Klimawandel und Naturschutz in Deutschland

Hintergrund und Ziele

Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben schätzt anhand der bisher zum Themenbereich "⁠Klimawandel⁠ und Naturschutz" publizierten Literatur ab, welche Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt in Deutschland nachweisbar sind. Dazu werden ca. 1.000 Literaturquellen ausgewertet. Neben einer Auswahl der wichtigsten Arbeiten und deren Zusammenstellung in einer verschlagworteten und dokumentierten Literaturdatenbank stellt diese sog. Vorstudie die Auswertung der analysierten Literatur dar, fasst die wesentlichen Aussagen zu vier Themenfeldern (siehe unten) zusammen und skizziert zukünftigen Forschungsbedarf zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt in Deutschland.

Dabei erwies sich die vorliegende Literatur als aussagekräftig genug, um belegen zu können, dass sowohl der Klimawandel als auch dessen Auswirkungen auf Arten und Lebensräume für Mitteleuropa bereits stattfinden. Es scheint absehbar, dass in Deutschland klimawandelbedingte Artenverluste in den nächsten Jahrzehnten weitaus höher sein werden als durch Lebensraumverluste.

Um die Mechanismen und Auswirkungen des Klimawandels besser abschätzen zu können und ggf. Maßnahmen abzuleiten, werden insbesondere für den praktischen Naturschutz anwendbare Forschungsaktivitäten gefordert.

Ziel der Vorstudie "Klimawandel und Naturschutz in Deutschland" ist die Erstellung einer Literaturliste und deren Auswertung. Grundlage ist eine Literaturrecherche zu vier Themenfeldern:

  1. aktuelle Klimatrends und Erstellung von regionalen Klimaszenarien;
  2. Klimawirkungsforschung;
  3. langfristige Veränderung von Verbreitungsarealen einzelner Arten und von Ökosystemen;
  4. Sensitivitätsanalyse von Arten und Lebensgemeinschaften.

Die Synthese des Forschungsstands zu den vier Themenfeldern zeigt wesentliche Erkenntnisse der Klimawandel- und Klimawirkungsforschung auf und identifiziert Wissenslücken. Als Schlussfolgerung kann gesagt werden, dass das bisher vorliegende Wissen für die Erarbeitung einer Gefährdungsanalyse und von konkreten Handlungsvorschlägen für einen zukünftigen Naturschutz in Deutschland nicht geeignet ist, weil erstens nur in seltenen Fällen Forschung an schutzwürdigen Arten durchgeführt wurde und zweitens eine Regionalisierung auf deutsche Teilregionen und Landschaften nicht erfolgt ist.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland
Bundesland
  • Baden-Württemberg
  • Bayern
  • Berlin
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Hamburg
  • Hessen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
  • Sachsen
  • Sachsen-Anhalt
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Mitteleuropa

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Literaturstudie zu klimatischen Veränderungen und regionalen Klimaszenarien bzw. -modellen;

kein eigenes ⁠Klimaszenario

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Aktuelle Publikationen verdeutlichen das Gefährdungspotenzial, dem schutzwürdige Arten und Lebensräume durch den sich abzeichnenden ⁠Klimawandel⁠ in den nächsten Dekaden ausgesetzt sind. Je nach ⁠Szenario⁠ wird prognostiziert, dass 10 bis 50% der Arten auf lokaler oder globaler Ebene aussterben werden, weil die vorhandenen Schutzgebiete den erwarteten klimawandelbedingten Wanderungsbewegungen in keiner Weise entsprechen. Artenverluste infolge Klimawandels werden danach in naher Zukunft bedeutender sein als solche durch direkte Lebensraumverluste, wie dies heute der Fall ist. Es ist wahrscheinlich, dass diese Szenarien auch für Deutschland gelten und mit einem Artenverlust im Bereich von 5 bis 30% zu rechnen ist.

Das bisher vorliegende Wissen zur Wirkung von Temperatur-, ⁠CO2⁠- und Bodenfeuchteveränderungen auf die deutsche ⁠Flora⁠ und ⁠Fauna⁠ betrifft nur in wenigen Fällen Arten, die heute als schutzbedürftig eingestuft werden. Im Falle von krautigen Pflanzen bezieht sich dieses Wissen überwiegend auf Nutzpflanzen oder häufige Wildkräuter. Die Klimasensitivität von heimischen Baumarten wurde fast ausschließlich an Sämlingen oder Jungbäumen erforscht; die Extrapolation dieser Ergebnisse auf alte Bäume und deren Klimasensitivität erscheint problematisch. Ebenso liegen für nur wenige schutzbedürftige Tierarten (hier vor allem für Vögel) aut- und populationsökologische Daten zur Klimasensitivität vor.

Wenn die Klimawandelprojektionen eintreten, ist konservierender Naturschutz, der auf überwiegend kleinflächige Schutzgebiete konzentriert ist, mehr oder weniger chancenlos. Diese Einschätzung gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Regionen Europas. Das vorliegende Wissen reicht für naturschutzpolitische Handlungsempfehlungen nicht aus und eine detaillierte Gefährdungsanalyse der naturschutzrelevanten Objekte für Deutschland kann ad hoc nicht gegeben werden. Weder auf Art- noch auf Lebensraumniveau ist bisher systematisch die Wirkung von z.B. Temperaturerhöhung und Reduktion des Sommerniederschlags auf die Flora und Fauna Deutschlands und deren Häufigkeit und Verbreitung abgeschätzt worden.

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Dringlichkeit und Priorisierung von Anpassungsbedarf 

Eine Analyse des Forschung- und Handlungsbedarfs zeigt, dass ein Forschungsprogramm "Experimentelle Klimawirkungsforschung" zu empfehlen ist, das sich auf beispielhafte Modellorganismen und Modellökosysteme konzentriert und von den fachlich zuständigen Bundesministerien in Deutschland getragen werden sollte. Außerdem sollte im Rahmen einer vom Bundesamt für den Naturschutz zu betreuenden Studie eine räumlich explizite Gefährdungsanalyse der Schutzgüter im deutschen Naturschutz und Empfehlungen für eine mittel- bis langfristige Prioritätensetzung im Naturschutz erarbeitet werden. In dieser Studie sollten die vorhandenen arealgeographisch-ökologischen Daten in Deutschland mit dem Wissen über die Wirkung von Klimaveränderungen verknüpft werden.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

Projektleitung 

Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften, Abteilung Ökologie und Ökosystemforschung, Universität Göttingen

Ansprechpartner

Universität Göttingen, Göttinger Zentrum für Biodiversitätsforschung und Ökologie,
Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften, Abteilung Ökologie und Ökosystemforschung
Untere Karspüle 2
D-37073 Göttingen

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Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt