Gewässerzustand verbessern – ein gesetzlicher Auftrag
Die Aufwertung von Fließgewässern durch Renaturierungsmaßnahmen ist eine gesellschaftliche Aufgabe und ergibt sich aus der Rechtslage. Der Schutz und die Verbesserung von Fließgewässern sind in den wasserrechtlichen Vorgaben der EU, des Bundes und der Länder verankert. Derzeit sind deutsche Fließgewässer aber noch weit entfernt vom erwünschten Zustand.
Europäische Wasserrahmenrichtlinie gibt das Entwicklungsziel vor
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) gab Anstoß für eine umfassende, ökologische Sichtung und Bewertung der Gewässer. Mit Einführung der Wasserrahmenrichtlinie wurde das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) novelliert und die europäischen Vorgaben in nationales Recht umgesetzt.
Die europäische Wasserrahmenrichtlinie und das deutsche Recht verpflichten dazu, den "guten ökologischen Gewässerzustand" oder ein "gutes ökologisches Potenzial" bis spätestens 2027 zu erreichen. Gewässerrenaturierungen sind für dieses Ziel unverzichtbar und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes.
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verpflichtet zur nachhaltigen Gewässerentwicklung
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bildet zusammen mit der Oberflächengewässerverordnung den Kern des deutschen Wasserrechts. Sie enthalten Bestimmungen über den Schutz und die Nutzung von Oberflächengewässern und des Grundwassers, außerdem Vorschriften über den Ausbau von Gewässern und die wasserwirtschaftliche Planung sowie den Hochwasserschutz.
Seit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 gilt das Naturerhaltungs- und Renaturierungsgebot als allgemeiner Grundsatz der Gewässerbewirtschaftung (§ 6 Abs. 2 WHG):
"Gewässer, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen."
Landeswassergesetze konkretisieren die Vorgaben für Renaturierungen
Die Wassergesetze der Länder werden von den Landtagen auf Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erlassen. Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes gibt dabei den Rahmen vor, in dem die Länder ihre Wassergesetze formulieren.
Die Bundesländer sind berechtigt, von Vorgaben des WHG abweichende Vorschriften in ihren Wassergesetzen zu erlassen (Beispiel: Breite und Nutzung von Gewässerrandstreifen). Deshalb müssen für die Planung und Durchführung konkreter Renaturierungsmaßnahmen immer die landesspezifischen Wassergesetze berücksichtigt werden.
Der Bund und die Länder koordinieren ihre Wasserpolitik im Rahmen der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA). Ziel der LAWA ist es, länderübergreifend gemeinschaftliche, wasserwirtschaftliche und wasserrechtliche Fragestellungen zu erörtern, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und Empfehlungen zur Umsetzung zu initiieren. Für Maßnahmenträger sind insbesondere die Veröffentlichungen der LAWA (Handlungsanweisungen, Empfehlungen etc.) hilfreich.
Flüsse und Bäche heute – weit entfernt von natürlichen Ökosystemen
2014 erhielten nur rund 7 % der deutschen Bäche und Flüsse die Bewertung "guter ökologischer Zustand" oder "gutes ökologisches Potenzial". Laut europäischer Wasserrahmenrichtlinie sollten bis zum Jahr 2015 (mit Fristverlängerung bis zum Jahr 2027) alle Fließgewässer mindestens in einem guten ökologischen Zustand oder Potenzial sein (UBA 2016). Dieses Ziel wurde für 93 % der Flüsse und Bäche in Deutschland verfehlt (UBA 2017a).
Ein Hauptgrund dafür sind hydromorphologische Veränderungen. Die Hydromorphologie ist ein Maß für die strukturelle Ausgestaltung und Vielfalt des Gewässergrundes und der Ufer, für die Durchgängigkeit und für die Dynamik und Menge des fließenden Wassers. Die hydromorphologische Qualität eines Fließgewässers ist wesentlich für die Funktionsfähigkeit und Vielfalt aquatischer Lebensräume. In Deutschland sind ca. 80 % aller Gewässer durch hydromorphologische Eingriffe deutlich bis vollständig verändert (Quelle: Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA zit. In UBA 2018).
Ergebnisse der hydromorphologischen Bestandsaufnahme deutscher Fließgewässer
Die zuständigen Wasserwirtschaftsbehörden der Bundesländer haben in Deutschland die Strukturen der Fließgewässer, ihrer Ufer und Uferbereiche von über 76.000 Fließgewässerkilometern aufgenommen und in 7 Strukturklassen bewertet (Stand 2014) (UBA 2017b).
Nur noch 1.200 km sind unverändert und damit vollkommen natürlich. Weitere 13.800 km sind nur gering oder mäßig verändert und wurden in die Klassen 2 und 3 eingestuft. Diese Bach- und Flussabschnitte finden sich noch im Alpen- und Voralpengebiet, in den Granit- und Gneislandschaften des Bayerischen Waldes, in einigen Oberläufen der Mittelgebirge, in den Heidelandschaften der norddeutschen Tiefebene und den eiszeitgeprägten Landschaften in Mecklenburg-Vorpommern. In diesen Landschaftsräumen unterblieben in der Vergangenheit der Gewässerausbau und die Melioration der gewässerbegleitenden Flächen weitgehend (UBA 2017b).
Der überwiegende Teil (über 60.000 km) der Flüsse in Deutschland ist deutlich bis vollständig verändert und wird in die Strukturklassen 4 bis 7 eingestuft. Dazu zählen die kleineren Flüsse in den Mittelgebirgen, den Hügelländern und der Tiefebene, die in der Vergangenheit zugunsten der Wasserkraft, des Hochwasserschutzes oder der landwirtschaftlichen Nutzung ausgebaut wurden. Die großen, stark beeinträchtigten Flüsse sind in der Regel für die Schifffahrt und die Wasserkraftnutzung aufgestaut und mit Wehranlagen und Schleusen versehen worden. Ferner wurden ihre Überschwemmungsgebiete aus Gründen der Urbanisierung, der landwirtschaftlichen Nutzung und des Hochwasserschutzes zu großen Teilen durch Deiche vom Fluss abgetrennt und eingeengt. (UBA 2017b)
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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