Klimaanpassung oberes Nierstal: Wie wir dem Fluss die Aue zurückgeben

  • P. 2: Biologe überblickt Baustelle
    Artenschutz trifft Baustelle, Quelle: Stadt Mönchengladbach
  • Blick auf die verlassene Fischzucht, hier die Hälterungsanlagen September 2018 vor der Erlenwaldkulisse des NSG Niersbruch
    Projekt 2: Fischzucht Wickrath vor Rückbau, Quelle: Stadt Mönchengladbach, Fachbereich Umwelt
  • Blick von ehemaliger Zufahrt auf das neu gestaltete Feuchtbiotop mit Wasserfläche nach Rückbau im September 2020
    Projekt 2: Fischzucht Wickrath nach Rückbau, Quelle: Stadt Mönchengladbach, Fachbereich Umwelt
  • P. 3: Drohnenfoto 2022.
    3. Spielplatz Gue heute, Quelle: Stadt Mönchengladbach
<>

Ziel der Maßnahmen ist die Regeneration der Auenlandschaft entlang des Oberlaufs durch die Renaturierung (Rückbau und Wiederherstellung) eines Sportplatzes in Mönchengladbach-Wickrathberg, einer Fischzuchtanlage zwischen Wickrathberg und Wickrath und eines Spielplatzes zwischen Wickrath und Odenkirchen.

Das Projekt ist klimarelevant, da anmoorige bis moorige Böden als CO2-Speicher entsiegelt und wiederhergestellt und stadtklimatischer Regenerationsraum ebenso wie Retentionsraum und Biotopqualität im Sinne der Biodiversität geschaffen werden. Maßnahmengebiet sind die Auen der Niers am Niederrhein, die das Stadtgebiet von Süd nach Nord quert, zwischen Rhein im Osten und Maas im Westen. Die Flussaue ist durch Verkehrsströme durchschnitten, am Siedlungsrand wurden Senken seit Kriegsende mit Schutt verfüllt, schließlich genutzt für Sport- und Spielplätze und Freizeitanlagen, für die Wasserwirtschaft und Gewerbe wie die Fischzucht. Die Aue wird massiv eingezwängt, das Rückhaltevermögen für zunehmend versiegelte Stadtflächen sinkt, die Hochwassergefahr steigt. Der Lebensraum für viele Arten geht verloren, die Biodiversität nimmt rapide ab. Der Rückgang von Wasserrückhaltung, Waldflächen und Flussauen mindert die stadtklimatische Ausgleichsfunktion vor allem in Siedlungsnähe.

Hinzu kommt die substanzielle Gefahr durch den Tagebau Garzweiler, dessen Sümpfung das Grundwasser bis in die Tiefe absenkt. Daher ist die Wiederherstellung der Bruchwaldrelikte von existentieller Bedeutung für die Auenlandschaft, deren Quellen am Rand des Tagebaus heute trocken liegen. Die Niers und ihre Feuchtgebiete erhalten nach eindrücklichen Forderungen der Stadt zum Ausgleich der Grundwasserabsenkung kontinuierlich Ersatzwasser aus dem Tagebau, was die Freisetzung von CO2 aus den torfhaltigen Böden verhindert und die Qualität der Aue um die Wasserschlösser Wickrath und Rheydt sichert, zum Ausgleich des Stadtklimas in den Zentren Rheydt und Gladbachs und Erhalt der Kulturlandschaft.

Eckdaten zur Maßnahme

Maßnahmenträger

MaßnahmenträgerStadt Mönchengladbach
Kooperationspartner

Die Umsetzung erfolgt in Kooperation mit dem Stadtbetrieb Mags AöR / Stadtforst und in enger Abstimmung mit dem Niersverband und der Stadtentwässerung durch die NEW AG. Weitere Partner waren projektspezifisch, vor allem: eine Vereinbarung der Baustellenandienung mit dem Niersverband, die Genehmigung der Niersquerung durch die Bezirksregierung (Projekte 1 und 3), und die Begleitung durch das städtische Straßenmanagement bei Herstellung und Rückbau der Wege.

Durch das Zusammenwirken der Akteure konnte ein Mehrwert geschaffen werden: Zum einen obliegt dem Niersverband die Aufgabenstellung, gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie für einen guten ökologischen Zustand bzw. gutes ökologisches Potenzial zu sorgen, wozu das Maßnahmenprogramm am Gewässer selbst abzuarbeiten ist. Zum anderen wurde zur Sicherung der Stadtentwässerung zusammen mit der im städtischen Auftrag handelnden NEW AG der Masterplan Niers entwickelt. Im Rahmen des Masterplans wird am Flusslauf und Nebenläufen neben den Rückhaltungen zum Hochwasserschutz nach Laufverlängerungen und wasserbaulichen Lösungen für naturnahe Rückhaltungen gesucht, um die Gewässerverträglichkeit der Einleitungen herzustellen.

All diese Maßnahmen werden durch die gezeigten Renaturierungen in der Aue, in direkter Nachbarschaft zur fließenden Welle, ideal ergänzt. So zeigte sich bei den Hochwasserereignissen im Sommer 2021, dass die vertieften Bereiche bereits vollliefen und mit ihren Volumina in idealer Weise zur Rückhaltung und zum Ausgleich der Wasserführung, auch hinsichtlich der Niedrigwasserführung, beitragen konnten. Eben diese Speicherfunktion wird vor allem in Hitzewetterlagen zum Ausgleich auch des Stadtklimas beitragen.

Dauer und Finanzierung

Dauer

Beginn der Umsetzung
Wie hoch waren die (geschätzten) Kosten für die Umsetzung?

Insgesamt ca. 1.740.000 €

Mit welchen Mitteln wurde die Maßnahme finanziert?

Die Vorplanung, Koordination, Einholung der wasserrechtlichen Genehmigungen und die Vergabe sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligung sind stadtinterne Leistungen; die Fachplanung, Tiefbau- und Pflanzarbeiten sowie die Entsorgung wurden vergeben. Dafür fielen im Projekt 1 ca. 480.000 €, im Projekt 2 ca. 270.000 € und im Projekt 3 ca. 1.000.000 € inklusive Entsorgungskosten an. Zur Finanzierung wurden zweckgebundene Eigenmittel / Kompensationsmittel und Sonderposten verwendet.

Beteiligung

Welche weiteren Personengruppen wurden an der Planung oder Umsetzung der Maßnahme beteiligt?

Es wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die Maßnahmen mitsamt der Zielsetzung im Vorfeld der Öffentlichkeit über die Presse und im Umweltausschuss vorgestellt wurde. Auch während der Maßnahmendurchführung erfolgte eine begleitende Pressearbeit, ergänzt durch vor Ort-Begehungen mit Interessierten der Naturschutzverbände und der Lokalpolitik. Dabei zeigte sich, dass die Akzeptanz besonders dann groß war, wenn es gelang die Multifunktionalität als Mehrwert für Alle zu vermitteln. Dazu kamen projektspezifisch in Projekt 1: der Hundeverein, der Kommunalforst und eine eher spiritistische Bürgergruppe am Ort, in Projekt 2: die Jägerschaft und Eigentümer der Nachbarparzellen, in Projekt 3: die für die Hochwassersicherheit zuständigen Stellen des Niersverbandes und der Bezirksregierung sowie die Naturschutzstation Wildenrath als fachlich unterstützende Biostation.

Erfolge

Welche Erfolge wurden bis jetzt mit der Maßnahme erreicht?

Die Maßnahmen leistet einen Beitrag zur stadtnahen Kaltluftentstehung in Hitzeperioden und Grundwasserneubildung durch Schaffung von neuen Wasserflächen über ca. 2 ha., einen Beitrag zur Speicherung von klimarelevantem CO2 und Bindung von Wasser durch Schaffung von neuen Waldflächen / Aueböden mit Niedermoorpotenzial, einen Beitrag zum Ausgleich der Wasserführung und Hochwasserschutz in Mönchengladbach durch Schaffung von ca. 20.000 m3 Retentionsraum. Dazu gehört auch die Sicherung einer ausreichenden Wasserführung renaturierter Niersabschitte bei Trockenwetter sowie eine Ausweitung der Naturschutzgebiete.

Da das Nierstal ein von vielen Bürger*innen gern genutzter Naherholungsraum ist, kamen viele positive Rückmeldungen über die deutlich erhöhte Erlebnis- und Aufenthaltsqualität der Teilflächen vom Nierswanderweg aus. Die Beobachtungen der hier anzutreffenden Arten bestätigen den Erfolg der Schaffung naturnaher Lebensräume aus ökologischer Sicht.

ErläuterungDie Ergebnisse werden zur Erfolgskontrolle und als Basis des weiteren Monitorings dokumentiert; die Vermessung der absoluten Wasserflächen erfolgt noch nach Einstellung stabiler Verhältnisse, auch zur Abschätzung der Evaporationsleistung. Die Maßnahme wird im Rahmen der alle 5 Jahre zu aktualisierenden Pflege- und Entwicklungspläne (PEPL) wie bei allen Naturschutzgebieten in ihrer Wirkung bewertet und fortgeschrieben.

Wie planen Sie Ihr Projekt weiterzuentwickeln?

Wie die Renaturierungsabschnitte der Gewässer Niers und Bungt im Gebiet der Stadt Mönchengladbach werden auch die Renaturierungen in der Aue zum Vorbild für weitere Projekte an der Niers, aber auch an anderen Gewässern nicht nur im Stadtgebiet Mönchengladbach dienen können. Erste kleinere Projekte am Westrand der Stadt wurden bereits am Mühlen- und Knippertzbach ebenfalls als Kompensationsmaßnahmen umgesetzt; dort werden Erfahrungen im landwirtschaftlich intensiv genutzten Umfeld mit neuen Herausforderungen gemacht, wo den Bächen als Vorflut und den Auen als Bestandteil eines FFH-Gebietes der westlich anschließenden Schwalmaue eine besondere Bedeutung zukommt. Diese Bereiche sind in den nächsten Jahren Maßnahmenschwerpunkte der Landschaftsentwicklung. Schon die bisherigen Maßnahmen in der Feldflur haben durch die Wasserrückhaltung dazu geführt, dass der Beregnungsbedarf der umliegenden Äcker im Sommer deutlich zurückging.

Hat die Maßnahme positive Nebeneffekte?

-Klima: CO2- Bindung im neuen Wald und Aueboden
-Artenschutz/ Biodiversität auf 2,9 ha neuen Biotopen
-Naherholung /Naturerfahrungen in neu erlebbaren Naturräumen des Niersgrünzugs
-Anlage von Nebengewässern gem. Wasserrahmenrichtlinie
-Sicherung der Stadtentwässerung / naturnahe Rückhaltungen für Gewässerverträglichkeit der Einleitungen; bewährt bei Sommerhochwasser 2021, auch Ausgleich bei Niedrigwasser in Trockenzeiten.
-Kulturlandschaft um Wasserschlösser Wickrath und Rheydt gesichert

Hindernisse

Welche Hindernisse gab es während der Umsetzung?

Projekt 1: unerwarteter Nutzungsanspruch durch Hundesportverein mit politischer Unterstützung, wofür schließlich (nach ca. 1 Jahr) im Konsens durch Teilung des Areals ein Kompromiss gefunden wurde. Projekt 2: gemeinsame Suche verschiedener Dienststellen und der Wirtschaftsförderung nach Umsiedlungsstandort für die Fischzucht (3 Jahre) vor Umbau. Projekt 3: unvorhergesehene Bergung und Entsorgung ca. 900 t gefährlichen Abfalls nach verwaltungsinterner Abstimmung und gemeinsamer Willensbildung.

Hat die Maßnahme negative Nebeneffekte?

Ansprechperson

Georg Esser
Rathaus Rheydt
41050 Mönchengladbach
Deutschland
Telefonnummer02161258260

Ort der Umsetzung

Rathaus Rheydt
41050 Mönchengladbach
Deutschland

Mönchengladbach Städte

Teilen:
Artikel:
Drucken