollieren. Eine Stoffstrombilanz muss seit Anfang 2018 zunächst nur von Betrieben mit einer sehr intensiven Tierhaltung (> 2,5 Großvieheinheiten/ha) und von Wirtschaftsdünger aufnehmenden viehhaltenden Betrieben erstellt werden, bevor sie ab 2023 für alle Betriebe verpflichtend wird. Bis dahin sollte die Methodik der Stoffstrombilanzierung überprüft und angepasst werden, um eine ökologische Steuerungswirkung sicher zu stellen.
Auf Grund der unzureichenden Umsetzung des EuGH-Urteils wurde die Düngegesetzgebung in 2020 erneut überarbeitet und verabschiedet. Ab 1. Mai 2020 gelten beispielsweise erweiterte Einschränkungen für die Düngung im Herbst und Winter. Die Düngung auf geneigten Fläche ist nun stärker reglementiert und die Abstände zu den Gewässern, auf denen Düngung untersagt ist, wurden teilweise verbreitert. Der Nährstoffvergleich, der von der Kommission stark kritisiert worden war, wurde gestrichen. Stattdessen muss nun zur Bewertung der Düngung die Dokumentation der tatsächlichen Düngungsmaßnahmen herangezogen werden. Ab Januar 2021 sind für besonders stark mit Nitrat belastete „rote“ Gebieten erstmals bundesweit verpflichtende Maßnahmen vorgeschrieben. Dazu zählt z.B. die Verringerung des erlaubten Düngeeinsatzes um 20 Prozent unter errechnetem Düngebedarf im Durchschnitt der Flächen des Betriebes. Ab Februar 2025 wird sich die vorgeschriebene maximale Einarbeitungszeit von organischen Düngemitteln auf unbestelltem Acker von jetzt vier auf eine Stunde verringern.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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