Seen bieten mit Uferzonen, freien Wasserkörpern und Seeboden viel Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten. Nach den EU-Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie waren 2021 24,7 % der deutschen Seen in einem „guten“ oder „sehr guten“ ökologischen Zustand. Das ökologische Gleichgewicht vieler Seen ist durch zu hohe Nährstoffeinträge, die Nutzung der Ufer und die Auswirkungen des Klimawandels bedroht.
Die Europäische Union (EU) verfolgt mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (2000/60/EG) ein ganzheitliches Schutz- und Nutzungskonzept für die europäischen Gewässer. Ziel ist, bis 2027 mindestens einen guten ökologischen Zustand in allen Seen zu erreichen. Da das Ziel bis zum Ende des Bewirtschaftungszyklus 2021 verfehlt wurde, gilt es nun den folgenden 6-jährigen Bewirtschaftungszyklus zu nutzen, um dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen.
Bewertet nach der WRRL, erreichten 2021 24,7 % der 738 deutschen Seen (größer als 50 Hektar) einen guten oder sehr guten ökologischen Zustand bzw. ein „gutes“ oder das „höchste“ ökologische Potenzial (siehe Abb. „Ökologischer Zustand und ökologisches Potenzial von Seen “).
Im Vergleich zu Seen des Norddeutschen Tieflands ist der überwiegende Teil der Seen der Alpen und des Alpenvorlands als gut oder besser bewertetet (siehe Abb. „Ökologischer Zustand und Potenzial von Seen nach Seetypen). Sie sind weniger belastet, was vor allem auf geringere Nährstoffeinträge zurückzuführen ist. Auch viele der größten Seen Deutschlands erreichen den guten ökologischen Zustand, so unter anderem Bodensee, Ammersee, Chiemsee, Starnberger See und Müritz. Die größten ökologischen Defizite weisen Tieflandseen mit geringer Wassertiefe und großem Einzugsgebiet auf (Seetyp 11), da sich in diesen Seen besonders viele Nährstoffe akkumulieren. Zudem kann, auf Grund der geringen Wassertiefen dieser Seen, im Sediment gebundenes Phosphat besonders gut in die Wassersäule abgegeben werden. Insgesamt ist noch kein klarer Trend zum ökologischen Zustand der Seen ableitbar, denn die Erhebung findet nur alle 6 Jahre statt.
Hauptursache für die Bewertung des Zustands als nicht gut sind zu hohe Nährstoffkonzentrationen mit vermehrtem Algenwachstum und dem Auftreten von Blaualgenblüten. Obwohl die flächendeckende Reinigung von Abwässern in Kläranlagen in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Verringerung der Phosphatkonzentration in vielen Seen geführt hat, muss vor allem die Landwirtschaft Einträge von stickstoff- und phosphorhaltigen Nährstoffen weiter verringern. Beispielhaft für eine positive Entwicklung der Wasserbeschaffenheit steht der Schweriner See in Mecklenburg-Vorpommern (siehe Abb. „Entwicklung der Wasserbeschaffenheit des Schweriner Sees“). Bei einigen Seen werden zusätzliche seeinterne Maßnahmen notwendig sein, um die im See verfügbaren Nährstoffe schneller zu verringern. Dies ist nur sinnvoll, wenn vorher die Nährstoffeinträge aus dem Einzugsgebiet reduziert wurden. Maßnahmen zur Nährstoffreduktion im Einzugsgebiet wirken insbesondere in Seen mit langen Wasserverweildauern stark verzögert: Meistens braucht es viele Jahre, bis sich ein See von zu hohen Nährstoffeinträgen erholt.
Auch Eingriffe in die Uferstruktur und Veränderungen des Wasserspiegels durch Regulierung oder Wasserentnahmen belasten die Ökologie der Seen. So kann eine Verbauung der Ufer auch bei sehr guter Wasserqualität zu ökologischen Defiziten führen, weil natürliche Uferlebensräume fehlen. Die Klimaerwärmung mit höheren Wassertemperaturen und verändertem Durchmischungsregime wirkt als zusätzlicher Stressor auf das Ökosystem See. Veränderte Niederschlagsmuster und das Auftreten immer extremerer Witterungsperioden beeinflussen die Wassermengen der Zuflüsse und den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen. Diese veränderten Umweltbedingungen führen zu komplexen Antwortreaktionen der Lebensgemeinschaften im See und können das Erreichen gesteckter Bewirtschaftungsziele noch zusätzlich erschweren. Aus diesem Grund muss es oberstes Ziel sein, die Seen widerstandsfähiger gegenüber klimabedingten Veränderungen zu machen, in dem die übrigen anthropogenen Belastungen so weit wie möglich reduziert werden.
Bewertungsmethodik
Grundlage für die Bewertung des ökologischen Zustands der Seen nach WRRL bildet eine Seetypologie, die auf Basis der Parameter Ökoregion, Geologie, Größe, Schichtungsverhalten und Verweildauer abgeleitet wurde. Für jeden der in Deutschland gelten entsprechend ihrer natürlichen Randbedingungen, unterschiedliche Anforderungen zum Erreichen des guten ökologischen Zustands bzw. guten ökologischen Potenzials (siehe auch Steckbriefe deutscher Seetypen). Insbesondere die unter naturnahen Bedingungen zu erwartende Produktivität (Trophie) des Sees bestimmt, welche Pflanzen- und Tierarten im sogenannten Referenzzustand vorkommen und welche Zielwerte (Orientierungswerte) für die Konzentration von Nährstoffen gelten. Die Bewertung des ökologischen Zustands bzw. des ökologischen Potenzials von Seen erfolgt anhand der folgenden vier biologischen Qualitätskomponenten:
Darüber hinaus können zur Plausibilisierung der Bewertung anhand der biologischen Qualitätskomponenten Informationen zur Gewässerstruktur und allgemein physikalisch-chemischen Parametern herangezogen werden. Diese unterstützenden Qualitätskomponenten dienen der Interpretation der Ergebnisse, zur Ursachenklärung im Falle „mäßiger“ oder schlechterer ökologischer Zustands- bzw. Potenzialbewertungen, der Maßnahmenplanung und der späteren Erfolgskontrolle. Lediglich für die chemischen Qualitätskomponenten ist festgeschrieben, dass bei Nichteinhaltung der Umweltqualitätsnormen für einen oder mehrere Stoffe der ökologische Zustand oder das ökologische Potenzial höchstens als mäßig einzustufen ist. Eine detaillierte Übersicht der offiziellen Bewertungsverfahren der WRRL sind unter dem Link zu finden.
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