Konzept zur Ableitung toxikologisch begründeter Trinkwasserleitwerte (LWTW)
In der Richtlinie (EU) 2020/2184 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (EU-Trinkwasserrichtlinie) sind 56 Parameter geregelt. Die Vorgaben dieser europäischen Richtlinie müssen in nationales Recht überführt werden. In Deutschland ist die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) der entsprechende nationale Rechtsakt.
Nach Artikel 5 der EU-Trinkwasserrichtlinie setzen die Mitgliedstaaten die für Trinkwasser geltenden Werte für die Parameter fest. Dabei dürfen die nationalen Parameterwerte nicht weniger streng sein als die in den Anhängen der EU-Trinkwasserrichtlinie angegebenen Parameterwerte. Die Mitgliedstaaten können Werte für zusätzliche Parameter festsetzen, wenn der Schutz der menschlichen Gesundheit dies erfordert.
Unabhängig von diesen EU-weit gesetzlich geregelten Parametern muss jedoch auch das Vorkommen von Stoffen bewertet werden, die nicht in der Trinkwasserverordnung geregelt sind. In Deutschland werden dafür zwei aufeinander aufbauende Bewertungskonzepte in Abhängigkeit von der vorhandenen toxikologischen Datenlage angewendet. Bei unvollständigen toxikologischen Daten oder fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnissen wird ein vorsorgebasierter gesundheitlicher Orientierungswert (GOW) festgelegt, wo hingegen bei einer vollständigen und umfassenden Datenlage die sichere Ableitung eines gefährdungsbasierten gesundheitlichen Trinkwasserleitwertes (LWTW) möglich ist:
Bei nicht vollständiger toxikologischer Datenlage, z. B. durch das Fehlen von chronischen Studien oder epidemiologischen Daten, wird das GOW-Konzept angewendet. Das Konzept basiert auf dem Vorsorgeprinzip, mit dessen Hilfe eine Bewertung von Stoffen mit unvollständiger Datenlage im Trinkwasser aus gesundheitlicher Sicht und unter Berücksichtigung von Sicherheitsfaktoren vorgenommen wird. Es können Gesundheitliche Orientierungswerte für verschiedene toxikologische Wirkmechanismen (z. B. Gentoxizität, Wirkung als endokriner Disruptor) in einem vorgegebenen Bewertungsschema zwischen 0,01 µg/l und 3,0 µg/l abgeleitet werden (UBA, 2003; ToxBox, 2018). Detaillierte weiterführende Informationen sind auf der Themenseite des Umweltbundesamtes zu finden.
Demgegenüber ist eine umfassende toxikologische Datenlage für die Berechnung von Trinkwasserleitwerten (LWTW) nach international anerkannten Regeln erforderlich (z.B. WHO (2022)). Diese reicht aus, um Effektschwellen spezifischer Substanzen infolge chronischer Expositionen und Wirkungen auch bei niedrigen Stoffdosen bestimmen zu können. Wenn die Datenlücke eines Stoffes geschlossen wird, kann ein GOW durch einen LWTW abgelöst werden.
Auf Anfrage von Gesundheitsbehörden oder von Wasserversorgern in Rücksprache mit den Gesundheitsbehörden sichtet das Umweltbundesamt für in Trinkwasser vorkommende Stoffe über einer Konzentration von 0,1 µg/l und neu in Trinkwasserressourcen auftretende Stoffe die vorhandene Datenlage zu toxikologischen Erkenntnissen und leitet auf Basis der Studien einen GOW oder LWTW ab. Diese bilden die Grundlage für das weitere Handeln der zuständigen Überwachungsbehörden (Dieter, 2011).
GOW und LWTW werden zur besseren Übersicht auf der Homepage des Umweltbundesamtes in verschiedenen Listen geführt und vor der Veröffentlichung neuer Werte den zuständigen obersten Landesbehörden und Wasserverbänden zur Kenntnis gegeben.
Die Vorgehensweise zur Ableitung von Trinkwasserleitwerten umfasst die folgenden drei Schritte:
- Interpretation der vorliegenden Datenlage mit Bestimmung von Sicherheitsfaktoren
- Berechnung der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI, tolerable Daily Intake) des betreffenden Stoffes bei Vorliegen einer Effektschwelle
- Berechnung des Trinkwasserleitwertes (LWTW)
Interpretation der vorliegenden Datenlage mit Bestimmung von Sicherheitsfaktoren
Für die Berechnung eines toxikologisch begründeten Trinkwasserleitwertes sind Daten zu Gentoxizität, Kanzerogenität, Neurotoxizität, Reproduktionstoxizität, sensibilisierenden und irritierenden Eigenschaften, akuter Toxizität und organspezifischer subchronischer und chronischer Toxizität und adversen endokrinen Wirkungen nötig, die möglichst nach international anerkannten Testprotokollen (z. B. OECD-Richtlinien) durchgeführt wurden. Die vorliegenden Studien werden durch das Umweltbundesamt mit Blick auf u. a. die Methodik und die Gruppengröße sowie unter Beachtung internationaler Standards bewertet. Es wird für die weitere Berechnung jeweils der Effekt herangezogen, bei dem durch die niedrigste Stoffdosis eine Schädigung im Vergleich zu einer unbelasteten Kontrollgruppe beobachtet wird (lowest-observed-adverse-effect-level, LOAEL). Noch besser, soweit verfügbar, verwendet man die höchste Dosis, bei der dieser Effekt NICHT ausgelöst wurde (no-observed-adverse-effect-level, NOAEL). Es kann ansonsten auch von einem LOAEL auf einen (hypothetischen) NAEL [1] extrapoliert werden. In Einzelfällen können auch LOEL oder NOEL verwendet werden, wenn es eine plausible und gut dokumentiert Begründung gibt, dass die (nicht adversen) Effekte als Vorläuferereignisse zu nachgelagerten Schädigungen führen können.
Löst ein Stoff beispielsweise in einer 2-Jahres-Studie an Ratten bei einer Dosis von 100 mg/kg Körpergewicht (KG) Schädigungen der Leber aus, andere Schädigungen aber erst bei höheren Dosierungen, wird die Schädigung der Leber als entscheidender Effekt herangezogen.
Die niedrigste effektive Dosis wird als Ausgangspunkt oder point of departure (POD) für die Berechnung verwendet. Dabei werden auch eventuelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern berücksichtigt und das empfindlichere ausgewählt. Liegen dagegen eine oder mehrere Dosierungen ohne Effekte vor, wird hiervon der NOAEL als POD verwendet.
Berechnung der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI) des betreffenden Stoffes
Um den Trinkwasserleitwert aus dem Ausgangspunkt (POD) zu berechnen, wird in einem ersten Schritt die für einen Menschen insgesamt tolerierbare tägliche Aufnahme (tolerable daily intake, TDI), in seltenen Fällen auch die tolerierbare wöchentliche Aufnahme (tolerable weekly intake, TWI) berechnet. Dabei werden zusätzlich verschiedene Sicherheitsfaktoren eingerechnet (s. dazu auch die Infobox). Einer dieser Faktoren bezieht sich auf (mögliche) Unterschiede zwischen Menschen und der Tierspezies, wenn die Daten aus Tierversuchen stammen
Ein weiterer Faktor wird für besonders empfindliche Menschen (z. B. Kinder, Schwangere, Kranke) eingerechnet. Bildet ein Tierversuch den POD, wird dieser Faktor immer verwendet. Bei epidemiologischen Daten, die bereits auf Beobachtungen einer repräsentativen Bevölkerungsgruppe beruhen, wird auf diesen Sicherheitsfaktor verzichtet.
Weitere Sicherheitsfaktoren können angewendet werden, wenn es beispielsweise kleinere Unsicherheiten bei aber insgesamt ausreichender Studiendokumentation gibt (z. B. die betrachteten Versuchsgruppen vergleichsweise klein sind) oder ein besonders gravierender Effekt (z.B. Kanzerogenese) beobachtet wird.
Durch Multiplikation der einzelnen Sicherheitsfaktoren errechnet sich der Gesamtsicherheitsfaktor. Sollte dieser Gesamtsicherheitsfaktor größer als 1.000 sein, muss die zugrundeliegende Datenbasis entsprechend erweitert bzw. verbessert werden. Weitere Informationen zu dieser Thematik finden sich unter WHO, 2022.
Am Beispiel des oben modellhaft genannten Effekts der Leberschädigung in Ratten bei zweijähriger (chronischer) Exposition und ausreichender Validität der Studie ergibt sich somit aus dem POD von 100 mg/kg Körpergewicht folgende Ableitung. Es wird dabei davon ausgegangen, dass es in dem vorher festgelegtem Dosierungsbereich keine Dosis ohne adversen Effekt (NOAEL) gibt:
- Sicherheitsfaktor von 10 für die Extrapolation von Tier zu Mensch (sog. Interspeziesextrapolation)
- Sicherheitsfaktor von 10 für die Extrapolation auf besonders empfindliche Individuen (sog. Intraspeziesextrapolation)
- Sicherheitsfaktor von 10 für die Extrapolation von der niedrigsten effektiven Dosis (LOEL) auf eine angenommene Dosis ohne Effekt (NOEL)
Des Weiteren handelt es sich um keinen besonders gravierenden Effekt. Daraus ergibt sich ein Gesamtsicherheitsfaktor SFges von 10*10*10 = 1000.
TDI = POD / SFges = 100 mg/kg KG / Tag / 1000 = 0,1 mg/kg KG/Tag
Der TDI gibt die Dosis einer Substanz pro einem kg Körpergewicht (KG) an, die jeder Mensch täglich lebenslang (d. h., per Definition 70 Jahre) zu sich nehmen kann, ohne dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu besorgen ist.
Berechnung des Trinkwasserleitwertes
Ausgehend von der tolerierbaren täglichen Aufnahme (TDI) muss bei der Berechnung eines Trinkwasserleitwertes berücksichtigt werden, dass die Aufnahme eines bestimmten Stoffes durch den Menschen möglicherweise nicht nur über das Trinkwasser erfolgt. Weitere mögliche Aufnahmequellen stellen die Nahrung oder die Atemluft, seltener der Hautkontakt, dar. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wird der TDI auf die Aufnahmepfade Essen, Trinken und Atmen aufgeteilt. Die relative Verteilung bzw. Ausschöpfung des TDI über die Aufnahmepfade wird Allokation genannt. Wie die Verteilung konkret bei einem bestimmten Stoff aussieht, ist in den allerwenigsten Fällen im Detail bekannt, deshalb hat man sich auf eine Standardallokation von 90 % für die Nahrung, 10 % für das Trinkwasser und 1 % für die Atemluft geeinigt [2]. Die Allokation für Trinkwasser kann in Einzelfällen und bei ausreichender Datenlage jedoch auch abweichen. In ihrer 4. Auflage der Guidelines for Drinking-Water Quality hat die WHO vor dem Hintergrund einer weltweiten Durchsetzbarkeit den Standardwert von 10 % auf 20 % heraufgesetzt, unter der Maßgabe, dass Änderungen für bestehende Werte nur schrittweise im Zuge von Neubewertungen erfolgen. Deutschland hat sich entschieden, den Standardwert von 10 % für das Trinkwasser beizubehalten, um das hohe Schutzniveau im Sinne des Grundsatzes der Trinkwasserreinheit weiterhin zu gewährleisten, jedoch im Einzelfall spezifische Abschätzungen zur Allokation vorzunehmen. Eine pauschale Erhöhung des Standardwertes hätte in letzter Konsequenz auch die Erhöhung von bereits bestehenden Leit- bzw. Grenzwerten zufolge, was wiederum zu einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität führen kann. Dies stünde dem Minimierungsgebot und dem Vorsorgegedanken entgegen. Zudem ermutigt die WHO Behörden, Regelungen zu treffen, die den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen (WHO, 2022).
Neben einer Allokation von 10 % (0,1) für das Trinkwasser werden als weitere Standardannahmen ein Körpergewicht von 70 kg sowie ein täglicher Trinkwasserkonsum von 2 Litern angesetzt. Die Formel für die Berechnung des Trinkwasserleitwertes aus dem TDI lautet daher:
Für das Modell-Beispiel eines abgeleiteten Trinkwasserleitwertes:
Trinkwasserleitwert = 0,35 mg/l
Von dem Stoff aus diesem Beispiel wären aus toxikologischer Sicht und bei lebenslanger Aufnahme Konzentrationen bis zu 0,35 mg/l im Trinkwasser tolerabel.
Sollte es jedoch aufgrund einer Kontamination zu einer erhöhten Konzentration im Trinkwasser und damit zu einer Aufnahme oberhalb des Trinkwasserleitwertes kommen, wäre dies zeitlich begrenzt und bis zu einer gewissen Höchstkonzentration noch tolerabel, da sich der Leitwert auf eine lebenslange Exposition bezieht. Bei der Überschreitung eines Trinkwasserleitwertes legen die zuständigen Gesundheitsämter die Zeitdauer und die maximale zulässige Konzentration im Trinkwasser während der Überschreitungsdauer fest. Hierzu erfolgt eine Bewertung in Anlehnung an die Leitlinien zum Vollzug der §§ 9 und 10 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001). Zeitgleich werden Maßnahmen zur Wiedereinhaltung des Trinkwasserleitwertes angeordnet.
Die toxikologisch begründete Höhe des Trinkwasserleitwertes bedeutet nicht, dass ein betroffenes Trinkwasser bis zu dieser Stoffkonzentration gewissermaßen „aufgefüllt“ werden darf. Grundsätzlich gilt auch für Stoffe ohne gesetzlichen Grenzwert das Minimierungsgebot nach § 6 Absatz 3 der Trinkwasserverordnung. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher in Anlehnung an die Überschreitung des Trinkwassergrenzwertes von Pflanzenschutzmitteln, dass bei Stoffen ohne Grenzwertsetzung Konzentrationen von mehr als 10 µg/l nicht überschritten werden sollten.
Fazit
Generell wird bei der Festsetzung von Höchstwerten – sowohl als Grenzwerte der Trinkwasserverordnung als auch in Form von Trinkwasserleitwerten und Gesundheitlichen Orientierungswerten oder als weitere nicht gesetzlich geregelte Parameter – der gesundheitlichen Besorgnis aus humantoxikologischer Sicht größtmögliche Beachtung geschenkt. Dennoch kann es Umstände geben, bei denen auch die Möglichkeiten und Grenzen der Analytik oder/und der Elimination aus dem Wasser durch verfahrenstechnische Wasseraufbereitung berücksichtigt werden müssen. Während die Festlegung von Grenzwerten der Trinkwasserverordnung diesen Umstand im Einzelnen berücksichtigt, bildet der Trinkwasserleitwert ausschließlich die akzeptable Konzentration für eine lebenslange Aufnahme auf Basis toxikologischer Daten ab. Trinkwasserleitwerte sind somit sehr gut für die toxikologische Bewertung von Substanzen in Trinkwasser geeignet, auch wenn sie nicht in der Trinkwasserverordnung gesetzlich verankert sind. Auf Basis der LWTW können die Gesundheitsämter eine regulatorische Einschätzung vornehmen und entsprechende Maßnahmen zur Nutzung des Wassers veranlassen.
Begriffserklärungen:
Gesundheitlicher Orientierungswert (GOW): Dieser wird abgeleitet, wenn keine umfassenden Daten zur Toxizität eines Stoffes vorhanden sind und deshalb kein Trinkwasserleitwert berechnet werden kann. Beruht auf dem Vorsorgeprinzip und ist auch bei lebenslanger Ausschöpfung gesundheitlich hinreichend sicher. Die Verfahrensweise wird hier beschrieben.
Trinkwasserleitwert (LWTW): Wenn umfassende Daten zur Toxizität vorhanden sind, kann auf deren Basis ein Trinkwasserleitwert berechnet werden. Dieser Leitwert gibt an, bis zu welcher Trinkwasserkonzentration des betreffenden Stoffes bei lebenslanger Exposition nicht mit einer gesundheitlichen Besorgnis zu rechnen ist. LWTW sind im Regelfall höher als GOW, da durch die zusätzlichen Daten geringere Unsicherheiten bestehen.
Grenzwert: Maximal zulässige Trinkwasserkonzentration eines Stoffes, der durch die Trinkwasserverordnung geregelt ist. Grenzwerten, die toxikologisch begründet sind, liegt ein Trinkwasserleitwert zugrunde. Ein Grenzwert kann beispielsweise aber auch durch Korrosionsschutz (Calcitlösekapazität) oder trinkwasser-hygienische Überlegungen (Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe) begründet sein. Sowohl die Möglichkeiten der Analytik als auch der Aufbereitung können Einfluss auf den Grenzwert haben.
Point of departure (POD): Ausgangspunkt einer Berechnung, hier für einen TDI. Meist ein LO(A)EL oder NO(A)EL aus einer Studie an Tieren oder aus epidemiologischen Daten.
Lowest-observed-(adverse)-effect-level (LO(A)EL): niedrigste Dosis, bei der in einer Studie ein (adverser) Effekt auf die Probanden/Versuchstiere beobachtet wurde. Kann als POD dienen.
No-observed-(adverse)-effect-level (NO(A)EL): höchste Dosis, bei der in einer Studie kein (adverser) Effekt auf die Probanden/Versuchstiere beobachtet wurde. Kann als POD dienen und ist dem LOEL vorzuziehen
Sicherheitsfaktor (SF): Sicherheitsfaktoren berücksichtigen, z. B. (mögliche) Unterschiede in den Empfindlichkeiten zwischen Tieren und Menschen, sowie zwischen den individuellen Menschen untereinander. Bei der Übertragung von Ergebnissen aus Tierversuchen auf Menschen wird immer davon ausgegangen, dass Menschen besonders empfindlich sind und es wiederum innerhalb der Menschen besonders empfindliche Individuen gibt. Des Weiteren dienen SF der Berücksichtigung von Unterschieden in der Expositionsdauer, der Datenqualität, der Effektschwere oder des untersuchten toxikologischen Endpunktes.
Tabelle mit den Faktoren, die berücksichtigt werden, und deren Höhe
Sicherheitsfaktor (SF) Berücksichtigung von Unterschieden zwischen Tier und Mensch (Interspezies)
10
Berücksichtigung von Unterschieden zwischen einzelnen Menschen (Intraspezies)
10
Keine chronische Studiendauer (= unter einem Jahr bei Nagern) – nur im Einzelfall bei entsprechender Datenlage möglich
3 - 10
Lücken bezüglich Validität, Plausibilität und Vollständigkeit der Daten
3-10
Vorliegen eines besonders schweren Effektes, z.B. stark kanzerogene Stoffe
10
Toxikologischer Endpunkt: Es liegt keine Dosis ohne (adversen) Effekt vor (LO(A)EL zu NO(A)EL)
10
Tolerable daily intake (TDI), tolerierbare tägliche Aufnahme. Gibt an, welche Mengen eines Stoffes über alle Aufnahmepfade pro Tag und kg Körpergewicht (KG) lebenslang aufgenommen werden kann, ohne dass eine gesundheitliche Besorgnis besteht.
Tolerable weekly intake (TWI), tolerierbare wöchentliche Aufnahme. Gibt an, welche Mengen eines Stoffes über alle Aufnahmepfade pro Woche und kg Körpergewicht (KG) lebenslang aufgenommen werden kann, ohne dass eine gesundheitliche Besorgnis besteht.
Allokation: die Allokation stellt den Anteil eines TDI oder TWI dar, der bei der toxikologischen Ableitung einem bestimmten Aufnahmepfad zugerechnet wird. Für die Allgemeinbevölkerung gelten folgende Standardallokationen: Nahrung: 90 %, Trinkwasser: 10 %, Luft 1 %. Die Tatsache, dass es sich um 101 % handelt, ist vernachlässigbar.
Literatur:
UBA (2003): Bewertung der Anwesenheit teil- oder nicht bewertbarer Stoffe im Trinkwasser aus gesundheitlicher Sicht - Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der
Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 46, 249-251
Dieter (2011): Grenzwerte, Leitwerte, Orientierungswerte, Maßnahmenwerte - Aktuelle Definitionen und Höchstwerte Leitwerte, Grundsätze. Bundesgesundheitsbl 52 (2009) 1202—1206, aktualisiert 16.12.2011
Schneider (2021 in prep): Extrapolation Factors and Safety Factors in Toxicology. In: Regulatory Toxicology, F.-X. Reichl, M. Schwenk (eds.), Springer-Verlag Berlin Heidelberg
[1] Dieser Wert wird extrapoliert/berechnet und nicht im Laborversuch „beobachtet (observed)“, daher die Bezeichnung no-adverse-effect-level
[2] Die Tatsache, dass sich eine Gesamtallokation von 101 % ergibt, wird als irrelevant im Vergleich zu Sicherheitsfaktoren und weiteren Annahmen gewertet.