LW-I-2: Ertragsschwankungen

Erträge können je nach Witterungsbedingungen unterschiedlich ausfallen wie bei Hitze und Trockenheitzum Vergrößern anklicken
Extreme Witterung kann zu massiven Ertragsschwankungen von Jahr zu Jahr führen.
Quelle: zoteva87 / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Ertragseinbrüche durch extreme Witterung

Eine verlängerte ⁠Vegetationsperiode⁠, höhere Temperatursummen und höhere ⁠CO2⁠-Konzentrationen in der ⁠Atmosphäre⁠ können ⁠Photosynthese⁠ und Pflanzenwachstum stimulieren. Allerdings bringen ⁠Trockenstress⁠, Stürme, ⁠Starkregen⁠, Hagel und Überschwemmungen auch ein zunehmendes Risiko von Ertragseinbußen.
Züchterische und technische Fortschritte haben die landwirtschaftlichen Erträge bei den wichtigen Kulturarten in Deutschland in den letzten fünfzig Jahren ansteigen lassen. Die Züchtung brachte neue Sorten mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich Ertragshöhe und -stabilität, Qualität, Ressourceneffizienz, Stresstoleranz und Krankheitsresistenz hervor. Auch bei den Aussaat-, Pflege- und Erntetechniken sowie bei der Düngung und beim Pflanzenschutz gab es Verbesserungen. Allerdings ist die Ertragshöhe darüber hinaus noch von zahlreichen anderen Faktoren abhängig. Beim Weizen ließ sich vor allem seit der Jahrtausendwende eine Ertragsstagnation feststellen, in den letzten Jahren sogar ein leichter Rückgang. Diese Entwicklung hat komplexe Ursachen, die noch genauer untersucht werden müssen. Neben den bereits erwähnten Faktoren können hierfür auch der Anbau auf ertragsärmeren Standorten, sogenannten Grenzstandorten, sowie engere Fruchtfolgen eine Rolle spielen. Beim Silomais zeigen die Erträge in der Zeitreihe größere Schwankungen, ein eindeutiger Ertragstrend lässt sich nicht erkennen. In der Landwirtschaft ist es wichtig, Betriebsmanagement und Betriebsmitteleinsatz zu optimieren. In welchem Umfang ertragssteigernde Maßnahmen ergriffen werden, hängt immer auch stark von den erzielbaren Produktpreisen ab. Je höher das Preisniveau, desto eher kann sich der Einsatz ertragssteigernder oder ertragssichernder Betriebsmittel wie unter anderem mineralischer Düngemittel und Pflanzenschutzmittel lohnen. In den letzten beiden Jahren wirkten sich insbesondere die starken Preissteigerungen bei den Düngemitteln auf die Bewirtschaftung aus.

Das Balkendiagramm zeigt die Abweichung in Prozent der Winterweizenerträge vom Mittel der 6 Vorjahre für den Zeitraum 1986 bis 2017. Bis 2001 überwiegen deutlich die positiven Werte, in den Jahren danach gab es starke Unterschiede zwischen den Jahren mit teilweise deutlichen positiven und negativen Abweichungen. Einen Trend gibt es nicht.
LW-I-2: Ertragsschwankungen

Ertragsschwankungen zwischen den Jahren lassen sich unmittelbarer mit Veränderungen des Witterungsgeschehens in Zusammenhang bringen als langfristige Ertragstrends. Nimmt die Ertragsvariabilität zu, bedeutet dies ein steigendes Produktionsrisiko für die Landwirtschaftsbetriebe. Extremjahre führen zu ausgeprägten positiven oder negativen Abweichungen der Erträge von den Vorjahren.

Quelle: BMEL (Ernte- und Betriebsberichterstattung sowie Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung)

Derzeit lässt sich noch schwer abschätzen, in welchem Ausmaß der ⁠Klimawandel⁠ die absolute Ertragshöhe hierzulande beeinflusst. Einerseits wird diskutiert, dass zumindest regional die klimatischen Grenzen für eine weitere Ertragssteigerung erreicht werden könnten. Andererseits kann der ⁠CO2⁠-Düngeeffekt wirksam werden, und man geht davon aus, dass die Landwirtschaft mit den langfristigen Klimatrends zurecht kommen kann. Vor allem beim Anbau einjähriger Kulturen gibt es viele Möglichkeiten, mit der Wahl von Fruchtarten und Sorten, der Fruchtfolge und der Bewirtschaftungsplanung auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Solche Anpassungsreaktionen sind schon seit Jahrzehnten geübte landwirtschaftliche Praxis, denn sich verändernde Marktbedingungen haben den Betrieben immer schon hohe Reaktionsbereitschaft abverlangt.

Eine größere Herausforderung werden voraussichtlich die mit dem Klimawandel einhergehenden verstärkten ⁠Wetter⁠- oder Witterungsschwankungen zwischen den Jahren sein, auf die sich die Landwirtschaftsbetriebe weniger gut einstellen können. Witterungsextreme wie lange Trockenperioden, aber auch ⁠Starkregen⁠ (beispielsweise während der Erntezeit) können einerseits zu unvorhersehbaren Ertragseinbrüchen führen. Andererseits ist es auch möglich, dass unerwartet günstige Witterungskonstellationen überraschend hohe Erträge verursachen. Beides erschwert die Betriebsplanung und führt zu Produktionsrisiken, da bei der Kalkulation unter anderem der einzusetzenden Betriebsmittel oder auch von Lagerkapazitäten üblicherweise mit bestimmten Ertragshöhen gerechnet wird.
Betrachtet man für den Winterweizen, die derzeit wichtigste Kulturart in Deutschland, die Abweichungen des Jahresertrags vom durchschnittlichen Ertrag der jeweils vorangegangenen sechs Jahre, zeigt sich, dass es insbesondere ab der Jahrtausendwende ein starkes Auf und Ab der Erträge gab. Der Trend zu vermehrten und stärkeren negativen Ertragsausschlägen ist inzwischen auch signifikant. Im Falle des Silomais ist die Situation ähnlich, aber es gibt noch keinen statistisch eindeutigen Trend. Eine mögliche Erklärung für das reduzierte Ertragsvermögen von Winterweizen ist vor allem eine infolge von Hitze und Trockenheit verkürzte Kornfüllungsphase im Juni. Ist der Erntemonat August zu nass, führt dies zu Lagerschäden und Auswuchs. Für den Silomais, der als Sommerkultur später gesät und geerntet wird, können andere Entwicklungsphasen witterungskritisch sein. Im heißen und trockenen Jahr 2003 lag der Weizenertrag mit 65,5 dt/ha im Bundesdurchschnitt 14,6 % unter dem mittleren Ertrag der sechs Jahre zuvor. Neben der Hitze und Trockenheit waren in diesem Jahr auch regionale Auswinterungsschäden durch Kahlfröste ertragsbeeinflussend. Beim Mais hat die heiße und trockene ⁠Witterung⁠ im Juli und August 2003 vielerorts die Notreife ausgelöst und frühzeitige Erntetermine erzwungen. In 2010 gab es vielerorts Dauerregen im August, und bis in den September hinein waren die Erntebedingungen schlecht, was sich nachteilig auf die Maiserträge ausgewirkt hat. Auffällig sind auch die Einbrüche beim Maisertrag im Jahr 2013. Ende Mai gab es Hochwasser in ganz Deutschland, örtlich auch Spätfröste. In der Folge kam es zur verspäteten Blüte und Problemen bei der Unkrautregulierung. Anfang August führten teilweise Hagel und stürmische Starkregen zu Ertragseinbußen. Die extremen Dürrejahre 2018 und 2019 haben sowohl Winterweizen als auch Silomais stark beeinträchtigt. 2018 wurden die bisher größten durchschnittlichen Ertragseinbrüche verzeichnet. Für den Winterweizen begannen die Schwierigkeiten insbesondere in Norddeutschland bereits im Herbst des Vorjahres. Wegen großer Regenmengen war die Herbstbestellung mit Wintergetreide vielfach unmöglich, und es wurden im Frühjahr 2018 ertragsschwächere Sommergetreidearten angesät. Die ab April 2018 hohen Temperaturen und geringen Niederschläge führten zu einem ungewöhnlich frühen Erntebeginn. Der Weizenertrag des Jahres 2018 lag zwar mit 67,7 dt/ha noch über dem von 2003, bedeutete aber im Vergleich zu den überdurchschnittlichen Weizenerträgen der Jahre 2013 bis 2015 dennoch einen starken Einbruch. Beim Silomais wurde 2018 hingegen mit 352,9 dt/ha das bisherige Ertragstief erreicht.
Zu berücksichtigen ist, dass es innerhalb Deutschlands deutliche regionale Unterschiede gibt. Vor allem im Osten mit seinen leichten sandigen Böden, die auf Niederschlagsextreme besonders schnell und stark reagieren, fielen die zwischenjährlichen Ertragsschwankungen stärker aus als beispielsweise im mittleren und westlichen Teil Deutschlands, wo die Erträge in den eher feuchten, kühlen Mittelgebirgsregionen grundsätzlich stabiler waren.