Klimaangepasste Logistik - ein Pilotprojekt im Landkreis Osnabrück (KlimaLogis)

Hintergrund und Ziele

Ziel des Projektes war die Entwicklung von Klimaanpassungsmaßnahmen für die Logistikbranche. Am Beispiel des Landkreises Osnabrück wurden zwei Teilfragen untersucht: 1.) Welche Herausforderungen durch den Klimawandel sind für die Logistikbranche in einer Region von großer Bedeutung? 2.) Wie lässt sich durch ein integriertes Landmanagement die Resilienz in der Logistik sowohl auf unternehmerischer als auch auf regionaler Ebene erhöhen?

Im Projektverlauf wurden Betroffenheiten und Best Practice Lösungen identifiziert. Darauf aufbauend wurden im partizipativen Diskurs mit relevanten Akteuren aus Privatwirtschaft, Planung und Wirtschaftsförderung Instrumente und Szenarien zur Klimaanpassung entwickelt und zu kommuniziert. Hinsichtlich geeigneter Maßnahmen zur Anpassung des Logistiksystems an die Folgen des Klimawandels, stand die nachhaltigkeitsorientierte Qualifizierung von Flächen bzw. Standorten im Vordergrund (Entsiegelung, Begrünung von Freiflächen, Dächern und Fassaden, Verschattung von Flächen).

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland
Bundesland
  • Niedersachsen
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Landkreis Osnabrück

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Zeithorizont
  • kurzfristig = die nächsten Jahre/Jahrzehnte

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Zentraler Bestandteil von KlimaLogis war die Identifikation der spezifischen Betroffenheiten der Logistikbranche in der Region Osnabrück. Darüber hinaus wurde erörtert, welchen Einfluss Klimafolgen auf die Praxis in der Kommunalplanung, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von Gewerbeflächen haben. Zu diesem Zweck wurden zwei Workshops durchgeführt.

Workshop Privatwirtschaft:
In drei Denkwerkstätten wurden jeweils verschiedene Aspekte der betrieblichen Betroffenheit durch Klimafolgen behandelt. Dabei wurde im ersten Schritt erörtert, welche Erfahrungen mit Klimaereignissen vorhanden sind. Im Ergebnis dominieren mit Starkregen in Verbindung stehende Überschwemmungen die Wahrnehmung der Branchenakteure. Hierbei sind gleichermaßen Infrastrukturen, wie auch die eigenen Betriebsgelände betroffen. Ebenfalls von hoher Tragweite sind die Einschränkungen, die mit extremer Hitze einhergehen. Die Teilnehmenden berichteten von Erfahrungen mit hitzebedingten Schäden an Fahrbahnoberflächen, aber auch von steigenden Belastungen ihres Lager-, Fahr- und Verwaltungspersonals. Punktuelle aber zugleich sehr drastische Beeinträchtigungen entstehen überdies durch das Erliegen der Binnenschifffahrt während langanhaltender Trockenheit. In der zweiten Denkwerkstatt wurden darauf aufbauend bereits unternommene Maßnahmen diskutiert. Deutlich wurde, dass die Betriebe bereits jetzt die vorbeugende Pflege ihrer Immobilien intensivieren. So werden z. B. gefährdete Flächen durch Deiche geschützt, der Wasserabfluss von Gebäuden optimiert und Investitionen in Verschattungsmaßnahmen und Kühlung besonders sensibler Räume getätigt. Dabei ist festzuhalten, dass diese Vorkehrungen von den Branchenakteuren nicht in einen direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel gesetzt werden. In der dritten Denkwerkstatt wurde schließlich deutlich, dass die Aktivitäten in Folge konkreter Einschränkungen der Betriebsabläufe auf pragmatische Weise unternommen werden. Eine strategische Auseinandersetzung mit Klimafolgen erfolgt ungeachtet der vorhandenen Betroffenheit in der Regel nicht. Die Auswahl der Maßnahmen folgt bei vielen Unternehmen einer Bottom-Up-Logik. Ausgehend von Mitarbeiter*innenbefragungen und hierarchieübergreifenden Arbeitskreissitzungen werden die Maßnahmen ausgewählt. In der abschließenden Diskussion äußerten die Teilnehmenden den Wunsch nach einer Anleitung für das Screening potentieller, mit Klimafolgen einhergehender Risiken.

Workshop Kommunale Akteure:
Mit dieser Zielgruppe wurden ebenfalls drei Denkwerkstätte durchgeführt.
In Werkstatt 1 „Einfluss von Klimafolgen auf die kommunale Praxis“ stand die Frage in Vordergrund, wie präsent Klimafolgenmanagement und -anpassung in der kommunalen Praxis sind und welche Veränderungen in der jüngeren Vergangenheit vollzogen wurden bzw. vollzogen werden mussten. Auch die erlebten Konfliktfelder sowie Ideen für Anreize, um Betriebe zu mehr Eigenverantwortung in der Klimaanpassung zu motivieren, sind hier erörtert worden. Von den identifizierten Handlungsfeldern sind folgende bedeutsam für eine klimaangepasste Gewerbeentwicklung:
- Sensibilisierung, Aufklärung und Kommunikation: Die Kommunen sind in ihrer eigenen Wahrnehmung bereits sehr aktiv, bisher haben diese Aktivitäten jedoch vorwiegend ermahnenden bzw. verbietenden Charakter.
- Stadt-Umland-Beziehungen: Die Zusammenarbeit und damit die Beziehungen von Stadt und Umlandgemeinden sowie der Kommunen untereinander gewinnen durch Klimaanpassung an Bedeutung. Eine gemeinsame Strategie zur Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in Bebauungspläne wäre zielführend.
- Klimaschutzmanagement: Wenn in den Gemeinden das Thema Klimaschutzmanagement personell verankert ist, können hier auch Aufgaben der Klimafolgenanpassung platziert werden.
- Wissenschaft als Grundlage kommunaler Entscheidungen: Aus den Klimaveränderungen resultieren vermehrte Anfragen an die Wissenschaft, Grundlagen und Daten für kommunale Entscheidungen zu generieren. Anpassungsmaßnahmen sollten immer in Relation zu den konkreten Risiken unternommen werden. Die Risiken müssen jedoch mit wissenschaftlichen Methoden bestimmt werden.
Aus Werkstatt 1 resultiert der Vorschlag, statt der regulierenden, ermahnenden Herangehensweise eine auf Anreizen basierende Strategie zu verfolgen. In Werkstatt 2 „Lösungsansätze und Ideen zur Klimaanpassung“ sollten konkrete Erfahrungen mit Ansätzen der Klimaanpassung in den Kommunen behandelt werden. Im Ergebnis standen jedoch Konfliktfelder, die klimaangepasste Entwicklungen erschweren im Vordergrund:
- Flächenintensive Logistik vs. Gewerbesteuereinnahmen: Logistikansiedlungen sind aufgrund ihres hohen Flächenverbrauchs grundsätzlich nicht gewollt, unabhängig von ihrer baulichen Beschaffenheit.
- Gewerbeflächenentwicklung erfolgt häufig nicht unter Berücksichtigung von Aspekten der Klimafolgenanpassung: Die erwarteten Gewerbesteuereinnahmen haben großen Einfluss auf die Gestaltung der Bebauungsplanung Kommunen. Da die Kommunen möglichst hohe Gewerbesteuereinnahmen erzielen wollen, werden oft aus Klimaanpassungssicht nachteilige Lösungen favorisiert (z. B. hohe Dichte, niedriger Grünflächenanteil).
- Standortalternativen durch Konkurrenz der Wirtschaftsstandorte in der Region Osnabrück: Die Konkurrenz zwischen den Kommunen im Landkreis Osnabrück ist deutlich spürbar. In der Folge sind einheitliche Festsetzungen in Plänen schwer realisierbar.
- Knappe personelle Ressourcen für die Beratung: Damit die Unternehmen die Notwendigkeit für Klimaanpassungsmaßnahmen erkennen, ist eine professionelle, fachliche Beratung und Begleitung durch die Kommunen notwendig. Hierfür fehlt es an qualifiziertem Personal.
Werkstatt 3 diente schließlich für den Dialog zu Erfahrungen mit neuen Herangehensweisen, die sich aus der Notwendigkeit zur Klimaanpassung ergeben.

Describe here, which approach for the vulnerability analysis, risks and/or chances is/was used within your project and which results emerged from it or are expected

Ansatz und Risiken / Chancen 

Neben den unter Schritt 2a dargestellten Ergebnisse aus dem partizipativen Dialog mit Akteuren aus dem Untersuchungsraum, wurde eine Online-Befragung zum Thema „Herausforderungen der Logistikbranche in Deutschland“ durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Betroffenheiten der Unternehmen deutschlandweit sehr ähnlich zu der auf regionaler Ebene wahrgenommenen Beeinträchtigung sind. Unterschiede zeigen sich in der Relevanz von Fahrverboten, die bundesweit als drastischerer Eingriff in die Handlungsfähigkeit der Betriebe angesehen wird und im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen von Klimafolgen. Letztere erachten Unternehmen in der Region Osnabrück als relevanter, als dies auf Bundesebene ermittelt werden konnte. Insgesamt wird regulativen Risiken eine hohe Relevanz zugeschrieben. Dazu gehören neben Fahrverboten der Zwang zur Nutzung neuer Antriebskonzepte, steigende Kosten für Projektentwicklungen und Versicherungen sowie Zertifizierungsgebote und ein zunehmender Widerstand gegen Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben. Physische Risiken (Schäden an Immobilien, Infrastrukturen sowie ein Leistungsabfall des Personals) spielen in der Wahrnehmung der Logistikbranche eine geringere Rolle.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

In KlimaLogis wurde ein Maßnahmenkatalog zur klimaangepasste Flächenauswahl und –nutzung erstelt. Hierbei wurden zwei Unterschiedliche Prozesse fokussiert: Der Prozess der Flächenentwicklung durch kommunale Akteure und der Prozess der Standortwahl der Logistikunternehmen. Auf Basis einer Literaturanalyse und der in der Region geführten Interviews wurde ein Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Darauf aufbauend wurde die Frage beantwortet, an welchen Prozesschritten welche konkreten Maßnahmen unternommen werden können.

Aus der Synthese von Maßnahmen und Prozessschritten wurde deutlich, dass im Bereich der Flächenentwicklung bei zwei Prozessschritten ein Großteil der Maßnahmen vollzogen werden kann bzw. muss. Hierbei handelt es sich zum einen um den Prozessschritt der Identifikation von Potentialflächen. Durch ein gezieltes Flächenmanagement, das über kommunale Grenzen hinaus funktioniert, lassen sich zugleich Vorrangstandorte für logistische Nutzungen realisieren und für die Anpassung an den Klimawandel ungeeignete Flächen ausschließen. Zum anderen lassen sich Klimaanpassungsmaßnahmen im Rahmen der formellen Planung integrieren, wenn sie Einhalt in planerische Festsetzungen erfahren. Die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in den Prozess der Standortwahl der Unternehmen stellt sich komplexer dar, sowohl in der informellen als auch in der formellen Planungsphase können Maßnahmen eingebunden werden. Beispielsweise sind Klimarisiken bei der Definition von Standortanforderungen zu berücksichtigen und bei der Konzeption des Gebäudelayouts vorzunehmen.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Förderung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Projektleitung 

Prof. Dr. Martin Franz
Universität Osnabrück
Institut für Geographie
Seminarstr. 19 a/b
49074 Osnabrück

Beteiligte/Partner 

Verbundpartner:
Universität Osnabrück
Hochschule Osnabrück
Landkreis Osnabrück

Kooperationspartner:
Stadt Osnabrück
Logis.Net - Institut für Produktion und Logistik
KNI - Kompetenznetzwerk Individuallogistik e. V.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Martin Franz
Universität Osnabrück
Institut für Geographie
Seminarstr. 19 a/b
49074 Osnabrück

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Handlungsfelder:
 Industrie und Gewerbe  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Verkehr und Verkehrsinfrastruktur