Biologisch

Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien, der Wattenmeerkooperation und regionaler Meeresschutzkonventionen werden Arten und Habitate der Nord- und Ostsee mit verschiedenen Verfahren bewertet. Sie kommen jedoch alle zu dem Schluss, dass die Biodiversität weiterhin bedroht ist. Ursache sind vielfältige vom Menschen verursachte Belastungen, insbesondere die Fischerei und Eutrophierung.

Inhaltsverzeichnis

 

Bewertung gemäß Wasserrahmenrichtlinie

2008 wendeten die Küstenbundesländer erstmals  die auf europäischer Ebene abgestimmten Bewertungsverfahren für die Übergangs- und Küstengewässer der Nord- und Ostsee an. Die Bewertung zeigte, dass die überwiegende Mehrheit der ⁠Wasserkörper⁠ sich in einem mäßigen bis schlechten Zustand befindet. Dieser muss durch geeignete Maßnahmen verbessert werden. Während die Küstengewässer der Nordsee überwiegend mit „mäßig“ beurteilt werden, sind die Küstengewässer der Ostsee überwiegend in einem „unbefriedigenden“ oder sogar „schlechten“ Zustand. Für die deutsche Nordseeküste wurden von 28 bewerteten Wasserkörpern 18 als „mäßig“, neun als „unbefriedigend“ und ein Wasserkörper (untere Ems) als „schlecht“ bewertet. In der deutschen Ostsee wurden von den 44 ausgewiesenen Wasserkörpern sieben als „schlecht“, 22 als „unbefriedigend“, 14 als „mäßig“ und nur einer als „gut“ bewertet. Bei den als „schlecht“ bewerteten Gewässern an den deutschen Ostseeküsten handelt es sich überwiegend um Gewässerbereiche mit geringen Austauschraten oder langen Aufenthaltszeiten (Peenestrom, Kleiner Jasmunder und Barther Bodden, untere Trave und Travemünde, innere und mittlere Schlei). Das Verfehlen des guten ökologischen Zustands resultiert überwiegend aus dem übermäßigen Eintrag von Nährstoffen über die Flüsse, der küstennah zu Eutrophierungseffekten führt.

 

Bewertung gemäß Flora-Fauna-Habitatrichtlinie

Für die Berichtsperiode 2001 bis 2008 wurde erstmals ein umfassender Bericht über den Erhaltungszustand von Lebensraumtypen und Arten in der Nord- und Ostsee vorgelegt. Aufgrund der sehr lückenhaften Datenlage wurde eine Reihe von Arten und Lebensraumtypen als unbekannt eingestuft. Für die bewerteten Arten und Lebensraumtypen hat sich gezeigt, dass der Erhaltungszustand überwiegend „schlecht“ ist (siehe Tabelle). Nur das Watt und die Seehundpopulationen der deutschen Nordsee sind in einem „günstigen“ Erhaltungszustand.

Gesamtbewertung des Erhaltungszustands von Arten und Lebensraumtypen (LRTs) gemäß FFH-Richtlinie für den Zeitraum 2001-2006, von unbekannt bzw. ungünstig bis günstig
Gesamtbewertung des Erhaltungszustands von Arten und Lebensraumtypen gemäß FFH-Richtlinie 2001-2006
Quelle: BMUB
 

Bewertung gemäß Meeresstrategierahmenrichtlinie

Anders als die WRRL folgt die MSRL hinsichtlich der Bewertung keiner stringenten Trennung in biologischen und chemischen Zustand. Jedoch gibt es drei sogenannte „Statusdeskriptoren“ (Deskriptor 1 „Biodiversität“, Deskriptor 4 „Nahrungsnetz“ und Deskriptor 6 „Meeresboden“) die im weitesten Sinne den biologischen Zustand der Meeresgewässer beschreiben. Darüber hinaus müssen gemäß Anhang III MSRL Biotoptypen und biologische Merkmale bewertet werden. In den Küstengewässern betrachtet WRRL die drei biologischen Qualitätskomponenten Phytoplankton, Makrophyten und ⁠Makrozoobenthos⁠. Unter der MSRL kommen das Zooplankton, Fische, Seevögel und Meeressäuger hinzu. Sieht man von Mikroorganismen ab, sind somit durch eine EU-Richtlinie erstmals alle marinen Organismengruppen erfasst.

Die erste Bewertung des Umweltzustands (Anfangsbewertung) der gesamten Nord- und Ostsee wurde von Bund und Ländern 2012 durchgeführt. Sie beruht überwiegend auf einer Zusammenfassung bestehender Analysen und Bewertungen anderer Richtlinien und der regionalen Konventionen. Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsche Nord- und Ostsee gegenwärtig den guten Umweltzustand nicht erreichen. Die Biotoptypen und die biologischen Qualitätskomponenten wurden als „nicht gut“ eingestuft. Das Zooplankton konnte noch nicht bewertet werden, da geeignete Verfahren fehlen. Bei der Umsetzung der MSRL erstellen Bund und Länder bis 2015 konkreten Maßnahmenpläne, die der Erreichung und/oder Erhaltung des „guten Umweltzustands“ dienen und die sich an den Umweltzielen  orientieren.

Qualitative Deskriptoren zur Festlegung des guten Umweltzustands

  1. Die biologische Vielfalt wird erhalten. Die Qualität und das Vorkommen von Lebensräumen sowie die Verbreitung und Häufigkeit der Arten entsprechen den vorherrschenden physiografischen, geografischen und klimatischen Bedingungen.
  2. Nicht einheimische Arten, die sich als Folge menschlicher Tätigkeiten angesiedelt haben, kommen nur in einem für die Ökosysteme nicht abträglichen Umfang vor.
  3. Alle kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbestände befinden sich innerhalb sicherer biologischer Grenzen und weisen eine Alters- und Größenverteilung der Population auf, die von guter Gesundheit des Bestandes zeugt.
  4. Alle bekannten Bestandteile der Nahrungsnetze der Meere weisen eine normale Häufigkeit und Vielfalt auf und sind auf einem Niveau, das den langfristigen Bestand der Art sowie die Beibehaltung ihrer vollen Reproduktionskapazität gewährleistet.
  5. Die vom Menschen verursachte ⁠Eutrophierung⁠ ist auf ein Minimum reduziert; das betrifft insbesondere deren negative Auswirkungen wie Verlust der biologischen Vielfalt, Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme, schädliche Algenblüten sowie Sauerstoffmangel in den Wasserschichten nahe dem Meeresgrund.
  6. Der Meeresgrund ist in einem Zustand, der gewährleistet, dass die Struktur und die Funktionen der Ökosysteme gesichert sind und dass insbesondere benthische Ökosysteme keine nachteiligen Auswirkungen erfahren.
  7. Dauerhafte Veränderungen der hydrografischen Bedingungen haben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Meeresökosysteme.
  8. Aus den Konzentrationen an Schadstoffen ergibt sich keine Verschmutzungswirkung.
  9. Schadstoffe in für den menschlichen Verzehr bestimmtem Fisch und anderen Meeresfrüchten überschreiten nicht die im Gemeinschaftsrecht oder in anderen einschlägigen Regelungen festgelegten Konzentrationen.
  10. Die Eigenschaften und Mengen der Abfälle im Meer haben keine schädlichen Auswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt.
  11. Die Einleitung von Energie, einschließlich Unterwasserlärm, bewegt sich in einem Rahmen, der sich nicht nachteilig auf die Meeresumwelt auswirkt.

Quelle: Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, Anhang I, 2008.

 

Bewertung gemäß Trilateraler Wattenmeerkooperation

Für das Wattenmeerabkommen  der drei Länder Deutschland, Dänemark und Niederlande wird die ⁠Biodiversität⁠ in regelmäßig erscheinenden Qualitätszustandsberichten beschrieben. Der letzte Bericht  von 2010 zeigt, dass die große und einzigartige Artenvielfalt des Wattenmeers weiterhin bedroht ist, insbesondere durch ⁠Eutrophierung⁠ und Fischerei. Die anhaltend starke Befischung von Beständen, die zwischen der offenen Nordsee und dem Wattenmeer wandern, führt zu geringen Bestandsgrößen bei Seezungen, Klieschen, Dorsch, Wittling. Dies führt auch zur Veränderung von Nahrungsnetzen und beeinträchtigt das Ökosystems Wattenmeer insgesamt. Insbesondere große Fischarten wie der Keulenrochen, der Stachelrochen und verschiedene Haiarten sind selten geworden. Die Fischerei im Wattenmeer beschränkt sich auf Garnelen (Krabben oder Granat) und Miesmuschelzucht. Die natürlichen Miesmuschelbestände sind seit den 1990er-Jahren stark rückläufig. Das Ziel des Wattenmeerabkommens einer Flächenzunahme der Muschelbänke wurde noch nicht erreicht. Die heimischen Miesmuscheln müssen mittlerweile auch noch mit der eingeschleppten pazifischen Auster konkurrieren. Die Zahl der nicht-heimischen Arten im Wattenmeer nimmt stetig zu, verändert die Artenzusammensetzung der Wattenmeerorganismen und untergräbt Bemühungen zur Widerherstellung der natürlichen Biodiversität.

 

Bewertung gemäß Helsinki-Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes (HELCOM)

HELCOM  nutzt für die Bewertung der ⁠Biodiversität⁠ der Ostsee das indikatorbasierte „Biodiversity Assessment Tool“ (BEAT) und bewertet ausgewählte marine Habitate, Gemeinschaften und Arten. Ein erster Ergebnisbericht  wurde 2009 veröffentlicht. Für diesen Bericht wurde BEAT in 22 ausgewählten Pilotgebieten der Ostsee angewendet. Nur in fünf dieser Gebiete befand sich die Biodiversität in einem guten bis sehr guten Zustand. 13 Gebiete wurden als „schlecht“ bewertet. Ursache für das Verfehlen des guten Zustands waren die vielfältigen vom Menschen verursachten Belastungen wie ⁠Eutrophierung⁠ und Fischerei .

 

Bewertung gemäß des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt im Nordostatlantik (OSPAR)

OSPAR  hat 2010 basierend auf einer Pilotstudie die ⁠Biodiversität⁠ des Nordostatlantiks bewertet (Qualitätszustandsbericht von 2010). Die Studie kommtbisher nicht gestoppt werden konnte. Bedrohte Arten sind zum Beispiel Haie, Rochen, Schildkröten, Dreizehenmöwen und Austern. Habitate wie Seegraswiesen, Muschelbänke und Tiefseehabitate sind ebenfalls bedroht. zu dem Schluss, dass der Rückgang der Artenvielfalt

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