BS-R-4: Aktive Einsatzkräfte

Das Bild zeigt drei Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks, die auf einer Überlandstraße stehen, darunter ein Löschgruppenfahrzeug. Ein Mann mit Warnweste und Einsatzhose des THW läuft auf der Mittelleitplanke.zum Vergrößern anklicken
Die meisten Helfer*innen engagieren sich ehrenamtlich für den Bevölkerungsschutz.
Quelle: VRD / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

BS-R-4: Aktive Einsatzkräfte

Die Zahl der Einsatzkräfte war im Zeitraum von 2000 bis 2014 vor allem wegen eines Rückgangs der Mitgliederzahlen bei den Feuerwehren rückläufig. Seither wächst das Engagement wieder: Im Jahr 2021 waren insgesamt rund 1,15 Millionen Menschen bei Feuerwehr und ⁠THW⁠ aktiv – 50.000 mehr als fünf Jahre zuvor. Widrige Umstände wie die weltweite Covid-19-Pandemie führten zu keinem markanten Rückgang bei den Mitgliederzahlen.

In einer Säulen-Reihe sind in der Zeitreihe von 2000 bis 2021 die Anzahlen der aktiven Katastrophenschutzkräfte in 1000 abgetragen. In 2000 lag der Wert bei rund 1,17 Millionen, in 2021 bei rund 1,15 Millionen. Dennoch zeigt der Trend eine Trendumkehr hin zu einem steigenden Trend, da der Tiefstand mit rund 1,10 Millionen im Jahr 2014 überwunden scheint.
BS-R-4: Aktive Einsatzkräfte
Quelle: Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (Helferstatistik) / DFV (Feuerwehrstatistik)

Wieder mehr Aktive im Bevölkerungsschutz

Für den Bevölkerungsschutz in Deutschland ist das Ehrenamt die maßgebliche Stütze: Rund 1,7 Mio. ehrenamtliche Helfer*innen engagieren sich in den verschiedenen Hilfsorganisationen. Beim ⁠THW⁠ üben rund 98 % der Angehörigen ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Rund 94 % der aktiven Feuerwehrmitglieder in Deutschland sind in Freiwilligen Feuerwehren organisiert. Die Verantwortlichen im Bevölkerungsschutz betonen daher regelmäßig, dass ohne die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitarbeit in den Organisationen die Einsatzfähigkeit der Einheiten bedroht ist.

Auch mit Blick auf den ⁠Klimawandel⁠ ist für die weitere Entwicklung des Bevölkerungsschutzes ein zumindest stabiler Bestand ehrenamtlicher Helfer*innen notwendig. Nicht nur, weil sich durch die erwarteten Änderungen der klimatischen Rahmenbedingungen möglicherweise mehr und längere Einsätze und damit höhere Belastungen ergeben können, sondern auch, weil zeitgleich die Verfügbarkeit von Einsatzkräften durch Eigenbetroffenheit wie Schäden an privaten Wohngebäuden oder gesundheitliche Auswirkungen von Hitzewellen eingeschränkt ist.

Betrachtet man die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, so ist bis 2014 ein Rückgang der aktiven Einsatzkräfte bei Feuerwehr und THW zu verzeichnen. Ihre Zahl ging in diesem Zeitraum um etwa 70.000 von etwa 1,17 Mio. auf 1,1 Mio. Aktive zurück. Anschließend kehrte sich die Entwicklung um: Bis 2020 nahm die Zahl der aktiven Kräfte bei Feuerwehr und THW wieder zu. So sind derzeit insgesamt über 1,15 Mio. Mitglieder aktiv. Einen neuerlichen Rückgang gab es erst im letzten Jahr der aktuellen Zeitreihe. Von 2020 bis 2021 reduzierten sich die Mitgliederzahlen bei Feuerwehr und THW um knapp 600 Personen. Infolge der weltweiten Covid-19-Pandemie litten auch die Organisationen des Bevölkerungsschutzes unter eingeschränkter Dienstdurchführung. Die erschwerten Arbeitsbedingungen stellten die Einsatzkräfte auf eine Belastungsprobe. Dennoch blieben die Einbußen bei den ehrenamtlich Aktiven gering. Unter den Neuzugängen ab 2020 befinden sich auch Quereinsteigende, denen gerade die Pandemie Anlass dazu gab, sich in schwierigen Zeiten für andere einzusetzen.

Die Mitgliederzahlen der Feuerwehren liegen im Vergleich zu denen des THW um ein Vielfaches höher und prägen den Verlauf der Zeitreihe entsprechend stärker. Der Rückgangstrend bis Mitte der 2010er-Jahre ist vor allem Folge einer negativen Entwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren. Während Berufsfeuerwehren sowie Werks- und Betriebsfeuerwehren steigende oder zumindest konstante Mitgliederzahlen vorwiesen, zählten die Freiwilligen Feuerwehren Mitte der 2010er-Jahre rund 70.000 weniger Ehrenamtliche als noch 15 Jahre zuvor. Unter anderem wirkte sich die Aussetzung der Wehrpflicht ab dem Jahr 2011 nachteilig auf die Rekrutierung ehrenamtlicher Helfer*innen aus. Betroffen war entsprechend vor allem die Altersgruppe der 20- bis 25-Jährigen.

Das THW verzeichnete im Mittel der Jahre 2000 bis 2014 rund 41.000 aktive Helfer*innen. 2015 stieg deren Zahl auf 66.000 und blieb 2016 und 2017 auf diesem Niveau. Bis 2021 stieg die Zahl der aktiven THW-Helfer*innen auf knapp 79.000. Für die Sicherung des Bestands an Einsatzkräften sind beim THW jährlich etwa 5.200 neue Helfer*innen notwendig. Diese Marke konnte in den letzten Jahren nicht erreicht werden: Pro Jahr gewann das THW im Schnitt rund 4.000 neue Mitglieder, wobei zusätzlicher Bedarf vor allem bei Ortsverbänden in ländlichen Regionen besteht. Bis zum Jahr 2011 konnten auch beim THW jährlich etwa 2.500 Personen über die Freistellung vom Wehrdienst verpflichtet werden.

In den letzten Jahren ist es gelungen, den Frauenanteil bei den eher technisch ausgerichteten Organisationen zu steigern: Im Jahre 2000 waren bei den Feuerwehren 5,7 % Frauen, bis 2021 stieg der ihr Anteil auf 10,5 %. So sind bei den Feuerwehren heute 44.000 Frauen mehr aktiv als im Jahr 2000. Speziell bei den Jugendfeuerwehren engagieren sich viele weibliche Helferinnen: Im Zeitraum von 2000 bis 2021 stieg dort der Frauenanteil von 22 % auf über 28 %. Beim THW ist der Anteil von Frauen bereits seit 1999 kontinuierlich um fast 8.000 Frauen angestiegen. Betrug ihr Anteil im Jahr 1999 nur knapp 4 %, lag er im Jahr 2021 bei etwa 12 %.

Der langjährige Rückgang der Mitgliederzahlen bis Mitte der 2010er-Jahre, aber auch die seither nur langsam steigende Zahl von ehrenamtlichen Helfer*innen sind Spiegel des demografischen Wandels. Die Veränderungen in der Alterspyramide reduzieren den Pool an potenziellen Einsatzkräften ebenso wie die zunehmende Konzentration der Bevölkerung in den Städten. Insbesondere in dünn besiedelten ländlichen Bereichen mit einer vergleichsweise älteren Bevölkerung können trotz einer im Vergleich zu den Städten höheren Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement personelle Engpässe entstehen. Verschiedene Studien beurteilen die Zukunft diesbezüglich sehr kritisch und werfen die Frage auf, wie die bestehenden Strukturen fortgeführt werden und verlässlich funktionieren können. Um eine weiterhin steigende Zahl ehrenamtlicher Helfer*innen zu erhalten, wollen sich die im Bevölkerungsschutz tätigen Organisationen beispielsweise stärker um die Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund bemühen oder auch ältere Menschen ihren Möglichkeiten entsprechend einbinden. Bundesseitige Maßnahmen wie die seit 2021 laufende Ehrenamtskampagne des BBK „Egal was du kannst – du kannst helfen“ sowie der begleitende Aufbau und Betrieb der webbasierten Plattform „mit-dir-fuer-uns-alle.de“ unterstützen diese Bemühungen.

Darüber hinaus eröffnen gesellschaftliche und technische Entwicklungen neue Wege. So wurde beispielsweise während der Hochwasserereignisse 2013 und 2016 sowie bei der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal Mitte des Jahres 2021 in vielen betroffenen Gebieten Hilfe schnell und unbürokratisch über soziale Netzwerke organisiert. Möglicherweise lässt sich so die bestehende Bereitschaft zu Engagement und Hilfeleistung von Menschen, die sich weniger als früher in festen Strukturen binden möchten, zukünftig noch effektiver für den Bevölkerungsschutz nutzen. Entsprechende Konzepte für die strukturierte Einbindung, Koordination und Ausbildung von Spontanhelfenden werden derzeit durch das BBK in enger Abstimmung mit den Einsatzorganisationen sowie mit den Ländern erarbeitet.