BO-R-1: Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden – Fallstudie
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Die Humusgehalte auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern haben sich im Durchschnitt seit Mitte der 1980er-Jahre nicht relevant verändert. In Abhängigkeit von Standort und Nutzung können die Entwicklungen allerdings sehr unterschiedlich verlaufen. Im Grünland sind die Humusgehalte generell höher. Auf Ackerflächen fördern vermehrter Zwischenfruchtanbau und mehr organische Düngung den Humusaufbau.
Eine wichtige Anpassungsstrategie zum Bodenschutz besteht darin, die Böden widerstandsfähiger gegenüber den Gefahren unter anderem von Austrocknung und / oder Erosion zu machen. Eine herausragende Rolle spielt dabei der Humus, denn er beeinflusst nahezu alle Bodeneigenschaften und -funktionen. Humus ist die Gesamtheit der organischen Substanz im Boden, die sich aus allen in und auf dem Boden befindlichen abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Stoffen sowie deren organischen Umwandlungsprodukten zusammensetzt. Er ist wichtiges Speichermedium für Nährstoffe und Wasser und sorgt für ein günstiges Bodengefüge, was den Luft- und Wasserhaushalt des Bodens positiv beeinflusst sowie Bodenverdichtung und Erosion mindert. Zudem reduziert Humus die sommerliche Austrocknung und fördert die Aktivität der Bodenorganismen. Standortangepasste Humusgehalte zu erhalten und Humus zu mehren, ist daher eine wichtige Anpassungsmaßnahme zur Gesunderhaltung der Böden.
Mit Blick auf die vielfältigen Zusammenhänge von Klimawandel und Humus ist zu berücksichtigen, dass der Klimawandel auch unmittelbaren Einfluss auf die Humusgehalte in Böden hat. Höhere Temperatur kann einerseits Mineralisationsprozesse im Boden und den Abbau der organischen Substanz beschleunigen, andererseits aber auch humusmehrende Effekte haben, wenn beispielsweise Pflanzen durch die höhere Temperatur mehr Biomasse bilden und damit mehr Material für die Umwandlung in organische Bodensubstanz zur Verfügung steht (siehe Indikator BO-I-4). Auch veränderte Niederschlagsverhältnisse haben Auswirkungen auf die Humusbildung. Derzeit sind gesicherte Aussagen über klimawandelabhängige Veränderungen der Gehalte und Vorräte an organischer Substanz nicht möglich. Es wird aber davon ausgegangen, dass Witterung und Klima eine nachgeordnete Rolle für den Humusstatus spielen. Die größten Veränderungen werden durch Nutzungsänderungen induziert100.
Die Gehalte an organischer Substanz in Böden werden im Wesentlichen von den standorttypischen Gegebenheiten (unter anderem der Bodenart und dem Abstand zum Grundwasser) bestimmt und lassen sich daher nicht pauschal durch Zugabe von organischen Materialien erhöhen. Eine wirksame Steuerung erfolgt aber über die Nutzungspraktiken. Auf forstlich genutzten Böden sind die Baumartenzusammensetzung und der Umfang der Holzernterückstände entscheidende Faktoren für die Humusbildung (siehe Indikator FW-R-3). Auf landwirtschaftlichen Böden dienen beispielsweise Grünlandnutzung, Stallmistwirtschaft, Zwischenfruchtanbau oder das Belassen und Einarbeiten von Ernte- und Wurzelrückständen der Pflege und Akkumulation von Humus. An den langfristigen humusmehrenden Effekten von verringertem Pflugeinsatz und reduzierter Bodenbearbeitung gibt es hingegen Zweifel. Langzeitversuche zeigten, dass sich die Humusvorräte kaum verändern, der Humus nur anders im Bodenprofil verteilt wird101.
Mit den „Greening“-Auflagen der europäischen Direktzahlungen-Durchführungsverordnung wurde die Förderung im Rahmen der GAP von 2014 bis 2022 daran geknüpft, dass die Landwirtschaftsbetriebe einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Mit den Auflagen konnte der Anbau von Zwischenfrüchten in Deutschland in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden102. Zwischenfruchtanbau kommt dem Humusaufbau nicht nur durch die oberirdische Biomasse, sondern auch den wurzelbürtigen Eintrag von organischer Substanz zugute. Mit der neuen GAP-Förderperiode ab 2023 wurde die Konditionalität des „Greenings“ erweitert. Zu den nun seit 2023 geltenden Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ) gehören Maßnahmen wie die Erhaltung von Dauergrünland (siehe Indikator BO-R-2) und eine Mindestbodenbedeckung in den sensibelsten Zeiten, die auch den Humusaufbau unterstützen. Zudem sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, freiwillige Öko-Regelungen (ÖR) anzubieten. Zum ÖR-Katalog gehört die „Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland sowie Dauergrünland“. Diese Kombination von Gehölzen mit Acker- oder Gründlandnutzung fördert ebenfalls den Humusaufbau. Mehrere Bundesländer bereiten zudem gezielte Förderprogramme für die Agroforstwirtschaft vor.
Mit Blick auf eine Begrenzung des Humusabbaus sind vor allem die organischen Böden hoch relevant. In Mooren sind erhebliche Mengen von Kohlenstoff gebunden. Bei land- und forstwirtschaftlicher Nutzung werden Moore entwässert, es gelangt Sauerstoff in den Torf, was die mikrobielle Umsetzung stark beschleunigt und zu einem Abbau der organischen Substanz führt. Im nationalen Treibhausgasinventar sind die entwässerten Moore in den Sektoren Landwirtschaft und Landnutzung für rund 40 % der Emissionen und rund 7,5 % der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich.103 Mit Moorrenaturierung oder der Umstellung auf eine nasse Bewirtschaftung in Form von Paludikulturen lässt sich der Humusabbau stoppen, im Idealfall kommt es wieder zum Torfaufbau.
Regelmäßige Erhebungen zu den Humusgehalten in landwirtschaftlichen Böden führen die Länder im bundesweiten Netz der BDF durch. Ergebnisse von den bayerischen BDF zeigen, dass die mittleren Gehalte der wichtigsten Humusbestandteile, organischer Kohlenstoff (Corg) und Gesamtstickstoff (Nt), in Bodentiefen von 0 bis 15 cm über die vergangenen Jahre nahezu gleich geblieben sind. Über alle BDF in Bayern hielten sich Zu- und Abnahmen in den letzten 35 Jahren etwa die Waage. Auf den Ackerflächen kam es im Mittel zu einem leichten Rückgang der Corg-Gehalte um 3 % gegenüber dem Ausgangszustand, die meisten untersuchten Standorte zeigten aber keine Veränderungen. Bei BDF, auf denen abweichend eine Zunahme des Corg-Gehalts beobachtet wurde, ließ sich ein Zusammenhang mit der Umstellung auf Ökolandbau und organische Düngung sowie den Verbleib von Ernterückständen auf den Feldern nachweisen. Deutlicher zeichnet sich hingegen eine generelle Verengung des C/N-Verhältnisses ab, weil gleichzeitig zum leichten Corg-Rückgang die Nt-Gehalte zunehmen. Auf den Grünland-BDF ist die Situation ähnlich. Auch hier zeigte der Großteil der Standorte keine auffallenden Corg-Veränderungen, und im Mittel ergab sich im Beobachtungszeitraum keine signifikante Veränderung der Corg-Gehalte.104 Grundsätzlich vollziehen sich vor allem Humusmehrungen nur sehr langsam, und es gibt Messungenauigkeiten, sodass es für gesicherte Schlussfolgerungen langer Zeitreihen bedarf.
100 - Wessolek G., Asseng S. 2006: Trade-off between wheat yield and drainage under current and climate change conditions in northeast Germany. European Journal of Agronomy 24: 333-342.
101 - Don A. 2019: Humusaufbau für den Klimaschutz – Ergebnisse einer Tagung zum Bodenkohlenstoff. https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/bodenschutz/bodenkohlenstoff-tagung.html
102 - Bundesinformationszentrum Landwirtschaft 2023: Infografiken - Wie groß ist die Anbaufläche von Zwischenfrüchten und wofür werden sie verwendet? https://www.praxis-agrar.de/service/infografiken/wie-gross-ist-die-anbauflaeche-von-zwischenfruechten-und-wofuer-werden-sie-verwendet
103 - UBA – Umweltbundesamt: Emissionen der Landnutzung, -änderung und Forstwirtschaft. https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der-landnutzung-aenderung#moore-organische-boden
104 - Wiesmeier M., Burmeister J. 2022: 35 Jahre Boden-Dauerbeobachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen in Bayern. Band 4: Humus. Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Freising-Weihenstephan, 82 S. https://www.lfl.bayern.de/publikationen/schriftenreihe/337020/index.php