Critical Loads für Schwermetalle

Zu hohe Konzentrationen von Schwermetallen in Luft, Wasser, Boden sind schädlich für die menschliche Gesundheit und für andere Lebewesen. Ein Instrument zur Risikobewertung sind ökologische Belastungsgrenzen oder „Critical Loads“. Schwermetalle werden in starkem Maße durch Bergbau, metallurgische Industrie, Verbrennungsprozesse und Verkehr aber auch die Nutzung bestimmter Produkte freigesetzt.

Inhaltsverzeichnis

 

Was sind Critical Loads?

Dieser Artikel bezieht sich auf ⁠Critical Loads⁠ für Landökosysteme (auch „terrestrische Ökosysteme“), mit deren Hilfe über den Boden vermittelte Risiken bewertet werden. Critical Loads für Schwermetalle geben an, welche Menge eines Metalls pro Fläche und Zeitraum in ein ⁠Ökosystem⁠ eingetragen werden darf, ohne dass nach bisherigem Wissensstand langfristig Schadwirkungen auftreten. Im Umkehrschluss heißt das: Werden Critical Loads durch die tatsächlichen Stofffrachten überschritten, besteht in dem betroffenen Gebiet langfristig ein Risiko für Umweltwirkungen, einschließlich möglicher Qualitätseinbußen bei Nahrungsmitteln und Trinkwasser.

 

Wie werden Critical Loads für Schwermetalle und ihre Überschreitung berechnet?

Die grundlegende Methode für die Critical Load-Berechnungen ist die Erstellung einer Massenbilanz unter der Annahme von Gleichgewichtsbedingungen. Dabei werden Raten der Metalleinträge den langfristigen Raten der Prozesse gegenübergestellt, die diese Stoffe aus dem ⁠Ökosystem⁠ entfernen. Das sind im Wesentlichen die Biomasseernte und die Auswaschung, wobei die Schwermetallkonzentrationen in den jeweiligen Medien (Erntegut, Wasser) unschädlich für Mensch und Umwelt sein müssen.
Zu den in die Ökosysteme eingetragenen Stofffrachten für Überschreitungsrechnungen zählen für Schwermetalle neben der atmosphärischen ⁠Deposition⁠ auch bewirtschaftungsbedingte Einträge. Zur Berechnung der Überschreitung der ⁠Critical Loads⁠ sind somit raumbezogene Daten zu Schwermetalleinträgen durch atmosphärische Deposition und bewirtschaftungsbedingte Einträge (z. B. Düngung, bestimmte ⁠Pflanzenschutzmittel⁠) erforderlich. Die Summe der Einträge wird mit den Critical Loads verglichen.
Bei Schwermetallanreicherungen in Böden ist auf den häufig besonders langen Zeithorizont hinzuweisen, bevor tatsächlich schädliche Wirkungen auftreten. Das liegt daran, dass Metalle oft stark im Boden gebunden werden und dann nur sehr begrenzt für Lebewesen zugänglich sind. Wenn sie aber ständig weiter im Boden angereichert werden, besteht die Gefahr, dass eines Tages ein Zustand erreicht wird, bei dem riskante Mengen bioverfügbar sind. Unter der Annahme, dass ich Bodeneigenschaften wie Ton- und Humusgehalt sowie Säurestatus über lange Zeiträume nicht ändern, werden bei Einträgen unterhalb der Critical Loads diese für Lebewesen kritischen Konzentrationen in den Umweltmedien auch in der fernen Zukunft nicht überschritten. Das Critical Loads-Konzept ist also ein sehr vorsorglicher Ansatz. Um Veränderungen von Bodeneigenschaften berücksichtigen zu können, müssen Critical Loads-Berechnungen in angemessenen Zeitabständen aktualisiert werden.

 

Wofür werden Critical Loads für Schwermetalle verwendet?

Critical Loads⁠ für Schwermetalle werden insbesondere für große Gebiete kartiert, um Wirkungen des atmosphärischen Ferntransports zu bewerten. Kartierungen der Critical Loads-Überschreitung für Europa mit unterschiedlichen Szenarien atmosphärischer Einträge von Pb, Cd, Hg als prioritäre Stoffe des Schwermetallprotokolls der Genfer Luftreinhaltekonvention (CCE Status Report 2010, Teil 3) dienten der Bewertung, ob unterschiedlich ambitionierte Emissionsminderungsmaßnahmen ausreichen, Mensch und Umwelt auf lange Sicht vor schädlichen Wirkungen der Schwermetalle zu schützen. Sie werden als eine wissenschaftliche Grundlage für die Weiterentwicklung internationaler Luftreinhaltepolitik herangezogen (Maas R, Grennfelt P. (eds.) 2016). 
Anders als Critical Loads für Säure und eutrophierenden Stickstoff können Critical Loads für Schwermetalle derzeit noch nicht zur Risikobewertung für Anlagen, z. B. nach ⁠TA Luft⁠ oder naturschutzrechtliche Verfahren herangezogen werden. Das liegt zum einen darin, dass der Zusammenhang von Stoffeintrag und Wirkung bei Schwermetallen (Spurenelemente) bisher nicht so klar belegt ist wie bei Stickstoff- und Säureeinträgen. Zum anderen sind auch die Ergebnisse der Depositionsmodellierung für Schwermetalle für Deutschland noch zu unsicher (Link zum F&E-Vorhaben-Bericht Teil 1). Um das zu verbessern, werden vor allem sicherere Informationen zu den Quellen und ihren Freisetzungsraten benötigt.
In industrie- oder verkehrsnahen Gebieten können sich Schwermetalle aus der Luft auch direkt auf Pflanzen ablagern. Davon können z. B. im Einflussbereich liegende Nutzgärten betroffen sein. Für diese Einträge gibt es andere Bewertungsmethoden als Critical Loads, z. B. im Einflussbereich von Industrieanlagen nach der TA Luft oder entsprechend der VDI-Richtlinien 3857, 3957.

 

Critical Loads für Trinkwasser, Nahrungsmittel und Ökosysteme

Gesundheitliche Wirkungen sowie Wirkungen von Schwermetallen in terrestrischen Ökosystemen werden unter den jeweiligen Überschriften am Ende des Artikels beschrieben.
Die ⁠Critical Loads⁠ zum Schutz der Trinkwasserqualität basieren auf der Annahme, dass das Sickerwasser unterhalb der Wurzelzone höchstens Schwermetallkonzentrationen entsprechend der ⁠WHO⁠-Trinkwasser-Empfehlung aufweisen darf. Die Sickerwasserrate wird also mit dem der kritischen Konzentration nach WHO multipliziert. Der Austrag mit der Biomasseernte wird aus den Erntemengen multipliziert mit durchschnittlichen Schwermetallgehalten (unbelastete Gebiete) berechnet. Die Höhe der Critical Loads wird vorrangig durch die klimatisch bedingte Höhe der Sickerwasserrate bestimmt. Die Critical Loads-Karten weisen deshalb für alle drei Metalle ein sehr ähnliches räumliches Muster auf, weshalb wir hier nur die Karte für Pb präsentieren.


Critical Loads zum Schutz der Nahrungsmittelqualität werden bisher nur für Cd berechnet, Beim Cadmium wurde der Nahrungsweizen (Korn) als diejenige Feldfrucht identifiziert, bei der ein erhöhter atmosphärischer Eintrag am ehesten großflächig zu erhöhten Cd-Gehalten führt. Der hier verwendete wirkungsbasierte kritische Cd-Gehalt beträgt 0,1 mg kg-1 Frischgewicht. Das ist die Hälfte des EU-Grenzwertes (der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln), der nicht strikt wirkungsbasiert abgeleitet ist, sondern sich an niedrigen, aber allgemein erreichbaren Werten orientiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Berechnung der Critical Loads nach dieser Methodik der Schutz der Qualität auch anderer landwirtschaftlicher Nutzpflanzen hinsichtlich des Cd-Gehaltes gewährleistet ist. Die Critical Loads (Cd) zum Schutz der Nahrungsmittelqualität sind insgesamt empfindlicher als die Critical Loads für den Trinkwasserschutz. Sie weisen nur eine geringe Schwankungsbreite und räumliche Differenzierung auf, so dass auf eine Kartendarstellung hier verzichtet wird.

Kritische Belastungsgrenzwerte (Critical Loads) zum Schutz von Ökosystemen wurden für landwirtschaftliche sowie naturnahe Ökosysteme berechnet. Bei dieser Berechnung entspricht der Austrag mit der Biomasseernte den für die Critical Loads (Trinkwasserschutz) ermittelten ⁠Frachten⁠. Die kritischen Austragsraten mit dem Sickerwasser werden anhand von wirkungsbasierten, ökosystemspezifischen kritischen Konzentrationen (Critical Limits) für das Sickerwasser berechnet. Ausgangspunkt sind Ergebnisse aus Wirkungstests mit in den oberen Bodenschichten lebenden Organismen (Wirbellose, Pflanzen, Mikroorganismen), die nach anerkannten Methoden durchgeführt und dokumentiert wurden. Die Critical Limits für Pb, Cd, Ni, Cu, Zn werden in Abhängigkeit vom ⁠pH-Wert⁠, dem Gehalt an organischer Substanz, der Konzentration gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) sowie dem ⁠Partialdruck⁠ von Kohlenstoffdioxid im Bodenwasser berechnet. Für die Metalle Cr und As liegen dagegen nur pauschal festgelegte Critical Limits ohne Abhängigkeit von Bodeneigenschaften vor.


In Deutschland wurden die Critical Loads für Hg (Ökosystemschutz) nur für Waldböden ermittelt, weil bisher nur für diese der Critical Loads-Methodik entsprechende Critical Limits existieren. Bei Hg spielt die enge Bindung dieses Metalls an die organische Substanz die entscheidende Rolle. Feste sowie gelöste organische Substanz des Humus ist hauptverantwortlich für Speicherung bzw. Transport des Hg in Böden, weshalb die Critical Limits allein in Abhängigkeit von der Konzentration von im Bodenwasser gelöstem Kohlenstoff (dissolved organic carbon, DOC) abgeleitet werden. Die auf den Ökosystemschutz bezogenen Critical Loads für Hg liegen ausnahmslos unter 1 g ha-1 a-1 und sind damit sehr viel niedriger als die Critical Loads (Hg) zum Trinkwasserschutz.


Wirkungen auf Pflanzen und Bodenlebewesen gehen insbesondere von im Bodenwasser gelösten Fraktionen der Schwermetalle aus. Anders als bei Critical Loads für Säure oder ⁠Eutrophierung⁠ sind kritische Konzentrationen von Schwermetallen im Bodenwasser (Critical Limits) heute auf großen Flächen in Deutschland noch nicht erreicht. Das kann auch auf Regionen zutreffen, in denen die Schwermetalleinträge in die Ökosysteme die Critical Loads überschreiten. Die Böden haben zum Teil ein hohes Bindungsvermögen für Schwermetalle. Je nach Metall, Höhe der Einträge und Bodenbedingungen führen Modellrechnungen zu Zeiträumen von mehreren Jahrzehnten, Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden, bis sich zwischen den gebundenen und gelösten (und damit wirkungsrelevanten) Schwermetallen im Boden ein Gleichgewicht in Höhe der Critical Limits einstellt. Das bedeutet einerseits, dass in Böden, die heute Konzentrationen unterhalb der Critical Limits aufweisen, möglicherweise erst nach sehr langen Belastungszeiträumen schädliche Wirkungen auftreten (z. B., Wachstumsstörungen, Reproduktionsstörungen, verminderte Individuenanzahlen, veränderte mikrobiologische Prozesse, mehr zu Wirkungen am Ende des Artikels). Andererseits ist zu beachten, dass großflächig in Böden aufgebaute Schwermetallvorräte nicht mehr durch vom Aufwand her verhältnismäßige Sanierungsmaßnahmen entfernt werden können. Deshalb müssen zu hohe Einträge unbedingt vorsorgend vermieden werden. Außerdem können die gebundenen Schwermetalle durch die Veränderung bodenchemischer oder –physikalischer Bedingungen, z. B durch Mineralisation der organischen Substanz nach Entwaldung, durch ⁠Versauerung⁠ oder durch Wurzelausscheidungen von Pflanzen auch kurzfristig mobilisiert und dann entweder in Bodenlebewesen oder Pflanzen aufgenommen oder ins Grundwasser ausgetragen werden und dort schädliche Wirkungen entfalten.

 

Wie ist die Situation in Deutschland?

Für Deutschland liegen ⁠Critical Loads⁠-Karten für acht Metalle (As, Pb, Cd, Cr, Cu, Ni, Hg, Zn) aus einem 2018 abgeschlossenen Forschungsvorhaben vor. Die wissenschaftlich am besten gesicherte Datengrundlage haben dabei die Critical Loads für Pb und Cd (Link zum F&E-Vorhaben-Bericht Teil 2). Critical Loads-Überschreitungen durch atmosphärische Einträge (2010) treten entsprechend der Projektergebnisse großflächig bei Blei und Quecksilber auf. Das bedeutet, dass bei gleichbleibender zukünftiger Anreicherung langfristig Risiken für Mensch und Umwelt entstehen können, auch wenn die Situation im Moment noch unbedenklich ist. Bei Cd gibt es höchstens lokal Überschreitungen, wo die atmosphärische Belastung hoch ist. Die verwendeten Daten zur atmosphärischen ⁠Deposition⁠ weisen noch erhebliche Unsicherheiten auf. Für Pb, Cd und Hg läuft derzeit eine Aktualisierung modellierter Depositionsdaten. Andere, bewirtschaftungsbedingte Einträge sind schwer zu beziffern und zu regionalisieren. Aus diesem Grund sind Kartierungen der Critical Loads-Überschreitung für Deutschland derzeit noch problematisch. Datenrecherchen zeigen, dass aufgrund zusätzlicher landwirtschaftlicher Einträge insbesondere bei Pb, Cu, Hg, Zn, aber auch bei Cd und Cr (noch stärkerere) Überschreitungen der Critical Loads auftreten können.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Höhe der Critical Loads für die einzelnen Metalle und Rezeptoren. Auf Minimum- und Maximumangaben wurde verzichtet. Neben dem arithmetischen Mittel und dem Medianwert (50-Perzentil) sind die 5- und 95-Perzentilwerte angegeben, die den Bereich typischer Werte besser eingrenzen.

Critical Loads Tabelle
Critical Loads

Statistische Kennwerte der Critical Loads Pb, Cd, Hg (Stand 2018)

Quelle: Umweltbundesamt
 

Karten

(⁠Critical Loads⁠ Karten für weitere Schwermetalle sind im Abschlussbericht UBA-Texte 107/2018 dargestellt):
Critical Loads zum Schutz der Ökosysteme
-    Karte der CL Blei (eco)
-    Karte der CL Cadmium (eco)
-    Karte der CL Quecksilber (eco)
Critical Loads zum Schutz des Trinkwassers
-    Karte der CL Blei (drink)

<>
 

Wirkungen von Pb, Cd, Hg auf die Gesundheit

Die humantoxische Wirkungsbetrachtung im Kontext der kritischen Belastungsgrenzwerte für Luftschadstoffe (⁠Critical Loads⁠) berücksichtigt je nach Schwermetall (Pb, Cd, Hg) den Transfer über den Boden und/oder die Gewässer in Nahrung oder Trinkwasser. Andere Belastungsquellen für die menschliche Gesundheit wie Hausstaub und Farben sind hier nicht berücksichtigt.


Die Schwermetalle Pb, Cd und Hg gehören nicht zu den für Menschen in geringen Mengen unentbehrlichen Spurenelementen wie zum Beispiel Kupfer oder Zink. Werden sie in relevanten Mengen aufgenommen, schädigen sie den menschlichen Organismus. Die Nahrung ist der wichtigste Pfad für Belastungen des menschlichen Körpers mit Pb, Cd und Hg. Je nach Schwermetall spielen die direkte Ablagerung auf Nahrungspflanzen oder indirekte Pfade über das Bodenwasser und Gewässer eine unterschiedlich große Rolle. Für Deutschland wurden Critical Loads mit Bezug zum Schutz der menschlichen Gesundheit für alle drei Schwermetalle berechnet und kartiert. Dabei dienten die Empfehlungen der World Health Organisation - Weltgesundheitsorganisation von 2004 für die Gehalte von Pb, Cd und Hg im Trinkwasser als Wirkungsindikatoren. Für Cd fand zusätzlich die Einhaltung eines Gehalts im Weizenkorn von 0,1 mg/kg als ⁠Indikator⁠ für den Schutz der Nahrungsqualität Verwendung.


Pb wird vom Menschen über die Nahrung und das Trinkwasser aufgenommen. Es wirkt unter anderem neurotoxisch und beeinflusst damit die intellektuelle Entwicklung von Kindern. Einen Schwellenwert der Bleibelastung im Hinblick auf einen verminderten IQ der Kinder gibt es nach bisheriger Erkenntnis nicht. Aufgenommenes Pb reichert sich allmählich in den Knochen an und es kann die Nieren und das kardiovaskuläre System schädigen. Während der Schwangerschaft kann es bei Calciummangel mobilisiert werden, die Plazenta passieren und das ungeborene Leben belasten. Säuglinge können auch durch die Muttermilch exponiert werden. Für den Schutz der Gesundheit von Kindern ist daher die Gesamtexposition der Mütter vor der Schwangerschaft entscheidend. Blei gilt als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen (Kategorie 2A der IARC).

Für Cd sind die Nahrung und das Tabakrauchen die wichtigsten Belastungsquellen der Allgemeinbevölkerung. Durch das Rauchen erhöht sich die die Cd-Belastung sehr deutlich. Aufgenommenes Cd schädigt nach ⁠Akkumulation⁠ im Körper vor allem die Nieren. Personen mit vorgeschädigten Nieren, zum Beispiel Diabetiker, und generell die ältere Bevölkerung haben ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Cd zählt zu den Krebs erregenden Stoffen (Kategorie 1 der IARC).


Hg wirkt neurotoxisch und schädigt ebenfalls die Nieren. In Böden und Gewässern führen biotische und abiotische Prozesse zur Umwandlung von Hg in Methyl-Hg, welches besonders neurotoxisch wirkt. Die ⁠Exposition⁠ des Menschen erfolgt über den Nahrungspfad. Nahrungsmittel mit hohem Methyl-Hg-Gehalt sind unter anderem Süß- und Salzwasserfisch sowie Meerestiere. Die Belastung der Nahrung erfolgt größtenteils durch atmosphärische Schadstoffdeposition, nachfolgende Mobilisierung des Hg in Böden und Transport in die Gewässer.

 

Wirkungen von Pb, Cd, Hg auf Landökosysteme

Weder Tiere, Pflanzen noch Mikroorganismen benötigen Pb, Cd, As oder Hg für ihren Stoffwechsel. Dagegen gehören Cu, Ni und Zn zu den sogenannten essentiellen Elementen, die für einen gesunden Stoffwechsel unverzichtbar sind. Ob das auch für Cr zutrifft, ist umstritten. Alle Schwermetalle haben aber bei Überschreitung bestimmter Konzentrationen in der Umwelt bzw. in der Nahrung schädliche Wirkungen. Diese reichen von gestörtem Wachstum, sichtbaren Blattschäden bei Pflanzen, Reproduktionsstörungen, Veränderungen physiologischer Prozesse und Einschränkungen mikrobiologischer Stoffumsetzungen bis hin zum Absterben und dadurch verminderten Individuenzahlen. Die vorliegenden ökotoxikologischen Wirkungsdaten stammen meist aus Laborversuchen, wurden aber zum Teil durch (sehr viel aufwändigere) Freilanduntersuchungen bestätigt. Ergebnisse solcher Wirkungstests sind die Grundlage für die Ableitung kritischer Konzentrationen im Bodenwasser im ⁠Critical Loads⁠-Konzept. Die Ableitung der Vorsorgewerte in der BBodSchV beruht ebenfalls auf ökotoxikologischen Wirkungsdaten, folgt aber anderen Prinzipien als die Critical Loads-Methodik.


Die schädigende Wirkung geht nur vom biologisch verfügbaren Anteil des Schwermetalls aus, der sich jedoch bei Veränderungen des Bodenmilieus verändern kann. Die betrachteten Schwermetalle verhalten sich hinsichtlich ihrer Mobilität und Bioverfügbarkeit sehr unterschiedlich: In Böden können Schwermetalle sehr fest an Humusbestandteile oder auch Tonminerale und Metalloxide gebunden sein. Diese Anteile sind für viele Organismen nur wenig verfügbar. Allerdings können Boden fressende oder durchwühlende Lebewesen (Regenwürmer, Maulwurf) oder Weidetiere sie direkt aufnehmen. Von größerer ökotoxischer Bedeutung sind Schwermetalle, die im Bodenwasser gelöst sind. Dabei sind vor allem freie Ionen bioverfügbar. Pflanzenwurzeln, Insekten und andere Wirbellose sowie Mikroorganismen können sie aufnehmen. Dagegen sind Schwermetalle im chemischen Komplex mit gelösten organischen Bindungspartnern zwar mobil, das heißt sie können also in das Grundwasser oder in Oberflächengewässer verlagert werden, werden aber von Lebewesen kaum aufgenommen. Der Anteil bioverfügbarer Schwermetalle an der Gesamtkonzentration im Boden hängt von chemischen und biologischen Größen ab, zum Beispiel vom ⁠pH-Wert⁠, dem Humusgehalt, Wurzelausscheidungen sowie Ton- oder Sesquioxidgehalt1.


Ganz allgemein kann gesagt werden, dass Pflanzen im Vergleich zu anderen Lebewesen relativ unempfindlich gegenüber Schwermetallen sind. Sie vertragen mehr freie Metallionen im Bodenwasser als z. B. wirbellose Tiere oder Mikroorganismen ohne dass Schäden messbar oder sichtbar wären. Wieviel sie über die Wurzeln aufnehmen, hängt neben den Bodeneigenschaften und dem Metall auch von der Pflanzenart abhängig. Dies wird sowohl bei Critical Loads-Berechnungen als auch bei der Festlegung von Prüf-/ Maßnahmenwerten für den Pfad Boden/Pflanze in der BBodSchV berücksichtigt.


[1] Sesquioxide: Im Boden vorliegende Metalloxide, besonders Fe2O3, Al2O3, Mn2O3, mit einem Metall-Sauerstoffverhältnis von 1 : 1,5. Konventionell werden Bodenoxide/-hydroxide mit anders lautenden Strukturformeln (z. B. Ferrihydrit) darunter zusammengefasst. Zitiert aus: Ad-hoc Arbeitsgruppe Boden der staatlichen Geologischen Dienste und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. verbesserte und erweiterte Auflage, Hannover 2005.

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Critical Load  Schwermetall  Ökosysteme