Klimawandel in Sachsen-Anhalt - Verletzlichkeiten gegenüber den Folgen des Klimawandels

Ziel der Studie

Aufzeigen von Vulnerabilitäten (Sensitivitäten) ausgewählter Sektoren gegenüber dem Klimawandel sowie von Untersuchungsbedarf und Handlungsoptionen.

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Sachsen-Anhalt
Räumliche Auflösung 

Rasterdaten, naturräumliche Einheiten

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien A2, A1B, B1
Klimamodelle ECHAM 5
Ensembles nein
Anzahl der Modellläufe nicht dokumentiert
Regionales Klimamodell 

WETTREG und REMO; drei unterschiedliche Szenarien in Zeitblöcken von jeweils 30 Jahren bis zum Jahr 2100

Weitere Parameter 

verschiedene Indikatoren

Zeitraum 

1961-1990; 2011-2040, 2041-2070, 2071-2100

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Boden

"Kernaussagen:
- Der Klimawandel kann Standortbedingungen wie Bodentemperatur und Bodenwasserhaushalt verändern. Davon abhängige Bodenfunktionen und -prozesse sowie das Ökosystem und die Stoffkreisläufe des Bodens werden damit beeinflusst. Bodenorganismen sind relevant für die Bodenqualität durch die Lockerung und Durchmischung des Bodens, die Zersetzung von organischer Substanz und damit der Nährstoffmobilisierung.
- Veränderungen des Bodenkohlenstoffkreislaufes wirken sich durch zusätzliche Bindung oder Freisetzung von Kohlenstoffdioxid im Klimaschutz und durch Veränderung der Bodeneigenschaften in den Klimafolgen aus.
- Beeinträchtigungen der Bodenqualität, beispielsweise ein Rückgang des pflanzenverfügbaren Bodenwassers, beeinflussen das Pflanzwachstum, was sich negativ auf die Erträge in Land- und Forstwirtschaft sowie feuchtesensitive Lebensräume, wie Moore und Feuchtbiotope, auswirken kann.
- Wasser- und Winderosion stellen eine potenzielle Gefährdung für Böden dar. Das Gefährdungsmaß ist u.a. abhängig von den Bodeneigenschaften, der Orographie sowie klimatischen Rahmenbedingungen.
- Starkniederschlagsereignisse begünstigen die Wassererosion. Die Tage mit Starkniederschlag im Jahr zeigen für die Zukunft einen leicht zunehmenden Trend. Dadurch steigt das Wassererosionsrisiko gegenüber dem Status quo. Von dieser Entwicklung besonders betroffen sind die Bodenregionen Paläozoischen Mittelgebirge und Bergländer sowie Mesozoische Berg- und Hügelländer mit Löss.
- Das Winderosionsrisiko wird durch trockene Bedingungen, Wind und sensitive Bodenarten gefördert. Innerhalb des Jahres sind die Ackerflächen in Sachsen-Anhalt vor allem im Dezember-Januar, Mai-Juli sowie im September-Oktober, bei fehlender schützender Vegetationsbedeckung potenziell gefährdet. Die Gefährdung der Ackerflächen durch Winderosion ist vor allem in den Altmoränenlandschaften sowie Regionen der Löss- und Sandlösslandschaften mittel bis sehr hoch." (Kropp et al. 2009: 99)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Biologische Vielfalt

"Kernaussagen:
- Die Klimatische Wasserbilanz ist eine zentrale Größe des Wasserhaushaltes und für Lebensräume und Arten relevant. Bereits heute ist sie in vielen Regionen des Landes negativ, so dass ein Defizit der Wasserverfügbarkeit vorhanden ist.
- In Abhängigkeit von Klimamodell und Szenario wird die Klimatische Wasserbilanz im Jahresmittel sowie in der Vegetationsperiode weiter abnehmen und damit das Defizit der Wasserverfügbarkeit verschärfen.
- Durch eine Verringerung der Klimatischen Wasserbilanz könnten FFH-Schutzgebiete in den Naturräumen des Harzes, den südlichen Ausläufern der Landschaften des Mittelgebirgsvorlandes sowie die Altmark und dem Fläming besonders betroffen sein. In diesen Regionen kommen unter anderem feuchtesensitive Lebensräume wie Moore, Moor- und Auenwälder sowie Feuchtwiesen vor.
- Ungefähr 40% der untersuchten FFH-Lebensraumtypen (FFH-LRT) sind durch einen hohen Anteil an kälte- und feuchtesensitiven Pflanzenarten am lebensraumtypischen
Artenspektrum charakterisiert. Sie können daher als sensitiv gegenüber der Zunahme von Temperatur und Trockenheit unter Klimawandel eingestuft werden. Beispiele hierfür sind die FFH-LRT der Moore. Potentiell weniger gefährdet in diesem Zusammenhang sind beispielsweise die prioritären (*) FFHLRT 'Salzwiesen im Binnenland' (1340*) und 'Trockene, kalkreiche Sandrasen' (6120*)
- Mittels eines Systems aus Sensitivitätsindikatoren wurde die Sensitivität der FFH-LRT gegenüber dem Klimawandel abgeschätzt. Die Auswertung zeigt eine geringe bis sehr geringe Sensitivität für je ca. 30% der analysierten FFH LRT, eine mittlere und hohe Sensitivität für je ca. 14% sowie eine sehr hohe Sensitivität für ca. 10% der FFH-LRT. Zu den sehr gefährdeten zählen beispielsweise die 'Feuchte Heiden des nordatlantischen Raumes mit Erica tetralix' (4010) und 'Lebende Hochmoore' (7110*). Hingegen sind beispielsweise die FFH-LRT 'Trockene, kalkreiche Sandrasen'(6120*) und 9170 'Labkraut-Eichen- Hainbuchenwald Galio-Carpinetum' (9170) vergleichsweise sehr gering gefährdet." (Kropp et al. 2009: 248).

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Landwirtschaft

"Kernaussagen: Der Klimawandel führt in den betrachteten Szenarien nicht zu deutlichen Änderungen in den simulierten mittleren klimatischen Ertragspotenzialen für Silomais und Winterweizen. Wenn Ertragsrückgänge auftreten, dürften sie durch den CO2-Düngungseffekt weitgehend kompensiert werden. Für den Raps wurden deutlichere Ertragsrückgänge simuliert, die aus statistischer Sicht jedoch weniger belastbar sind als die Ergebnisse, die sich für Weizen und insbesondere für Mais ergeben. Die für einzelne Regionen erhaltenen Ergebnisse deuten auf Ertragsvorteile der Schwarzerderegion und in geringem Umfang der Altmark bei Eintritt des postulierten Klimawandels hin. Für die Abschätzung der Szenarieneffekte wurden statistische Modelle genutzt, die an Praxisdaten der Vergangenheit parametrisiert wurden. Ergänzende Untersuchungen mit dynamischen Ertragsmodellen sind wünschenswert, um die gefundenen Wirkungszusammenhänge abzusichern. Im Zusammenhang mit der großen Bedeutung des CO2-Düngungseffekts für die Sicherung eines stabilen Ertragsniveaus ist darauf zu verweisen, dass dieser nur bei ausreichender Stickstoffversorgung der Pflanzen realisiert werden kann. Die Erhöhung der Düngungseffizienz stellt aus dieser Sicht eine wichtige Anpassungsmaßnahme dar, da davon auszugehen ist, dass sich der Einsatz von Stickstoffdünger in den nächsten Jahren nicht zuletzt aus Klimaschutzgründen erheblich verteuern wird. Die relative Wirksamkeit des CO2-Düngungseffektes ist unter Wasserstress größer als unter Bedingungen ausreichender Wasserversorgung.
Die Ausdehnung und Intensivierung empirischer Beobachtung zu Klima-Ertrag Wirkungszusammenhängen im Rahmen von Feldversuchen, Sortenprüfungen, und betrieblichen Erhebungen und daran anknüpfende regelmäßige statistische Analysen sind zentrale Anpassungsmaßnahmen gegenüber dem Klimawandel, die zum heutigen Zeitpunkt empfohlen werden können." (Kropp et al. 2009: 132)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wald- und Forstwirtschaft

"Kernaussagen: Diese Aussagen beziehen sich auf Simulationsrechnungen, die keine potenziellen biotischen Schäden bzw. CO2-Düngungseffekte berücksichtigen.
Produktivität:
- Es kommt zu Zuwächsen in den Kiefern- und Eichenbeständen in allen betrachteten Zeiträumen, ausgenommen in dem wärmsten und trockensten (2071-2100), aufgrund von längeren Vegetationsperioden unter allen Szenarien.
- Die Fichte profitiert ebenso in hohen Lagen, in tieferen Lagen ist ihre Produktivität insbesondere ab dem Zeitraum 2041-2070 rückläufig.
- Die Buche profitiert in den niederschlagsreicheren Lagen in allen betrachteten Szenarien, auf den niederschlagsärmeren Standorten zeigt sich dagegen ein Rückgang in der Produktivität.
Kohlenstoffhaushalt:
- Die Simulationen zeigen für die nächsten Jahrzehnte einen Anstieg der ober- und unterirdischen Kohlenstoffspeicherung (einschließlich Boden) in den meisten der von Fichten- und Kiefernbeständen dominierten Regionen.
- Rückgänge des Kohlenstoffspeichers wurden vor allem für Buchenbestände berechnet.
Wasserhaushalt und klimatische Waldbrandgefahr:
- Es kommt zu einer Minderung der Grundwasserspendefunktion der Wälder durch sinkende Versickerungsraten (unter WETTREG).
- Es besteht eine Gefährdung vor allem für Kiefernreinbestände durch abnehmende Sommerniederschläge und eine sinkende klimatische
Wasserbilanz:
- Es wird eine Zunahme der klimatischen Waldbrandgefahr vor allem im Norden und Osten erwartet (unter WETTREG).
Potenzielle Gefährdung durch Wind:
- Die zukünftige Entwicklung der Sturmhäufigkeit und -intensität ist sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht mit sehr großen Unsicherheiten behaftet. Während das regionale Klimamodell REMO von einer Zunahme der Tage mit mittleren Windgeschwindigkeiten der Stärke >= 4 Bft (>= 5,5 m/s) und >= 6 Bft (>= 10,8 m/s) bis 2100 ausgeht, zeigt das Modell WETTREG eine Abnahme.
- Als besonders sensitiv gegenüber Sturmschäden können der Oberharz und die Endmoränenzüge im nördlichen und östlichen Sachsen-Anhalt angesehen werden." (Kropp et al. 2009: 158)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wasser

"Kernaussagen:
- Es sind bereits Änderungen im Abflussregime der Elbe und deren Nebenflüsse beobachtet worden: Dies zeigt sich in Sachsen-Anhalt durch eine Verschiebung der Abflussspitzen in das zeitige Frühjahr und durch weniger Abfluss im Sommer.
- Für die Elbe, ihre Nebenflüsse und die Weser zeigen die Projektionen unter WETTREG-Klimaszenarien und anderen Studien, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen wird. Die Abnahme der Abflüsse in der Elbe und Saale in den Sommermonaten könnte in den nächsten Jahrzehnten besonders ausgeprägt sein, in der Weser fällt sie weniger stark aus. Unter REMO-Klimaszenarien erhöht sich ebenfalls der Abfluss im Winter, im Sommer verändert er sich allerdings kaum oder nimmt noch zu.
- Trotz einer insgesamt zu erwartenden Zunahme an Niederschlägen im Winter können aufgrund der starken Erhöhung der Verdunstung in weiten Regionen Abfluss und Grundwasserneubildung deutlich abnehmen. Dies trifft besonders im Lee der Mittelgebirge, z.B. des Harzes zu, wo die Niederschläge einen abnehmenden Trend zeigen. Unter REMO-Klimaszenarien steigen die Niederschläge teilweise deutlich, unter diesen Bedingungen kann auch die Grundwasserneubildung in weiten Teilen Sachsen-Anhalts steigen.
- Die zunehmende Erwärmung der Gewässer und die gleichzeitig zu erwartende Abnahme der Abflüsse im Sommer könnten die Einhaltung ökologischer Parameter erschweren und die Kühlwasserverfügbarkeit vermindern.
- Die Entwicklung der Hochwasser ist unsicher, allerdings gibt es Anzeichen, dass die kleinen und mittleren Hochwasser häufiger auftreten können. Für extreme Hochwasser kann keine Aussage getroffen werden." (Kropp et al. 2009: 53)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

Die Vulnerabilitätsstudie Sachsen-Anhalt folgt insgesamt einem hierarchischen Schema für Wirkungsstudien. Hierbei wird von den Emissionsszenarien (SRESSzenarien) des Weltklimarates IPCC ausgegangen, welche durch globale Klimamodelle in Klimaprojektionen übersetzt werden. Um von diesen Allgemeinen Zirkulationsmodellen (GCMs) auf die Skala einer zu untersuchende Region, z.B. Sachsen-Anhalt, zu gelangen, erfolgt ein Herunterskalieren (downscaling) dieser Modelle. Ausgehend von diesen regionalen Klimaprojektionen erfolgt schließlich die Wirkungsanalyse (Impactanalyse) für die ausgewählten Sektoren.

Analysekonzeptansatz früherer IPCC-Ansatz (2004, 2007)
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Sensitivität, Klimawirkung, Anpassungskapazität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt (MLU)
Kontakt 

Auftraggeber: Ministerium für Landschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt, Magdeburg
Auftragnehmer: Dr. Jürgen Kropp, Olivia Roithmeier (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Potsdam)

Bibliographische Angaben 

Kropp J., Roithmeier O., Hattermann F., Rachimow C., Lüttger A., Wechsung F., Lasch P., Christiansen E.S., Reyer C., Suckow F., Gutsch M., Holsten A., Kartschall T., Wodinski M., Hauf Y., Conradt T., Österle H., Walther C., Lissner T., Lux N., Tekken V., Ritchie S., Kossak J., Klaus M., Costa L., Vetter,T., Klose M. 2009: Klimawandel in Sachsen-Anhalt. Verletzlichkeiten gegenüber den Folgen des Klimawandels. Potsdam

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Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt  Boden  Landwirtschaft  Wald- und Forstwirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft  Sonstige