BS-R-3: Übungsgeschehen

Das Bild zeigt einen Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks in Uniform und mit Helm von hinten. Im Hintergrund ist ein Gerüst zu erkennen, auf dem weitere Mitarbeitende des THW stehen.zum Vergrößern anklicken
Übungen schaffen Routinen für den Einsatzfall – für Hilfe vor Ort, Organisation und Koordination.
Quelle: filmbildfabrik / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

BS-R-3: Übungsgeschehen

In der Regel kann das ⁠THW⁠ auch in Jahren mit Extremereignissen sein Übungspensum zeitlich und personell in einem adäquaten Umfang absolvieren. Die schweren Hochwasser in den Jahren 2013 und 2021 ließen die geleisteten Übungsstunden nur geringfügig sinken. Während der Covid-19-Pandemie lag der Fokus des THW darauf, die Einsatzfähigkeit aufrechtzuerhalten. Übungen fanden in den Jahren 2020 und 2021 nur stark eingeschränkt statt.

 

Zwei Zeitreihen zeigen die Entwicklung des Übungsgeschehens für die Jahre von 2005 bis 2021. Die Werte für das Jahr 2005 sind als Index auf 100 gesetzt.
BS-R-3: Übungsgeschehen

Zwei Zeitreihen zeigen die Entwicklung des Übungsgeschehens für die Jahre von 2005 bis 2021. Die Werte für das Jahr 2005 sind als Index auf 100 gesetzt. Die eine Zeitreihe zeigt die Zahl der gleisteten Übungsstunden. In 2015 gab es einen vorübergehend stärkeren Einbruch. Danach stieg die Zahl der Übungsstunden auf einen Rekordwert von rund 135 Übungsstunden im Jahr 2019 an. Einen Trend zeigt diese Linie nicht. Die zweite Linie stellt die Entwicklung der Übungsteilnehmerinnen und Übungsteilnehmer dar. Diese Zeitreihe zeigt einen signifikant fallenden Trend. Im Jahr 2013 gab es einen Einbruch auf den Indexwert 80. In den Jahren 2017 und 2019 lag der Indexwert ebenfalls um 80. In den Coronajahren waren Übungen nur stark eingeschränkt möglich. Beide Zeitreihen zeigen in den Jahren 2020 und 2021 Indexwerte zwischen 15 und 27. Die Trendanalyse erfolgte daher unter Ausschluss der Jahre 2020 und 2021.

Quelle: Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (Übungsstatistik)

Übungen – Grundlage für richtiges Handeln im Einsatz

Regelmäßige Übungen der Einsatzkräfte schaffen die Basis dafür, in extremen Situationen richtig agieren und zielgenaues Krisenmanagement betreiben zu können. Sie befähigen die Einsatzkräfte zum richtigen Handeln, sowohl bei der Organisation und Koordination als auch bei der direkten Hilfe vor Ort. Ein spezieller Klimabezug der Übungen ist dabei keine Voraussetzung, um sich auf Klimawandelfolgen vorzubereiten, denn die möglichen Ereignisse werden nicht grundsätzlich anders geartet sein als bisher. Die Bewältigung von Starkregenfällen und Stürmen, aber auch von Hochwasserereignissen oder Hitzeperioden und deren Folgen ist seit jeher eine Kernaufgabe des Bevölkerungsschutzes. Neue Anforderungen können vor allem daraus entstehen, dass diese Ereignisse zukünftig häufiger und intensiver auftreten und sich möglicherweise auch in zunehmendem Maße zeitlich überlagern.

Übungen des Bevölkerungsschutzes können im Grundsatz auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden: als sogenannte Vollübung mit realisiertem Übungsszenario oder als Stabsrahmenübung. Letztere sollen insbesondere dazu beitragen, Kommunikationsstrukturen zu überprüfen und die Katastrophenschutzbehörden auf den Ernstfall vorzubereiten. Denn in der Nachbetrachtung von Einsätzen und Übungen wird oft deutlich, dass Verbesserungsbedarf des Bevölkerungsschutzes vor allem in der organisationsübergreifenden Kommunikation und Koordination liegen kann. Auch deshalb werden Übungen des Bevölkerungsschutzes in der Regel so angelegt, dass Einheiten aus verschiedenen Regionen und möglicherweise mit verschiedenen Spezialisierungen zum Beispiel hinsichtlich ihrer Materialausstattung gemeinsam üben können.

Die Häufigkeit von und die Teilnahme an Übungen unterliegen dabei verschiedenen Einflussfaktoren. Mitunter kommt es zu einem geringeren Übungsgeschehen, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Einsatzkräfte darunter leidet. So kann in Jahren mit einer erhöhten Einsatzhäufigkeit die Zahl der Übungsteilnehmenden und -stunden rückläufig sein, weil für die Helfer*innen die Zeit zur Teilnahme fehlt oder man ihnen die notwendigen Ruhephasen ermöglichen muss. Die nicht in Übungen erworbene Routine wird dann durch die Erfahrungen aus den Einsätzen kompensiert.

Ein Hindernis für die Teilnahme an Übungen ist die mangelnde Bereitschaft von Unternehmen, die Ehrenamtlichen des ⁠THW⁠ oder anderer Hilfsorganisationen für die Dauer der Übung freizustellen. In Jahren mit hohen Einsatzzahlen wird mitunter auch deswegen auf die Teilnahme an Übungen verzichtet, um keine zusätzlichen Freistellungen vom Arbeitsplatz erforderlich zu machen. Dies zeigte sich beispielsweise in einem Rückgang der geleisteten Übungsstunden im Jahr 2013, als im Mai und Juni infolge heftigen Dauerregens schwere Hochwasserereignisse insbesondere im Osten und Südosten Deutschlands die Einsatzkräfte forderten. Mit etwas mehr als 308.000 Stunden wurden im Jahr 2015 – mit Ausnahme der beiden Jahre 2020 und 2021 – die wenigsten Übungsstunden geleistet. Ursache war die verstärkte Einbindung der THW-Einsatzkräfte in die Koordinierung und Umsetzung der Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland.

Die Jahre 2020 und 2021 sind durch einen massiven Rückgang sowohl der geleisteten Übungsstunden als auch der Übungsteilnehmer*innen geprägt. Diese Entwicklung ist in erster Linie eine Folge der Covid-19-Pandemie: Der Fokus des THW lag in dieser Zeit auf der Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit. Zudem erforderten die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen und entsprechenden Auflagen zur Pandemiebekämpfung eine Reduzierung des Übungsgeschehens auf ein Minimum. Im Jahr 2021, als Übungen in begrenztem Rahmen wieder möglich waren, wurden größere Übungen mit vielen Beteiligten zur Kontaktreduzierung weiterhin vermieden. So nahmen 2021 weniger als 5.000 Einsatzkräfte an den Übungen des THW teil.

Mitte Juli 2021 wirkte sich auch die verheerende Flutkatastrophe im Westen Deutschlands auf das Übungsgeschehen aus. In der Regel muss das THW allerdings selbst bei solchen Großschadenlagen seine Übungsaktivitäten nur leicht reduzieren. Beispielsweise lag die Anzahl geleisteter Übungsstunden im äußerst einsatzreichen Jahr 2013 nicht niedriger als 2010, als deutlich weniger Einsatzstunden anfielen (siehe ⁠IndikatorBS-I-1). So blieb auch 2021 trotz des intensiven Einsatzes der THW-Kräfte im Ahrtal die Covid-19-Pandemie bestimmender Faktor für die Entwicklung des Übungsgeschehens.

Bei Ausklammern der beiden durch die Covid-19-Pandemie geprägten Jahre 2020 und 2021, ergibt die Trendanalyse für die Entwicklung der Übungsstundenzahl keinen signifikanten Trend. Nach einer leicht rückläufigen und anschließend schwankenden Zahl an Übungsstunden zwischen 2007 und 2017 nahmen die geleisteten Übungsstunden in den drei Jahren vor Beginn der Pandemie wieder zu. Im Jahr 2019 erreichte die Zahl ihren bisherigen Höchstwert: Mit insgesamt über 450.000 Stunden wurden knapp 40 % mehr Übungsstunden geleistet als 2005. Die Zahl der Übungsteilnehmer*innen nahm dagegen bereits vor Beginn der Pandemie statistisch signifikant ab. Die Entwicklung von 2015 bis 2019 verdeutlicht, dass die an den Übungen Beteiligten in dieser Zeit häufiger und / oder länger geübt haben. In den Jahren 2005 bis 2012 beteiligten sich durchschnittlich etwa 19.500 Haupt- und Ehrenamtliche an den Übungen des THW. Im Zeitraum 2013 bis 2019 nahmen im Durchschnitt nur noch rund 16.500 Helfer*innen an den Übungen teil.

Auch die anderen Organisationen, die Aufgaben im Bevölkerungsschutz übernehmen, beteiligen sich an Übungen und bereiten sich so ebenfalls auf die Bewältigung von wetter- und witterungsbedingten Extremereignissen vor. Rückschlüsse auf das Übungsgeschehen der anderen Organisationen lassen die Zahlen des THW aber nicht zu.