BO-R-1: Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie

Das Bild zeigt eine Hand, die dunkelbraune, humusreiche Erde zu einem kleinen Haufen aufschiebt.zum Vergrößern anklicken
Humus gilt als „schwarzes Gold “, das Böden wirksam vor Austrocknung und Erosion schützt.
Quelle: 994yellow / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

BO-R-1: Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie

Die Humusgehalte auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern haben sich im Durchschnitt seit Mitte der 1980er-Jahre nicht relevant verändert. In Abhängigkeit von Standort und Nutzung können die Entwicklungen allerdings sehr unterschiedlich verlaufen. Im Grünland sind die Humusgehalte generell höher. Auf Ackerflächen fördern vermehrter Zwischenfruchtanbau und mehr organische Düngung den Humusaufbau.

DIe Abbildung BO-R-1 "Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie" stellt in Form eines Punktdiagramms den gehalt von organischem Kohlenstoff  und jenen des Gesamtstickstoffs in bis zu 10 Zentimetern Bodentiefe in Milligramm pro Gramm dar. Beide Angaben erfolgen jeweils für Ackerland und für Grünland. Daten gibt es für die Jahre 1987, 1993, 1999, 2007, 2012 und 2016. Die Werte für die Ackerflächen schwanken kaum und liegen beim Kohlenstoffgehalt zwischen 16,31 und 16,93 Milligramm pro Gramm und b
BO-R-1: Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie

DIe Abbildung BO-R-1 "Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie" stellt in Form eines Punktdiagramms den gehalt von organischem Kohlenstoff und jenen des Gesamtstickstoffs in bis zu 10 Zentimetern Bodentiefe in Milligramm pro Gramm dar. Beide Angaben erfolgen jeweils für Ackerland und für Grünland. Daten gibt es für die Jahre 1987, 1993, 1999, 2007, 2012 und 2016. Die Werte für die Ackerflächen schwanken kaum und liegen beim Kohlenstoffgehalt zwischen 16,31 und 16,93 Milligramm pro Gramm und beim Gesamtstickstoff zwischen 1,61 und 1,68 Milligramm pro Gramm. Auch der Gesamtstickstoff des Grünlands schwankt wenig zwischen 5,99 und 6,65 Milligramm pro Gramm. Der Kohlenstoffgehalt des Grünlands hingegen bewegt sich zwischen 61,78 und 66,73 Milligramm pro Gramm. Er schwankt somit stärker und liegt insgesamt deutlich höher als der Kohlenstoffgehlat des Ackerlands. Eine Trendanalyse erfolgte nicht.

Quelle: LfL (Auswertungen von Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern)
 

Humus stärkt Widerstandskraft der Böden

Eine wichtige ⁠Anpassungsstrategie⁠ zum Bodenschutz besteht darin, die Böden widerstandsfähiger gegenüber den Gefahren unter anderem von Austrocknung und / oder ⁠Erosion⁠ zu machen. Eine herausragende Rolle spielt dabei der Humus, denn er beeinflusst nahezu alle Bodeneigenschaften und -funktionen. Humus ist die Gesamtheit der organischen Substanz im Boden, die sich aus allen in und auf dem Boden befindlichen abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Stoffen sowie deren organischen Umwandlungsprodukten zusammensetzt. Er ist wichtiges Speichermedium für Nährstoffe und Wasser und sorgt für ein günstiges Bodengefüge, was den Luft- und Wasserhaushalt des Bodens positiv beeinflusst sowie Bodenverdichtung und Erosion mindert. Zudem reduziert Humus die sommerliche Austrocknung und fördert die Aktivität der Bodenorganismen. Standortangepasste Humusgehalte zu erhalten und Humus zu mehren, ist daher eine wichtige ⁠Anpassungsmaßnahme⁠ zur Gesunderhaltung der Böden.
Mit Blick auf die vielfältigen Zusammenhänge von ⁠Klimawandel⁠ und Humus ist zu berücksichtigen, dass der Klimawandel auch unmittelbaren Einfluss auf die Humusgehalte in Böden hat. Höhere Temperatur kann einerseits Mineralisationsprozesse im Boden und den Abbau der organischen Substanz beschleunigen, andererseits aber auch humusmehrende Effekte haben, wenn beispielsweise Pflanzen durch die höhere Temperatur mehr ⁠Biomasse⁠ bilden und damit mehr Material für die Umwandlung in organische Bodensubstanz zur Verfügung steht (siehe ⁠IndikatorBO-I-4). Auch veränderte Niederschlagsverhältnisse haben Auswirkungen auf die Humusbildung. Derzeit sind gesicherte Aussagen über klimawandelabhängige Veränderungen der Gehalte und Vorräte an organischer Substanz nicht möglich. Es wird aber davon ausgegangen, dass ⁠Witterung⁠ und ⁠Klima⁠ eine nachgeordnete Rolle für den Humusstatus spielen. Die größten Veränderungen werden durch Nutzungsänderungen induziert100.

Die Gehalte an organischer Substanz in Böden werden im Wesentlichen von den standorttypischen Gegebenheiten (unter anderem der Bodenart und dem Abstand zum Grundwasser) bestimmt und lassen sich daher nicht pauschal durch Zugabe von organischen Materialien erhöhen. Eine wirksame Steuerung erfolgt aber über die Nutzungspraktiken. Auf forstlich genutzten Böden sind die Baumartenzusammensetzung und der Umfang der Holzernterückstände entscheidende Faktoren für die Humusbildung (siehe Indikator FW-R-3). Auf landwirtschaftlichen Böden dienen beispielsweise Grünlandnutzung, Stallmistwirtschaft, Zwischenfruchtanbau oder das Belassen und Einarbeiten von Ernte- und Wurzelrückständen der Pflege und ⁠Akkumulation⁠ von Humus. An den langfristigen humusmehrenden Effekten von verringertem Pflugeinsatz und reduzierter Bodenbearbeitung gibt es hingegen Zweifel. Langzeitversuche zeigten, dass sich die Humusvorräte kaum verändern, der Humus nur anders im Bodenprofil verteilt wird101.

Mit den „Greening“-Auflagen der europäischen Direktzahlungen-Durchführungsverordnung wurde die Förderung im Rahmen der GAP von 2014 bis 2022 daran geknüpft, dass die Landwirtschaftsbetriebe einen Beitrag zum Umwelt- und ⁠Klimaschutz⁠ leisten. Mit den Auflagen konnte der Anbau von Zwischenfrüchten in Deutschland in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden102. Zwischenfruchtanbau kommt dem Humusaufbau nicht nur durch die oberirdische Biomasse, sondern auch den wurzelbürtigen Eintrag von organischer Substanz zugute. Mit der neuen GAP-Förderperiode ab 2023 wurde die Konditionalität des „Greenings“ erweitert. Zu den nun seit 2023 geltenden Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ) gehören Maßnahmen wie die Erhaltung von Dauergrünland (siehe Indikator BO-R-2) und eine Mindestbodenbedeckung in den sensibelsten Zeiten, die auch den Humusaufbau unterstützen. Zudem sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, freiwillige Öko-Regelungen (ÖR) anzubieten. Zum ÖR-Katalog gehört die „Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland sowie Dauergrünland“. Diese Kombination von Gehölzen mit Acker- oder Gründlandnutzung fördert ebenfalls den Humusaufbau. Mehrere Bundesländer bereiten zudem gezielte Förderprogramme für die Agroforstwirtschaft vor.
Mit Blick auf eine Begrenzung des Humusabbaus sind vor allem die organischen Böden hoch relevant. In Mooren sind erhebliche Mengen von Kohlenstoff gebunden. Bei land- und forstwirtschaftlicher Nutzung werden Moore entwässert, es gelangt Sauerstoff in den Torf, was die mikrobielle Umsetzung stark beschleunigt und zu einem Abbau der organischen Substanz führt. Im nationalen Treibhausgasinventar sind die entwässerten Moore in den Sektoren Landwirtschaft und ⁠Landnutzung⁠ für rund 40 % der Emissionen und rund 7,5 % der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich.103 Mit Moorrenaturierung oder der Umstellung auf eine nasse Bewirtschaftung in Form von Paludikulturen lässt sich der Humusabbau stoppen, im Idealfall kommt es wieder zum Torfaufbau.
Regelmäßige Erhebungen zu den Humusgehalten in landwirtschaftlichen Böden führen die Länder im bundesweiten Netz der BDF durch. Ergebnisse von den bayerischen BDF zeigen, dass die mittleren Gehalte der wichtigsten Humusbestandteile, organischer Kohlenstoff (Corg) und Gesamtstickstoff (Nt), in Bodentiefen von 0 bis 15 cm über die vergangenen Jahre nahezu gleich geblieben sind. Über alle BDF in Bayern hielten sich Zu- und Abnahmen in den letzten 35 Jahren etwa die Waage. Auf den Ackerflächen kam es im Mittel zu einem leichten Rückgang der Corg-Gehalte um 3 % gegenüber dem Ausgangszustand, die meisten untersuchten Standorte zeigten aber keine Veränderungen. Bei BDF, auf denen abweichend eine Zunahme des Corg-Gehalts beobachtet wurde, ließ sich ein Zusammenhang mit der Umstellung auf Ökolandbau und organische Düngung sowie den Verbleib von Ernterückständen auf den Feldern nachweisen. Deutlicher zeichnet sich hingegen eine generelle Verengung des C/N-Verhältnisses ab, weil gleichzeitig zum leichten Corg-Rückgang die Nt-Gehalte zunehmen. Auf den Grünland-BDF ist die Situation ähnlich. Auch hier zeigte der Großteil der Standorte keine auffallenden Corg-Veränderungen, und im Mittel ergab sich im Beobachtungszeitraum keine signifikante Veränderung der Corg-Gehalte.104 Grundsätzlich vollziehen sich vor allem Humusmehrungen nur sehr langsam, und es gibt Messungenauigkeiten, sodass es für gesicherte Schlussfolgerungen langer Zeitreihen bedarf.

 

100 - Wessolek G., Asseng S. 2006: Trade-off between wheat yield and drainage under current and climate change conditions in northeast Germany. European Journal of Agronomy 24: 333-342.

101 - Don A. 2019: Humusaufbau für den Klimaschutz – Ergebnisse einer Tagung zum Bodenkohlenstoff. https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/bodenschutz/bodenkohlenstoff-tagung.html

102 - Bundesinformationszentrum Landwirtschaft 2023: Infografiken - Wie groß ist die Anbaufläche von Zwischenfrüchten und wofür werden sie verwendet? https://www.praxis-agrar.de/service/infografiken/wie-gross-ist-die-anbauflaeche-von-zwischenfruechten-und-wofuer-werden-sie-verwendet

103 - ⁠UBA⁠ – Umweltbundesamt: Emissionen der Landnutzung, -änderung und Forstwirtschaft. https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der-landnutzung-aenderung#moore-organische-boden

104 - Wiesmeier M., Burmeister J. 2022: 35 Jahre Boden-Dauerbeobachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen in Bayern. Band 4: Humus. Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Freising-Weihenstephan, 82 S. https://www.lfl.bayern.de/publikationen/schriftenreihe/337020/index.php