Warum wurde dieser Sonderbericht vom IPCC erstellt?
Mit dem Übereinkommen von Paris verpflichten sich alle Staaten der Welt, Maßnahmen zum Klimaschutz durchzuführen, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C bzw. 1,5°C gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Gleichzeitig zur Verabschiedung des Pariser Abkommens hatten die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) Informationsbedarf zu wissenschaftlichen Fragestellungen rund um die 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze formuliert. Der Weltklimarat (IPCC) wurde gebeten, einen Sonderbericht zu wichtigen Aspekten dieses Ziels anzufertigen. Dieser IPCC-Sonderbericht zu „Global Warming of 1,5°C“ (kurz "SR1.5" genannt) wurde am 8. Oktober 2018 veröffentlicht. Es ist die erste Veröffentlichung des IPCC seit 2014 und der erste von acht Berichten im Sechsten IPCC-Berichtszyklus (2015-2022).
Der Sonderbericht steht in direkter Verbindung zu politischen Prozessen der Klimarahmenkonvention, zum einen mit dem Temperaturziel im Pariser Abkommen und den dafür benötigten Reduktionszielen. Zum anderen ist er einer der entscheidenden wissenschaftlichen Beiträge zum sogenannten Talanoa Dialogue, einer im Jahr 2018 durchgeführten Bestandsaufnahme der globalen Klimaschutzanstrengungen nach der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens.
Was vermittelt der Sonderbericht?
Aus Sicht des Umweltbundesamtes (UBA) liefert der Sonderbericht eine qualitativ hochwertige Zusammenfassung der aktuellen wissenschaftlichen Informationen zum Klimawandel, die es in dieser Breite und Tiefe bisher so noch nicht gab.
Aus Sicht des UBA enthält der Bericht wichtige Botschaften:
- Die globalen Risiken für das Klimasystem, Natur und Mensch sind bereits bei 1,5°C globaler Erwärmung höher als bisher angenommen. Beispielsweise würden die Korallenriffe bereits bei einer Erwärmung von 1,5°C um 70-90 % zurückgehen. Ihr Verlust führt u. a. zum Zusammenbruch von Fischbeständen und gefährdet damit die Lebensgrundlagen von Menschen, die unmittelbar von der Fischerei abhängig sind.
- Um die Erderwärmung auf maximal 1,5°C zu begrenzen, ist eine radikale Reduktion der Treibhausgasemissionen weltweit insbesondere bis 2030 erforderlich.
- Die bestehenden Klimaschutzzusagen unter dem Übereinkommen von Paris (NDC´s) sind dafür nicht ausreichend.
- Zusätzlich zur radikalen Reduktion der Treibhausgasemissionen ist der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal; CDR) notwendig. Die dafür aufgezeigten Optionen zum CO2-Entzug sind bei Anwendung in großmaßstäbigem Umfang meist unerprobt und risikobehaftet.
- Eine Überschreitung der Erwärmung um mehr als 1,5°C und die Abhängigkeit von CO2-Entzug aus der Atmosphäre im großen Maßstab können nur vermieden werden, wenn die globalen CO2-Emissionen deutlich vor 2030 zu sinken beginnen.
- Synergien und Zielkonflikte mit nachhaltiger Entwicklung hängen von der konkreten Ausgestaltung der Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen ab.
- Die Umsetzung der erforderlichen schnellen gesellschaftlichen Transformation hin zu einem klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise muss durch eine verbesserte internationale Regierungsführung (Governance) und die Einbeziehung von Akteuren auf allen Ebenen unterstützt werden.
Welche Bedeutung hat der Sonderbericht für die internationale, europäische und deutsche Klimapolitik?
Das Erscheinen des Sonderberichtes, unmittelbar im Vorfeld der Klimakonferenz in Kattowitz (COP24), war mit hohen politischen Erwartungen verbunden. Vor dem Hintergrund der bisher unzureichenden nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) bekräftigten die Vertragsstaaten in Kattowitz die Notwendigkeit, dass global mehr Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden müssen. Bereits im Übereinkommen von Paris legten die Staaten fest, dass bis 2020 neue bzw. aktualisierte NDCs sowie Langfriststrategien vorzulegen sind.
Der SR1.5 macht deutlich, dass die derzeitigen Anstrengungen der Staaten ungenügend sind. Mit dieser Botschaft wirkt der Bericht im besten Fall wie ein Katalysator, mit dem Ergebnis, dass die NDCs bzw. Ziele und Maßnahmen sowie langfristige Klimastrategien der Staaten den neuesten Erkenntnissen entsprechend angepasst werden.
Die Ergebnisse des Berichts haben Diskussionen zur Umsetzung des Paris-Übereinkommens auf unterschiedlichsten Ebenen stark beeinflusst, sowohl auf globaler als auch auf nationaler Ebene. Aktuell lässt sich beobachten, dass viele Länder ihre nationalen Klimastrategien überarbeiten oder neu auf den Weg bringen. Wegen seiner klaren Aussagen zu den Risiken für Klimasystem, Mensch und Umwelt und dem Handlungsbedarf in allen Sektoren ist der Sonderbericht auch für die Diskussion über die europäischen und deutschen Klimaziele von besonders hoher Relevanz. Er verdeutlicht die Notwendigkeit einer umfassenden globalen Transformation zu nachhaltiger, klimawandel-resilienter Entwicklung. Das Wissen über die Wege dahin steht zur Verfügung. Es bedarf einer Ableitung für die nationalen Ebenen und einer konsequenten Umsetzung im Dialog mit allen relevanten Akteuren.
Was sagt der Sonderbericht zur Erreichbarkeit der globalen Nachhaltigkeitsziele?
Der Sonderbericht knüpft an einen weiteren wichtigen globalen Politikprozess an. Er betont den engen Zusammenhang zwischen der Begrenzung des Klimawandels und der Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs). Er zeigt, dass die Erreichung der SDGs, zum Beispiel durch eine ambitionierte Senkung der Treibhausgasemissionen zur Begrenzung auf 1,5°C globale Erwärmung, deutlich erleichtert wird. Nachhaltig umgesetzte Klimaschutzmaßnahmen zeigen potentzielle Synergien zu vielen SDGs, wie beispielsweise Schutz der Gesundheit (SDG 3) und Schutz der Meere (SDG 14).
Informationsangebot des Umweltbundesamtes zum Sonderbericht
Das Umweltbundesamt stellt wichtige Botschaften des Berichtes im klima- und umweltpolitischen Kontext dar und macht diese für die Politikgestaltung und Information der Öffentlichkeit verfügbar: