Das Regensburger Modellprojekt

Hintergrund und Ziele

Die Stadt Regensburg hat etwa 134.000 Einwohner und ist damit die viertgrößte Stadt Bayerns. Unter den Modellvorhaben weist Regensburg das stärkste Bevölkerungswachstum auf – sowohl in der zurückliegenden Einwohnerentwicklung als auch in den Prognosen bis 2025, nach denen ein Anstieg der Bevölkerung um 5,4% erwartet wird.

Regensburg liegt am nördlichsten Punkt der Donau und den Mündungen der linken Nebenflüsse Naab und Regen. Es wird von den Winzerer Höhen, den Ausläufern des Bayrischen Waldes und dem Ziegetsberg umrandet, wodurch die Entstehung von Inversionswetterlagen begünstigt wird. Durch die topographische Pfortenlage weist die Stadt zudem eine hohe Nebelhäufigkeit auf und ist insbesondere in den Wintermonaten anfällig für Feinstaubbelastungen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Städten hat Regensburg einen relativ kompakten, gegliederten Stadtkörper und eine insgesamt homogene Siedlungsstruktur. Prägend ist die historische Altstadt mit ca. 1.000 denkmalgeschützten Gebäuden. Diese gilt als einzige authentisch erhaltene mittelalterliche Großstadt Deutschlands und ist seit 2006 ⁠UNESCO⁠-Welterbe.

Die Regensburger Altstadt wird als "Steinerne Stadt" charakterisiert. Ihre historisch gewachsene dichte Baustruktur mit steinernen Plätzen und Gassen, wenig Bäumen im öffentlichen Raum und einer hohen Nutzungsdichte (Wohnen, Einkaufen, Arbeiten, Tourismus) erwärmt sich insbesondere im Sommer stärker als das Umland und wirkt als Hitzespeicher. So können die Temperaturunterschiede im Stadtgebiet bis zu 6°C betragen.

Das Phänomen der ⁠Wärmeinsel⁠, das sich im Zuge des fortschreitenden Klimawandels deutlicher ausprägt, impliziert einen sinkenden thermischen Komfort, löst zusätzliche Energiebedarfe aus und stellt u.U. veränderte Ansprüche an die Gestaltung von Freiflächen. Aufgrund der Lage an der Donau muss sich Regensburg ferner auf häufigere Schwüle und Gefährdung durch Hochwasser einstellen.

Ziele:
Durch die Verknüpfung von zwei parallel durchgeführten Teilprojekte, eines auf der vorbereitenden sowie eines auf der realisierenden Planungsebene, wurden Synergien zwischen strategischer Planungs- und operativer Handlungsebene genutzt. Auf vorbereitender Ebene wurde ein Konzept zur Integration einer Klimafolgenabschätzung und Klimaanpassungsstrategie in die Umweltprüfung für den Flächennutzungs- und integrierten Landschaftsplan entwickelt und erprobt. Auf der realisierenden Planungsebene sollen Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen speziell für das Denkmal-Ensemble und UNESCO-Welterbe "Altstadt Regensburg" bei der Fortschreibung des Welterbe-Managementplans entwickelt werden.

Zentrale Projektziele:

  •  Erarbeitung und Diskussion der Leitlinien und Bausteine für eine Strategie zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ in der Stadt Regensburg;
  •  Konzeption von Verfahren und Methodik einer Umweltprüfung mit integrierter Klimafolgenabschätzung und Klimaanpassungsstrategie;
  •  Erarbeitung eines (übertragbaren) Leitfadens für die Integration einer Klimafolgenabschätzung und Klimaanpassungsstrategie in die Umweltprüfung;
  •  Konzeption des notwendigen Inhalts und Umfangs klimatologischer Analysen für die Umweltprüfung auf Basis von Inhalten der Landschaftsplanung und ggf. Klimagutachten.

Für eine intensive öffentliche Beteiligung sind anhand folgender Projektbausteine breite Akteursschichten aktiviert und sensibilisiert worden:

  •  zielgruppenspezifische Akteursbefragung,
  • moderierte Workshops zur Leitbild- und Maßnahmenentwicklung zur Klimaanpassung im UNESCO-Welterbe,
  •  Entwicklung eines konsensfähigen Konzeptes zur Klimaanpassung sowie
  •  Erarbeitung von Leitbildern und gestalterischen Typologien für öffentliche und private Grün- und Freiflächen.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland
Bundesland
  • Bayern
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Regensburg

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Grundlegender Arbeitsschritt bei diesem Teilprojekt war die Ermittlung des klimatischen Ist-Zustandes in der Innenstadt durch Infrarotwärmebilder, Messungen der bodennahen ⁠Atmosphäre⁠ und Vergleiche verschiedener Freiraumtypen. Parallel dazu wurde eine Studie mit Befragung verschiedener Akteure der Innenstadt zur Beeinträchtigung durch Klimaereignisse sowie zum Schutz vor und zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ durchgeführt. Es sind keine kleinräumigen Klimaprojektionen erstellt worden.

Parameter (Klimasignale)
  • Hitzewellen
  • Veränderte Niederschlagsmuster
  • Höhere mittlere Temperaturen
  • Starkniederschlag (inkl. Hagel, Schnee)
Weitere Parameter 

Wind, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Aufgrund längerer Hitzeperioden und da Regensburg wie eine Wärmeinsel wirkt, muss sich die Stadt auf häufigere Schwüle und höhere Hitzebelastung einstellen. Aufgrund ihrer Lage an der Donau kommt eine Gefährdung durch Hochwasser hinzu.

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Ansatz und Risiken / Chancen 

Überschlägige Auswertung vorliegender Klimadaten und -szenarien zur Ersteinschätzung der ⁠Vulnerabilität⁠ und Handlungserfordernisse;

grundlegender Arbeitsschritt war die Ermittlung des klimatischen Ist-Zustandes in der Innenstadt durch Infrarotwärmebilder, Messungen der bodennahen ⁠Atmosphäre⁠ und Vergleiche verschiedener Freiraumtypen. Parallel dazu wurde eine Studie mit Befragung verschiedener Akteure der Innenstadt zur Beeinträchtigung durch Klimaereignisse sowie zum Schutz vor und zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ durchgeführt.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Aus der Notwendigkeit zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ erwächst in Verbindung mit anderen Zielbildern einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung ein umfassender planerischer Handlungsbedarf. Im Rahmen des Modellprojekts thematisiert die Stadt Regensburg den Widerspruch zwischen einer Stadtentwicklungs- und ⁠Bauleitplanung⁠, die auf Flächensparsamkeit und Innenentwicklung ausgerichtet ist, und erforderlichen Klimaanpassungsstrategien, die bei der besonderen städtebaulichen Kompaktheit der Stadt Regensburg tendenziell eine Auflockerung von Baustrukturen und Flächenentsiegelung beinhalten. Im Sinne einer klimaangepassten Stadtentwicklung gilt es, zum einen auf strategischer Ebene die Weichen für eine klimaangepasste Flächennutzung für die zukünftige Stadtentwicklung zu stellen und zum anderen auf operativer Ebene Maßnahmen für restriktive bis persistente Stadt- und Freiraumstrukturen zu entwickeln.

Zeithorizont
  • 2036–2065
Konfliktpotential / Synergien / Nachhaltigkeit 

Auf der realisierenden Planungsebene wurden Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen speziell für das Denkmal-Ensemble und ⁠UNESCO⁠-Welterbe "Altstadt Regensburg" bei der Fortschreibung des Welterbe-Managementplans entwickelt. Die historische Innenstadt war aufgrund der spezifischen Rahmenbedingungen (Denkmalschutz, Bebauungsdichte, persistenter Baukörper), die nur sehr eingeschränkt Eingriffe für ⁠Klimaschutz⁠ und Klimaanpassung zulassen, und der ⁠Vulnerabilität⁠ als "⁠Hitzeinsel⁠" eine besondere Herausforderung. Gemeinsam mit den verschiedenen Akteuren aus Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung wurde ein konsensfähiges Konzept zur Klimaanpassung erarbeitet, auf dem aufbauend konkrete Klimaanpassungsmaßnahmen entwickelt und an ersten Umsetzungsbeispielen erprobt wurden.

Damit stand der Widerspruch zwischen einer Stadtentwicklungs- und ⁠Bauleitplanung⁠, die auf Flächensparsamkeit und Innenentwicklung ausgerichtet ist, und erforderlichen Klimaanpassungsstrategien, die bei der besonderen städtebaulichen Kompaktheit der Stadt Regensburg tendenziell eine Auflockerung von Baustrukturen und flächenenetsiegelung beinhalten, im Fokus.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): KlimaExWoSt - StadtKlima

Projektleitung 

Das Planungs- und Baureferat der Stadtverwaltung Regensburg in Kooperation mit dem Rechts- und Umweltreferat;

Forschungsassistenz: ARGE Prof. Jacoby – Beutler und Valentum Consulting Group GmbH

Beteiligte/Partner 

Agroluftbild und IMM Infrarotmesstechnik,

Deutscher Wetterdienst (⁠DWD⁠),

Bayerisches Landesamt für Umwelt,

Höhere Naturschutzbehörde der Regierung der Oberpfalz,

Regionaler Planungsverband Regensburg,

Arbeitsgemeinschaft Lebens- und Wirtschaftsraum Regensburg,

Energieagentur Regensburg

Ansprechpartner

Stadtplanungsamt Regensburg
D.-Martin-Luther-Str. 1
D-93047 Regensburg

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Handlungsfelder:
 Gebäude  Menschliche Gesundheit und Pflege  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Tourismuswirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft