Vulnerabilitätsbericht der Region Stuttgart (BBSR KlimaMORO)

Ziel der Studie

Erstellung von schutzgutbezogenen Vulnerabilitätsindikatoren, die für die verschiedenen Standorte einer Nutzungsart bzw. eines Schutzgutes Auskunft über die räumliche Verteilung der Anfälligkeit geben und insofern Abwägungsmaterial für die Regionalplanung darstellen.

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Baden-Württemberg
Untersuchungsraum Baden-Württemberg: Stuttgart
Räumliche Auflösung 

Administrative Grenzen; Darstellung in Rasterzellen zu 1500m

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien Keine Verwendung von Emissionsszenarien
Klimamodelle Keine Verwendung von Klimamodellen
Ensembles nicht relevant
Anzahl der Modellläufe Keine Verwendung von Klimamodellen
Regionales Klimamodell 

Keine Verwendung von Klimamodellen

Weitere Parameter 

Keine Verwendung von Klimamodellen

Zeitraum 

Keine Verwendung von Klimamodellen

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Boden
    • Bodenwasserhaushalt
    • Bodenstruktur
    • Bodenfunktionen

"Im Einzelnen werden für die Region Stuttgart vor allem die nachstehend aufgeführten Klimawirkungen als besonders bedeutend eingeschätzt, die infolge einzelner Stimuli oder deren kombinierter Wirkung in Abhängigkeit von den standörtlichen Faktoren und angebauten Kulturarten mehr oder weniger massiv auftreten können:
- eine verstärkte Bodenerosion durch Wasser [...],
- das Auftreten von Deflation, d. h. Bodenerosion durch Wind, auf leichten Böden [...],
- eine mangelnde Wasserverfügbarkeit für die Kulturpflanzen, d. h. Trockenstress [...],
- Hitzestress bei Pflanzen [...], sowie
- direkte Schäden an den Kulturen durch Starkregen- und Hagelereignisse [...].
Die Bodenerosion durch Wasser stellt im Bereich der landwirtschaftlichen Bodennutzung in der Region Stuttgart bereits heute ein Problemfeld dar, wobei Starkregenereignisse in Kombination mit der standortspezifischen Bodennutzung und -bearbeitung als maßgebliche Einflussgrößen auftreten. So ist beispielsweise auf den Fildern zu beobachten, dass infolge des expandierenden Gemüseanbaus in den letzten Jahren die Bodenabträge erheblich zugenommen haben. [...]
Hinzu kommt, dass ein höherer Anteil des sommerlichen Niederschlags Starkregen entstammen wird, die weniger das Grundwasser speisen, sondern vielmehr als Oberflächenabfluss die Bodenerosion erhöhen (siehe oben, Dister & Henrichfreise 2009)." (S. 21 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Biologische Vielfalt
    • Arten und Populationen
    • Biotope, Habitate, Ökosysteme

"Übereinstimmend mit dem aktuellen Forschungsstand vertritt die Arbeitsgruppe die Auffassung, dass der Klimawandel langfristig, d. h. spätestens bis zum Ende des 21. Jahrhunderts, unmittelbare Auswirkungen auf Fauna und Vegetation haben wird (Dröschmeister & Sukopp 2009, Pompe et al. 2009, Kühn et al. 2009, Overbeck 2010). Es wird erwartet, dass sich die Areale zahlreicher Wildarten verschieben werden, wobei das Spektrum artspezifisch von einer Arealvergrößerung über eine Verkleinerung bis hin zur völligen regionalen Auslöschung reichen wird. Bereits gegenwärtig fallen im Raum Mittlerer Neckar Arten wie beispielsweise der Gewöhnliche Wurmfarn (Dryopteris filix-mas agg.), die Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) und die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea) als mutmaßliche Gewinner der Klimaerwärmung auf (z. B. Wildbienen-Kataster 2011: URL), wohingegen etwa Arten mit hohem Feuchtigkeitsanspruch wie die Sumpfschrecke (Stethophyma grossum), die aufgrund ausgedehnter Habitatverluste bereits heute als stark gefährdet gilt, eher zu den Klimaverlierern gehören werden. Wie in anderen Großstädten auch, weisen im Kreis Stuttgart die besonders warmen Stadtbereiche schon heute die höchsten Artenzahlen und gleichzeitig auch die meisten Neophyten auf (Reichholf 2007). Dies ist zum Teil auf die urbane Wärmeinsel zurückzuführen (Wittig 2008). Es ist abzusehen, dass mit der Klimaänderung Veränderungen in der Zusammensetzung der Biozönosen stattfinden, die sich aufgrund artspezifischer Unterschiede in der Reaktion auf Klimaänderungen ergeben. Dies wird einerseits zum Verschwinden verschiedener schon heute gefährdeter Biotoptypen führen, andererseits auch neuartige Lebensgemeinschaften hervorbringen, die sich ihrerseits in einem fortwährenden Veränderungsprozess befinden werden (Jessel 2010). (S. 17 f.)

Während sich langfristig die Lebensbedingungen von Arten und Lebensgemeinschaften infolge des Klimawandels entscheidend verändern werden, schätzt die Arbeitsgruppe für die nahe Zukunft, d.h. bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts, die direkten Wirkungen in der Region Stuttgart als gering ein. Baden-Württemberg ist für die meisten Arten ein „Durchgangsland“ mit wenigen extremen Sonderstandorten. Die Region Stuttgart ist weder sehr atlantisch noch kontinental geprägt, höhere Gebirge, große Seen und Hochmoore gibt es nicht. Nach Meinung der Experten ist die ökologische Amplitude der meisten hier vorkommenden Wildarten breiter als die bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erwartende Klimaänderung." (S. 18)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Landwirtschaft
    • Agrophänologie
    • Ertrag und Qualität der Ernteprodukte
    • Pflanzengesundheit

"Im Einzelnen werden für die Region Stuttgart vor allem die nachstehend aufgeführten Klimawirkungen als besonders bedeutend eingeschätzt, die infolge einzelner Stimuli oder deren kombinierter Wirkung in Abhängigkeit von den standörtlichen Faktoren und angebauten Kulturarten mehr oder weniger massiv auftreten können:
- eine verstärkte Bodenerosion durch Wasser [...],
- das Auftreten von Deflation, d. h. Bodenerosion durch Wind, auf leichten Böden [...],
- eine mangelnde Wasserverfügbarkeit für die Kulturpflanzen, d. h. Trockenstress [...],
- Hitzestress bei Pflanzen [...], sowie
- direkte Schäden an den Kulturen durch Starkregen- und Hagelereignisse [...].
Die Bodenerosion durch Wasser stellt im Bereich der landwirtschaftlichen Bodennutzung in der Region Stuttgart bereits heute ein Problemfeld dar, wobei Starkregenereignisse in Kombination mit der standortspezifischen Bodennutzung und -bearbeitung als maßgebliche Einflussgrößen auftreten. So ist beispielsweise auf den Fildern zu beobachten, dass infolge des expandierenden Gemüseanbaus in den letzten Jahren die Bodenabträge erheblich zugenommen haben. [...]
Mit dem Klimawandel werden Veränderungen des Bodenwasserhaushalts unweigerlich einhergehen. Die prognostizierte Zunahme der Winterniederschläge lässt erwarten, dass landwirtschaftliche Kulturen zwar im Frühjahr von einer besseren Durchfeuchtung des Bodens und höheren Grundwasserständen profitieren werden, dass jedoch im Sommer infolge der erwarteten Niederschlagsabnahme und gleichzeitig steigender Lufttemperaturen die Wasserverfügbarkeit für Pflanzen geringer sein wird. Hinzu kommt, dass ein höherer Anteil des sommerlichen Niederschlags Starkregen entstammen wird, die weniger das Grundwasser speisen, sondern vielmehr als Oberflächenabfluss die Bodenerosion erhöhen (siehe oben, Dister & Henrichfreise 2009). Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass bereits gegenwärtig ein beachtlicher Anteil ackerbaulich genutzter Böden in der Region eine vergleichsweise geringe Bodenfeuchte aufweist (nach der digitalen Bodenkarte der Region Stuttgart 1:50.000 sind ca. 27 % der ackerbaulich genutzten Böden als mäßig trocken bis sehr trocken einzustufen), ist damit zu rechnen, dass in der Landwirtschaft der Region Stuttgart Bewässerungs- und Beregnungsanlagen an Relevanz gewinnen werden. [...] " (S. 21 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wald- und Forstwirtschaft
    • Baumartenzusammensetzung
    • Vitalität / Mortalitätseffekte
    • Güter und Dienstleistungen des Waldes
    • Forstphänologie

"Die Wälder gehören insgesamt zu den naturnahen Ökosystemen, wenn sie auch durch Nadelholzanbau und forstliche Nutzung z.T deutlich überprägt wurden. So zählt die in der Region Stuttgart weit verbreitete 'Brotbaumart' Fichte (Picea abies) zu den Arten, die bei einer entsprechenden Klimaänderung in die Risikogruppe aufsteigen: Fichtenbestände unterhalb der natürlichen Höhenstufe und in trocken-warmen Gebieten werden einer erhöhten Trockenstressgefahr ausgesetzt sein, da die flach wurzelnde Fichte auf regelmäßige Niederschläge angewiesen ist. Trockenstress kann ferner die Empfindlichkeit der Fichte gegenüber Schädlingen erhöhen. Schon gegenwärtig zeigt sich eindeutig, dass Picea abies besonders empfindlich reagiert (Pompe et al. 2009). Die Untersuchungen der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder Baden-Württembergs verdeutlichen, dass in großen Teilen der Region Stuttgart bereits bis 2050 die Baumarteneignung der Fichte unter Berücksichtigung des Klimaszenarios B2 deutlich abnehmen könnte (FVA 2010: URL). Deshalb, und vor dem Hintergrund der weiten Verbreitung von Picea abies in den Forsten der Region, formulierte die Arbeitsgruppe die Notwendigkeit, die Karten zur zukünftigen Baumarteneignung auszuwerten und mit der aktuellen Baumartenzusammensetzung der Bestände in Beziehung zu setzen.
Nicht nur die Arealverschiebungen bei den Baumarten könnten das forstwirtschaftliche Ertragspotenzial beeinflussen, sondern auch die Arealveränderungen von Forstpathogenen wie dem Buchdrucker (Ips typographus) oder dem Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) müssen als biotischer Risikofaktor ins Kalkül gezogen werden (von Teuffel 2007). Zudem ergibt sich die Verwundbarkeit des Forstsektors nicht nur aus der Veränderung der langjährigen Mittelwerte des regionalen Klimas (vor allem der Temperatur- und Niederschlagswerte), sondern auch aus der Zunahme der Frequenz und Intensität von Extremereignissen, wobei vor allem die mögliche Zunahme von Sturmereignissen ein großes Problem darstellt. Eine regionsbezogene Auswertung der von der FVA vorgenommenen Risikobewertung für die Baumart Fichte wurde von den Teilnehmern der Arbeitsgruppe ausdrücklich empfohlen. Insgesamt schätzen die Experten der Arbeitsgruppe, dass der Klimawandel in der Region für die Fortwirtschaft mehr Risiken als Chancen birgt und von Ertragsminderungen auszugehen ist." (S. 20)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

Für die Handlungsfelder eigenständige Methode ohne Aggregation zu einem Gesamtbild

Analysekonzeptansatz früherer IPCC-Ansatz (2004, 2007)
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Sensitivität, Klimawirkung, Vulnerabilität, Anpassungskapazität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren, Qualitative Informationen (z.B. Experteninterviews)

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Region Stuttgart; Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) der Universität Stuttgart
Kontakt 

Prof. Dr. Stefan Siedentop, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) der Universität Stuttgart

Bibliographische Angaben 

Weis, M.; Siedentrop, S.; Minnich Lukas 2011: Vulnerabilitätsbericht der Region Stuttgart. Stuttgart

Vulnerabilitätsanalyse⁠ in der Praxis: Inhaltliche und methodische Ansatzpunkte für die Ermittlung regionaler Betroffenheiten;

BMVBS-Online-Publikation, Nr. 21/2011; http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_629248/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BMVBS/Online/2011/ON212011.html

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Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt  Menschliche Gesundheit und Pflege  Wald- und Forstwirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft