Eine gelungene Beteiligung der Öffentlichkeit kann zu – auch und gerade aus Umweltschutzsicht – besseren Lösungen führen. Bei Verwaltungsentscheidungen kann die Beteiligung der Öffentlichkeit so Vollzugsdefiziten entgegenwirken. Hierzu können sowohl einzelne Personen als auch Verbände einen Beitrag leisten. Zugleich macht eine gute Beteiligung der Öffentlichkeit Entscheidungen nachvollziehbar und transparent und trägt so zu akzeptablen Lösungen bei. Dies kann die Dauer öffentlicher Planungen oder der Zulassung und Durchführung von Vorhaben verkürzen.
Bereits das allgemeine Verfahrensrecht enthält im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Anforderungen an die Einbeziehung Dritter sowie der Öffentlichkeit in Verwaltungsentscheidungen (zum Beispiel in Paragraf 28 VwVfG allgemein für das Verwaltungsverfahren und in Paragraf 73 VwVfG für die Planfeststellung). Seit 2013 enthält das VwVfG in Paragraf 25 Abs. 3 eine Regelung zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit durch denjenigen, der ein Vorhaben beantragen möchte. Die Behörde soll nun darauf hinwirken, dass dieser, schon bevor er einen Antrag stellt, eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchführt und ihr die Ergebnisse zur Verfügung stellt.
Im Umweltbereich wurden diese allgemeinen Anforderungen stark weiter entwickelt. Besonderen Anstoß dazu gaben internationale Vorgaben wie die Århus- und die Espoo-Konvention, und das europäische Recht durch die Umweltinformationsrichtlinie (2003/4/EG), die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie, die Richtlinien zur Umweltprüfung von Vorhaben, Plänen und Programmen (UVP-Richtlinie 2011/92/EU, SUP-Richtlinie 2001/42/EG) und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie 2008/1/EG, neu: Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU).
Grundsätzlich bestimmt das einschlägige Fachrecht die Rolle, die die Öffentlichkeit im Verfahren spielt. So muss die Behörde zum Beispiel im Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) umweltrelevante Vorhaben öffentlich bekannt machen und die entscheidenden Unterlagen auslegen. Außerdem gilt hier die sogenannte „Jedermann-Beteiligung“. Das heißt jeder kann sich nicht nur über das Vorhaben informieren, sondern auch Einwendungen erheben und wird in einem möglicherweise stattfindenden Erörterungstermin angehört. In den vereinfachten Zulassungsverfahren, die das Immissionsschutzrecht für weniger umweltrelevante Vorhaben vorsieht, ist dagegen keine besondere Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.
Enthält das Fachrecht keine hinreichenden Vorgaben für die Beteiligung der Öffentlichkeit, können sich diese auch aus dem allgemeinen Umweltrecht ergeben. So kann sich im Rahmen der Umweltinformationsvorschriften jeder über die Verfahren zur Zulassung umweltrelevanter Vorhaben informieren (Paragraf 3 UIG). Wenn für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben oder bei der Aufstellung verschiedener umweltrelevanter Pläne und Programme eine strategische Umweltprüfung durchzuführen ist, ist die Öffentlichkeit jedenfalls zu beteiligen und denen, die von einem Vorhaben betroffen sind, ist die Möglichkeit zur Äußerung einzuräumen. Gibt es keine speziellen Vorschriften, so ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG, Paragraf 18ff.). Diese sind dann im weiteren Verfahren zu berücksichtigen.
Umwelt- und Naturschutzvereinigungen können sich als ein Teil der Öffentlichkeit an einer Vielzahl von umweltrelevanten Verwaltungsverfahren beteiligen. Das ist bei der Jedermann-Beteiligung ohne besondere Voraussetzungen möglich. Darüber hinaus kann sich eine gegebenenfalls für die Beteiligung erforderliche Betroffenheit für eine Umwelt- und Naturschutzvereinigung auch daraus ergeben, dass ihr satzungsmäßiger Aufgabenbereich betroffen ist. Umwelt- und Naturschutzvereinigungen, die nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannt sind, stehen außerdem besondere Beteiligungsmöglichkeiten zu. So können sie sich zum Beispiel in Planfeststellungsverfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ohne eine Betroffenheit nachweisen zu müssen beteiligen, in bestimmten Verfahren nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben (Paragraf 63 BNatSchG).
Im Gesetzgebungsverfahren ist eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgeschrieben. Die zuständigen Ministerien beteiligen die Öffentlichkeit häufig dennoch bei der Erarbeitung von Gesetzesentwürfen, zum Beispiel durch die Anhörung der Verbände, die betroffene Interessen vertreten. Im untergesetzlichen Bereich werden Rechtsverordnungen oft mit Anhörung beteiligter Kreise erlassen. Zu den beteiligten Kreisen zählen Betroffene, die sich vor allem aus Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen ergeben (so bei der Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Vorgaben in Rechtsverordnungen nach Paragraf 51 BImSchG).
Ein Beispiel für die zunehmende Anerkennung der Bedeutung von Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten sind die Novellen der Energiewende zum Verfahren des beschleunigten Stromnetzausbaus, geregelt im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG). Bei Planungs- und Zulassungsentscheidungen für Übertragungsnetze ist vorgesehen, die Öffentlichkeit frühzeitig und auch auf allen Verfahrensstufen zu beteiligen. Auf diese Weise sollen betroffene Umweltbelange frühzeitig erkannt, umfassend ins Verfahren eingebracht und berücksichtigt werden. Der Öffentlichkeit wird, insbesondere durch den frühen Zeitpunkt der Beteiligung, die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Entscheidung gegeben. Außerdem wird das Ergebnis der Netzausbauplanung für die Öffentlichkeit nachvollziehbar. Ein transparent und partizipativ gestaltetes Planungs- und Zulassungsverfahren kann die Akzeptanz für den Netzausbau erhöhen und fördert so den Ausbau der erneuerbaren Energien und das Erreichen der Klimaschutzziele.