WW-I-2: Grundwasserstand und Quellschüttung
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
In den nördlichen Bundesländern führten die extrem trockenen Jahre 2018 bis 2020 dazu, dass die Grundwasserstände vieler Messstellen zuletzt Rekordtiefstände verzeichneten. Im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021 lagen – über alle betrachteten Messstellen gemittelt – die Monatsmittel der Grundwasserstände oder Quellschüttungen an mehr als 8,5 Monaten im Jahr unter dem langjährigen Mittel der niedrigsten Grundwasserstände oder Quellschüttungen.
In den südlichen Bundesländern stellt sich die Situation grundsätzlich ähnlich dar wie im Norden. Auch hier schlagen sich die Folgen der Dürrejahre in außerordentlich niedrigen Grundwasserständen oder Quellschüttungen nieder. War die Zeitreihe bis zur Jahrtausendwende immer wieder von mehr oder weniger zyklisch wiederkehrenden Nassclustern geprägt, sind diese seit 2004 nahezu ausgeblieben oder sind zumindest deutlich weniger ausgeprägt.
Wie viel Grundwasser sich in einem Gebiet neu bilden kann und welche Grundwasserstände sich einstellen, hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussgrößen. Dazu gehören unter anderem der Abstand der grundwasserleitenden Schicht von der Geländeoberkante, die Beschaffenheit der Deckschichten über dem Grundwasser, die Größe und Gestalt der Hohlräume im Gestein, der unterirdische Zu- und Abfluss von Grundwasser sowie die Entnahmen. Vor allem wird die Grundwasserneubildung aber durch den Niederschlag sowie den oberirdischen Abfluss und das Verdunstungsgeschehen bestimmt. Ändern sich die klimatischen Rahmenbedingungen, hat dies Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung.
Steigende Temperaturen sind Auslöser für eine insgesamt höhere potenzielle Verdunstung mit der Folge, dass weniger Wasser versickert und ins Grundwasser infiltriert. Jahre mit einer geringen Gesamtniederschlagsmenge machen sich zwar nicht unmittelbar im Grundwasserstand bemerkbar, weil das Grundwasser im Vergleich zu Oberflächengewässern eher träge auf ein verändertes Niederschlagsregime reagiert. Die Situation kann sich aber zuspitzen, wenn die Wasserverfügbarkeit durch abnehmende Niederschläge und gleichzeitig höhere Verdunstung auf Dauer eingeschränkt wird. Sowohl die Veränderung der Temperaturen als auch der Niederschläge beeinflussen den oberirdischen Abfluss mit Auswirkungen auf das Grundwasser: Fällt der Niederschlag vermehrt im Winter und trifft dabei auf wassergesättigte oder möglicherweise auch gefrorene Böden, kann er nur begrenzt versickern. Im Sommer hingegen trocknen die Böden stärker aus und können die Niederschläge, die zudem häufiger als Starkregen fallen, ebenfalls nicht oder kaum aufnehmen. Die weiter zunehmende Flächenversiegelung (siehe Indikator RO-R-5) und mangelnde Strukturvielfalt in intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten verstärken die Problematik einer geringeren Grundwasserneubildung.
Um einen Überblick über die Entwicklung der Grundwasserstände in Deutschland zu erhalten, wurden zur Generierung der beiden Indikatoren für alle Flächenländer (mit Ausnahme des Saarlands) und hydrogeologischen Räume 148 Grundwassermessstellen und Quellschüttungen ausgewählt, für die Daten möglichst kontinuierlich ab 1971 zur Verfügung stehen; für 117 Messstellen reichen die Beobachtungsreihen sogar bis in das Jahr 1961 zurück. Es handelt sich in allen Fällen um Messstellen, die den obersten Grundwasserleiter erfassen und anthropogen möglichst unbeeinflusst sind. Das heißt, im Einzugsgebiet finden keine relevanten Grundwasserentnahmen oder Beregnungen statt, die Bodenversiegelung ist gering und es gab im Beobachtungszeitraum nur wenig Änderungen in der Flächenbewirtschaftung. So lassen sich die beobachteten Veränderungen zu einem erheblichen Anteil mit dem Wandel des Temperatur- und Niederschlagsregimes in Zusammenhang bringen.
Aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen und klimatischen Voraussetzungen innerhalb Deutschlands wird der Indikator differenziert für den nördlichen und südlichen Teil Deutschlands abgebildet. Dargestellt ist jeweils die über alle Messstellen gemittelte Anzahl von Monaten, in denen die Monatsmittel der Grundwasserstände oder Quellschüttungen niedriger waren als die für die jeweiligen Messstellen über die Jahre 1971 bis 2000 gemittelten niedrigsten Grundwasserstände oder Quellschüttungen. Analog wurde beim Vergleich der Monatsmittel der Grundwasserstände oder Quellschüttungen mit den langjährigen höchsten Grundwasserständen oder Quellschüttungen verfahren.
Die Trends einer sinkenden Anzahl von Monaten mit Überschreitung der langjährigen höchsten Grundwasserstände oder Quellschüttungen sowie einer steigenden Anzahl von Monaten mit Unterschreitung der langjährigen niedrigsten Grundwasserstände oder Quellschüttungen sind im Norden deutlicher ausgeprägt als im Süden und statistisch signifikant. Im Süden sind nur die rückläufigen Überschreitungen signifikant. In beiden Regionen kam es aber als Folge der extrem trockenen Jahre 2018 bis 2020 ab 2019 zu Rekordniedrigständen. Es gibt mehrere Messstellen, an denen ab 2019 (fast) ganzjährig die Monatsmittel der Grundwasserstände oder Quellschüttungen unter den langjährigen niedrigsten Grundwasserständen oder Quellschüttungen lagen.
In Deutschland stammen fast drei Viertel des Trinkwassers aus Grundwasser. Die mengenmäßig ausreichende Neubildung von Grundwasser ist daher eine wesentliche Voraussetzung sowohl für eine nachhaltige Trinkwasserbereitstellung als auch für die Wasserversorgung von Ökosystemen.