Klimafolgen: Handlungsfeld Wald- und Forstwirtschaft
Wälder regulieren das lokale, regionale und globale Klima, reinigen die Luft, schützen vor Erosion, wirken positiv auf den Wasserhaushalt, speichern Kohlenstoff und dienen der Erholung. Der Klimawandel stellt den Wald vor große Herausforderungen: Schädlingsbefall, Waldbrände und Extremereignisse, wie Hitze- und Trockenperioden und Stürme, setzen dem Wald schwer zu.
Als Folge des Klimawandels verschieben sich in Deutschland die Niederschläge in zunehmendem Maße vom Sommer in die Wintermonate. Bis 2050 ist in den Sommermonaten mit einer Reduzierung der Niederschlagsmenge um bis zu 40 Prozent zu rechnen. Für Herbst und Winter wird eine Zunahme von bis zu 30 Prozent prognostiziert. Die veränderten Niederschlagsmengen und die zunehmend ungleiche Verteilung des Niederschlags über die Jahreszeiten hinweg stellen ein Risiko für Waldökosysteme dar.
Trockenheit gilt als einer der hauptsächlichen abiotischen Stressfaktoren für die Wald- und Forstwirtschaft. Sie kann die Vitalität von Bäumen stark beeinträchtigen. Zwar sterben ausgewachsene Bäume nur selten an den direkten Auswirkungen von Trockenheit, dennoch kann sie ihre Sensitivität gegenüber anderen Stressfaktoren, wie Waldbrand, Windwurf und den Befall von Schadorganismen erhöhen.
Werden Bäume mit zu wenig Wasser versorgt, fällt der Druck ab, mit dem das Wasser von den Pflanzenwurzeln in die Baumkrone transportiert wird. Ein erstes Symptom für diesen Druckabfall zeigt sich in hängenden Blättern. Um eine weitere Austrocknung und den damit verbundenen Druckabfall zu vermeiden, schließen die Bäume die Spaltöffnungen (Stomata) ihrer Blätter. Sie verlieren dadurch zwar weniger Wasser, können aber gleichzeitig auch nur weniger Kohlendioxid aufnehmen. Dadurch werden die Leistung der Fotosynthese und damit der Aufbau wichtiger Pflanzenstoffe eingeschränkt. Gleichzeitig bedeutet dies, dass die Speicherung von Kohlenstoff zurückgeht. Hält der Trockenstress an, werfen Bäume ihre Blätter, Früchte oder sogar ganze Äste ab, ihre Kronen werden lichter. Die anhaltende Dürre in den Vegetationszeiten 2018 und 2019 führte verbreitet zum vorzeitigen Abfallen der Blätter. Laut dem jüngsten Waldzustandsbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Jahr 2019 stieg der Anteil von Bäumen mit deutlichen Kronenverlichtungen von 29 Prozent im Jahr 2018 auf 36 Prozent. Nur rund ein Fünftel der Bäume zeigte keine Schäden. Vor allem bei den Laubbäumen sind die Kronenverlichtungen deutlich angestiegen. Der Kronenzustand der Nadelbäume zeigt keinen Trend. Verstärkt wurde ein Absterben von Bäumen beobachtet.
Wird das Kronendach der Bäume lichter, verändert sich auch das Waldmikroklima, da die kühlende Wirkung eines dichten Blätterdachs nachlässt. Dies hat Auswirkungen auf die Bäume, aber auch auf die Tier- und Pflanzenarten, die im Unterwuchs und im Boden leben. Wärmeliebende Arten könnten profitieren und andere Arten verdrängen, die an kühlere Bedingungen angepasst sind. Entstehen durch Waldbrände oder den Abtransport kranker und abgestorbener Bäume geräumte Flächen, kann sich die Austrocknung verstärken, da die betroffenen Flächen einer verstärkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Dadurch kann die Wasserverfügbarkeit im Boden weiter sinken. Zudem geht durch die Beseitigung von Totholz der Verlust von Nährstoffen und Humus einher, was sich negativ auf die Wasserspeicherung im Waldboden auswirkt. Steht Bäumen nicht genug Wasser zur Verfügung, senkt dies ihre Verdunstungsleistung und ihr Wachstum. Dies zieht auch eine verringerte Aufnahme von Kohlendioxid nach sich, so dass die Speicherung von Kohlenstoff zurückgeht. Trockenere Klimabedingungen können somit das Risiko erhöhen, dass Wälder einen Teil ihrer Funktion als Kohlenstoffsenke verlieren.
Für alle Laub- und Nadelbäume gilt, dass sehr junge Bäume anfällig gegenüber Trockenheit sind. Ihr Wurzelwerk ist noch nicht hinreichend ausgebildet, um Wasser aus tieferen Bodenschichten zu erschließen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jungbäume an Trockenheit sterben, ist daher deutlich erhöht. Als erwachsene Bäume unterscheiden sie sich jedoch in ihrer Empfindlichkeit gegenüber Trockenheit. So gelten Fichte und Rotbuche verglichen mit Eiche und Kiefer als sensitiver gegenüber Trockenheit. Insbesondere bei der Fichte (Picea abies) ist Trockenheit ein entscheidender Faktor, lange Zeit aufgrund ihrer Anspruchslosigkeit, Robustheit und leichten Vermehrbarkeit als ideale, ertragsreiche Baumart angesehen und die mit einem Anteil von 25 Prozent neben Kiefer (23 Prozent), Rotbuche (16 Prozent) und Eiche (11 Prozent) die häufigste Baumart in Deutschland. Durch ihr meist flaches Wurzelsystem ist die Fichte sehr trockenheitsempfindlich und kann durch Trockenheit im Oberboden viel leichter Schaden nehmen. Ihr Wachstum wird dabei stark eingeschränkt und kann im Extremfall zum Absterben führen. Zudem wurde die Fichte auch auf Standorten angebaut, die ihren Ansprüchen an eher kühle und feuchte Klimabedingungen nicht gerecht werden. Als Folge dieser Klimawirkungen hatte die Forstwirtschaft in den letzten Jahren besonders hohe Ertragseinbußen in Fichtenbeständen. Grund dafür ist auch, dass in Trockenperioden der Harzfluss vermindert ist, mit dem sich Fichten gegen Borkenkäfer und andere Schädlinge wehren. Diese können so leichter in Rinde und Holz eindringen. Auch bei anderen Baumarten kam es in trockenen Jahren wie 2003 zu Trockenstress und -schäden. Bei Rotbuchen (Fagus sylvatica) zeigten sich Wachstumseinbrüchen die auch im Folgejahr anhielten, vor allem auf schlecht wasserversorgten Standorten. An meist älteren Buchen starben vielerorts die Kronen ab oder die Äste waren nicht ausreichend belaubt. Die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) hat im Vergleich der heimischen Baumarten den geringsten Wasserbedarf. Da sie üblicherweise eine tiefe Pfahlwurzel ausbildet, kann sie Wasser aus tiefen Bodenschichten holen. Dennoch kann auch sie als Folge von Trockenjahren stärkere Ausfälle zeigen. Eichen (u.a. Quercus robur) zeigen als Reaktion auf Trockenstress Trockenschäden an Blättern (Verfärbungen und Nekrosen) sowie eine erhöhte Wurzelbildung.
Bereits heute sind die Jahresdurchschnittstemperaturen in Deutschland stärker gestiegen als im globalen Mittel, bis 2019 waren es bereits 1,6 °C. Bis 2050 wird es nach Klimamodellrechnungen im Sommer voraussichtlich um 1,5 bis 2,5 Grad wärmer sein als 1990, im Winter um 1,5 bis 3 Grad Celsius. Generell laufen Lebensprozesse von Pflanzen bei steigender Temperatur schneller und können bei einem erhöhten Wachstum höhere Erträge nach sich ziehen. Hohe Temperaturextreme können jedoch auch bei Bäumen zu akuten Hitzeschäden führen, z. B. bei Buche und Fichte, die sich beide durch eine vergleichsweise dünne Rinde auszeichnen. Bei einer sehr hohen direkten Sonneneinstrahlung kann sich die Rinde auf bis zu 50 Grad Celsius erhitzen. Da direkt unter der Rinde das Kambium des Baumes liegt, welches das Zellwachstum im Stamm steuert (Holzzellen für den Wasser- und Nährstofftransport, Bastzellen für den Assimilattransport), sind Schäden am Kambium als Folge der hohen Sonneneinstrahlung unvermeidbar. Schäden am Kambium können den Wassertransport beeinträchtigen und so Trockenstress hervorrufen oder ihn verstärken. Neben Buchen und Fichten sind auch die dünnrindigen Ahorne, Linden, Eschen und Erlen gefährdet. Wird durch starke Sonneneinstrahlung der Stamm geschädigt, kann dies zudem eine Eingangspforte für Schadpilze sein.
Zur natürlichen Walddynamik gehört es, dass sich Insekten und Pilze von Waldbäumen ernähren. Dieser natürliche Prozess ist dann problematisch, wenn Wälder und Forsten durch eine übermäßig starke Ausbreitung von Schadorganismen und durch sie verursachte Schäden für den Menschen wichtige Funktionen bzw. Leistungen nicht mehr erfüllen kann (z. B. Wasser- und Bodenschutz, Nutzholzgewinnung, Erholung, Kohlenstoffsenke). Warme Temperaturen greifen in die Populationsdynamik vieler Schadorganismen als entscheidender Faktor ein, denn die Temperatur hat einen direkten Einfluss auf viele Lebensfunktionen und Entwicklungsphasen von Insekten und anderen Schadorganismen.
Beim Borkenkäfer (Ips typographus) kommt es in warmen Jahren in Fichtenbeständen bereits heute zu einem frühzeitigeren Auftreten, höheren Vermehrungsraten, verkürzten Entwicklungszeiten sowie der Ausbildung von zusätzlichen Generationen und Geschwisterbruten. Beim Fortschreiten des Klimawandels kann es zu einer Erhöhung der Befallsintensitäten und Ausweitung der Befallsgebiete kommen. Borkenkäfer verursachen nicht nur Primärbefall, sondern übertragen auch holzzerstörende Pilze der Gattung Ophiostoma, von denen einige Arten die Gefäße verstopfen und damit die Wasserleitung in der Baumkrone unterbinden (Welkekrankheit). Weitere relevante forstliche Schadorganismen, die in den vergangenen, insbesondere trockenen Jahren aufgetreten sind und vielerorts Schäden angerichtet haben, sind in Fichtenbeständen der Nordische Fichtenborkenkäfer (Ips duplicatus), in Kieferbeständen die Nonne (Lymantria monacha), der Kiefernspinner (Dendrolimus pini) und der Blaue Kiefernprachtkäfer(Phaenops cyanea), in Buchenbeständen der Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) sowie in Eichenbeständen der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) und Eichenprachtkäfer (Agrilus bigattus).
Die Ausbreitung von Schadorganismen wird zudem dadurch begünstigt, dass die mangelnde Wasserversorgung nach längeren Trockenperioden die Bäume schwächt und sie anfällig für Schadinsekten und Pilze macht. Bei einer langanhaltenden Dürreperiode erzeugt die Fichte weniger Harz, mit dem sie Borkenkäfer normalerweise abwehren.
Die Klimaveränderungen ermöglichen zudem die Einwanderung und Ausbreitung „neuer“ Schadorganismen die auf nicht angepasste Wirtsbäume in den Wäldern und Forsten treffen. Beispiele hierzu sind der in Eichenwäldern auftretende Sibirisch-nordasiatische Nutzholzborkenkäfer (Cyclorhipidion bodoanus) und der Schwarze Nutzholzborkenkäfer (Xyleborus germanus), der Laub- und Nadelholz befällt. Zu den invasiven Arten zählen auch phytopathogene Pilz, wie beispielsweise Chalara fraxinea, der parasitär in den Geweben der Blätter, Triebe und verholzten Teilen von Eschen lebt und am vermehrten Absterben der Esche beteiligt sein soll.
Die Schäden durch Schadorganismen können weitreichende Folgen haben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurde 2019 mit 32 Millionen Kubikmetern fast dreimal so viel Schadholz aufgrund von Insektenschäden eingeschlagen wie im Vorjahr mit elf Millionen Kubikmetern. Im Jahr 2017 waren es noch sechs Millionen Kubikmeter. Über den regionalen oder den weitgehend vollständigen Verlust von Baumarten über Schadorganismen können massive Verluste der Waldbiodiversität eintreten. Die Habitat- und Ökosystemfunktionen einer Baumart können dabei nicht einfach durch eine andere Baumart übernommen werden, insbesondere wenn diese der einzige Vertreter der Gattung in einer Waldgesellschaft ist.
Lange Trockenphasen mit heißen Temperaturen, insbesondere in den Sommermonaten, werden mit dem Klimawandel immer häufiger. Damit steigt auch das Risiko von Waldbränden. Die Zahl der Tage mit hoher Waldbrandstufe stieg von rund 27 Tagen pro Jahr im Zeitraum 1961 bis 1990 auf rund 38 Tage im Zeitraum 1991 bis 2019. Zu den Faktoren der Sensitivität von Wäldern gegenüber Waldbränden gehören die Baumartenzusammensetzung sowie die Waldbauform. Dabei sind Nadelwälder prinzipiell stärker waldbrandgefährdet als Laub- oder Mischwälder. Auch Monokulturen sind tendenziell anfälliger gegenüber Waldbränden als Mischwälder. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Wasserspeicherkapazität des Bodens. Trockenes Laub oder trockene Nadeln erhöhen die Waldbrandgefahr, ebenso wie eine üppige Bodenvegetation und dichter Unterwuchs sowie zurückbleibende Baumreste nach der Holzernte. Ein steigendes Waldbrandrisiko muss nicht zwangsläufig zu mehr oder größeren Waldbränden führen, denn die Hälfte der Waldbrände wird aktuell noch fahrlässig oder vorsätzlich vom Menschen verursacht. Die direkten Auslöser sind vielfältig: eine weggeworfene Zigarettenkippe, ein Lagerfeuer, ein Blitzschlag oder auch Brandstiftung.
Auch die Folgen eines Waldbrands sind vielfältig. Das Ausmaß der Beeinflussung hängt dabei unter anderem von der Dauer, der Intensität, dem Umfang und der Art des Waldbrands ab. Erdfeuer und Schwelbrände im Boden sind aufgrund der häufigen Zerstörung oder Beeinträchtigung von Wurzeln und Samen von hoher Bedeutung für die Vitalität der Waldbestände. Boden- oder Lauffeuer führen häufig zur Verbrennung der bodennahen Vegetation und der Streuauflage, wodurch der Mineralisierungsprozess der Streuauflage beschleunigt wird und es verstärkt zur Auswaschung von Nährstoffen kommen kann. Kronenfeuer und Vollfeuer haben häufig den Verlust des gesamten Bestandes zur Folge. Entstehen durch Brände oder den Abtransport kranker und abgestorbener Bäume geräumte Flächen, kann sich die Austrocknung des Bodens verstärken, da die betroffenen Flächen einer verstärkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Nach dem Brand bieten die vorübergehend lichtere Waldstruktur sowie kurzfristig bessere Nährstoffbedingungen gute Lebensbedingungen für viele Tiere und Pflanzen. Viele Arten kehren zurück. Bei häufigen und intensiven Bränden überleben langfristig v.a. Arten, die sich an Feuer angepasst haben. Siedlungen und Verkehrswege sind nach einem Brand an steilen Hängen erhöhter Erosions- und Steinschlaggefahr ausgesetzt. Unmittelbar während des Waldbrands kommt es wie bei jedem Verbrennungsprozess zu Emissionen (z. B. Feinstaub), die die menschliche Gesundheit beeinträchtigen können. Daneben werden auch Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) Lachgas (N2O) und Methan (CH4) emittiert. Zusätzlich wird durch Waldbrände die Senkenfunktion der Waldbestände für Kohlenstoff beeinträchtigt.
Windwurf: Der Klimawandel macht auch das Auftreten von Stürmen wahrscheinlicher. Bereits seit den 1990er-Jahren verzeichnet die Forstwirtschaft zunehmende wirtschaftliche Schäden durch Windwürfe, die auf starke Stürme mit hohen Windgeschwindigkeiten zurückzuführen sind. An der Küste (insbesondere der Nordseeküste) und in den Höhenlagen der Gebirge können Sturmböen besonders stark werden.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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