COMRISK - Common Strategies to reduce the risk of storm floods in coastal lowlands

Hintergrund und Ziele

Sturmfluten stellen eine große Gefahr für die Küstenniederungen des Nordseeraums dar, da hier über 14 Millionen Menschen leben und wichtige wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden. Ohne geeignete Küstenschutzmaßnahmen, für die hohe finanzielle Mittel bereit gestellt werden müssen, werden diese Küstengebiete bei schweren Stürmen überflutet.

Wie ein beschleunigter Meeresspiegelanstieg in der Nordseeregion in Politik und Küstenschutzadministration Berücksichtigung findet, wird in dem internationalen Forschungsprojekt mit dem deutschen Titel "Gemeinsame Strategien zur Reduzierung der Risiken von Sturmfluten in Küstenniederungen" untersucht. Ziel ist u.a. die Evaluation bestehender Politiken und Strategien für ein Management der Risiken in der durch die Nordsee beeinflussten Küsten. Dieses wird anhand einer Zusammenstellung der verschiedenen der an einem Küstenrisikomanagement beteiligten Organisationsebenen und anhand einer Analyse der gegenwärtig existierenden nationalen Politiken der Länder und Regionen im Nordseegebiet für den Umgang mit zukünftig veränderten Risikosituationen vorgenommen.

Das Projekt untersucht wesentliche Aspekte des Küstenschutzes und des Risikomanagements in den Küstenregionen des Nordseeraums. In fünf Bewertungsstudien werden verschiedenen Themen des Risikomanagements wie allgemeine Aspekten zukünftiger Küstenschutzstrategien oder technische Fragen über die hydrologischen Rahmenbedingungen für die Bemessung der Küstenschutzanlagen behandelt.

Ziele:

Gesamtziel des Projekts ist die Entwicklung eines verbesserten Risikomanagements für die gegenüber Überflutungen anfälligen Küstengebiete. Dieses soll durch einen Austausch und eine Bewertung des Wissens und der Methoden aus verschiedenen Pilotstudien erreicht werden. Dabei soll eine nachhaltige und harmonische Entwicklung in den Küstenniederungen des Nordseeraums gewährleistet werden. Der Schutz vor Überflutungen durch ein erfolgreiches Küstenrisikomanagement sind Voraussetzung für eine Vielzahl gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Nutzungsformen und damit für soziale und wirtschaftliche Fortschritte in diesen Gebieten.

Das Projekt verfolgt insgesamt folgende Ziele:

  1. Zusammenführung von Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Privatwirtschaft des Nordseeraums;
  2. Austausch von Erfahrungen und Studien;
  3. Bewertung und Entwicklung von innovativen Strategien;
  4. Initiierung und Unterstützung von transnationaler Zusammenarbeit;
  5. Integration eines Küstenrisikomanagements in Strategien für eine nachhaltige Entwicklung der Küstenzonen.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Belgien
  • Dänemark
  • Deutschland
  • Großbritannien
  • Niederlande
Bundesland
  • Hamburg
  • Niedersachsen
  • Schleswig-Holstein
Naturräumliche Zuordnung
  • Küste
  • Nordwestdeutsches Tiefland
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

europäische Nordseeregion

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Verwendung der Klimaprojektionen aus dem 3. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (⁠IPCC⁠ 2001). Angaben zum Meeresspiegelanstieg aus dem Projekt CPSL: Meeresspiegelanstieg + 1 m (pessimistisches ⁠Szenario⁠).

Zusätzlich werden Szenarien für die Jährlichkeiten des Versagens von Küstenschutzanlagen und für Versagensmechanismen (z.B. Deichbruch) betrachtet.

Parameter (Klimasignale)
  • Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
Zeithorizont
  • langfristig = bis 2100 und darüber hinaus

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Betrachtete ⁠Klimafolgen⁠ sind die durch den beschleunigt ansteigenden Meeresspiegel erhöhten Risiken durch Überflutung und ⁠Erosion⁠ der Küsten. Erkenntnis ist, dass die Küstenrisiken auch infolge des vermehrten Nutzungsdrucks weiter zunehmen werden. Das Ausmaß der Überflutungen und die Zahl der betroffenen Einwohner beim Versagen der Schutzbauwerke können dabei im Nordseeküstengebiet regional sehr stark variieren. Weitere betrachtete Klimafolgen sind Salzwasserintrusion in das Grundwasser und Dünenabbrüche z.B. auf den Ostfriesischen Inseln.

Ergebnis ist, dass alle Länder und Regionen im Untersuchungsraum den ⁠Klimawandel⁠ und den damit verbundenen Meeresspiegelanstieg als wichtige Herausforderung ansehen. Dabei werden trotz bestehender Unsicherheiten von den meisten Akteuren im Küstenschutz vorsorgend höhere Werte für die Bemessung der Küstenschutzanlagen berücksichtigt. Zusätzlich wird von den politischen Entscheidungsträgern registriert, dass mit dem Meeresspiegelanstieg auch eine Häufigkeitszunahme von extremen Ereignisse verbunden ist und dass dieses veränderte Strategien im Küstenschutz notwendig machen könnte. Wie solche Strategien im institutionellen Kontext umgesetzt werden können und welche Verantwortlichkeiten die an den Strategien beteiligten staatlichen Organisationsebenen haben, ist in den betroffenen Ländern und Regionen allerdings unterschiedlich.

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Ansatz und Risiken / Chancen 

Es wird eine ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠ durchgeführt, um die potenziellen Schäden an den sog. Risikoelementen zu bestimmen. Die Schadenshöhe wird dabei über Schadensfunktionen analysiert, die die Überflutungshöhe berücksichtigen. ⁠Vulnerabilität⁠ wird definiert als der Verlust bzw. der Schaden, der an den Risikoelemente in einem bestimmten Gebiet als eine mögliche Konsequenz einer spezifischen Gefahrensituation entsteht (hier v.a. Deichbruch mit Überflutung des Hinterlands). Die gesellschaftliche ⁠Anpassungskapazität⁠ wird hierbei nicht berücksichtigt und die Schadensdimensionen bestimmt die Anfälligkeit. Risikobewusstsein und Risikoakzeptanz sind Bestandteile einer integrierten Risikobetrachtung und werden behandelt.

Es wird auch eine Sensitivitätsanalyse bezüglich der Abschätzung von Unsicherheiten in den Eingangsparametern und Modellen für die Gesamtversagenswahrscheinlichkeit sowie die Versagensmechanismen der Hochwasser- und Küstenschutzsysteme durchgeführt.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Ein Risikomanagement an Küsten sollte in der Lage sein, die Gefahren des Meeres durch Überflutung und ⁠Erosion⁠ zu reduzieren und beherrschbar zu machen. Es sollte die Planung und den Bau von Deichen und Schutzwerken, die Sturmflutvorhersage und -warnung, die Evakuierung im Katastrophenfall sowie Reparaturen und Nachsorge nach einem Katastrophenereignis umfassen bzw. integrieren. Für viele Aspekte eines solchen Risikomanagements sind Behörden zuständig; Privatpersonen können aber auch eine bedeutende Rolle übernehmen, in dem sie sich der Risiken bewusst sind und wissen, was im Notfall zu tun ist.

Ziel der Analysen im Projekt ist die Verbesserung des Risikomanagements im Küstenschutz (sog. Küstenrisikomanagement) als Anpassung an einen Meeresspiegelanstieg. Um zu einer robusten Risikomanagementstrategie zu gelangen, sollte eine große Bandbreite von Handlungsoptionen für integrierte Strategien herangezogen werden. Neben technischen Lösungen gehört hierzu auch die Einbindung von raumplanerische Maßnahmen und Instrumenten, Flutwarnungen, Selbsthilfe und Versicherung bzw. Kompensation.

Empfehlungen für eine Küstenrisikostrategie sind:

  • Fortführung der engen Zusammenarbeit innerhalb der EU, damit Gemeinsamkeiten ausgenutzt werden können;
  •  Konzentration auf gegenseitige Verständigung und auf das Lernen voneinander, statt zwanghafter Harmonisierung;
  •  Verbesserung der Information der Öffentlichkeit über die Gefahren von Sturmfluten zur Erhöhung des Risikobewusstseins;
  •  anschauliche Vermittlung von Küstenrisiken, anstatt auf Sicherheitsstandards hinzuweisen (auch schon z.B. in den Schulen);
  •  Verwendung fortschrittlicher Methoden zur Berücksichtigung von Unsicherheiten und Sicherstellung, dass die Entscheidungsträger über die Unsicherheiten in den Daten und Erkenntnissen informiert sind.

Insgesamt kann ein Risikomanagement dazu beitragen, die Entscheidungsgrundlagen für Anpassungsmaßnahmen des Küstenschutzes zu erweitern und zu verbessern.

Zeithorizont
  • 2036–2065
  • 2071–2100 (ferne Zukunft)
Weitere Zeitangaben und Erläuterungen 

Lebenszeit von Küstenschutzanlagen (teilweise bis 2100):

In Großbritannien und den Niederlanden werden generationsübergreifende Zeithorizonte im Küstenschutz betrachtet. Dieses verdeutlicht die Notwendigkeit einer langfristigen ⁠Anpassungsstrategie⁠ für die Küstenschutzplanung. Die anderen Länder der Untersuchungsregion beschränken sich in ihren Küstenschutzstrategien darauf, den gegenwärtigen Sicherheitsstandard zu analysieren und betrachten nur die technische Lebensdauer der Küstenschutzanlagen.

Konfliktpotential / Synergien / Nachhaltigkeit 

Es werden die Nutzungskonflikte in Küstenzonen betrachtet. ⁠Nachhaltigkeit⁠ sollte Teil eines integrierten Risikomanagements sein (auch Beitrag zum Integrierten Küstenzonenmanagement - ⁠IKZM⁠).

Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen

Kosten 

Kosten-Nutzen-Analysen von Küstenschutzstrategien:

In Großbritannien wird sehr stark auf die Kalkulation von Kosten und Nutzen fokussiert, während in Deutschland und den Niederlanden für den heutigen Sicherheitsstandard der Küstenschutzelemente Kosten-Nutzen-Analysen weniger stark berücksichtigt werden. Hamburg und Niedersachen haben die potenziellen Gefahren bzw. Schäden teilweise quantifiziert. Da die Gesetzgebung hier aber vorschreibt, dass jeder Einwohner die gleiche Sicherheit haben soll, wird für die Deichbemessung das Schadenspotenzial nicht berücksichtigt und fließt deshalb auch nicht in Entscheidungsprozesse für die Neukonzeption von Küstenschutzanlagen ein. Schleswig-Holstein berücksichtigt Informationen zur Schadensdimension durch die Definition von Prioritäten für die Anpassung im Küstenschutz.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Europäische Union, Interreg IIIB, Nordseeraum

Projektleitung 

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MLUR), Schleswig-Holstein

Beteiligte/Partner 

Kooperation mit den Küstenschutzbehörden und -verwaltungen aus Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland (hier der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz - NLWKN); weitere Zusammenarbeit: North Sea Coastal Managers Group (NSCMG)

Ansprechpartner

MLUR - Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Abteilung Küstenschutz
Postfach 7125
D-24171 Kiel

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Handlungsfelder:
 Küsten- und Meeresschutz  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft