Fund eines Weichmachers in Urinproben – Fragen & Antworten

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Urinprobe
Quelle: Jörg Beuge / Fotolia.com

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) berichtete am 31.01.24 zum Fund von Mono-n-hexylphthalat in Urinproben von Kindern. Die Substanz wurde ebenfalls in Urinproben von Erwachsenen im Rahmen der sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) nachgewiesen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat die häufigsten Fragen und Antworten dazu zusammengestellt.

FAQ vom 06.02.2024, zuletzt aktualisiert am 28.06.2024

1. Was sind Phthalate?

Stoffe aus der Gruppe der Phthalate werden als Weichmacher verwendet, um spröden Kunststoff, insbesondere PVC, die gewünschte Elastizität zu verleihen. Weitere Informationen zu Phthalaten haben das Umweltbundesamt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zusammengestellt.

2. Was ist Mono-n-hexylphthalat?

Mono-n-hexylphthalat kann als ein Abbauprodukt im Körper (als sogenannter Metabolit) aus verschiedenen Stoffen, z. B. aus Di-n-hexylphthalat, entstehen. Di-n-hexylphthalat wurde 2013 als besonders besorgniserregender ⁠Stoffim Rahmen der REACH-Verordnung (REACH-VO) identifiziert, da es die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen gefährden kann. 2020 erfolgte dann die Aufnahme in den Anhang XIV der REACH-VO. Damit darf der Stoff in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge wurden für Di-n-hexylphthalat bislang nicht gestellt.

Da es für den Stoff keine Registrierung gemäß REACH-VO gibt, ist davon auszugehen, dass der Stoff wirtschaftlich in der EU keine große Rolle spielt bzw. in der Vergangenheit gespielt hat. Möglich sind Gehalte von Di-n-hexylphthalat als Verunreinigung in anderen Stoffen, z. B. durch eine Entstehung im Herstellungsprozess, Altlasten sowie Di-n-hexylphthalat-haltige Importerzeugnisse. Die SCIP-Datenbank bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) listet eine größere Anzahl von Erzeugnissen, für die Di-n-hexylphthalat als Bestandteil angegeben wird.

3. Wie wurde die Substanz entdeckt?

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) veranlasste im Herbst 2023 eine Untersuchung der Urinproben von Kindern, die es im Rahmen seiner regelmäßigen Human-Biomonitoring-(HBM)-Untersuchungen sammelt (Info).

Ergebnisse des LANUV zur Belastung von Kindern mit Mono-n-hexylphthalat wurden in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Umweltbundesamt und LANUV stehen zu diesen Ergebnissen in Austausch.

Das Umweltbundesamt selbst führt seit Mai 2023 die sechste Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit (GerES VI) durch. Deutschlandweit werden vorausgewählte Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren um ihre Teilnahme gebeten, um unter anderem auf ihre körperliche Belastung mit Umweltschadstoffen hin untersucht zu werden. Unter den im Rahmen dieses Human-Biomonitoring-(HBM)-Programms aktuell untersuchten Stoffen befindet sich auch das Mono-n-hexylphthalat.

4. Wie groß ist das Ausmaß der Belastung?

Erste vorläufige Ergebnisse aus GerES VI zeigen, dass in ca. einem Viertel von bislang rund 1.000 untersuchten Urinproben Mono-n-hexylphthalat nachweisbar ist. Die Probenahme und Befragung der Teilnehmenden läuft noch bis in den Spätsommer 2024. Endergebnisse der Studie werden im nächsten Jahr erwartet. Der reine Nachweis von (Einzel-)Substanzen im Körper deutet nicht zwangsläufig auf ein gesundheitliches Risiko hin.

Die Kommission Human-Biomonitoring (HBM-Kommission) hat einen toxikologischen Beurteilungswert (HBM-Wert) von 60 Mikrogramm pro Liter (µg/L) Urin abgeleitet. Von den bisher ausgewerteten Proben aus GerES VI liegen alle unterhalb dieses Beurteilungswerts. Gleichzeitig sollte eine Mehrfachbelastung durch ähnlich wirkende Substanzen bei der Bewertung der HBM-Messergebnisse berücksichtigt werden.

Die bisher ausgewerteten Proben aus GerES VI zeigen deutliche saisonale Schwankungen: In den Wintermonaten wurde Mono-n-hexylphthalat nur in einem geringen Teil der Proben (<10 Prozent) gefunden. Der bislang höchste Anteil an mit Mono-n-hexylphthalat belasteten Proben wurde dagegen im September (ca. 50 Prozent) beobachtet.

5. Worauf sind die Belastungen mit Mono-n-hexylphthalat im menschlichen Körper zurückzuführen?

Vorläufige Auswertungen von GerES VI deuteten bereits frühzeitig auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Belastung mit Mono-n-hexylphthalat und der Nutzung von kosmetischen Mitteln, insbesondere Sonnenschutzmitteln, hin. Im Folgenden geriet ein bestimmter UV-Filter (DHHB, Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate) in den Fokus, da bei dessen Herstellung Di-n-hexylphthalat als Verunreinigung entstehen kann.

So wurde beispielsweise bei Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe Di-n-hexylphthalat in DHHB-haltigen Sonnenschutzmitteln nachgewiesen. Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass nicht alle Produkte, die den UV-Filter DHHB enthielten, mit Di-n-hexylphthalat belastet waren. 

6. Was unternimmt das Umweltbundesamt?

Das Umweltbundesamt führt seit den 1980er Jahren die Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit (GerES) durch. Im Rahmen dieser Studien werden u. a. Urin- und Blutproben der Teilnehmenden auf verschiedene Umweltschadstoffe untersucht und Befragungen durchgeführt. Mithilfe der Daten dieser Studien können Rückschlüsse auf die Belastung der gesamten Bevölkerung in der jeweils untersuchten Altersgruppe (Kinder, Erwachsene) in Deutschland gezogen werden.

Zur Beurteilung der gefundenen Belastung mit Mono-n-hexylphthalat hat das ⁠UBA⁠ die Kommission Human-Biomonitoring um eine Bewertung gebeten. Die Kommission hat einen toxikologischen Beurteilungswert (HBM-Wert) abgeleitet.

Aktuell wertet das Umweltbundesamt auch weitere Urinproben der Umweltprobenbank des Bundes aus. Diese sollen zeigen, ob es über die Jahre einen Zeittrend in der Belastung gibt. 

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 Weichmacher  Phthalat  Human-Biomonitoring  GerES  Umweltprobenbank des Bundes