Hintergrund und Ziele
Der im März 2022 veröffentlichte Bericht des Weltklimarats verdeutlicht, dass der Klimawandel voranschreitet und das 1,5-Grad-Ziel in die Ferne rückt. Damit einhergehende Konsequenzen wie erhöhte Durchschnittstemperaturen und Extremereignisse häufen sich und bergen zahlreiche, interdependente Risiken. Es zeichnet sich ab, dass sich der globale Klimawandel stärker ausprägt und für die Gesellschaft, Politik und Unternehmen multiple Veränderungsbedarfe verursacht. In der stark industriell geprägten bayerischen Region Mainfranken sind die durchschnittlichen Erwärmungsraten bereits höher als im bundesweiten Durchschnitt. An diese Umweltauswirkungen ist zugleich die Anforderung geknüpft, Verantwortung zu übernehmen und die Prozesse so auszugestalten, dass sich Wirtschaftlichkeit und Prosperität vereinbaren lassen. Das Projekt MainKlimaPLUS adressiert diese Herausforderungen und konzeptualisiert Bildungsangebote, um Organisationen hinsichtlich ihrer Verantwortungsfunktion zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen Maßnahmen zu Klimaschutz und -anpassung für ihr Unternehmen abzuleiten. Eine umfassende Regionalstudie bildet neben der Erläuterung von relevanten Grundbegriffen, anhand verschiedener Dimensionen (z.B. Branche, Umfang, antizipativ/reaktiv) ab, inwiefern Unternehmen bereits Anpassungsmaßnahmen umsetzen. Die Datenbasis entstammt einer quantitativen Umfrage der mainfränkischen Wirtschaft (n = 288). Ein bei YouTube veröffentlichtes Teaservideo sowie ein Kartenspiel (MainWarmUP) bereitet Wechselwirkungen und Grundbegriffe zielgruppengerecht auf. Anhand des Planspiels MainKassandra können Unternehmen verschiedene, klimatische Einflüsse simulieren und Anpassungsstrategien auf ihre Wirksamkeit und reziproken Effekte hin erproben. Dabei gilt es eine Balance zwischen ökonomischen und ökologischen Anforderungen herzustellen. Der im Projekt genutzte, didaktische Ansatz des Game-based Learnings (GBL) birgt angesichts des Themenkomplexes, der Sensibilisierung und Veränderung von Denkmustern, höhere Erfolgschancen als klassische Bildungsformate, um die Inhalte und Relevanz praxisnah zu vermitteln.
Laufzeit
seitUntersuchungsregion/-raum
- Deutschland
- Bundesweit
- Bayern
Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel
Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben
Mit den Bildungsangeboten sollen Akteure von Handwerksunternehmen, KMUs sowie Großkonzernen Grundbegriffe, Kontext und Wechselbeziehungen des Klimawandels insb. hinsichtlich der Klimaanpassung verinnerlichen und mittels GBL in einer geschützten Umgebung relevante Entscheidungen treffen und deren Wirkungen zu erleben. Der didaktische Ansatz basiert auf der Taxonomie nach Bloom. Das Ziel ist die Verbesserung der aktuellen Wissensbasis, um Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Klimaanpassung zu vermitteln (Wissen). Diese Erkenntnisse sollen die Motivation steigern (Sensibilisierung), Erlerntes in die berufliche Praxis zu überführen und individuell umzusetzen (Befähigung). Akteure sollen im Spiel ihre Erfahrungen reflektieren, in den Arbeitsalltag transferieren und dann eigene, maßgeschneiderte Anpassungskonzepte innerhalb ihrer Organisationen ableiten. Dabei ermöglicht insbesondere das Planspiel, dass Akteuren in einer geschützten Umgebung direkte und indirekte Auswirkungen des Klimawandels simulieren und bereits innerhalb der Teams zielgerichtete Anpassungsstrategien entwickeln. Dieses aktive Lernen fördert das Handlungsbewusstsein und die Wissensanwendung. Konkret trägt das beantragte Vorhaben insofern zur Gestaltung von Anpassungsmaßnahmen bei, als dass eine niederschwellige Informationsbereitstellung durch die Regionalstudie die Thematik des Klimaschutzes- und der -anpassung in den Fokus unternehmerisch, nachhaltigen Handelns rücken soll. Das begleitende Teaservideo erfährt u.a. über Social-Media-Kanäle eine hohe Verbreitung und Reichweite, so dass Interesse für das innovative Planspielkonzept entsteht. Das Planspiel ist als narrativer Ansatz mit Strategiepfaden geplant, so dass Unternehmen spezifische Anpassungsstrategien auswählen und deren Wirkung abschätzen lernen. Daraus soll Wissen über die eigene Handlungsweise entstehen.
Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen
Mainfränkische Unternehmen und Handwerksbetriebe stehen aufgrund expandierender Wertschöpfungsketten in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu ihren global verteilten Zulieferern. Dadurch ist die Wertschöpfungskette anfällig für externe Störungen, die unter anderem durch den Klimawandel ausgelöst werden. Zugleich sind die Erwärmungsraten in der bayerischen Region derzeit deutlich höher als im bundesweiten Durchschnitt. Die Entwicklung von strategischen Maßnahmen zur Klimaanpassung ist demnach unerlässlich, um die unternehmensspezifischen Risiken des Klimawandels zu antizipieren und zu minimieren.
Die Klimaanpassung ist in vielen kommunalen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen eine der größten Herausforderungen der Gegenwart. Die Regionalstudie beabsichtigt daher eine Abgrenzung der Verhältnisse und Wechselwirkungen des globalen Klimawandels, der Auswirkungen in der bayerischen Region Mainfranken sowie der aufkommenden Veränderungsbedarfe für gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Akteure. Ein umfassender grundlagentheoretischer Überblick dient zunächst der Einordnung wichtiger Ansatzpunkte aus politischer Perspektive und stellt Angebote für Wirtschaftsakteure dar. Ferner werden die wirtschaftlichen Ausprägungen nach Handwerksbetrieben und Unternehmen differenziert, sowie deren Rolle für Wachstum und Innovation in der Region, als auch in Bezug auf den Klimawandel und die erforderliche Anpassung aufgezeigt. Die Ergebnisse einer qualitativen (n=13) und quantitativen Erhebung (n=288) veranschaulichen, dass neben der Wirtschaftlichkeit und physischen Ressourcen, menschliche Faktoren zur Erhöhung der organisationalen Klimaresilienz beitragen. Um als wirtschaftliche Organisationen einen adäquaten Umgang mit dem Klimawandel zu finden, sind bspw. zunächst Führungskräfte aufgefordert einen systemischen Ansatz mit umfangreichen Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung zu entwickeln, auf ihre Wirksamkeit zu erproben und ganzheitlich zu integrieren. Mit der Regionalstudie wird deutlich, dass neben dem Klimaschutz, der Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgasemissionen, die Klimaanpassung ein unverzichtbarer Aspekt ist, um die wirtschaftliche Effizienz zu erhalten und sogar zu erhöhen, indem die veränderten Anforderungen als Entwicklungschancen wahrgenommen werden.
Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen
Das Planspiel fördert aktives Lernen, indem reale Herausforderungen initiiert und interaktiv bearbeitet werden. Die Spielenden nehmen fiktive Rollen ein, spielen Klima-Szenarien durch und stellen über Strategiepfade Maßnahmen zusammen, die sich auf fiktive Unternehmen auswirken. Die eher beiläufigen Lernprozesse erweisen sich aufgrund motivierender und emotionaler Faktoren im Spiel als intensiver. Demnach stärken die Spielenden neben den konkreten fachlichen Inhalten, auch Kompetenzen wie Kommunikations-, Verhandlungs- und Problemlösungsfähigkeiten. Das Planspiel simuliert realistische Szenarien (wie Starkregen, politische Vorgabe) in einem spielerischen Kontext, die sich auf den Unternehmensalltag in der heutigen Zeit auswirken können. Demzufolge kann es Spielende anregen und unterstützen, praktische Lösungen für die Herausforderungen bei der Klimaanpassung ihres Unternehmens zu entwickeln. Zudem kann das Spiel eingesetzt werden, um organisationsübergreifend ein Verständnis für die Komplexität des Klimawandels und mögliche (innovative) Lösungen zu schaffen. Insbesondere beim Planspiel ist die Transferfähigkeit auf andere Funktionsbereiche oder Themen gesellschaftlicher Relevanz hoch. Hierbei tragen neben Wirtschaftsakteuren auch Bildungseinrichtungen wie Schulen, Hochschulen, Ausbildungsstätten etc. die Verantwortung, Leitbilder der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu realisieren und zielgerichtete Angebote bereitzustellen, die gesellschaftliche Akteure im nachhaltigen Handeln bestärken und ein klimasensibles Denkvermögen befördern. Demnach kann das Planspiel in angepasster Form Schülerinnen, Schüler und Studierende befähigen und sensibilisieren, eigene Klimaschutz- und -anpassungsstrategien zu entwickeln. Der GBL-Ansatz verspricht angesichts thematischer Sensibilisierung und Veränderung von Denkmustern, höhere Erfolgschancen, die Inhalte und Relevanz nachhaltig und praxisnah zu vermitteln.
Wer war oder ist beteiligt?
Das Projekt MainKlimaPLUS der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert. Mit dem DAS Förderprogramm (Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels) fördert das BMUV innovative Projekte um bzgl. der Auswirkungen und Anforderungen des Klimawandels einen Bewusstseinswandel und Umdenken zu bewirken. In Förderschwerpunkt 2 sollen Fördernehmende effektive Kommunikations- und Bildungskonzepte mit „Multiplikatorenwirkung“ entwickeln, die Zielgruppen befähigen, Klimaanpassungsmaßnahmen abzuleiten und diesen Bedarf fortwährend in ihre Strategien zu integrieren.
Prof. Dr.-Ing. Jan Schmitt
(jan [dot] schmitt [at] thws [dot] de)
Die IG Metall Schweinfurt (IGM), die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg Schweinfurt und die Handwerkskammer für Unterfranken (HWK) sind assoziierte Partner des Projekts, ohne finanzielle Zuwendung.
Prof. Dr. Jan Schmitt ist Projektleiter. Ihm obliegt die methodische Unterstützung und die Koordination des Gesamtvorhabens. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sophie Fischer (M.A.) führt in Vollzeitbeschäftigung das Vorhaben durch.
Prof. Dr.-Ing Jan Schmitt
+49 9721 940-8594
jan [dot] schmitt [at] thws [dot] de
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97421 Schweinfurt