TOU-I-3: Marktanteile der touristischen Großräume

Die Abbildung "Touristische Großräume in Deutschland" zeigt eine Karte der Reisegebiete in Deutschland, die fünf touristischen Großräumen zugeordnet sind: Alpen und Alpenvorland, Küste sowie urbane Gebiete sind Regionen mit sehr spezifischen Eigenschaften. Mittelgebirge sowie übrige Gebiete sind großflächig und heterogen. zum Vergrößern anklicken
Touristische Großräume in Deutschland

Die Reisegebiete in Deutschland sind fünf touristischen Großräumen zugeordnet. „Alpen, Alpenvorland“, „Küste“ sowie „Urbane Gebiete“ haben sehr spezifische Eigenschaften, „Mittelgebirge“ und „Übrige Gebiete“ sind großflächig und heterogen.

Quelle: StBA (Gemeindeverzeichnis) Geobasisdaten: Geobasis-DE/BKG 2021

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

TOU-I-3: Marktanteile der touristischen Großräume

Ein Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Marktanteile der touristischen Großräume am Übernachtungsgeschehen ist bisher nicht erkennbar. Bis 2019 prägte die steigende Bedeutung der urbanen Gebiete zulasten der anderen Räume die Entwicklung. In den Covid-19-Jahren 2020 und 2021 traf der allgemeine Rückgang der Übernachtungen besonders die urbanen Gebiete; die Großräume Küste und Alpen konnten Marktanteile gewinnen.

Die Abbildung TOU-I-3 "Marktanteile der touristischen Großräume" stellt in Form eines Liniendiagramms die Marktanteile der touristischen Großräume Deutschlands dar. Differenziert wird zwischen Alpen und Alpenvorland, Küste, Mittelgebirgen, urban geprägten Gebieten sowie übrigen Gebieten. Die Werte sind für das Startjahr 2006 auf 100 gesetzt und für die Folgejahre bis 2021 indexiert dargestellt.
TOU-I-3: Marktanteile der touristischen Großräume
Quelle: StBA (Monatserhebung im Tourismus)

Tourismusräume: kein Klimaeinfluss auf Marktanteile sichtbar

Neben den Küstengebieten an Nord- und Ostsee sowie den Alpen und Alpenvorland sind die Reisegebiete in Deutschland noch zu drei weiteren touristischen Großräumen zusammengefasst207: Mittelgebirge, urban geprägte Gebiete und übrige Gebiete (zur räumlichen Verteilung siehe die nebenstehende Karte). Die touristischen Großräume zeichnen sich durch eine unterschiedliche Charakteristik von Natur, Landschaft und ⁠Landnutzung⁠, aber auch durch eine unterschiedlich hohe Bedeutung und Intensität des Tourismus aus. Einzelne Tourismusformen in den touristischen Großräumen sind neben den landschaftlichen Gegebenheiten sehr direkt an bestimmte klimatische Bedingungen geknüpft, zum Beispiel der Badetourismus an den Küsten oder der Wintertourismus in den Alpen und Mittelgebirgen. Für andere Tourismusformen wie den Städtetourismus, den Geschäfts- und Tagungstourismus oder den Wander- und Radtourismus ist die Verbindung weniger direkt, aber ebenfalls gegeben. Ändern sich diese Bedingungen mit dem fortschreitenden ⁠Klimawandel⁠, kann dies die Attraktivität der Großräume für den Tourismus negativ oder positiv beeinflussen. Wie stark dieser Einfluss ist, hängt neben der Klimaveränderung unter anderem davon ab, wie stark klimasensible Tourismusformen die Nachfrage prägen und wie vielfältig das touristische Angebot im jeweiligen Großraum ist.

Für den Sommertourismus können steigende Temperaturen und geringere Niederschläge die Attraktivität deutscher Tourismusgebiete grundsätzlich erhöhen, beispielsweise für Outdoor-Aktivitäten wie Wanderungen, Rad- oder Bootstouren. Auch kann sich, unterstützt durch ebenfalls steigende Wassertemperaturen, die Badesaison an Nord- und Ostseeküste (siehe ⁠IndikatorTOU-I-1) sowie an Binnengewässern vom Bodensee bis zur Mecklenburgischen Seenplatte erheblich verlängern. Höhere Wassertemperaturen können aber auch die ⁠Gewässergüte⁠ beeinträchtigen und etwa das nachteilig zu bewertende Wachstum von Algen oder ⁠Cyanobakterien⁠ begünstigen (siehe Indikator GE-I-6). An den Küsten können häufigere Stürme und der Meeresspiegelanstieg Küstenlinien und Strände verändern oder abtragen und küstennahe touristische Aktivitäten beeinträchtigen (siehe Indikator KM-I-4), in urban geprägten Gebieten sommerliche Hitzewellen die Nachfrage nach Städtereisen reduzieren. Wintertourismusgebiete in den Alpen und Mittelgebirgen können an touristischer Attraktivität in der Wintersaison einbüßen, wenn Schneebedeckung und Schneesicherheit abnehmen und die Gebiete nicht mehr die winterliche Landschaftsästhetik und die Wintersportmöglichkeiten bieten können (siehe Indikator TOU-I-2). Positiv wird dagegen ein längerer und wärmerer Herbst gesehen, der die Spielräume unter anderem für Kurzurlaube in Deutschland erhöht.208 Zusätzlich zu den Auswirkungen der sich ändernden mittleren ⁠Wetter⁠- und Witterungsbedingungen können auch klimawandelbedingt häufiger und intensiver auftretende Extremwetterereignisse die Reisegebiete in Deutschland treffen. So waren in den vergangenen Jahren Tourismusangebote und Destinationen in verschiedenen Teilen Deutschlands von Stürmen, ⁠Starkregen⁠ und Überschwemmungen oder auch von Hitzewellen, Waldbränden und Wassermangel betroffen.
Ändert sich durch die graduellen oder akuten Klimawandelfolgen die Attraktivität der touristischen Großräume, kann sich das wiederum auf ihre Marktanteile auswirken. Um dies abzubilden stellt der Indikator für die touristischen Großräume „Alpen und Alpenvorland“, „Küste“, „Mittelgebirge“, „Urban geprägte Gebiete“ und „Übrige Gebiete“ die Entwicklung der Marktanteile an den deutschlandweiten Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben dar. Er erlaubt damit einen einfachen vergleichenden Überblick über die Entwicklung der Reisenachfrage in diesen Räumen.

Die Entwicklung der Marktanteile ist im Zeitraum von 2006 bis 2019 bei einem insgesamt starken deutschlandweiten Anstieg von rund 350 auf 500 Mio. Übernachtungen vor allem von einem stark steigenden Marktanteil der urbanen Gebiete zulasten der anderen Räume, insbesondere der Mittelgebirge und der übrigen Gebiete, geprägt. Diese Entwicklung wurde 2020 und 2021 durch die – innerhalb Deutschlands unterschiedlichen – Reisebeschränkungen und die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes während der Covid-19-Pandemie gestoppt. Die Beschränkungen führten dazu, dass die Bevölkerung Deutschlands insgesamt deutlich weniger Urlaubsreisen und diese verstärkt zu inländischen Zielen unternahm. Zudem brach die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste von rund 90 Mio. im Jahr 2019 auf 32 Mio. Übernachtungen 2020 ein.209 Insgesamt fiel die Nachfrage in Deutschland auf rund 300 Mio. Übernachtungen, also deutlich unter das Niveau des Jahres 2006. Dieser Rückgang traf grundsätzlich alle touristischen Großräume, besonders stark aber die urban geprägten Gebiete, wo internationale Gäste aufgrund der Reisebeschränkungen ausblieben und Messen und sonstige Veranstaltungen nicht stattfanden. Hier gingen die Übernachtungen um fast 60 % zurück. Am geringsten fiel der Rückgang im touristischen Großraum Küste (-20 %) aus. Den Destinationen an Nord- und Ostsee kam dabei offenbar die hohe Präferenz der Deutschen für den Strandurlaub zugute.
Die beschriebene Entwicklung zeigt, dass der Indikator grundsätzlich Verschiebungen in der Beliebtheit der touristischen Großräume in Deutschland abbildet – beispielsweise den über längere Zeit bestehenden Trend zu Städtereisen oder die Veränderungen während der Covid-19-Pandemie. Ein erkennbarer Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Marktanteile der touristischen Großräume am Übernachtungsgeschehen spiegelt sich im Indikator bislang aber nicht wider.

 

203 - Institut für Länderkunde Leipzig 2000, abgebildet in: DTV – Deutscher Tourismusverband e.V. (Hg.) 2002: 100 Jahre DTV – Die Entwicklung des Tourismus in Deutschland 1902–2002.

208 - ⁠UBA⁠ – Umweltbundesamt, ⁠BMU⁠ – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hg.) 2020: ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠: Die Zukunft im Tourismus gestalten. Handlungsleitfaden. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/anpassung_an_den_klimawandel_die_zukunft_im_tourismus_gestalten_barrierefrei_v2.pdf

209 - DZT – Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hg.): Zahlen, Daten, Fakten 2021. Frankfurt/Main, 25 S. https://www.germany.travel/media/redaktion/trade_relaunch/business_intelligence/dzt_marktforschung/2022_1/dzt_zahlenflyer_feb2022_de_la085068_1390400.pdf

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